572 A. Oberste erilgerjctitsinsianz. I. Materieilrechfliche
Entscheidungen.

trifft, so befand sich derselbe in der Nähe der Arbeitsstelle in einem
Schopf, woselbst er mit Rapportschreiben beschäftigt war. Da es sich beim
Aus-wechseln der Schwellen keineswegs um eine besonders komplizierte
Arbeit handelte, so kann in dem Umstande, dass der Vorarbeiter nicht
beständig unmittelbar aus der Arbeitsstelle war, sondern sich in der
Nähe dienstlich betätigte, keine Vernachlässigung der ihm obliegenden
Aufsichtspslicht gefunden werden. Fehlt es aber darnach an Anhaltspunkten
für die Annahme eines von den Schweiz. Bundesbahnen zu vertretenden
Verschuldens, so ist die vom Kläger auf Art. 8 EHG gestützte Forderung
eines Schmerzensgeldes von 5000 Fr. abzuweisen

9. Was die auf Art. 3 gestützte Forderung von ebenfalls 5000 Fr. für
Verstümmelung und Erschwerung des Fortkommens betrifft, so ist zu
beachten, dass der Kläger für den ihm erwachsenen Vermögensschaden
bereits voll entschädigt wird. Mit dem Zusprnch weiterer 5000 Fr. würde
also über den wirklichen Schaden hinausgegangen Dies entspricht aber
(vergl. AS 35 II S 412) nicht dem Sinne und Zweck des Art. 3 (SDG,
da sich diese Gesetzesbestimmung vielmehr auf solche Fälle bezieht, in
denen der wahrscheinliche oder mutmassliche Vermögensschaden sich nicht
in der Verminderung der Arbeitsfähigkeit erschöpft, was z. B. dann der
Fall iii, wenn ein Arbeiter trotz einer nur geringen Beeinträchtigung
seiner effektiven Arbeitsfähigkeit doch infolge eines durch den Unfall
verursachten körperlichen Defektes bedeutend mehr Mühe hat, Arbeit zu
finden. Solche Erwägungen sallen aber beim Kläger ausser Betracht, weil
ja von vornherein mit einer vollkommenen Erwerbsunfähigkeit desselben
gerechnet und er hiesür ooll entschädigt wird. Mehr als der wirkliche
Vermögensschaden ist ihm aber, wie bereits ausgeführt, deshalb nicht
zuzusprechen, weil die Schweiz. Bundesbahnen kein für den Unfall kausales
Verschulden trifft.

10. Jst demnach, ausser dem Abzug von 10 % für die Vorteile der
Kapitalabfindung, von den 18,362 Fr. 65 Ets aus welche sich die
kapitalisierte Erwerbseinbusse des Kiägers beläuft, kein Abng zu
machen, und sind anderseits auch die auf Art. 3 und 8 EHG gestützten
Mehrforderungen des Klägers abzuweisenso führt dies zum Zuspruch eines
Betrage-s von 16,526 Fr.,Berui'ungsinstanz: 3. Haftpflicht aus Betrieb
der Eisenbahnen, etc. No 83. 57.3

-d. h. zur Abweisung beider Berufungen und zur Bestätigung des
angesochtenen Urteils; si erkannt:

Hauptberufung und Anschlussberufung werden abgewiesen, und das Urteil
des Kantonsgerichts St. Gallen vom 28. Juli 1930 wird bestätig;

83. gis-teil vom 9. Rot-einher 1910 in Sachen Witwe Christen-Danielund
Kinder Christen, KL u. Ber.-Kl., gegen zehn-ein Bunde-bahnen
Bett-u. Ber.-Bekl.

Art. 1 EHG. Begriff des Efsenbahnbaues: Dazu gebet-Z auch die Erstellung
der für den Bahnbetrieb erforderlichen Hochbauten (Unfall eines Spenglem
bez deoErstellung eines An-baues zueinem bestehenden Stationsgeòzîude als
Eise nbaknbaze-Unfall). Ricci:weésung der Sache zur Aktenvervollsädndigung
(Art. 82 Abs. 2 OG)

A. Im Jahre 1908 liessen die Schweizerischen BundesEbahnen am
Stationsgebände Kilchberg einen Wartsaalanbau erstellen, wobei die
Spenglerarbeiten einem gewissen Stadtmann, sder weniger als 5 Arbeiter
beschäftigte, übergeben wurden. Am ·30. Dezember 1908 war nun Joses
Christen, der Ehemann und Vater der Klägerinnen, damit beschäftigt,
an jenem Anbau eine Ecke des Dachgesimses mit Zinkblech zu ver-kleiden
Bei dieser Arbeit stürzte er ab und fand den Tod.

B. Auf Grund dieses Unfalles und unter Berufung auf Art. 1 EHG haben die
Klägerinnen Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung
von 10,000 Fr. nebst 5 % Zins seit 16. Dezember 1908 beantragt

Demgegenüber hat die Beklagte zunächst das Vorhandensein

eines Eisenbahnbauunsalles im Sinne der angeführten Gesetzes-

Bestimmung bestritten. Eventuell hat sie den Standpunkt eingenommen,
es sei die Klage wegen Selbstverschuldens des Verunglüekten
abzuweisen. Endlich hat sie auch das Quantitativ der geforderten
Entschädigung, und zwar sowohl hinsichtlich der Ansätze, als in Bezug
auf die Art der Berechnung, bestritten.

574 A. Oberste Zivilgerichtsinsmnz I. Materiellrechlliche Entscheidungen.

C. Beide kantonalen Instanzen, das Bezirksgericht Zurichund das
Obergericht des Kantons geme,, letzteres mit Urteil vom 20. August 1910,
haben die Klage abgewiesen, weil kein Eisenbahnbauunfall im Sinne des
Art. 1 EHG vorliege. Auf die eventuellen Standpunkte der Beklagten sind
sie infolgedessen nicht eingetreten, und es ist der Prozess in dieser
Richtung auchnicht instruiert worden.

D. Gegen das obergerichtliche Urteil haben die Klägerinnen rechtzeitig
und formrichtig die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem
Antrag auf Gutheissung der Klage, eventuell Rückweisung der Sache an
den kantonalen Richter.

E. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Klägerinnen diese
Anträge wiederholt, während der Vertreter der Schweiz. Bundesbahnen
auf Abweisung der Berufung und damit der Klage, eventuell ebenfalls auf
Rückweisung, ungetragen hat.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Es bedarf zunächst keiner Ausführung, dass die Arbeit, bei welcher
Christen verunglückt ist, nicht unter den dem Art. 1 EHG zu Grunde
liegenden Begriff des Eisenbahnbetriebes fällt. Die Klagpartei hat
dies denn auch selber nie behauptet Von einer Hülfsarbeit, mit welcher
im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung die besondere Gefahr des
Eisenbahnbetriebes verbunden gewesen wäre, kann sodann hier ebenfalls
keine Rede sein. Zwar ist es an sich denkbar, dass die Erstellung oder
Erweiterung eines Stationsgebäudes, wenn sie während des Betriebes
erfolgt, durch diesen in einer Weise beeinflusst würde, dass von einer
spezifischen Betriebsgefahr gesprochen werden könnte. Allein im konkreten
Falle bieten die Akten für eine solche Annahme keine Anhaltspunkte und es
hat denn auch der Vertreter der Klägerinnen heute ausdrücklich erklärt, er
nehme den Standpunkt, dass es sich um eine mit Betriebsgefahr verbundene
Arbeit gehandelt habe, nicht ein. Die vorliegende Klage kann somit nur
gutgebeissen werden wenn die in Frage stehende Arbeit unter den Begriff
des Eisenbahnbaues zu subsumieren ist.

2. Bei der Prüfung dieser Frage ist vor allem zu konstatieren, dass die
Anwendbarkeit des Begriffs Eifenbahnbau jedenfalls nicht schon deshalb
ausgeschlossen ist, weil die Arbeit, bei;Berufungsinstanz: 3. Haftpflicht
ans Betrieb der Eisenbahnen, etc. N° 83, 575,

welcher-Christen verunglückt ist (Verkleidung des Dachgesimses) in
konstruktiver Hinsicht von untergeordneter Bedeutung war; denn für
die Vollendung des Baues, an welchem sie vorgenommen wurde, war sie
zweifellos notwendig oder doch zweckdienlich

Ebensowenig kann anerkannt werden, dass die Subsumtion jener Arbeit unter
den Begriff des Eisenbahnbaus deshalb unzulässig sei, weil es sich dabei
nicht um die erstmalige Erstellung eines Teils der Bahnanlage, sondern um
eine nachträgliche Erweiterung der ursprünglichen Jnstallationen gehandelt
hat. Wenn auch anlässlich des vorliegenden Falles nicht entschieden zu
werden braucht, ob geradezu eine jede Reparatur oder Unterhaltungsarbeit
unter den Begriff des Baues zu subsumieren sei, wie dies vielleicht aus
einzelnen älteren Präjudizien geschlossen werden könnte, so ist doch
jedenfalls in Anlehnung an einen Entscheid aus neuester Zeit (Urteil
des Bundesgerichts vom 26. Oktober 1910 i. S SBB c. SSanufer*) jener
Begriff wenigstens auf Erneuerungsarbeiten grösseren Umfangs-, sowie auf
wesentliche Erweiterungen der ursprünglichen Jnstallationen anzuwenden
Um eine wesentliche Erweiterung der ursprünglichen Anlage handelte es
sich aber gerade im vorliegenden Fall, da ja ein eigentlicher Anbau zum
Stationsgebäude erstellt wurde.

3. Im weitern fragt es sich, ob die Anwendbarkeit des Art. 1 EGH auf
den vorliegenden Fall deshalb ausgeschlossen sei, weil zum Eisenbahnbau
nur die Erstellung der Geleiseanlage (Tiefbau bezw. Unterund Oberbau),
nicht aber auch die Erstellung von Hoch bauten gehöre.

Zur Beantwortung dieser, den Kernpunkt des vorwürfigen Prozesses bildenden
Frage, bietet die bisherige Praxis wenig oderv keine Anhaltspunkte Wenn
auch gelegentliche Bemerkungen in einzelnen Urteilen mehr oder weniger
deutlich erkennen lassen, dass die Erstellung von Hochbauten schon bisher
als unter den Begriff des Eisenbahnbaues fallend betrachtet wurde, so
hat sich das Bundesgericht doch noch nie ex professo mit dieser Frage
zu befassen gehabt.

Bestimmte Anhaltspunkte für ihre Lösung ergeben sich auch

* Vorstehende Nr. 82 (Anm. (5. Red. J. Publ.)

576 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. I. Materiellrechtliche
Entscheidungen.

nicht etwa aus dem Texte des Gesetzes, da dieses eben einfach den
Ausdruck Bau einer Eisenbahn verwendet. Es kann zwar angenommen
werden, dass dadurch auf die landläufige Bedeutung des Wortes Eisenbahn
abgestellt werden wollte. Diese landläufige Bedeutung des Wortes ist aber
ihrerseits, gerade hinsichtlich der Frage der Subsumtion der Hochbauten,
keineswegs eine objektiv feststehende. Wenn auch offenbar mit dem Begriff
Eisenbahn im täglichen Leben zumeist die Vorstellung einer Gesamtheit
von Justallationen verbunden wird, Von denen die Geleiseanlage nur ein
Teil ist, so gestattet dies doch keinen durchaus zwingenden Schluss auf
die Bedeutung des Wortes in der Verbindung Bau einer Eifen'òahn". Denn
einerseits dürfte wenigstens bei dem zusammengesetzten Wort Eisenbahnbau
doch in erster Linie an die Erstellung des Bahnkörpers als solchen
gedacht werden, und anderseits ist unverkennbar-, dass in der Sprache des
täglichen Lebens das Wort Eifenbahn oft auch Bestandteile umfasst, deren
Erstellung noch nie von irgend einer Seite als zum Eisenbahnbau gehörig
betrachtet wurde: so namentlich das Rollmaterial (vergl. z. B. den
Ausdruck mit der Eisenbahn fahren, der die sprachlich richtiger-e
Verbindung auf der Eisenbahn fahren im Gebrauche verdrängt hat). Es ist
somit in der Tat nicht möglich, aus der landläufigen Bedeutung bezw. aus
einer der verschiedenen landläufigen Bedeutungen des Wortes Eisenbahn
einen absolut sichern Schluss auf den Sinn des im Gesetze gebrauchten
Ausdruckes Bau einer Eisenbahn- zu ziehen.

Einen solchen Schluss gestattet endlich auch nicht die Verwendung des
Wortes Eisenbahn in einer Reihe besonderer technischer, kommerzieller
oder juristischer Gebiete, da gerade in diesen speziellen Gebieten
die Bedeutung des Wortes eine sehr verschiedene ist. Es kann also
insbesondere für die heute zu entscheidende Frage nicht ausschlaggebend
sein, dass die Betriebseröffnung einer Bahn offenbar vom Bundesrate nicht
gestattet win-de, solange wichtige Stationen noch des Bahnhofgebäudes
entbehren würden; ebensowenig, dass nach dem BG über das Rechnungswesen
der Eisenbahnen die Erstellung von Stationsgebäuden zweifellos zu
den Baukosten zu rechnen ist; ebensowenig endlich, dass auch für die
Errichtung von Bahnhofgebäuden das Erpropriationsrecht bewilligt wird,
u. s. w.. ha. m .. __

'Berufungsinstanz : 3. Haftpflicht aus Betrieb der Eisenbahnen, etc. N°
83. 577

Denn aus diesen und andern Analogien liessen sich, wenn sie wirklich als
massgebend betrachtet würden, noch viel weitergehende und offensichtlich
durchaus falsche Schlüsse ziehen, wie z. B. der, dass auch die Erstellung
der Lokomotiven und Wagen zum Eisenbahnbau gehöre, da ja beim Fehlen
genügenden Rollmaterials die Betriebserösfnung ebenfalls nicht gestattet
würde und da (vergl. Art. 8 des Rechnungsgefetzes) die Anschaffung von
Rollmaterial unter gewissen Bedingungen dem Baukonto belastet werden dari.

4. Lässt sich demnach die Frage, ob unter dem Van einer

Eisenbahn- im Sinne des Art. 1 EHG auch die Erstellung der erforderlichen
Hochbauten zu subsumieren sei, weder aus Grund

der bisherigen Praxis, noch auf Grund des Gesetzestextes, noch endlich
unter Zuhilfenahme der Bedeutung des Wortes Eisenbahn im Sprachgebrauch
des täglichen Lebens bezw. in gewissen speziellen Gebieten, zuverlässig
beantworten, so muss auf die rat-to legis und damit notwendigerweise
auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückgegrifsen werden;
letzteres freilich nicht in dem Sinne, dass bloss darauf abzustellen
wäre, was sich die verschiedenen beim Zustandekommen des Gesetzes tätig
gewesenen Organe unter dem Bau einer Eisenbahn vorgestellt haben mögen
es können solche Vorstellungen unter Umständen auf Jrrtum beruhen ,
sondern vielmehr in dem Sinne, dass untersucht wird, aus

welchen gesetzgebungspolitischen Gründen die in am. 1 EHG

sanktionierte Lösung gewählt worden isf. Es liegt auf der Hand, dass sich
aus diesen legislatorischen Motiven gewisse Anhaltspunkte dafür ergeben
müssen, in welchem Sinne und bis zu welchem Grade eine Gleichstellung
der Eisenbahnbauunfälle mit den gewöhnlichen Bauunfällen bewirkt werden
wollte, und dass dann hieraus ein Rückschluss auf den dem Gesetze zu
Grunde liegenden Begriff des Eisenbahnbaus, insbesondere hinsichtlich
der Hochbauunfälle, möglich sein mug.

5. Bei der Untersuchung über das dem Art. 1 EHG mutmasslich zu Grunde
liegende gesetzgebungspolitische Prinzip ist von

demjenigen Rechtszustande auszugehen, der seiner Zeit durch die

Haftpflichtnovelle von 1887 herbeigeführt worden war. Durch Art. 1 Ziffer
2 litt-. a und d dieser Novelle ist sowohl das Baugewerbe im allgemeinen,
als speziell der Eisenbahnban, erstmals

578 A. Oberste Zivilgerichisinstanz. [. Materiellrechtliche
Entscheidungen.

dem Prinzip der Kausalhaftung unterstellt worden, was allerdings damals
zunächst nur hinsichtlich der Haftung des Bauunternehmers geschah,
während in Bezug auf die Haftbarkeit der Eisenbahngesellschasten
ausdrücklich Art. 1 des EHG von 1875 vorbehalten wurde Es ist flat,
dass diese Lösung auf die Dauer nichts weniger als befriedigend sein
konnte; denn darnach auferstanden die Eisenbahngesellschaften, trotz
ihrer präsumtiv grösserm Leistungsfähigkeit, einer bedeutend weniger
weitgehenden Haftpflicht als die Bauunternehmer. Theoretisch war zwar
die Haftung der Bahngesellschaften insofern etwas schärfer-, als das
in Art. 6
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 6 Jahresrechnung des Bundes - Die Jahresrechnung des Bundes umfasst:
a  ...
b  die Erfolgsrechnung;
c  die Investitionsrechnung;
d  die Geldflussrechnung;
e  die Bilanz;
f  den Eigenkapitalnachweis;
fbis  den Nachweis der Einhaltung der Schuldenbremse;
g  den Anhang.
FHG vorgesehene Maximum aus sie keine Anwendung fund. Allein
tatsächlich kam diese Haftpflicht der Eisenbahnen in zahlreichen Fällen
mangels eines nachweisbar-en Verschuldens überhaupt nicht zur Geltung;
konnte aber eiu Verschulden nachgewiesen werden, so gewährte das EHG
von 1875 vor dem inzwischen erlassenen OR nur noch in besondern Fällen
etwelche Vorteile

Bei dieser Sachlage war zu erwarten, dass es das Bestreben des
Gesetzgebers sein werde, die bestehende Ungleichheit in der Haftung der
Eisenbahngesellschasten einerseits und der Bauunters nehmer anderseits
zu beseitigen oder doch auf das praktisch erreichbare Minimum zu
reduzieren. Dieses Bestreben hat denn auch tatsächlich bei der Entstehung
des neuen EHG neben dem ursprünglich allein im Vordergrunde stehenden
Postulat einer Aufnahme des in Art. 54
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR enthaltenen Grundsatzes (Motion
Brenners die wichtigste Rolle gespielt. Während der Bundesrat sich in
seinem ursprünglichen Entwurf (dom 18. August 1896) in der Hauptsache
auf die Ausführung jenes Postulates beschränkt hatte, sah er in seinem
zweiten Entwurf (vom 1. März 1901} bereits die Gleichstellung der
Eisenbahnbauunfälle mit den Betriebsnnfällen vor, und dieser Gedanke, der
übrigens schon im Jahre 1874 dem bundesrätlichen Entwurf zum ersten EHG,
sowie auch, im Jahre 1897, den Anträgen der nationalrätlichen Kommission
zum Entwurf einer Partialrevision dieses Gesetzes zu Grunde gelegen hatte,
ist dann bekanntlich, nach länger-ein Widerstand seitens einer schwachen
Mehrheit des Ständerates und einer starken Minderheit des Nationalrates,
zum Durchbruch gelangt

Die Gesichtspunkte welche die Befürworter der Neuerung in.Berufungsinstanz
: 3. Haftpflicht aus Betrieb der Eisenbahnen, etc. N° 83. 579

der Bundesversammlung geltend gemacht haben, lassen sich (oerg·t.
namentlich die Voten der Nationalräte Loretan, Müri [anfänglich], Heinrich
Scherrer, Zürcher, Schmid (Uri) und Brüstlein, der Ständeräte Scherb und
von Schumacher, sowie auch diejenigen des Vertreters des Bundesrates
[Brenner] : Stenogr. Bulletin 1902 S. 347 ff, 1908 S. 400 ff, 1904
S. 37 ff; ferner auch die Botschaft des Bundesrates vom 1. März 1901,
S. 4 und 5) in folgende Erwägungen zusammenfassen:

Zunächst wurde hervorgehoben, dass die Frage, wer die pekuniären
Folgen der Unfälle zu tragen habe, welche beim Bau oder Betrieb der
grossen Unternehmungen der Reuzeit nie ganz vermeidlich seien, sich
aus die Dauer nicht einseitig nach privatrechtlichen Gesichtspunkten
regeln lasse; insbesondere dürfe nicht mit dem römischen Recht davon
ausgegangen werden, dass der Unternehmer für derartige Unfälle nur bei
nachgewiesener eigener Verschuldung zu haften habe. Denn damit würde
die Last auf den Stand der Arbeiter verlegt, ohne dass dieser für
derartige ausserordentliche Vorkommnisse in dem regelmässigen Lohne
eine Vergütung fände. Wirtschaftlich und sozial rechtfertige es sich
daher, jene pekuniären Nachteile zunächst dem Unternehmer aufzuerlegen,
welcher hiegegen Versicherung zu nehmen habe und die dadurch bedingten
Auslagen wieder teilweise in den Preisen seiner Ware berücksichtigen könne
(Dernburg, Preussisches Privatrecht, Bd. H 3. Aufl. S. 870, und Zeerleder,
Die schweiz.Haftpflichtgesetzgebung, S. 5). Diese Erwägung habe denn auch,
wurde sodann betont, bereits zur Einführung der Eisenbahnbetriebs-, sowie
der Fabrikund Gewerbehaftpflicht geführt. Nachdem man nun aber sämtliche
Bauarbeiten, insbesondere auch den Eisenbahnbau der Gewerbehaftpflicht
unterstellt habe, soweit es die Bauunternehmer betreffe, sei kein Grund
mehr vorhanden, die konzesfionierten Eisenbahnunternehmungen günstiger
zu behandeln und sie nur beim Nachweis eines Verschuldens haften zu
lassen. Wenn diesen letztern infolge der Ausdehnung der unbeschränkten
Eisenbahnhastpslicht auf die Bauunfälle in Zukunft eine quantitativ
weitergehende Haftung auferlegt werde, als den Bauunternehmern, so
finde dies sein Gegenstück in der Monopolstellung der Eisenbahnen auf
dem Gebiete des Transportwesens, in der

580 À. Oberste Zivjigerichtsiustanz. l. Malerieiirechtliche Entscheidungen

Eiuräumung des Expropriationsrechtes und dem Umstande, dass bei der
heutigen Entwicklung des Eisenbahnwesens die Bahngesellschaften
eine verschärfte Haftung vermöge ihrer bedeutenden finanziellen
Leistungsfähigkeit leichter zu ertragen vermöchten, als früher-.

Auf der andern Seite stellten sich die Gegner der beantragten Neuerung
(vergl. a. a. O. die Boten der Natioiialräte Bühlmann und Sulzer, sowie
der Ständeräte Richard, Geel, Scherrer und Python) übereinstimmend auf den
Standpunkt, dass die Einführung der strengen, unbeschränkten Haftpflicht
der Eisenbahnen eine durch nichts gerechtfertigte Ungleichheit zwischen
den Eisenbahngesellschaften und den Unternehmern anderer Bauten schaffe,
weil nämlich die Gefahren des Eisenbahnbaues keineswegs grösser seien,
als diejenigen des Baugewerbes überhaupt. Diese Bedenken wurden nun aber
eben von der Mehrheit nicht geteilt, da für sie die umstrittene Neuerung
in erster Linie nicht eine Schlechterstellung der Eisenbahnunternehmungen
gegenüber den gewöhnlichen Bauunternehmern, sondern im Gegenteil eine
Gleichstellung dieser beiden Kategorien von Unternehmern bedeutete und
es somit nach ihrer Auffassung gar nicht nötig war, von der Annahme einer

besonderen Gefährlichkeit des Eisenbahnbaus im Vergleich mit-

andern Bauarbeiten auszugehen.

Die unbeschränkte Haftpflicht der Eisenbahnunternehmungen für alle
Eisenbahnbaunnfälle ist somit nicht etwa deshalb eingeführt worden, weil
mit Rücksicht 'an eine grössere Gefährlichkeit des Eisenbahnbaus die
Absicht bestanden hätte, die Haftpflicht hier (durch Fallenlassen des
Marimums) strenger zu gestalten, als bei den gewöhnlichen Bauunfällen,
sondern vielmehr deshalb, weil mit Rücksicht auf die durchschnittlich
gleich grosse Gefährlichkeit des Eisenbahnbaus und der sonstigen
Bauarbeiten die in dem Ersordernis des Verschuldens liegende bisherige
Begünstigung der Eisenbahngesellschaften aufgehoben werden wollte. Dass
nun infolgedessen die Eisenbahnunternehmungen heute gegenüber den
Bauunternehmern tatsächlich insofern schlechter gestellt find, als

sie unter im übrigen gleichen Voraussetzungen unbeschränkt haften,.

während die Haftpflicht der Bauunternehmer nur bis zu 6000 Fr. bezw. bis
zum sechsfachen Jahresverdienst geht, stellt sich dabei nicht als eine
von vornherein gewollte, sondern vielmehr als einesi sisisisisissesi
),da-.-...ta ;-

Bemfungsinstanz: 3. Haftpflicht aus Betrieb der Eisenbahnen, etc. N°
83. 581

nebenbei eingetretene Ungleichheit dar, deren Beseitigung nicht wohl
möglich war, da es einerseits als ein sozialer Rückschritt erschienen
wäre, auch zu Gunsten der Eisenbahngesellschaften das Maximum einzuführen,
nachdem schon im Jahre 1875 prinzipiell davon abgesehen worden war,
anderseits aber allgemein angenommen wurde, dass ein Fallenlassen des
Marimums im Gebiete derGewerbehaftpflicht eine allzuschwere Belastung
der einheimischen Industrie bedeuten würde.

Jst demnach als feststehend zu betrachten, dass das
gesetzgebungspolitische Motiv der Untersteuung der Eisenbahnbauunfälle
unter das Prinzip der Kausalhaftung nicht auf der Tendenz beruht,
dieHaftpflicht für diese Art von Unfällen strenger zu gestalten, als
diejenige für andere Banunfälle, sondern vielmehr auf der Tendenz,
möglichst gleichartige Rechtsverhältnisse zu schaffen, so ist es nicht
nötig, den Grund des gegenwärtigen Rechtszustandes in einer grösseren
Gefährlichkeit oder überhaupt in irgendwelchen Besonderheiten des
Eisenbahnbaues (im Vergleich mit allen andern Bauarbeiten) zu suchen
-wie es die Vorinstanz getan hat , sondern es stellt sich schon als
ein genügendes Motiv für jene Regelung dar, dass der Eisenbahnbau
durchschnittlich nicht w entger gefährlich ist, als alle übrigen
Bauarbeiten, bezw. dass der Eisenbahnbau nur eine Unterart des Baugewerbes
im allgemeinen isf.

Neben dem Bestreben, eine seit 1887 existierende Ungleichheit zu
beseitigen, war allerdings, wie wiederum aus den Verhandlungen der
eidg. Räte hervorgeht, auch noch die Erwägung massgebend, dass es dem
modernen Rechtsbewusstsein widerspreche, wenn ein beim Eisenbahnbau
verunglückter Arbeiter eines insolventen Akkordanten leer ausgehe,
während doch die Frucht seiner Arbeit indirekt der Eisenbahngesellschaft
zu gut fomme. Allein auch diese Erwägung steht in keinem Zusammenhang
mit der angeblich besondern Gefährlichkeit des Eifenbahnbaus Vielmehr
handelt es sich dabei um einen Gedanken, der bereits dem Art. 3 des
alten EHG zu Grunde gelegen und dann, mutatis mutandis, auch in Art. L
Abs. il der Novelle zum FHG seinen Ausdruck gefunden hatte, und der jetzt
umgekehrt aus dem Gebiete der Gewerbehaftpflicht wieder in dasjenige der
Eisenbahnhastpflicht hinübergenommen wurde, in dem Sinne, dass nunmehr
für Eisenbahnbauunfälle

582 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. !. Materiellrechtliche
Entscheidungen.

auch beim Fehlen eines Verschuldens nicht nur der Akkordant neben
dem Unterakkordanten, wie seit 1887, sondern gleicherweise die
Eisenbahnunternehmung neben dem Akkordanten haftbar -zu erklären sei.

Endlich hat die Unterstellung des Eisenbahnbaus unter das Prinzip
der Kausalhaftung auch noch mit Rücksicht aus diejenigen Unfälle
stattgefunden, welche anläszlich des Eisenbahnbaus Drittpersonen, die
nicht am Bau beschäftigt sind, zustossen können. Diese Drittpersonen
waren, sofern kein Verschulden im Sinne der Art. 1 und 3 des EHG von 1875
vorlag, bis dahin Überhaupt nicht geschützt, da ja Art. 1 der Novelle
von 1887 auf sie keine Anwendung fand. Jnsofern find nun allerdings
durch das EHG von 1905 die Eisenbahnunternehmungen in eine schlechtere
Lage versetzt worden, als die gewöhnlichen Bauunternehmer. Dieser,
praktisch übrigens nicht sehr häufig wirksam werdende Unterschied hat
jedoch mit der angeblich besondern Gefährlichkeit des Eisenbahnbaus
wiederum nichts zu tun, vielmehr handelt es sich auch hier mehr nur
um eine sekundäre Folge der Gleichstellung des Eisenbahnbaus mit dem
Eisenbahnbetrieb, bei welch letzterem ja der Schutz des Publikums eine
ebenso wichtige Rolle spielt, wie derjenige des Personals Ausserdem
scheint auch in diesem Punkte, wiewohl die Votanten sich hierüber zumeist
nicht besonders aussprachen. die Erwägung massgebend gewesen zu sein,
dass die Eisenbahngesellschaften dank ihrer grössern Leistungsfähigkeit
die Ausdehnung ihrer Haftpflicht in der angegebenen Richtung wohl zu
ertragen im Stande seien, und dass ihnen jedenfalls zugemutet werden
könne, die Prämien für die Versicherung auch solcher Un-

fälle aus ihre Schultern zu nehmen, statt das betreffende Risiko

ausschliesslich durch das Publikum tragen zu lassen.

6. Zeigt somit die Entstehungsgeschichte des Gesetzes, dass die Regelung
der Haftpflicht für Eisenbahnbauunfälle keineswegs an der Idee einer
grösseren Gefährlichkeit oder überhaupt irgendwelcher Eigentümlichkeiten
des Eisenbahnbaus im Vergleich mit andern Bauarbeiten beruht, so folgt
daraus, dass im einzelnen Falle bei der Frage, ob ein Eisenbahnbauunfall
oder aber ein gewöhnlicher Bauunsall vorliege, kein entscheidendes
Gewicht darauf zu legen ist, ob die betreffende Arbeit die spezifischen
Ge-Berufungsinstanz: 3. Haftpflicht aus Betrieb der Eisenbahnen, etc. N°
83, 583

fahren des Eisenbahnbaus aufwies oder nicht. Noch weniger ist
selbstverständlich zu untersuchen, ob damit die besondere Gefahr des
Eisenbahnbetriebes verbunden war, eine Auffassung, die allerdings auch
schon vertreten wurde (vergl. Scherer, in der schweiz. Juristenzeitung,
V S. 309 ff.), die sich aber angesichts des Wortlauts, wie auch der
Entstehungsgeschichte des Gesetzes (vergl. Urteil des Bundesgerichts
vom 15. April 1910 i. S. Boles & Girotto c. Bad. Bahn, Eno. 4 i. ff? als
völlig haltlos erweist.

Nach dem Gesagten ist die Haftpflicht der Eisenbahnunternehmung jedenfalls
stets dann als gegeben zu erachten, wenn ein Bauunsall vorliegt und es
sich dabei um einen für die Zwecke des technischen Eisenbahnbetriebs
bestimmten, in einem nähern örtlichen Zusammenhang mit der Eisenbahnlinie
stehenden Bau (gleichgültig, ob Hochbau oder Tiefbau) handelt. Diese
Voraussetzungen treffen aber bei der Erstellung eines Stationsgebäudes
bezw. eines Anbaues zu einem solchen zweifellos zu.

Nebenbei mag noch bemerkt werden, dass anlässlich der Beratung des EHG
dessen Anwendbarkeit auf Unfälle, die sich bei Hochbauten und speziell
an Stationsgebäuden ereignen, allgemein, sowohl von den Freunden als
auch von deu Gegnern der Kausalhastung (vergl. Stenogr. Bulletin, 1902
S. 355, 356 und 370; 1903 S. 401, 409 und 410), als selbstverständlich
angenommen wurde. Dieser Umstand könnte allerdings für sich allein nicht
ausschlaggebend sein, da es immerhin denkbar wäre, dass bei der Beratung
des Gesetzes von unrichtigen Voraussetzungen über dessen zukünftiges
Anwendungsgebiet ausgegangen worden sei. Indessen ergibt sich aus jenen
Äusserungen doch jedenfalls soviel, dass man sich der Möglichkeit einer
verschiedenen Regelung der finanziellen Folgen von Unfällen bei an sich
gleichartigen Arbeiten (wie es z. B. der Bau eines Stationsgebäudes
und die Erstellung des gegenüberliegenden Bahnhofhotels find) durchaus
bewusst war, und dass diese Möglichkeit von den Anhängern der Neuerung
mit in den Kan genommen wurde, weil eben nur aus diesem Wege wenigstens
die Gleichftellung der Eisenbahngesellschaften mit den Bau-

* Nr. 40 dieses Baneies, S. 245. (Aram. d. Red. f. Pubcî.) AS 36 n _
1910 38

584 A. Oberste Zivilgerichtsinsianz. [. Materieilrechfliche
Entscheidungen.

unternehmern hinsichtlich der Haftung für Zufall erreicht werden fonnte,
die Mehrheit aber auf diese letztere Gleichstellung mehr Gewicht legte,
als auf die Herbeiführung einer vollkommenen Gleichheit in jener anderen
Richtung.

Es lässt sich übrigens auch abgesehen von der Entstehungsgeschichte des
Gesetzes nicht verkennen, dass eine Bevorzugung z. B. des Erdarbeiters,
der auf freiem Felde am Aufwerfen eines Eisenbahndammes beschäftigt
ist, gegenüber dem Spengler, der auf dem abschüssigen Dache eines
Stationsgebäudes seine Arbeit zu verrichten hat, mindestens ebenso
stoszend wäre, wie es die Bevorzugung dieses Spenglers gegenüber seinen
am Bahnhoshotel beschäftigten, beim gleichen Arbeitgeber angestellten
Berufsgenossen sein mag. Jene Ungleichheit zwischen dem Erdarbeiter und
dem Spengler wäre sogar insofern noch härter, als sie unter Umständen zur
gänzlichen Klaglosigkeit des letztern führen würde (wenn nämlich dessen
Dienstherr weniger als fünf Arbeiter beschäftigt, was übrigens gerade im
vorliegenden Falle zutrisst), während es sich bei der namhaft gemachten
Ungleichheit zwischen den am Stationsgebäude und den am Bahnhofhotel
beschäftigtenArbeitern eines und desselben Spenglermeisters doch
wesentlich nur um einen Unterschied in der Höhe des Anspruchs handelt.

7. Da sich aus diesen Ausführungen die grundsätzliche Anwendbarkeit des
EHG auf den vorliegenden Fall ergibt, die Akten aber zur Beurteilung
der übrigen Streitpunkte (betrefsend das angebliche Selbstverschulden
des Verunglückten und betreffend die Berechnung der Entschädigung)
noch nicht spruchreif sind, so ist die Sache im Sinne des Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OG,
behufs Vervollständigung der Akten und Ausfällung eines neuen Entscheides
auf Grund-

des bundesgerichtlichen Urteils, an den kantonalen Richter zurück'

zuiveisen. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird in dem Sinne begründet erklärt, dass das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 20. August 1910 aufgehoben und
die Sache zur Aktendervollständigung und zuneuer Entscheidung an den
kantonalen Richter zurückgewiesen wird.Berufungsinstanz: 3. Haftpflicht
aus Betrieb der Eisenbahnen, etc. N° 84. 585

84. Yrteil vom 1. Dezember 1910 in Sachen ätbmib, Kl. u. Ver.-KL, gegen
gleeisàon-gsauma-Yahu, gl.-Q., Bekl. u. Ber.-Bekl.

Nichtanwendbarkeii des EHG, weil kein Unfall vorliegt : Herzfehler,
der auf wiederholte Ueäe-ransifrengu-ng zurückzuführen ist. -Haftung
der Bahngeseuschaft aus Diensîvertrag (Art. 338
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 338 - 1 Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt das Arbeitsverhältnis.
1    Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt das Arbeitsverhältnis.
2    Der Arbeitgeber hat jedoch den Lohn für einen weiteren Monat und nach fünfjähriger Dienstdauer für zwei weitere Monate, gerechnet vom Todestag an, zu entrichten, sofern der Arbeitnehmer den Ehegatten, die eingetragene Partnerin, den eingetragenen Partner oder minderjährige Kinder oder bei Fehlen dieser Erben andere Personen hinterlässt, denen gegenüber er eine Unterstützungspflicht erfüllt hat.211
OR), spe- ziell
aus der Verpflichtung des Dienstieerrnsi. die zur Wahrung von.
Leben und Gesundheit der Angestellten erforderlichen Vorkehren zu
treffe-n. Anwendbarkeit der Art. 115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
and 116 OR. Bück-weisung der Sache
zur Aktenvervollständigung (Art. 82 Abs. 2 OG}.

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Prozesslage:

A. Durch Urteil vom 21. September 1910 hat das Obergericht des Kantons
Zürich (I. Appellationskammer) über die Streitfrage:

Jst die Beklagte verpflichtet, dem Kläger 10,000 Fr. nebst 50/0 Zins
seit 1. Mai 1909 zu bezahlen ?

erkannt :

Die Klage wird abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig und formrichtig die
Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit den Anträgen:

1. Es seien Dispositiv 1 und 4 (Kostenbestimmung) des angefochtenen
Urteils aufzuheben.

2 Es sei das Rechtsbegehren des Klägers gutzuheissen, und es seien die
Akten an die kantonalen Jnstanzen zurückzuweifen zur Abnahme der vor
denselben anerbotenen Beweise dafür:

a) dass der Kläger im März und April 1909 in zehn einzelnen Fällen durch
seine Vorgesetzten dienstlich zu Laufschritt bei schwerer Bepackung
genötigt worden sei;

b) dass der Kläger bei jedem dieser Fälle plötzlich an seiner Gesundheit
geschädigt worden sei und zufolge dieser zehnmaligen Überanstrengungen
9/3 bis 3/4 seiner Erwerbsfähigkeit eingebüsst habe; si
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 36 II 573
Datum : 09. Januar 1910
Publiziert : 31. Dezember 1910
Quelle : Bundesgericht
Status : 36 II 573
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 572 A. Oberste erilgerjctitsinsianz. I. Materieilrechfliche Entscheidungen. trifft,


Gesetzesregister
EHG: 1  3  8
FHG: 6
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 6 Jahresrechnung des Bundes - Die Jahresrechnung des Bundes umfasst:
a  ...
b  die Erfolgsrechnung;
c  die Investitionsrechnung;
d  die Geldflussrechnung;
e  die Bilanz;
f  den Eigenkapitalnachweis;
fbis  den Nachweis der Einhaltung der Schuldenbremse;
g  den Anhang.
OG: 82
OR: 54 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
115 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
338
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 338 - 1 Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt das Arbeitsverhältnis.
1    Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt das Arbeitsverhältnis.
2    Der Arbeitgeber hat jedoch den Lohn für einen weiteren Monat und nach fünfjähriger Dienstdauer für zwei weitere Monate, gerechnet vom Todestag an, zu entrichten, sofern der Arbeitnehmer den Ehegatten, die eingetragene Partnerin, den eingetragenen Partner oder minderjährige Kinder oder bei Fehlen dieser Erben andere Personen hinterlässt, denen gegenüber er eine Unterstützungspflicht erfüllt hat.211
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ehg • weiler • frage • bundesgericht • beklagter • leben • neuerung • dauer • baugewerbe • kausalhaftung • bundesrat • gefahr • selbstverschulden • vorteil • gewicht • betriebsgefahr • maximum • zins • treffen • erdarbeit
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