250 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz.I. Materieilrechuiche Entscheidungen.

der Bahnlinie vorgenommenen grösseren Reparaturen, so lag dabei
der Nachdruck nicht aus dem Worte Schienenweg, wie die Vorinstanz
anzunehmen scheint, sondern auf dem Worte Erstellung. Es wollte
damit, speziell im Hinblick auf den damaligen Fall (Au:s)wechsetn von
Laschenbolzen an Schienen), betont werden, dass nicht schon jede im
Verlaufe des Betriebes periodisch wiederkehrende Auswechslung gewisser
Bestandteile des Schienenweges zum Eisenbahnbau gehöre, sondern
zunächst nur die erstmalige Erstellung des Schienenweges (bezw. der
erforderlichen Hochbauten), und sodann die den Erstellungsarbeiten
ähnlichen Hauptreparaturen. Welch e Arbeiten aber unter den Begriff
der Erstellung des Schienenweges zu subsumieren seien, ob insbesondere
auch die Herbeischasfung des erforderlichen Baumaterials dazu gehöre,
darüber hat sich der Kassatioushos in jenem Urteil nicht ausgesprochen,
wie er denn auch keine Veranlassung hatte, sich darüber auszusprechen

6. Erscheint nach allen bisherigen Ausführungen der dem Kläger
zugestossene Unfall als ein Eisenbahnbauunfall, so ist das Urteil der
Vorinstanz, durch welches die Klage wegen Nichtvorhandenseins eines
Eisenbahnbauunfalles abgewiesen wurde, aufzuheben und die Sache zur
Behandlung aller übrigen Streitfragen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht er f a nut :

Das Urteils des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
21. Januar 1910 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung im Sinne der vorstehenden Erwägungen an dieses
Gericht zurückgewiesen.8. Berufungsu. Kassationsinstanz: 4. Fabrikund
Handelsmarken. N° 41. 251

4. Fabrikund Handelsmarken, etc.

Marques de fabrique, etc.

41. Zitteil vom 22. gerät 1910 in Sachen Chese'brough Manufacturing Go
Consoîidated, Bekl. u. Ver-KLgegen Janis gm; & gie, Kl. u. Ber.-Bekl.

Eine Marke ist? als Gemeingut (Art. 3 Abs. 2 MSGhG) anzîzsehen,
so-bald sie in der Schweiz zur allgemeine-or Sachbezeichnung der damit
bezeichneten Warenart gewm'den ist (so die WoW-marko Pages-irre
einer amerikanischen Firma). Möglichkeit, die Ummamèhmg eines
Warm-Individzaszlzeichms in ein Gememgutzeichm zu verhindern. Klage
auf Löschung einer nicht schutzfähigen Marke : Legitimation jedes
Interessenten.

A. Durch Urteil vom 11. Juni 1909 hat das Handelsgericht des Kantons
Zürich in vorliegender Rechtsstreitsache erkannt:

Die schweizerische Marke Vaseline (Nr. 24,354) wird als ungültig er'flärt.

B. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte rechtzeitig die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen mit dem Antrage, die Klage in vollem Umfange
abzuweisen

C. Eine Richtigkeitsbeschwerde, die gegen das Urteil beim zürcherischen
Kassationsgericht eingereicht worden war, ist von diesem am 14. März
1910 abgewiesen worden.

D. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten den
gestellten Berufungsantrag erneuert und eventuell noch Aktenergänzung
beantragt Der Vertreter der Klägerin hat auf Abweisung der Berufung
geschlossen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Beklagte, Chesebrough Manufacturing C° Gonsolidated, in New-York,
hat am 25. September 1908 beim eidnabössischen Amt für geistige-Z Eigentum
in Bern für ein Aufweichungsmittel und Heilpräparat für äusserlichen
und innerlichen Gebrauch unter der Nr. 24,354 die Wortmarke Vaseline
emtragen lassen. Mit der vorliegenden Klage hat nunmehr die Firma

252 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. !. Materiellrechtliche
Entscheidungen.

Louis Ritz & Eie. in Hamburg, die ein Produkt gleicher Art, nämlich
ebenfalls ein aus Petroleum gewonnenes Gelée herstellt, verlangt,
es sei diese Marke nichtig zu erklären und das Urteil in mehreren vom
Gerichte zu bestimmenden Zeitungen zu veröffentlichen. Zur Begründung
beruft sie sich darauf, dass das Wort Vaseline seit Jahrzehnten in
ganz Europa als Sachbezeichnung des fraglichen Produktes verwendet
merde. Die Beklagte trägt auf gänzliche Abweisung der Klage an und
macht hiefür geltend: Das Wort Vaseline sei von ihrem Rechtsvorgänger
Robert Chesebrough, dem Erfinder des Vaselines, als Marke verwendet und
in Amerika schon im Jahre 1878 ins Markenregister eingetragen worden,
welche Einträge daselbst infolge Firmenänderungen in den Jahren 1881
und 1905 erneuert worden seien. Seit 1871 sei die Marke stets auf den
Verpackungen angebracht worden und zwar unter Beifügung der Firma des
Produzenten, sodass das Wort in Amerika und Europa als Jndividualzeichen
eingeführt und bekannt geworden sei. In Deutschland geniesse es
zufolge Eintragung von 1879 beim Amtsgericht Leipzig und solcher von
1898 beim kaiserlichen Patentamt den gesetzlichen Schutz. Seitdem in
Deutschland die reine Wortmarke schutzfähig geworden sei (1874), kämpfe
die Beklagte daselbst ununterbrochen gegen vorkommende Eingriffe in
ihr Markenrecht, und sie tue auch ihr Möglichstes, um durch Broschüren,
Jnserate usw. die Abnehmer darüber aufzuklären Die Klägerin, als ihre
frühere Generalagentin, habe die Pflicht gehabt, sie in diesem Kampf
nach Kräften zu unterstützen, und sie könne sichnicht darauf berufen,
falls infolge ihrer Pflichtvergessenheit das Markenrecht beeinträchtigt
worden sein sollte. Der Zusammenhang des Wortes Vafeline mit dem
klägerischen Fabrikate sei denn auch im Verkehr wach geblieben. In der
deutschen Pharmacopöe finde sich bezeichnender Weise das Wort nicht als
Sachbezeichnung für Petroleum Gelée.

2. Nach dem schweizerischen Rechte muss laut geltender Praxis (AS
22 S. 469,770 und 23 S. 298) eine Marke für eine Ware, die sowohl
im Inland als auch im Ausland vertrieben wird, im schweizerischen
Verkehr als Gemeingut gelten, sobald sie in der Schweiz zur allgemeinen
Sachbezeichnung für diese Ware geworden ist, ohne Rücksicht darauf, ob
sie in einem andern Staate ihrenB, Berufungsu. Kassationsinstanz 4. :
Fabrikund Handelsmarken. N° 41. 253

Charakter als Jndividualbezeichnung bewahrt hat (oergl. auch Allfeld,
Kommentar zum deutschen Markenschutzgesetz, S. 456). Somit kommt der
Behauptung der Beklagten, sie geniesse für das Wort Vaseline zur Zeit in
den andern Ländern, namentlich in den Vereinigten Staaten und in England,
den gesetzlichen Schutz, keine Erheblichkeit zu, und es braucht daher
auf ihr in dieser Beziehung gestelltes Aktenvervollständigungsbegehren
nicht eingetreten zu werden. Vielmehr fragt es sich allein, ob jenes Work,
das die Beklagte kurz vor der Klagerhebung in der Schweiz als Marke hat
eintragen lassen, damals in diesem Lande zur Sachbezeichnung für das
fragliche Produkt geworden sei oder nicht.

3. Hierüber nun ist gestützt auf die bundesrechtlich unanfechtbaren
vorinsianzlichen Feststellungen in tatsächlicher Beziehung folgendes
zu bemerken: Das genannte Produkt wird wohl in der überwiegenden Zahl
von Fällen ohne ärztliche Ordination verkauft und ist zum eigentlichen
Volksmittel geworden, wobei das Publikum die Bezeichnung Vaseline
regelmässig als Warenname auffasst. Sodann wird es meist offen nach
Gewicht abgegeben und tritt der Verkauf in Originalverpackung in den
Hintergrund. Ferner bringt eine ganze Reihe von andern Produzenten
ihre gleichartigen Präparate als Vaseline in den Handel, und zwar so,
dass sie diesem Worte noch ein weiteres Wort (Germania-, Virginia-,
VictoriaVaseline) beifügen, das die Herkunft dieses speziellen Fabrikate-Z
andeutet, was der Auffassung des Wortes Vaseline als allgemeine
Warenbezeichnung Vorschub leistet. Als solche figuriert es auch in der
schweizerischen Pharmacopöe, und ebenso wird es als solche ohne Erwähnung
der Beklagten im Brockhaus'schen Konversationslerikon behandelt-.

Auf Grund dieser Sachlage muss mit der Vorinftanz angenommen werden,
dass das Wort Vaseline das freilich seiner Zeit ausschliesslich zur
Bezeichnung des Fabrikates der Beklagten gedient und diesen individuellen
Charakter erst nach dem Aufhören des Patentschutzes, der für ihr Fabrikat
früher in Amerika bestand, verloren haben mag im schweizerischen Verkehr
bei seiner Eintragung schon Qualitätsbezeichnung und somit nach Art. 2
Abs. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
MSchG des Markenschutzes unfähig gewesen ist. Für diese Auffassung
spricht auch, dass es der Beklagten in Deutschland bereits

254 A. Oberste Zivilgen'chtsinstanz l. Materiellrechtliche Entscheidungen

nicht gelungen ist, ihr behauptetes Markenrecht zur Anerkennung zu
Bringen. Im Jahre 1897 hat daselbst das kaiserliche Patentaint trotz
ihrem Einspruche die Marke Hannjngs Vaselina americana geschützt,
weil Vaseline eine allgemein übliche Wa1·enbezeichnung geworden sei,
und im Jahre 1904g5 hat diese Behörde hinsichtlich einer andern das
Wort Vaseline enthaltendeu Marke gegenüber einem neuen Einspruch
der Beklagten den nämlichen Standpunkt eingenommen, indem eingehende
Erhebungen ergeben hätten, dass das Wort als Warenname unterschiedslos
für die von derBeklagten und die von deutschen und österreichischen
Fabriken hergestellten gleichartigen Parassin-Präparate verwendet werde.

Unerheblich ist es, wenn die Beklagte geltend macht, dass sie gegen
frühere (Eingriffe in ihr Markenrecht nicht habe vorgehen können, weil
damals die reinen Wortmarken noch nicht schutzfähig gewesen seien. Das
spricht eher für die erfolgte Umwandlung ihres frühem Jndividualzeichens
zu einer Qualitätsbezeichnung. Massgebend ist nur, ob es ihr gelungen
sei, diese Umwandlung, als sie sich infolge der Verwendung des Wortes
durch Konkurrenzfirmen usw. zu vollziehen drohte, damit zu verhindern,
dass sie durch Proteste, gerichtliche Schritte, Aufklärung des Publikums
usw im schweizerischen Verkehr das Bewusstsein von der Eigenschaft des
Wortes als Herbinstsbezeichnung ihrer Fabrikate und von der Unzulässigkeit
seiner Verwendung als allgemeine Sachbezeichnung aufrecht erhielt. Das
muss aber verneint werden, indem die wenigen Massnahmen, Über die
sie sich in dieser Beziehung aus-gewiesen hat (Versendung zweier
undatierter Reklameprospekte und dreier Preislisten aus den Jahren
1901, 1907 und 1908, worin sie dasWort als ihre Marke in Anspruch
nimmt und vor anderweitigem Gebrauch desselben warnt), angesichts
der oben dargestellten Sachlage nicht im Stande sein konnten, jenen
Umwandlungsprozess zur allgemeinen Warenbezeichnung falls er überhaupt
nicht schon eingetreten war, hintanzuhalten Keine Bedeutung kommt der
heute vorgelegten chemischen Analyse des Fabrikates der Beklagten zu,
aus der hervorgehen soll, dass dieses Fabrikat genau der Zusammensetzung
entspricht, die die schweizerische Pharmacopöe für das Vaseline angibt.

Jst aber das Wort in der allgemeinen Verkehrsauffassung
tatsächlich zur Sachbezeichnung geworben, so kann sich nach
geltenderB. Berufungsu. Kassatiansinstanz : le. Fabrikund
Handelsmarken. N° 42. 255

Praxis jeder Jnteressent auf die Ungültigkeit der Marke berufen und Klage
auf Löschung erheben. Mit Unrecht hält in diesem Punkte die Klägerin der
Beklagten entgegen, dass sie als ihre frühere Vertreterin durch ihre
Nachlässigkeit jene Entwicklung zur Sachbezeichnung verschuldet habe
Das vermöchte, wenn erwiesen, an der allein entscheidenden Tatsache,
dass das Wort nunmehr Gemeingut ist, und an dem hieraus für die Beklagte
sich ergebenden Klagrecht auf Löschung nichts zu ändern.

Das Begehren um Veröffentlichung des Urteils endlich ist dadurch erledigt,
dass die Klägerin den dieses Begehren abweisenden Vorentscheid nicht
angefochten hat.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angesochtene Urteil des zürcherischen
Handelsgerichts vom 11. Juni 1909 in allen Teilen bestätigt.

42. gtrieil vom 22. mm 1910 in Sachen Klingler, Kl. u. Ber.-Kl., gegen
Dr. & Zielet & gio., Bekl. u. Ber.-Bekl.

Markenübertragung (Art. 1 1 MSch G) ? Dee. Uebertmguny einerMa-rke nur
fee-r ein bestimmtes Ver/cefrrsgebiet hier die Schweiz ist emFtrettnaft
amd rechtlich unwirksam. Klage auf Nichtigerklärüng einer Marke wegen
mangelnder P'rz'orz'taîé (A rt. 6 MSGhG). Klagelegitimate'en jedes
Interessenten, anch. Fee-Wes auf das Markenrecht eines Dritten,. Die
Priorität der Eintragung begründet die Vermuéu-ng der Priorität
des Gebrauchs (A rt. 5 M Sch G') ; die Prio-rz'iät des Gebrauchs im
Austern-te (hie-r in Denim/Llaud) genügt. Verwirkung des Markensckutzes
(Art. 9 1380316) ? Nicht genügende Unterscheidung eines Markenbiädes
mit dem Weste (( Gitrogen als Ha-uptbeséandteil, von der Wortmarke ((
Citravin . Würdigung der Wort-verbinduflngen Cit-regen und Crit-Drin
als einlzeitéiche Gaste-entwerte-

A. Durch Urteil vom 17. September 1909 hat das Handelsgericht des Kantons
Zürich in vorliegender Rechtsftreitsache erkannt: -

Die Klage wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 36 II 251
Datum : 21. Januar 1910
Publiziert : 31. Dezember 1910
Quelle : Bundesgericht
Status : 36 II 251
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 250 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz.I. Materieilrechuiche Entscheidungen. der Bahnlinie


Gesetzesregister
MSchG: 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • sachbezeichnung • bundesgericht • wortmarke • handelsgericht • deutschland • amerika • vorinstanz • markenschutz • charakter • weiler • zahl • nichtigkeit • entscheid • ware • bundesgesetz über den schutz von marken und herkunftsangaben • kantonsgericht • kauf • benutzung • begründung des entscheids
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