335 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

68. Entscheid vom 21. Juni 1911 in Sachen Trentini.

Legitimation der K onlcursverwa ltung zur Besehwerdefü/irung auch ohne
Vollmacht eines Gläubigerausschusses. Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG: Hechtliche Natur
der Abtretung von Bechtsansprüchen der Masse an einzelne Gläubiger. Recht
der Konicursverwaltung, den Gläubigern zur Geltendmachung abgetretener
Ansprüche der Masse eine angemessene Frist einzusetzen, unter der
Androhung, dass bei fruchtlesem Ablauf der Frist die Abtretung
dahin/"alle.

A. Am 31. Januar 1911 trat das Konkursamt Aussersihl als Konkursverwaltung
im Konkurs der Firma Franceschetti & Pfister, Bauunternehmung in Zürich
III, die Rechte der Masse mit Bezug auf eine Anzahl Anfechtungsansprüche
in Anwendung von Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG an mehrere Konkursgläubiger ab und
mit Zirkular vom 10. März setzte es ihnen Frist bis zum 21. März an,
um die Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, unter der Androhung,
dass sonst Verzicht auf die Abtretung angenommen würde.

B. Gegen letztere Massnahme führten drei Abtretungsgläubiger: die
A.-G. Vereinigte Hotels Bergün, die Maschinenfabrik Stigler A.-G. in
Mailand und die Firma Graffi & Trentini, Steinhauergeschäft in Zürich II,
bei der untern kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde, mit dem Begehren,
es sei die Fristanfetzung als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Beschwerde wurde erstinstanzlich von der Erwägung aus begründet
erklärt, dass das Recht der Konkursverwaltung, auf dem von ihr
eingeschlagenen Wege im Namen der Konkursmasse gegen die Zessionare
vorzugehen, sich aus dem Gesetz nicht ergebe. Ferner laufe die
angefochtene Fristansetzung dem Art. 292
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 292 - 1 Das Anfechtungsrecht verjährt:
1    Das Anfechtungsrecht verjährt:
1  nach Ablauf von drei Jahren seit Zustellung des Pfändungsverlustscheins (Art. 285 Abs. 2 Ziff. 1);
2  nach Ablauf von drei Jahren seit der Konkurseröffnung (Art. 285 Abs. 2 Ziff. 2);
3  nach Ablauf von drei Jahren seit Bestätigung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung.
2    Bei der Anerkennung eines ausländischen Konkursdekretes wird die Zeit zwischen dem Anerkennungsantrag und der Publikation nach Artikel 169 IPRG517 nicht mitberechnet.
SchKG zuwider, welcher die
Verjährungsfrist für die Anfechtungsklage auf fünf Jahre von der
anfechtbaren Rechtshandlung an festsetze.

Die obere kantonale Aufsichtsbehörde an welche das Konkursamt rekurrierte,
wies dagegen die Beschwerde aus folgenden Gründen ab: Einmal sei die
Legitimation der Konkursverwaltung zur Beschwerdeführung im Namen der
Konkursgläubiger und des Gemeinschuldners zu bejahen, da letztere ein
rechtliches Interesse an der beförderlichen und korrekten Liquidation
und Verteilung derund Konkurskammer. N° 68. 337

Konkursaktiven und damit auch an der angeordneten Fristansetzung
hätten. In materieller Beziehung sodann falle in Betracht, dass
die Abtretung von Rechtsansprüchen der Konkursmasse nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457

SchKG eine blosse Vollmacht zur Prozessführung auf eigene Rechnung
und Gefahr darstelle. Es stehe daher den Gläubigern nicht frei, nach
Gutdünken über die abgetretenen Rechte zu verfügen. Von der Erledigung
der Anfechtungsprozesse hänge die Möglichkeit der Durchführung und
des Abschlusses des Konkurses ab. Ob für die nichtprozessierenden
Konkursgläubiger ein Prozessgewinn zu erwarten sei, lasse sich in der
Regel nicht zum voraus feststellen und es sei daher mit der Verteilung bis
nach Erledigung des Prozesses zuzuwarten. Die angefochtene Fristansetzung
rechtfertige sich also durchaus.

C. Diesen Entscheid hat G. Trentini als Rechtsnachfolger der Firma
Graffi & CTrentini unter Erneuerung seines Begehrens innert Frist an das
Bundesgericht weitergezogen. Eventualiter verlangt der Rekurrent, es sei
die von der Vorinstanz neuerdings angesetzte Frist von zwanzig Tagen
um weitere zwanzig Tage vom Zeitpunkt der Zustellung des motivierten
bundesgerichtlichen Entscheides an zu erstrecken. Er ficht die
Beschwerdelegitimation des Konkursamtes an und bestreitet, dass auf die
Interessen des Gemeinschuldners Rücksicht genommen werden dürfe. Sobald
die Konkursmasse auf die Geltendmachung von Rechten verzichtet habe und
diese Rechte auf bestimmte Gläubiger übergegangen seien, habe sich der
Konkursbeamte nicht mehr um ihr Schicksal zu bekümmern, auf die Gefahr
hin, dass ein Nachkonkurs notwendig werde. Das gegenteilige Verfahren
entbehre jeder gesetzlichen Grundlage und führe in der Ausführung zu
erheblichen prozessualischen Schwierigkeiten

Die Vorinstanz hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung :

1. Wenn der Rekurrent in erster Linie der Konkursverwaltung die
Legitimation abspricht, den erstinstanzlichen Entscheid, welcher die
angefochtene Fristansetzung als gesetzwidrig aufhob, an die obere
Aufsichtsbehörde weiterzuziehen, so ist er mit dieser Einrede ohne
weiteres abzuweisen. Die Konkursverwaltung ist nach Art. 240
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 240 - Die Konkursverwaltung hat alle zur Erhaltung und Verwertung der Masse gehörenden Geschäfte zu besorgen; sie vertritt die Masse vor Gericht.
SchKG
dasjenige Organ, das nach aussen für die Gesamtgläubigerschaft handelnd
auftritt. Dass sie in dieser Eigenschaft

338 G. Entscheidungen der Schuldbetreihungs--

auch zur Weiterzithng von Verfügungen einer Aufsichtsbehörde befugt ist,
welche ihres Erachtens die Interessen der Gläubigergemeinschaft verletzen
oder ihr geradezu als gesetzwidrig erscheinen, wurde vom Bundesgericht
schon längst und wiederholt ausgesprochen (vergl. AS Sep.-Ausg. ZL Nr. 15,
5 Nr. 8, 10 Nr. 7, 11 Nr. 53, 12 Nr. 60 *).

Ebenso unzutreffend ist die Auffassung, dass die Konkursverwaltung zur
Beschwerdeführung einer Vollmacht des Gläubigerausschusses bedürfe. Die
Kompetenzen des Gläubigerausschusses sind im Gesetz ausdrücklich auf
die Ermächtigung zur Führung von Prozessen, sowie zum Abschluss von
Vergleichen und Schiedsverträgen beschränkt (Art. 237 Ziff. 3) und es
wurde die Legitimation zur betreibungsrechtlichen Beschwerde nicht an
die gleichen strengen Bedingungen geknüpft

2. Der Vorinstanz ist aber auch in der Sache selber beizupflichten.
Das ss Recht der Konkursverwaltung, den Gläubigern, denen Rechtsansprüche
der Masse in Anwendung von Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG zur Geltendmachung abgetreten
worden sind, hiefür eine angemessene Frist anzusetzen, unter der
Androhung, dass die Abtretung sonst als erloschen betrachtet würde,
ergibt sich aus der Natur dieser sog. Abtretung. Wie das Bundesgericht
auch schon wiederholt festgestellt hat (Sep.-Ausg. Il Nr. 12, 6
Nr. 9 und 49 **), bildet sie keine Zession im zivilrechtlichen Sinn,
mit der Wirkung, dass der Zessionar über die Ansprüche frei verfügen,
sie weiter abtreten oder dem debitor cessus schenkungsweise nachlassen
könnte. Der Abtretungsgläubiger erhält von der Masse nur einen Auftrag
zur Geltendmachung des Anspruchs, also ein Prozessführungsmandat, mit der
Besonderheit, dass er den Prozess auf eigene Rechnung und Gefahr zu führen
hat. Dafür räumt ihm das Gesetz das Recht ein, sich aus dem Prozessgewinn
in erster Linie für seine Forderung und die Kosten der Geltendmachung
bezahlt zu machen. Trägerin des Anspruchs bleibt aber die Masse. Sie
hat daher ein Anrecht darauf, dass das Prozessführungsmandat sorgfältig
und unter Wahrung ihrer Interessen ausgeführt werdedie naturgemäss auf
Erzielung eines Überschusses gehen. Zu diesem

* Ges. Ausg. 27 I S. 234 H., 28 I S. 71 Erw. 'i, 33 I S. 236, 34 I s. 868,
3518. 799 ff. ** Ges.-Ausg.27 Il S. 27 ff., 291 S. M n. 370.

und Konkurskammer. N° 68. 339

Zweck kann sie auch nähere Vorschriften über das Mandat anf-

siellen, indem sie die Abtretung an gewisse Bedingungen knüpftsoweit dies
ohne Verletzung der Gläubigerrechte möglich ist. Demnach ist lediglich
zu untersuchen, ob die Interessen der Masse eine solche Befristung der
Geltendmachung erfordern und ob dadurch nicht gesetzliche Rechte der
Gläubiger verletzt werden.

3. Dass nun die Masse ein erhebliches Interesse daran hat, dass die
Geltendmachung der abgetretenen Ansprüche beförderlich erfolge, ergibt
sich schon aus ihrem Recht auf Ablieferung des Uberschusses und aus ihrer
Verpflichtung, die Liquidation selbst vorzunehmen und die Verteilung des
Resultates unter die Abtretungsgläubiger zu besorgen. Da der Konkurs bis
nach erfolgter Durchführung des Prozesses durch die Abtretungsgläubiger
nicht abgeschlossen werden kann, wenn nicht von vornherein feststeht,
dass ein Uberschuss für die Masse nicht zu erwarten ist, so ist klar,
dass die Interessen der Masse wesentlich beeinträchtigt würden, wenn
es den Abtretungsglänbigern freistünde, nach Belieben mit der Anhebung
der Klage zuzuwarten. Und es können die Abtretungsgläubiger auch nicht
besser gestellt sein als die Masse, deren Prozessführungsrecht sie
ausüben. Würde aber die Masse die Ansprüche selbst geltend machen, so
müsste auch sie den Prozess ohne Verng anheben und durchführen und eine
Konknrsverwaltung, die ihn hinausschieben würde, könnte für den daraus
entstandenen Schaden erfatzpflichtig erklärt werden. -

Gerade im Fall der Abtretung von Anfechtungsansprüchen hat die Masse noch
ein weiteres zwingendes Interesse an einer Fristansetzung. Der Zuspruch
der Anfechtungsklage im Konkurs hat zur Folge, dass das angefochtene
Rechtsgeschäft in seiner Totalität, nicht nur soweit zur Befriedigung der
Abtretungsgläubiger notwendig, unwirksam erklärt und dass die Konkursmasse
daher zur Herausgabe der Gegenleistung verpflichtet wird, soweit sie sich
noch in ihren Händen befindet, eventuell der Bereicherung Die Masse ist
also am Ausgang des Anfechtungsprozesses auch insofern interessiert,. als
sie bei Gutheissung der Klage zu Leistungen an den Beklagten verurteilt
werden kann. (Vergl. Goetzinger, Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG und seine Anwendung in
der Praxis. Zeitschrift f. schw. Recht Bd. 25 N. F. S. 514.) Sie kann
infolgedessen, solange AS I 37 191-1 23

340 C, Entscheidungen der Schuldhetreibungs-

nicht über das Schicksal eines solchen Anfechtungsanspruches entschieden
ist, den Konkurs gar nicht abschliessen. Ebenso unbehilflich ist
die Verweisung auf einen sog. Nachkonkurs, d. h. auf die Verteilung
nachträglich entdeckter Aktiven nach Art. 269. Denn solange die Masse
nicht weiss, ob sie das durch das anfechtbare Rechtsgeschäft als
Gegenleistung in die Masse gelangte Objekt nachträglich herausgeben
muss, kann sie es ohne Risiko bis zum Ausgang des Prozesses überhaupt
nicht verwerten. Muss sie aber damit rechnen, bei Gutheissung der
Anfechtungsklage die vorhandene Bereicherung herauszugeben, so kann
sie auch die Verteilung der Aktiven an die Konkursgläubiger solange
nicht vornehmen.

Auch vom Standpunkt des Gemeinschuldners aus ist aber eine Fristansetzung
notwendig. Der Gemeinschuldner hat ein Anrecht darauf, dass durch das
Konkursverfahren Klarheit in feine Vermögenslage gebracht wird, Und er
kann verlangen, zu wissen, ob die Rechtsgeschäfte, die er vor dem Konkurs
abgeschlossen hat, in ihrem Bestand berührt worden seien oder nicht. Denn
soweit der Anfechtungsbeklagte für seine Gegenleistung im Konkurs nicht
befriedigt wird, steht ihm ein Ersatzanspruch gegen den Gemeinschuldner
zu. Es erscheint aber als unzulässig, dass der Gemeinschuldner noch einer
solchen Klage ausgesetzt wird, nachdem der Konkurs längst ausgetragen
und geschlossen ist, was denn auch vom Bundesgericht bereits dadurch
implizite ausgesprochen wurde, dass es erklärte, Anfechtungsansprüche,
die während des Konkursverfahrens nicht geltend gemacht worden seien,
könnten später nicht mehr gestützt auf Art. 269 erhoben, durchgeführt
und liquidiert werden (AS 23 II Nr. 229 S. 1724 ff.).

4. Ebensowenig kann gesagt werden, dass die Rechte der Abtretungsgläubiger
grundsätzlich durch eine solche Fristansetzung verletzt werden. Freilich
können die Abtretungsgläubiger verlangen, dass ihnen zur näheren
Untersuchung der Sache, zu allsälligen Verhandlungen mit der Gegenpartei,
zur Bestellung eines Anwaltes usw. die nötige Zeit gewährt werde. Dabei
hat man es aber nicht mit der prinzipiellen Frage zu tun, sondern mit
der weiteren, ob die angesetzte Frist angemessen sei oder nicht, eine
Frage, die in casu nicht aufgeworfen worden ist und die auch als reine
Ermessensfrage vom Bundesgericht in der Regel nichtund Konkurskammer. N°
68. 341

überprüft werden könnte. Der einzige grundsätzliche Einwand, den
der Rekurrent gegen die Fristansetzung erhebt, besteht darin, dass
er behauptet, um die gesetzliche Verjährungsfrist gebracht zu werden.
Dabei verkennt der Rekurrent, dass die Verjährung nicht ein Jnstitut ist,
das im Interesse des Anspruchsberechtigten eingeführt wurde, sondern dass
es lediglich den Anspruchs-verpflichteten schützen soll. Der Rekurrent
ist daher im Unrecht, wenn er aus dieser zivilrechtlichen Bestimmung ein
Recht ableiten zu können glaubt, mit der Geltendmachung des Anspruches
zuzuwarten, bis die Verjährungsfrist beinahe abgelaufen ist. Jst einmal
der Konkurs eröffnet, so hat die Liquidation der Aktiven sofort innerhalb
des Konkursverfahrens zu erfolgen, ohne Rücksicht auf die Zeitt während
welcher die Ansprüche des Genieinschuldners überhaup, rechtlich geltend
gemacht werden können. Auch die Konkursverwaltung kann sich nicht darauf
berufen, dass eine Forderung des Ge-

' Ineinschuldners noch nicht verjährt sei, um mit der Eintreibung

längere Zeit zuzuwarten. Sie ist durch die Tatsache der Konkurseröffnung
gezwungen, es sofort zu tun. Dass aber dem Gläubiger, der an Stelle der
Masse den Prozess anhebt und durchsührt, keine weitergehenden Rechte
zukommen als der Masse selber, ist bereits ausgeführt worden. Anders
läge die Sache nur dann, wenn der Gläubiger den Anspruch materiell
abgetreten erhalten hätte, so dass er über ihn frei verfügen könnte,
was aber bei der Abtretung nach Art. 260 nicht zutrifft.

5. Nach dem Gesagten kann auch darüber ein Zweifel nicht bestehen,
dass die Masse an die Nichteinhaltung der Frist Verwirkungsfolgen
knüpfen kann. Andernfalls könnte die Fristansetzung ihren Zweck gar
nicht erfüllen. Sie soll ja während des Konknrsverfahrens darüber
Klarheit schaffen, ob aus der Verfolgung des abgetretenen Anspruches
noch etwas für die Masse resultiere oder nicht und ob, falls es
sich um einen Anfechtungsanspruch handelt, ihr daraus noch weitere
Verpflichtungen erwachsen werden. Würde die Fristansetzung dagegen nur
als Ordnungsvorschrift aufgefasst (wie zu Unrecht im bundesgerichtlichen
Urteil vom 27. November 1903 i. S. Schudel gegen Leihkasfe Richterswil
und Gen AS Sep.-Ausg. 6 Nr. 88 S. 372 f. *), so käme

' Ges.-Ausg. 29 Il S. 752.

342 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

ihr eine rechtliche Bedeutung überhaupt nicht zu. Nachdem aber die Praxis
keinen Anstand genommen hat, das Recht der einzelnen Konkursgläubiger,
die Abtretung von Massarechtsansprüchen zu verlangen, als verwirkt zu
erklären, wenn es nicht innert einer bestimmten Frist ausgeübt wird,
obschon das Gesetz hiefür keine unmittelbare Handhabe bietet, ist
nicht einzusehen, wieso die nämlichen Wirkungsfolgen nicht auch an die
Nichteinhaltung der Frist zur Geltendmachung des abgetretenen Anspruches
selber geknüpft werden könnten und sollten. Das Gesetz hat die Modalitäten
und die Rechtsfolgen der Abtretung von Massarechtsansprüchen nach Art. 260
im Einzelnen gar nicht geordnet und es ist daher Sache der Rechtsprechung,
die im Gesetz enthaltenen allgemeinen Grundsätze im Sinn und Geist des
Gesetzes und in bestmöglicher Anpassung an die praktischen Bedürfnisse
näher auszugestalten

6. _Jst somit das Hauptbegehren des Rekurrenten abzu-

weisen, so ist dafür das Eventualbegehren in dem Sinne begründet ss zu
erklären, dass die angefochtene Klagefrist noch auf zwanzig Tage

vom heutigen Entscheid an ausgedehnt wird (und nicht wie der Rekurrent
verlangt vom Tag der Zustellung der vollständigen Ausfertigung des
bundesgerichtlichen Entscheides an, was sich nicht rechtfertigen
würde). In dieser Fassung kommt das Eventualbegehren einem Gesuch gleich,
dem Rekurs an das Bundesgericht aufschiebende Wirkung zu erteilen, und es
kann ein solches Gesuch, wenn es nicht vom Präsidium durch vorsorgliche
Verfügung abgewiesen wurde, auch noch durch den Hauptentscheid insofern
berücksichtigt werden, als der Eintritt der Rechtswirkung

des angefochtenen Entscheides auf den Zeitpunkt des bundesgericht-

lichen Urteils verlegt wird. Demnach hat die Schuldbetreibungs und
Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird in der Hauptsache abgewiesen. Dagegen wird dem
Eventualbegehren in dem Sinne entsprochen, dass die angesochtene Frist
noch zwanzig Tage von heute an läuft.und Koukurskammer. N° 69. 348

69. Entscheid vom 28. Juni 1911 in Sachen sinnigen

Art. 68
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG : Verpflichtung des Gläubigers zur Sicherstellung der
Verwertungskosten. Art. 149
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 149 - 1 Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1    Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1bis    Das Betreibungsamt stellt den Verlustschein aus, sobald die Höhe des Verlustes feststeht.290
2    Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82 und gewährt dem Gläubiger die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 erwähnten Rechte.
3    Der Gläubiger kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlustscheines ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortsetzen.
4    Der Schuldner hat für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu zahlen. Mitschuldner, Bürgen und sonstige Rückgriffsberechtigte, welche an Schuldners Statt Zinsen bezahlen müssen, können ihn nicht zum Ersatze derselben anhalten.
5    ...291
Abs. ! SchKG : Unzulässigleeit der Ausstellung
eines definitiven Verlustscheines ohne vorhergehende Verwertung des
pfd'ndbaren Vermögens des Schuldners.

A. In der Betreibung des Rekurrenten gegen Franz Schmidiger in Schüpfheim
wurde die Liegenschaft des Schuldners gepfändet. Als der Rekurrent
das Verwertungsbegehren stellte, verlangte das Konkursamt Schüpfheim,
das nach luzernischem Rechte bei der Verwertung von Liegenschaften
mitzuwirken hat, von ihm vorerst einen Kostenvorschuss von 100
Fr. Daraufhin ersuchte der Rekurrent das Betreibungsamt Schüpfheim um
Ansstellung eines Verlustscheins. Das Amt weigerte sich aber, diesem
Gesuche zu entsprechen B. Der Rekurrent erhob nun Beschwerde gegen das
Betreibungsamt, indem er das Begehren stellte, dieses sei anzuhalten,
die Verwertung der Liegenschast ohne Kostenvorschuss vorzunehmen oder
ihm einen Verlustschein auszustellen

Beide kantonalen Aufsichtsbehörden wiesen die Beschwerde ab, indem
sie zur Begründung ausführten, gemäss Art. 68
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG seien die Kosten
der Verwertung von Liegenschaften vom Gläubiger vorzustrecken, und
ein Verlustschein dürfe erst ausgestellt werden, wenn die Verwertung
stattgefunden habe und ohne Ergebnis geblieben sei.

C. Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 5. Mai 1911
hat der Rekurrent unter Erneuerung seines Begehrens rechtzeitig an das
Bundesgericht weitergezogen. Er macht zur Begründung n. a. geltend: Das
SchKG unterscheide deutlich zwischen Verwertungsund Betreibungskosten. Da
Art. 68
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
nur die Betreibungskosten erwähne, beziehe er sich nicht auf
die Verwertungskosten. Da infolgedessen das SchKG nicht bestimme, wer
die Verwertungskosten vorzuschiessen habe, so empfehle es sich, ohne
weiteres einen Verlustschein auszustellen, wenn nicht der Schuldner für
die erwähnten Kosten Sicherheit leiste.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 37 I 336
Datum : 21. Juni 1911
Publiziert : 31. Dezember 1911
Quelle : Bundesgericht
Status : 37 I 336
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 335 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs- 68. Entscheid vom 21. Juni 1911 in


Gesetzesregister
SchKG: 68 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
149 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 149 - 1 Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1    Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.289
1bis    Das Betreibungsamt stellt den Verlustschein aus, sobald die Höhe des Verlustes feststeht.290
2    Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82 und gewährt dem Gläubiger die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 erwähnten Rechte.
3    Der Gläubiger kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlustscheines ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortsetzen.
4    Der Schuldner hat für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu zahlen. Mitschuldner, Bürgen und sonstige Rückgriffsberechtigte, welche an Schuldners Statt Zinsen bezahlen müssen, können ihn nicht zum Ersatze derselben anhalten.
5    ...291
240 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 240 - Die Konkursverwaltung hat alle zur Erhaltung und Verwertung der Masse gehörenden Geschäfte zu besorgen; sie vertritt die Masse vor Gericht.
260 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
292
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 292 - 1 Das Anfechtungsrecht verjährt:
1    Das Anfechtungsrecht verjährt:
1  nach Ablauf von drei Jahren seit Zustellung des Pfändungsverlustscheins (Art. 285 Abs. 2 Ziff. 1);
2  nach Ablauf von drei Jahren seit der Konkurseröffnung (Art. 285 Abs. 2 Ziff. 2);
3  nach Ablauf von drei Jahren seit Bestätigung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung.
2    Bei der Anerkennung eines ausländischen Konkursdekretes wird die Zeit zwischen dem Anerkennungsantrag und der Publikation nach Artikel 169 IPRG517 nicht mitberechnet.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
mass • bundesgericht • konkursverwaltung • frist • tag • verlustschein • konkursmasse • legitimation • konkursamt • vorinstanz • anfechtungsklage • konkursverfahren • gegenleistung • schuldner • betreibungskosten • zahl • frage • bereicherung • kostenvorschuss • wiese
... Alle anzeigen