556 G. Entscheidungen der Schulduetreibungs--

109. Einsehen vom 25. Oktober 1911 in Sachen aLetmamt.

Art. 282 ]7. und 124 Abs. 2 SchKG : Recht des Schuldners, die amtliche
Verwahrung von Betentionsgegenstanden zu verlangen, wenn diese in der
Mietwohnung einer schnellen Wertverminderung ausgesetzt sind. Kompetenz
der Betretbungsbehorden, für die Erhaltung der Betentionsgegenstände zu
sorgen, solange nicht der Richter zum Ent-scheid über das Retentionsrecht
angerufen ist.

A. Am 15. April 1911 liess der Rekurrent für verfallene und laufende
Mietzinsforderungen an August Keller durch das Betreibungsamt Niedernrdorf
ein Verzeichnis der seinem Retentionsrecht unterliegenden Jllaten des
Mieters aufnehmen. Dieser starb bald darauf und seine Witwe bezog
im Laufe des Monats Mai eine andere Wohnung. Sie verlangte alsdann
vom Betreibungsamt, es seien die retinierten Gegenstände in amtliche
Verwahrung zu nehmen, da Isie bei längerem Verbleiben in der bisherigen,
sehr feuchten Wohnung Schaden leiden würden. Darauf forderte das
Betreibungsamt den Rekurrenten auf, ihm die Schlüssel zur Wohnung zu
übergeben, damit die retinierten Gegenstände in amtliche Verwahrung
genommen werden könnten.

B. Hierüber beschwerte sich der Rekurrent bei den kantonalen
Aufsichtsbehörden, indem er die Aufhebung der Verfügung des
Betreibungsamtes verlangte. Zur Begründung machte er geltend, er habe
die Schlüssel aus dem Befehlsweg erhalten und gebe sie nicht wieder
heraus. Zudem brauche er sie zur Sicherung des Beweises-, dass Frau Keller
von 18 retinierten Gegenständen 7 weggenommen habe, weshalb Strafklage
gegen sie eingeleitet worden sei. Gleichzeitig führte der Rekurrent gegen
das Betreibungsamt Niederurdorf in einer Lohnpfändungssache Beschwerde.

Beide kantonalen Jnstanzen haben die Beschwerden abgewiesen und dem
Rekurrenten wegen missbräuchlicher Beschwerdeführung die

Kosten im Gesamtbetrage von 22 Fr. 70 Cts. auferlegt. Die

Abweisung der Beschwerde wegen Herausgabe der Schlüssel wurde wie folgt
begründet: Es stehe fest, dass die Gesundheitskommission die Wohnung,
welche die Familie Keller bewohnte, als gesundheitsschädlich bezeichnet
und ihre weitere Benutzung verboten habe. Aus dem feuchten Zustand der
Wohnung ergebe sich aber sofort, dassund Konkurskammer. N° 109. 557

die darin befindlichen Möbel der Verderbnis ausgesetzt seien. Sie
unter diesen Umständen länger dort zu lassen, könne mit Rücksicht
auf die finanzielle Bedrängnis des Rekurrenten der Rekursgegnerin
Frau Keller nicht zugemutet werden, indem eine Schadenersatzsorderung
gegen den Vermieter offenbar in Ausfall käme. Die vom Betreibungsbeamten
angeordnete amtliche Verwahrung erscheine daher begründet. Zwecks Vornahme
dieser Verwahrung habe der Rekurrent dem Betreibungsbeamten die Wohnung
zu öffnen.

C. Gegen den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat Leimann
innert Frist den Rekurs an das Bundesgericht ergriffen, mit dem Antrag,
der angefochtene Entscheid sei, soweit er auf die Sache der Witwe Keller
und die Kostenauflage Bezug habe, samt dem vorausgegangenen Beschlusse
des Bezirksgerichts und der Verfügung des Betreibungsamts aufzuheben und
es sei die amtliche Verwahrung nicht zuzulassen, ebenso seien die Kosten
dem Rekurrenten abzunehmen. Der Rekurrent bestreitet, dass die Wohnung
feucht sei. Auch wenn dem aber so wäre, so würde dem Betreibungsamt und
den Aufsichtsbehörden die Kompetenz fehlen, dem Rekurrenten gegen seinen
Willen den Gewahrsam an den Retentionsgegenständen zu entziehen. Nachdem
der Mieter ausgezogen Und Jllaten zurückgelassen habe, bedürfe der
Vermieter keiner amtlichen Hülfe mehr. Wenn Retentionsobjekte beim
Gläubiger nicht gut aufgehoben seien, so habe der Schuldner unter
Umständen gewiss das Recht, die Verbringung an einen Drittort zn
verlangen. Aber nicht die Betreibungsbehörden seien dafür zuständig,
sondern der Richter. Das Recht, die amtliche Verwahrung anzuordnen,
habe das Betreibungsamt nur in der Betreibung auf Pfändung (Art. 98
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 98 - 1 Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
1    Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
2    Andere bewegliche Sachen können einstweilen in den Händen des Schuldners oder eines dritten Besitzers gelassen werden gegen die Verpflichtung, dieselben jederzeit zur Verfügung zu halten.
3    Auch diese Sachen sind indessen in amtliche Verwahrung zu nehmen oder einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben, wenn der Betreibungsbeamte es für angemessen erachtet oder der Gläubiger glaubhaft macht, dass dies zur Sicherung seiner durch die Pfändung begründeten Rechte geboten ist.215
4    Die Besitznahme durch das Betreibungsamt ist auch dann zulässig, wenn ein Dritter Pfandrecht an der Sache hat. Gelangt dieselbe nicht zur Verwertung, so wird sie dem Pfandgläubiger zurückgegeben.

SchKG). Ganz ungerechtfertigt sei endlich die Auferlegung der Kosten an
den Rekurrenten, da weder erhebliche Tatsachen von ihm entstellt worden
seien, noch gegen klare Gesetzesbestimmungen gestritten werde. .

Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hat von Gegenbemerkungen zum Rekurs
abgesehen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwäguan:

1. Streitig ist, ob das Betreibungsamt berechtigt sei, retinierte
Gegenstände, welche der ausgezogene Mieter in der Ver-

AS 37 I 1911 37

558 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

fügnngsgewalt des Vermieters zurückgelassen hat, zwecks amtlicher
Verwahrnahme vom Vermieter herauszuverlangen. Diese Frage ist vom
Bundesgericht noch nie entschieden worden. Die kantonalen Jnstanzen haben
sie im vorliegenden Fall übereinstimmend bejaht, ohne jedoch anzugeben,
auf welche gesetzliche Bestimmung sie sich stützen.

Dass Art. 98
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 98 - 1 Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
1    Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
2    Andere bewegliche Sachen können einstweilen in den Händen des Schuldners oder eines dritten Besitzers gelassen werden gegen die Verpflichtung, dieselben jederzeit zur Verfügung zu halten.
3    Auch diese Sachen sind indessen in amtliche Verwahrung zu nehmen oder einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben, wenn der Betreibungsbeamte es für angemessen erachtet oder der Gläubiger glaubhaft macht, dass dies zur Sicherung seiner durch die Pfändung begründeten Rechte geboten ist.215
4    Die Besitznahme durch das Betreibungsamt ist auch dann zulässig, wenn ein Dritter Pfandrecht an der Sache hat. Gelangt dieselbe nicht zur Verwertung, so wird sie dem Pfandgläubiger zurückgegeben.
SchKG nicht in Betracht kommen kann, ergibt sich aus dem
Entscheid des Bundesgerichts vom 17. Februar 1903 in Sachen Bürki (AS
Sep.-Ausg. 6 Nr· 2*) ohne weiteres. Dazu kommt, dass Art. 98
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 98 - 1 Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
1    Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
2    Andere bewegliche Sachen können einstweilen in den Händen des Schuldners oder eines dritten Besitzers gelassen werden gegen die Verpflichtung, dieselben jederzeit zur Verfügung zu halten.
3    Auch diese Sachen sind indessen in amtliche Verwahrung zu nehmen oder einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben, wenn der Betreibungsbeamte es für angemessen erachtet oder der Gläubiger glaubhaft macht, dass dies zur Sicherung seiner durch die Pfändung begründeten Rechte geboten ist.215
4    Die Besitznahme durch das Betreibungsamt ist auch dann zulässig, wenn ein Dritter Pfandrecht an der Sache hat. Gelangt dieselbe nicht zur Verwertung, so wird sie dem Pfandgläubiger zurückgegeben.
SchKG nur die
Sicherung der Rechte des pfändenden Gläubigers im Auge hat. Hier verlangt
aber der Schuldner die Verwahrung der ihm gehörenden Retentionsgegenstände
in seinem eigenen Interesse.

2. Dagegen fragt es sich und ist näher zu untersuchen, ob die
angefochteneVerfügung sich nicht auf Art. 124 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 124 - 1 Auf Begehren des Schuldners kann die Verwertung247 stattfinden, auch wenn der Gläubiger noch nicht berechtigt ist, dieselbe zu verlangen.
1    Auf Begehren des Schuldners kann die Verwertung247 stattfinden, auch wenn der Gläubiger noch nicht berechtigt ist, dieselbe zu verlangen.
2    Der Betreibungsbeamte kann jederzeit Gegenstände verwerten, die schneller Wertverminderung ausgesetzt sind, einen kostspieligen Unterhalt erfordern oder unverhältnismässig hohe Aufbewahrungskosten verursachen.248
SchKG stützen
lasse. Darnach kann der Betreibungsbeamte jederzeit gepfändete
Gegenstände verkaufen, welche schneller Wertverminderung ausgesetzt
sind oder einen kostspieligen Unterhalt erfordern. Dabei handelt er
im Interesse beider Parteien und kann und soll auch ohne besonderen
Parteiantrag einschreiten. Er kann daher sogar, wenn er den vorzeitigen
Verkauf als geboten erachtet, diesen gegen den Willen einer Partei
vornehmen. Das Bundesgericht hat diese Bestimmung auch auf diejenigen
Gegenstände ausgedehnt, welche in einer Retentionsurkunde verzeichnet,
aber noch nicht gepfändet sind, sofern im übrigen die gesetzlichen
Voraussetzungen zutreffen (vergl. Entscheid vom 15. November 1909 in
Sachen Bongard, SepAusg. 12 Nr. 67"). Es ging dabei von der Erwägung aus,
dass, nachdem der Schuldner durch die Aufnahme der Retentionsurkunde in
der freien Verfügung über die retinierten Gegenstände behindert sei,
eine amtliche Stelle dafür sorgen müsse, dass diese Gegenstände bis
zum Zeitpunkt der ordentlichen Verwertung nicht zu Grunde gehen oder
übermässige Unterhaltskosten verursachen. Diese Pflicht komme, solange
kein Prozess über den Bestand des Reimtionsrechts angehoben und somit
der Richter nicht imstande sei, die nötigen konservatorischen Massnahmen
als provisorische Verfügung zu treffen, dem Betreibungsamte zu.

* Ges.-Ausg. 291 S. 73 PF. Erw. & ff. ** Id. 351 S. 815 Erw. 2.und
Konkurskammer. N° 109. 559

Diese Erwägung trifft in gleicher Weise für die amtliche Verwahrung von
Retentionsgegenständen, die einer schnellen Wertverminderung ausgesetzt
sind, zu. Die Anordnung der amtlichen Verwahrung ist ihrem Wesen nach
dem vorzeitigen Verkauf durchaus ähnlich. Beides sind konservatorische
Massnahmen zur Erhaltung des ökonomischen Wertes der Retentionsgegenstände
im Interesse beider Parteien. Der einzige Unterschied ist der, dass
die amtliche Verwahrnahme eine viel weniger einschneidende Massnahme
bedeutet. Das Recht des Betreibungsamts, die amtliche Verwahrung
anzuordnen und zu diesem Zweck die Retentionsgegenstände vom Vermieter
herauszuverlangen, ist daher nach dem Grundsatz: in majore minus in
der Befugnis des Amtes zum vorzeitigen Verkan dieser Gegenstände mit
enthalten und infolgedessen dem Betreibungsamt zuzuerkennen, obschon es
in Art. 124 Abs. 2 des Gesetzes nicht ausdrücklich aufgeführt ist.

3. Anders läge die Sache nur, wenn es sich bei der amtlichen Verwahrung
darum handeln würde, dem Schuldner die Möglichkeit zu sichern, dass er
die Retentionsgegenstände zurückerhalte. Die konservatorischen Massnahmen
des Art. 124 bezwecken nur die Erhaltung des ökonomischen Wertes der
gepfändeten bezw· retinierten Gegenstände, nicht aber die Sicherung
gegen die Insolvenz oder den bösen Willen des Retentionsberechtigten. Jn
letzterer Beziehung gibt nur Art. 98
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 98 - 1 Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
1    Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
2    Andere bewegliche Sachen können einstweilen in den Händen des Schuldners oder eines dritten Besitzers gelassen werden gegen die Verpflichtung, dieselben jederzeit zur Verfügung zu halten.
3    Auch diese Sachen sind indessen in amtliche Verwahrung zu nehmen oder einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben, wenn der Betreibungsbeamte es für angemessen erachtet oder der Gläubiger glaubhaft macht, dass dies zur Sicherung seiner durch die Pfändung begründeten Rechte geboten ist.215
4    Die Besitznahme durch das Betreibungsamt ist auch dann zulässig, wenn ein Dritter Pfandrecht an der Sache hat. Gelangt dieselbe nicht zur Verwertung, so wird sie dem Pfandgläubiger zurückgegeben.
SchKG dem Pfändungsgläubiger
gewisse Rechte gegenüber dem Schuldner. Dagegen weiss das Gesetz nichts
von einer solchen Sicherung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger. Der
Retentionsschuldner verzichtet dadurch, dass er die Jllaten dem Vermieter
einbringt, freiwillig, bezw. wenn er wie in casu sie dem Vermieter
beim Auszug zurücklassen muss, durch das Gesetz gezwungen auf solche
Sicherungen.

Die amtliche Verwahrung wird indessen im vorliegenden Fall durch die
kantonalen Jnstanzen ausschliesslich mit der Notwendigkeit der Erhaltung
der Substanz bezw. des Wertes der Retentionsgegensiände begründet Es wird
festgestelltund diese Feststellung ist für das Bundesgericht verbindlich ,
dass die Wohnung, in welcher sich die Gegenstände befinden, so feucht und
schlecht sei, dass die retinierten Möbel zu Grunde gehen würden, wenn sie

560 G. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

darin verblieben. Nun hat aber der Vermieter in der Ausübung seines
Retentionsrechts nach Treu und Glauben zu handeln. Es würde sich mit einer
sinngemässen Auslegung der Rechte, die das Gesetz dem Vermieter gibt,
nicht vertragen, wenn er diese Rechte in einer Art und Weise ausüben
würde, welche die Interessen des Schuldners schädigt oder wenigstens
erheblich gefährdet. Es ist denkbar, dass die Retentionsgegenstände im
Zeitpunkt der Inventarisierung die Schuld nicht nur vollständig decken,
sondern dass sich noch ein Überschuss ergibt. Auf diesen Überschuss
hat der Schuldner ein wohlbegründetes Recht, das in ungerechtfertigter
Weise verletzt würde, weun der Gläubiger den Wert der Objekte durch
die Art und Weise der Reteution nach Belieben vermindern könnte.
Auch wenn aber die Retentionsgegenstände im Zeitpunkt der Aufnahme des
Retentionsverzeichnisses nur gerade die Forderung des Vermieters decken,
so wird der Schuldner, wenn der Wert der Retentionsgegenstände durch
die Aufbewahrung vermindert wird, ohne Not geschädigt, weil er dann für
den Ausfall persönlich aufzukommen hat. Der Schuldner hat das Recht,
sich gegen eine solche rechtswidrige Schädigung zur Wehr zu setzen,
indem er vom Betreibungsamt die amtliche Verwahrnahme der gepfändeten
Retentionsgegenstände verlangt, und es hat das Amt diesem Begehren zu
entsprechen, wenn nach seinem Ermessen die Voraussetzungen des Art. 124
Abs. 2 des Gesetzes in dem in Erwägung 2 angegebenen Sinne erfüllt sind.

4. Es wird denn auch vom Rekurrenten selber nicht bestritten, dass der
Schuldner berechtigt sei, die Verbringung von Retentionsobjekten, die beim
Vermieter nicht gut aufgehoben seien, an einen Drittort zu verlangen. Doch
behauptet der Rekurrent, dass dafür nur der Richter zuständig sei. Auch
diese Einrede ist nach dem Gesagten abzuweisen. Wie bereits bemerkt,
hat das Bundesgericht im Entscheid in Sachen Bongard erklärt, dass,
solange der Richter noch von keiner Partei in dem an die Aufnahme der
Retentionsurkunde sich anschliessenden gerichtlichen Verfahren angerufen
worden sei, nur die Betreibungsund die Aufsichtsbehörden für die Erhaltung
der Retentionsgegenstände zu sorgen haben. Und es ist diese Lösung auch
die einzig praktische. Die Führung eines besonderen Zivilprozesses zur
Entscheidung der Frage, ob die An-und Konkurskammer. N° 109. 561

ordnung der amtlichen Verwahrung zulässig sei, rechtfertigt sich nicht;
schon die Kosten eines solchen Verfahrens würden natürlich zu den zu
erreichenden Vorteilen in keinem Verhältnis stehen. Nun hat aber in
casu keine Partei behauptet, dass der Richter im Zeitpunkt, als das
Betreibungsamt die angefochtene Verfügung erliess, schon angerufen
gewesen sei.

Was endlich die Frage betrifft, welche Partei die Kosten der amtlichen
Verwahrung vorzuschiessen und welche diese Kosten endgültig zu tragen
habe, so braucht sie, da sie im Rekurs nicht aufgeworfen wurde, in diesem
Stadium auchv nicht erledigt zu werden.

5. Jst somit der Rekurs in der Hauptsache abzuweisen, so erweist
sich dagegen die von den kantonalen Jnstanzen verfügte Kostenauflage
an den Rekurrenten als ungerechtfertigt Die Frage, welche der Rekurs
zum Entscheid stellt und die bisher von den Aufsichtsbehörden noch nie
entschieden worden war, ist durchaus nicht so liquid, dass der Rekurs als
ein trölerischer oder missbräuchlicher bezeichnet werden könnte. Beide
Kostenauflagen sind daher aufzuheben.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird in der Hauptsache abgewiesen; dagegen wird er bezüglich
der Kostenfrage dahin begründet erklärt, dass die von beiden kantonalen
Jnstanzen verfügte Kostenauflage an den Rekurrenten aufgehoben wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 37 I 556
Datum : 25. Oktober 1911
Publiziert : 31. Dezember 1911
Quelle : Bundesgericht
Status : 37 I 556
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 556 G. Entscheidungen der Schulduetreibungs-- 109. Einsehen vom 25. Oktober 1911


Gesetzesregister
SchKG: 98 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 98 - 1 Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
1    Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.214
2    Andere bewegliche Sachen können einstweilen in den Händen des Schuldners oder eines dritten Besitzers gelassen werden gegen die Verpflichtung, dieselben jederzeit zur Verfügung zu halten.
3    Auch diese Sachen sind indessen in amtliche Verwahrung zu nehmen oder einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben, wenn der Betreibungsbeamte es für angemessen erachtet oder der Gläubiger glaubhaft macht, dass dies zur Sicherung seiner durch die Pfändung begründeten Rechte geboten ist.215
4    Die Besitznahme durch das Betreibungsamt ist auch dann zulässig, wenn ein Dritter Pfandrecht an der Sache hat. Gelangt dieselbe nicht zur Verwertung, so wird sie dem Pfandgläubiger zurückgegeben.
124
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 124 - 1 Auf Begehren des Schuldners kann die Verwertung247 stattfinden, auch wenn der Gläubiger noch nicht berechtigt ist, dieselbe zu verlangen.
1    Auf Begehren des Schuldners kann die Verwertung247 stattfinden, auch wenn der Gläubiger noch nicht berechtigt ist, dieselbe zu verlangen.
2    Der Betreibungsbeamte kann jederzeit Gegenstände verwerten, die schneller Wertverminderung ausgesetzt sind, einen kostspieligen Unterhalt erfordern oder unverhältnismässig hohe Aufbewahrungskosten verursachen.248
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • schuldner • bundesgericht • wert • frage • betreibungsbeamter • retentionsrecht • witwe • wille • hauptsache • entscheid • schaden • stelle • not • aufhebung • abweisung • wohnraum • unterhaltskosten • begründung des entscheids • richterliche behörde
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