776 C. Entscheidungen der Schuldbelreibungs-

130. gutscheid vom 8. Dezember 1910 in Sachen Ylankenhoru & gie.

Lohnarrest: Verspätung in der Zustellung der
Arresturkuuda. Gegenstandslosigkeit der bezuglichen
Beschwerde. Irrelevanz der Aeusser-- ungen des Arrestschuldners über seine
Lohnanspruche. Bestimmung des massgebenden Beschlagnahmeakts. Umfang
des Arrest- beschlages : Ausdehnung auf eine laut Behauptung das
Arrestgljuhigers im Zeitpunkt der Arrestleguug nomArrestschuldner
noch mcht erhaltene Abschluyszahlzmg. Konsumptiou der fälligen Rate
mangels Suspensivverfugung. Arrestierung der Lohuauspru'che auf ein Jahr
hinaus. Unanwendbmsskeit des Art. 57 des Gebührentarifs.

A. Die Rekurrentin, Firma Blankenhorn & Cie. in Basel, erwirkte
am 27. September 1910 für eine Forderung von 412 Fr. 70 Cis aus
Warenlieferung einen Arrest gegen Liane Leischner in Zürich auf
Gageanfprüche der Schuldnerin an das "Kleine Theater Urania und das
Corso-Theater daselbst und es stellte hierauf das Betreibungsamt Zürich
I am 28. September beiden Unternehmungen Zahlungsverbote zu. Es ergab
sich jedoch, dass die Schuldnerin mit dem Corso-Theater in keinem
Vertragsverhältnis stand. Vom Kleinen Theater Urania war dagegen ein
Bericht nicht erhältlich und erst am 4. Oktober war es dem Amt möglich,
dessen Leiter einzuvernehmen Dieser erklärte, die Schuldnerin habe
nur noch 200 Fr. Gage zu beziehen, da sie bereits Vorschüsse erhalten
habe. Gleichen Tages nahm das Betreibungsamt die Arresturkunde auf,
welche wie folgt lautet:

Die Schuldnerin arbeitet z. Z. beim Kl. Theater. Für diesen Monat hat
sie noch 200 Fr. Lohn zu fordern, den sie vorweg einzieht.

Mit Rücksicht auf den Beruf und den nur vorübergehenden Aufenthalt der
Schuldnerin ist dem Lohnguthaben die Kompetenz-Qualität zuzuerkennen.

Der Gläubigerin und der Schuldnerin wurde am 7. Oktober je eine Abschrift
dieser Urkunde zugestellt. Am 13. Oktober erschien dann die Leischner
selber auf dem Betreibungsamt und gab folgende Erklärungen ab: Sie sei vom
1. bis 15. Oktober 1910 mit 600 Fr. im Kleinen Theater engagiert. Hievon
seien ihrund Konkurskammer. N° 130. 777

bereits 400 Fr. vor Antritt des Engagements nach Bremen ausbezahlt worden,
woselbst sie das Geld noch verbraucht habe. Den Rest habe sie auch bereits
eingezogen und zur Bestreitung ihrer Auslagen in Zürich mehr als nötig.

B. Inzwischen hatte sich die Gläubiger-in am 7. Oktober 1910 beim
Bezirksgericht Zürich als unterer Aufsichtsbehörde darüber beschwert,
dass sie noch keine Arresturkunde erhalten habe und um Angabe
des verantwortlichen Beamten ersucht. In einer zweiten Eingabe vom
8. Oktober rügte die Rekurrentin sodann, dass ihr die Arresturkunde erst
am 7. Oktober, somit laut Art. 276
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 276 - 1 Der mit dem Vollzug betraute Beamte oder Angestellte verfasst die Arresturkunde, indem er auf dem Arrestbefehl die Vornahme des Arrestes mit Angabe der Arrestgegenstände und ihrer Schätzung bescheinigt, und übermittelt dieselbe sofort dem Betreibungsamt.
1    Der mit dem Vollzug betraute Beamte oder Angestellte verfasst die Arresturkunde, indem er auf dem Arrestbefehl die Vornahme des Arrestes mit Angabe der Arrestgegenstände und ihrer Schätzung bescheinigt, und übermittelt dieselbe sofort dem Betreibungsamt.
2    Das Betreibungsamt stellt dem Gläubiger und dem Schuldner sofort eine Abschrift der Arresturkunde zu und benachrichtigt Dritte, die durch den Arrest in ihren Rechten betroffen werden.479
SchKG verspätet zugestellt worden sei
und beantragte, die 200 Fr. seien als psändbar zu erklären. Endlich
verlangte die Rekurrentin am 28. Oktober, das Betreibungsamt sei
vorsorglich anzuweisen, die Gehaltspfändung sofort nochmals zuzustellen,
da die Leischner immer noch im Urania-Theater auftrete und auchjetzt
noch ein hohes Gehalt beziehe. -

Die untere Aufsichtsbehörde hat mit Entscheid vom 5. November 1910
die Beschwerde bezüglich des ersten Punktes mit Rücksicht auf die am
7. Oktober erfolgte Zustellung der Arresturkunde an die Gläubiger-in als
gegenstandslos abgeschrieben und im übrigen als unbegründet abgewiesen.

Sie stellt in tatsächlicher Beziehung fest, dass die nach Abzug des der
Schuldnerin ins Ausland gesandten Vorschusses von 400 Fr. verbleibenden
200 Fr. von ihr in der Zeit vom 1. 15. Oktober ratenweise bezogen
worden seien. Für die zweite Hälfte Oktober seien ihr wieder
zirka 200 Fr. ausbezahlt worden und den Rest von 400 Fr. habe die
Theaterleitung zurückbehalten und mit einem früheren-Vorschuss für
Koftüme verrechnet. Seit Ende Oktober sei die Schuldnerin zu einer
Tagesgage von 20 Fr. auf unbestimmte Zeit verpflichtet

Jn rechtlicher Beziehung führt die untere Aufsichtsbehörde ans, der
im Zeitpunkt des Arrestvollzuges allein feststehende und somit allein
in Betracht kommende Gehaltsanfpruch von 200 Fr. für die erste Hälfte
Oktober entspreche unter den vorliegenden ausnahmsweisen Verhältnissen
dem Existenzminimum, welches auf 14 Fr. per Tag anzusetzen sei (Zimmer 1
Fr., Beköstigung 5 Fr., Kleider, Schuhe, Wäsche 3 Fr., Amortisation und
Unterhalt der Kostüme 5 Fr.), und sei daher mit Recht der Beschlagnahme
ent-

778 C. Entscheidungen der Schuldhetreibungs-

zogen worden. Was endlich die verlangte Nacharrestierung betrifft,
so hat die untere Aufsichtsbehörde die Gläubigerin auf die Answirkung
eines neuen Arrestbefehls verwiesen.

C. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde, an welche die Gläubigerin weiter
rekurrierte, hat die Beschwerde unterm 17. November 1910 ebenfalls
abgewiesen Und die Kanzleikosten im Betrag von 8 Fr. 90 Ets. der
Rekurrentin auferlegt.

Die obere kantonale Instanz erachtet den Antrag, die 200 Fr. seien
mit Arrest zu belegen, als gegenstandslos, weil die Rekursgegnerin in
ihrer Rekursbeantwortuug vom 12. November 1910 erklärt habe, sie habe
heute an das "Kleine Theater Überhaupt keine Lohnansprüche mehr zu
stellen. Sollte indessen diese Behauptung unrichtig sein, so wäre der
vorinstanzliche Eutscheid ihres Erachtens aus den dort angeführten Gründen
zu bestätigen. Das Betreibungsamt habe sogar mehr getan, als in seiner
Pflicht gelegen habe. Die Arresturkunde hätte nämlich erst nach erfolgter
Einvernahme der Schuldnerin über ihre Anstellungsverhältnisse oder wenn
die Wahrscheinlichkeit bestand, dass eine solche Einvernahme unmöglich
war, versandt werden sollen. Auf das Begehren vom 28. Oktober sodann sei
wegen Verspätung nicht einzutreten und weil die Aufsichtsbehörden nicht
zuständig seien, einen zweiten Arrestbefehl zu erlassen. Ebensowenig
sei es Sache der Aufsichtsbehörden, zu untersuchen, ob die 400 Fr. der
Schuldnerin schon vor der Arrestlegung nach Bremen geschickt worden seien.

D. Diesen Entscheid hat die Firma Blankenhorn & Cie. nunmehr unter
Erneuerung ihrer Begehren und Festhaltung an ihrer Auffassung innert Frist
ans Bundesgericht weitergezogen. Ferner beantragt sie, es seien ihr die
Kanzleikosten zurückzuerstatten, da jedenfalls von einer missbräuchlichen
Beschwerdeführung im Sinn von Art. 57 des Gebührentarifs nicht die Rede
sein könne.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Die Rekurrentin beschwert sich zunächst darüber, dass ihr die
Arresturkunde nicht innert Frist zugestellt worden sei. Demgegenüber macht
die Vorinftanz geltend, dass bei der Arrestierung einer Lohnforderung
die Arresturkunde erst ausgestellt werden könne, nachdem der Schuldner
über seine Anstellungsverhältnisseund Konkurskammersi N° 130. 779

einvernommen worden sei oder wenn die Wahrscheinlichkeit bestehe,
dass eine solche Einvernahme unmöglich sei. Diese Auffassung braucht
jedoch in casu nicht ans ihre Richtigkeit untersucht zu werden; denn das
Betreibungsamt ist in einem solchen Falle zweifellos verpflichtet, sofort
und ohne vorherige Einvernahme des Arrestschuldners dem Drittschuldner
nach Art. 99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG mitzusteilen, dass er rechtsgülttg nur noch an das
Betreibungsamt leisten könne, um zu verhindern, dass in der Zwischenzeit
bis zur definitiven Festsetzung des Eristenzminimums durch Abmachungen
oder Zahlungen die Arrestierung illusorisch gemacht wird. Eine solche
Anzeige ist aber im vorliegenden Fall nach den Feststellungen der
Vorinstanzen schon am 28. September 1910 ergangen. Ob die eigentliche
Arresturkunde der Arrestgläubigerin dann innert drei oder mehr Tagen
zugeftellt wurde, hatte auf die Wahrung ihrer Rechte keinen Einfluss mehr.

Jedenfalls aber erscheint eine wegen Verspätung in der Zustellung
einer Arresturkunde erhobene Beschwerde als gegenstandslos, nachdem
einmal die Zustellung, wenn auch verspätet, erfolgt isf. Eine
betreibungsrechtliche Beschwerde kann nur auf Anordnung einer vom Amt
unbegründetermassen verweigerten oder verzögerten Handlung oder auf
Aufhebung bezw. Berichtigung einer bereits vollzogenen Amtshandlung
gerichtet sein (vergl. Art. 21
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 21 - Die Behörde, welche eine Beschwerde begründet erklärt, verfügt die Aufhebung oder die Berichtigung der angefochtenen Handlung; sie ordnet die Vollziehung von Handlungen an, deren Vornahme der Beamte unbegründetermassen verweigert oder verzögert.
SchKG). Beides ist ausgeschlossen, sobald
die Zustellung tatsächlich stattgefunden hat und es kann alsdann, wie
die untere Aufsichtsbehörde richtig aussührt, nur noch eine allfällige
persönliche Schadenersatzpflicht des Betreibungsbeamten in Frage kommen.

L. Jrrtümlich ist dagegen die Ansicht der Vorinstanz, es genüge die
blosse Erklärung der Schnldnerin in ihrer vom 12. November 1910 datierten
Rekursbeantwortung, dass sie gegenwärtig keine Lohnansprüche mehr an das
K1eine Theater zu stellen habe, um auch das Begehren der Rekurrentin
um Arrestierung des Lohnbetrages von 200 Fr. für die Zeit vom 1. 15.
Oktober 1910 als gegenstandslos erscheinen zu lassen. Wenn der-v gestalt
ohne weiteres aus einseitige Behauptungen des Schuldners abzustellen wäre,
so würde der Bollzug von Lohnpfändungen und -Arresten in unzulässiger
Weise beeinträchtigt und in vielen Fällen geradezu verunmöglicht. Bei der
Frage, ob ein Arrest ausführbar sei oder nicht, kommt es richtigerweise
auf die Äusserungen des

780 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

betriebenen Schuldners über seine Lohnansprüche gar nicht an. Behauptet
der Gläubiger, es bestehe eine Lohnsorderung zu Gunsten seines Schuldners,
so hat das Betreibungsamt zur Pfändung bezw. Arrestierung zu schreiten,
auch wenn die Richtigkeit der Behauptung vom Schuldner bestritten
wird. Ob die Forderung wirklich besteht oder nicht, stellt sich dann im
Verwertungsverfahren heraus, wo auch der Gläubiger Gelegenheit haben muss,
dadurch, dass er sich in die Lohnforderung nach Art. 131
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.261
SchKG einweisen
lässt oder sie ersteigert, seinerseits die Unrichtigkeit der Behauptung
des betriebenen Schuldners darzutun.

Die Frage, in welcher Weise der am 27. September 1910 bewilligte Arrest zu
vollstrecken war, beurteilt sich übrigens auch nicht nach dem Tatbestand,
wie er sich am 12. November 1910 gestaltete, sondern nach der Sachlage
im Zeitpunkt des Arrestvollzuges Der eigentliche Beschlagnahmeakt liegt
bei Lohnpfändungen und -Arresten naturgemäss in der Anzeige an den
Drittschuldner nach Art. 99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG und nicht erst in der Ausstellung der
Arresturkunde. Wenn nun der Drittschuldner die behauptete Abschlagszahlung
von 400 Fr. erst nach dem 28. September geleistet haben sollte, so könnte
er sich der Rekurrentin gegenüber auf diese Zahlung nicht berufen. Dies
festzustellen, wäre aber nicht Sache der Aufsichtsbehörden, sondern eines
nach erfolgter Verwertung durchzuführenden gerichtlichen Verfahrens Die
Behauptung der Arrestgläubigerin, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der
Arrestlegung bezw. des Erlasses des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner
diese Abschlagszahlung noch nicht erhalten habe, würde also genügt haben,
um den Arrest und die nachfolgende Pfändung auf diese 400 Fr. auszudehnen,
unter Vorbehalt natürlich der Leistung des Gegenbeweises durch den
Drittschuldner im spätern gerichtlichen Verfahren. Hätte daher die
Rekurrentin vor der ersten Instanz ein bezügliche-Z Begehren gestellt,
so hätte der Arrest von den Aufsichtsbehörden offenbar auf die 400
Fr. erstreckt werden müssen. Laut Feststellung im erstinstanzlichen
Urteil hat sie sich aber darauf beschränkt, die verspätete Zustellung der
Arreftnrkunde zu rügen und zu verlangen, dass die 200 Fr. als pfändbar
erklärt werden. Dieser Punkt fällt somit ausser Betracht.

Die restierenden 200 Fr. dagegen sind während der Hängigkeit

und Konkurskammer. N° 130. 781

der Beschwerde vor der ersten Jnstanz fällig geworden. Da nun aus
den Akten nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerde an die erste
Instanz aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre und der Rekurs
an die zweite Instanz ein solches Begehren nicht enthielt, so war
vom 7. Oktober 1910, d. h. von der Bekanntgabe der Verfügung des
Betreibungsbeamten an, wodurch er die 200 Fr. als unpfändbar erklärt hat,
die Arrestschuldnerin berechtigt, die fälligen Raten zu erheben und damit
auch der Drittschuldner, sie auszubezahlen, was laut vorinstanzlicher
Feststellung denn auch wirklich geschehen ist Diese Feststellung ist,
weil aktengemäss, für das Bundesgericht verbindlich. Da die mit Arrest zu
belegende Forderung mithin in diesem Umfang als konsumiert zu betrachten
ist, kommt einem Entscheid darüber, ob der Betreibungsbeamte mit Recht die
200 Fr. als unpfändbar erklärt hat, keine Bedeutung mehr zu. Dieser Betrag
ist durch das Verschulden der Rekurrentin selber als Arrestgegenftand
ausser Betracht gefallen. Auch wenn die oberste Instanz zum Schluss käme,
dass die Vorentscheide in dieser Beziehung unrichtig sind was tatsächlich
der Fall sein dürfte, denn keinem betriebenen Schuldner kann offenbar ein
täglicher Unterhaltsbeitrag von vollen Fr. 9 bezw. 14 bewilligt werden -,
so könnte das nicht dazu führen, in der nachfolgenden Pfändung diesen
von der Schuldnerin bereits bezogenen und verbrauchten Lohn wieder als
Objekt der Pfändung einer vom Urania-Theater der Schuldnerin geschuldeten
Lohnforderung aufleben zu lassen.

3. Unzutreffend erscheint auch die Auffassung der Vormstanzen, dass
der Arrestbeschlag sich nur aus das in der Zeit vom 1. 15. Oktober
1910 zur Fälligkeit gelangende Lohnbetreffnis beziehen könne, weil
damals von einer weitern Anstellung der Schuldnerin nichts bekannt
gewesen sei. Der Arrestbefehlzhat die Ansprüche, welche Gegenstand des
Arrestes sein sollten, nicht· auf die bis zum 15. Oktober 1910 fälligen
Lohnansprüche beschränkt, sondern allgemein die der Schuldnerin in
der Zukunft zustehenden Lohnforderungen an das Kleine Theater Urania
und das Cotso-Theater als Arrestobjekt bezeichnet. Gleich wie beretner
Pfändung von noch nicht verdientem Lohn hätten-dahereinfach die gesamten
Gageansprüche der Schuldnerin an die beiden genannten Unternehmungen
aus ein Jahr hinaus mit Beschlag belegt werden sollen.

782 (l. Entscheidungen der Schuldbetreibungsi--

Doch hätte die Rekurrentin ein bezügliches Begehren innert zehn Tagen
nach Erhalt der Arresturkunde, aus welcher sie ersehen konnte, dass nur
die nächstfällige Rate arrestiert war, stellen sollen, also spätestens
am 18. Oktober-. Sie hat ein solches aber erst am 28. Oktober bei der
erstinftanzlichen Aufsichtsbehörde eingereicht. Demnach ist dieses
Begehren von der Vorinstanz mit Recht als verspätet erklärt worden.

4. Abzuändern ist der Vorentscheid dagegen insofern, als er der
Rekurrentin die Kanzleikosten auferlegt. Eine solche Massnahme
rechtfertigt sich unter den vorliegenden Umständen nicht, da derRekurs
weder als trölerisch noch als missbräuchlich im Sinn von Art. 57 des
Gebührentarifs angesehen werden fami.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Rekurs
wird im Sinn der Motive abgewiesen, dagegen die von der Vorinstanz
verfügte Belastung der Rekurrentin mit den Kanzleikosten aufgehoben.

131. Arrét du 8 décembre 1910 dans la cause Monnier.

Art. 66 al. 4 LP: Notification d'un commandement depayer par la. voie
édictale. Le débiteur est fondé a porter plainte, meme s'il & pu former
opposition en temps utile, La publication édictale est une mesure
exceptionnelle; conditions à. remplir en vue de son application;
diligences à la charge des créanciers requérants. Incompe'tence des
autorités de surveillance pour statuer sur la question de rectiflcation.

A. A la demande de sieur Henri Manuel, marchand de vins à Meursault,
l'office des poursuites de Vevey a adressé, le 4 aoùt 1910, pour
notification par l'intermédiaire de la poste, un commandement de payer
la sornme de 130 fr. au domicile du débiteur Emile Monnier, voyageur de
commerce à Vevey, rue d'Italie 15. La poste retourna le commande-ment
à l'office avec la mention Parti en vacances à Bienne.

Le 5 aoùt, le créancier s'adressa au bureau des étrangersund
Konkurskammer. N° 131. 783-

à Vevey, pour obtenir des renseignements sur le domicile de Monnier; il
recut la réponse suivante: _Le domicile de Monnier est toujours Vevey,
seulement il se trouve à Berne actuellement pour quelques semaines.
Au vu de ces renseignements, le créancier renvoya le commandement de
payer à l'office, en le priant de faire le nécessaire. L'office de Vevey
transmit le commandement pour notification à l'office deBienne qui le
lui renvoya à son tour le 23 aoùt avec la mention suivante : Impossible
de trouver l'adresse de M. Monnier.

L'office de Vevey recourut alors à la notification par voieédictale dont
il avait usé le 19 aoùt déjà pour un autre commandement de payer dans
une poursuite dirigée par Bugnot & Cie à Genève contre sieur Monnier. Les
deux commandements furent frappe's d'opposition.

B. En date des 5 et 9 septembre 1910, Monnier porta plainte contre les
deux publications parues dans la Feuille des avis officiels du canton de
Vaud, numéros des 19 ct 30 aoùt1910, en concluant a leur annulation et
à. ce qu'il soit ordonné une rectification sur la Feuille officielle aux
dépens des créanciers. Il alléguait qu'il avait toujours eu son domicile
à Vevey, qu'il s'était seulement absenté quelques semaines a Bienne pour
affaires, après avoir invité la poste a lui faire parvenir son courrier
à Bienne, poste-restante, transit. A l'appui de ces affirmations,
le plaignant produisait une declaration de dame Marie Scholer qui avait
garde son appartement pendant son absence et qui était chargée de repondre
en son nom.

L'office des poursuites, entendu, a déclaré s'étre conforméaux
réquisitions de poursuite des créanciers qui indiquaient toutes deux :
Monnier, ci-devant àVevey, actuellement sans domicile connu, pour étre
notifié par la voie de la Feuille officielle.

Les deux instances cantonales ont écarté les plaintes, à l'appui des
motifs suivants: En présence de l'ordre donné par le débiteur a la poste
de Vevey, il paraît certain que la notification par l'office au domicile
du débiteur à Vevey n'aurait pas pu étre effectuée utilement. L'office
de Vevey ayant.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 36 I 776
Datum : 08. Dezember 1910
Publiziert : 31. Dezember 1910
Quelle : Bundesgericht
Status : 36 I 776
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 776 C. Entscheidungen der Schuldbelreibungs- 130. gutscheid vom 8. Dezember 1910


Gesetzesregister
SchKG: 21 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 21 - Die Behörde, welche eine Beschwerde begründet erklärt, verfügt die Aufhebung oder die Berichtigung der angefochtenen Handlung; sie ordnet die Vollziehung von Handlungen an, deren Vornahme der Beamte unbegründetermassen verweigert oder verzögert.
99 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
131 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.261
276
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 276 - 1 Der mit dem Vollzug betraute Beamte oder Angestellte verfasst die Arresturkunde, indem er auf dem Arrestbefehl die Vornahme des Arrestes mit Angabe der Arrestgegenstände und ihrer Schätzung bescheinigt, und übermittelt dieselbe sofort dem Betreibungsamt.
1    Der mit dem Vollzug betraute Beamte oder Angestellte verfasst die Arresturkunde, indem er auf dem Arrestbefehl die Vornahme des Arrestes mit Angabe der Arrestgegenstände und ihrer Schätzung bescheinigt, und übermittelt dieselbe sofort dem Betreibungsamt.
2    Das Betreibungsamt stellt dem Gläubiger und dem Schuldner sofort eine Abschrift der Arresturkunde zu und benachrichtigt Dritte, die durch den Arrest in ihren Rechten betroffen werden.479
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
arresturkunde • betreibungsamt • schuldner • vorinstanz • untere aufsichtsbehörde • weiler • tag • lohn • richtigkeit • stelle • frage • betreibungsbeamter • arrestbefehl • zahlungsverbot • bezogener • bundesgericht • erste instanz • arrestvollzug • frist • adresse
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