108 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

20. Entschetd vom 23. Februar 1910 in Sachen @bethoszersi,

Artl107' Abs: 1 SchKG: Zulässigkeit der Angabe des Gerichtsstandes fur die
Widerspruchsklage durch den Betreibungsbeamten gestützt auf kemtona-le
Vorschriften im innerkantonaien Verkehr. _ Freie reofltlwhe Würdigung
durch das Bundesgericht. Keine Rechtsverweigernng.

A. In den von einer Reihe von Gläubigern gegen Dr· A. Waldmeyer in
Kilchberg eingeleiteten Betreibungen pfändetes das Betreibungsamt Zürich
I infolge Requisition des Betreibungsamtes Kilchberg am 29. Juni 1909
im Bureau des Schuldners Priobiliar im Gesamtschatzungswert Von 266
Fr. Diese Gegenstande wurden von F. Zundel in Schirmensee, als dessen
Rechtsnachfolger der Rekurrent Ernst Oberholzer, Rechtskonfulent
inBunch I, auftritt, zu Eigentum angesprochen. Jnfolge Bestreitung
dieses Anspruchs durch die Gläubiger wurde dem Rekurrenten vom
Betreibungsamt Kilchberg Frist zur Klagerhebung im Sinn von Art. 107
Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
SchKG angesetzt. Dabei verwendete das Betreibungsamt verschiedene
Formulare. Während in den Betreibungen Nr.640 (Heller), 714 (Häberlin)
und 773 (Baltischweiler) als zuftandige Behörde ausdrücklich der
Einzelrichterdes Bezirksgerichts Horgen bezeichnet war, enthielt das
Formular bezüglich der Betretbungen Nr. 759 (Frau Hatz-Schweizer) und 760
(Egg-Faber).die gedruckte Weisung, dass die Klage beim Einzelrichter
des Bezirksgerichts, in dessen Kreis die gepfändeten Gegenstände
liegen. anzuheben sei. ,

'Der'NeÉurrent reichte innert Frist gegen sämtliche Gläubigerbeim
Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich Klage ein. An der
Hauptverhandlung vom 22. Oktober 1909 zog er jedoch nach erfolgter
Bestreitung der Zuständigkeit des Richters durch die Beklagten auf
eine Ausserung desselben hin, dass er sich in der Tat inkompetent
erklären müsste, die Klage zurück, woraus der Prozess als durch Rückzug
erledigt abgeschrieben wurde. Ein Erläuterungsgesuch des Rekurrenten,
dahingehend, es sei im Abschreibungsbeschluss zu erwähnen, dass die
Klage angebrachtermassen zurück-und Konkurskammer. No 20. 109

gezogen worden sei, wurde vom Einzelrichter mit der Begründung abgelehnt,
dass es den tätsächlichen Verhältnissen widerspreche.

Unterm 28. Oktober ersuchte nun der Rekurrent das Beweibungsamt um
Zustellung neuer Ausweisbegehren mit Fristansetznng zur Einleitung der
Eigentumsklage beim zuständigen Richter.

B. Jnfolge der am 2.-5. November erfolgten Abweisung dieses Begehrens
durch das Betreibungsamt erneuerte der Rekurrent dasselbe aus dem
Beschwerdeweg, wurde jedoch von beiden kantonalen Jnstanzen abschlägig
beschieden. Der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde ist im
wesentlichen wie folgt begründet: Was die Betreibnngen der Gläubiger
Baltischweiler, Heller und Häberlin betreffe, so müsse der Rekurs ohne
weiteres abgewiesen werden, weil dem Rekurrenten diesfalls vollständig
richtige, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Answeisbegehren
zugestellt worden seien. Auch bezüglich der in den beiden andern
Betreibungen ausgestellten Ausweisbegehren könne ihm sodann Restitution
nicht erteilt werden. Angesichts der Verschiedenartigkeit der Begehren
hätte er, wenn er selbst nicht genauen Bescheid wusste, einen Kollegen
oder die Rechtsprechung konsultieren oder aber sämtiliche Begehren sofort
der Aufsichtsbehörde vorlegen sollen mit dem Antrag, das Betreibungsamt
zu einem einheitlichen Vorgehen zu veranlassen. Der Rekurrent trage somit
ein Mitverschulden an der Verwirkung der Frist zur Einleitung der Klage.

G. Diesen Entscheid hat der Rekurrent nunmehr unter Erneuerung seines
Begehrens rechtzeitig ans Bundesgericht weiter-gezogen, indem er ausführt,
die Verwirkung des Klagerechts sei einzig dadurch verursacht worden,
dass der Betreibungsbeamte unrichtige und zu Zweifeln in Bezug auf den
Gerichtsstand Anlass gehende Ausweisbegehren ausgefertigt habe. Es gehe
nun nicht an, dem Eigentumsansprecher die Folgen eines Verschuldens des
Betreibungsbeamten tragen zu lassen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Dem Begehren
des Rekurrenten, es sei das Betreibungssamt Kilchberg anzuweisen,
ihm gegenüber sämtlichen fünf Gläubigern neue Ausweisbegehren mit
Fristansetzung zur Einleitung

110 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

der Widerspruchsklage beim zuständigen Richter znznstellen, könnte

nur dann entsprochen werden, wenn die angefochtenen Anzeigen sich als
gesetzwidrig erweisen würden. Es ist daher lediglich zu untersuchen, ob
der Betreibungsbeamte wirklich eine Widerhandlung gegen das Bundesrecht
begangen hat oder nicht. Dass eine solche vom Rekurrenten selber nicht
behauptet wird, ist nicht ausschlaggebend, da das Bundesgericht den ihm
zur Beurteilung unterbreiteten Tatbestand in rechtlicher Beziehung frei
zu würdigen hat.

2. Vorab steht fest, dass das Gesetz dem Betreibungsbeauiten nicht
vorschreibt, gleichzeitig mit der Fristansetznng dem Drittansprecher
die Behörde anzugeben, bei welcher er Klage zu erheben hat. Aus dem
Stillschweigen des Gesetzes darf anderseits nicht geschlossen werden,
dass es dem Betreibungsbeamten eine solche Angabe geradezu nntersage,
sondern das Gesetz stellt offenbar auf die anderweitige Kenntnis
des Klägers ab und es steht daher aucheiner Regelung der Frage durch
das kantonale Recht, sei es kraft Gesetzesnorm, sei es auf dem Weg
einer Anweisung der Aufsichtsbehörden (wie im Kanton Zürich der Fall)
nichts entgegen. Macht nun der Betreibungsbeamte gestützt hierauf dem
Drittansprecher eine bezügliche Mitteilung und stellt sich heraus, dass
diese Mitteilung nicht richtig ist, so liegt eine Verletzung von durch
das. Bundesgesetz geschützten Interessen des Drittansprechers und damit
eine Widerhandlung gegen das Betreibungsgesetz, welche das Bundesgericht
zu einer Aufhebung der Verfügung berechtigen würde, nicht vor. .

Jst demnach in der angefochtenen Angabe an und für sich eine Verletzung
von Bundesrecht jedenfalls nicht zu erblicken, so liegt anderseits eine
solche auch nicht darin, dass der Betreibungsbeamte dem Rekurrenten dreien
Gläubigern gegenüber als Gerichtsstand denjenigen des Betreibungsortes
bezw. der Pfändungsverfügung und den beiden andern gegenüber denjenigen
der gelegenen Sache bezw. des Pfändungsvollzuges angegeben hat. Wie
das Bundesgericht schon wiederholt erkannt hat, steht es den Kantonen
durchausfrei, im innerkantonalen Verkehr den Gerichtsstand für die
Widerspruchsklage zu bestimmen (vergl. AS 24 I Nr. 37 S. 220 Erw. 3,
Nr. 39 S. 228 ff. Erw. 3 f.*, Sep.-Ausg. 2 Nr. 17

* Sep.-Ausg.] Nr. 39 S. 153 fl'. Erw. 3 f. (Anm. d. Red. j'. Publ.)und
Konkurskammer. N° 20. 111:

S. 76 ff.-Z und 10 Nr. 41 S. 168 f. Erw. 4**). Wenn nun die zürcherische
Gesetzgebung den Gerichts-stand des Betreibungsortes vorgeschrieben
hat, so ist dadurch, dass der Rekurrent zweienGläubigern gegenüber
auf denjenigen der gelegenen Sache hingewiesen wurde, höchstens
tantonales Recht verletzt· worden. Zur dessen Nachprüfung fehlt aber
dem Bundesgericht die Kompetenz.

3. Auch abgesehen hievon müsste der Rekursaabgewiesen werden, da er
sich unter allen Umständen als verfpatet erweist, auch wenn man die
Beschwerdefrist nicht bereits vom Datum der angefochtenen Anzeige,
d. h. vom 13. September, sondern vom. Tag des Klagerückzuges (22. Oktober)
oder sogar erst von demjenigen der Weigerung des Betreibungsbeamten
zur Ansstellung neuer Answeisbegehren (L./5. November) an laufen
lasst. Anderseits kann angesichts der neueren bundesgerichtlichen
Praxis (vergl. AS Sep.-Ausg. 6 Nr. 13, 7 Nr. 9 u. 32, 8 Nr 31 u. 67,
9Nr. 2 und Archiv 12 Nr. 16) in casu auch von einer Rechtsveriveigerung
nicht die Rede sein, da der Betreibungsbeamte sich nicht schlechterdings
geweigert hat, zu einer ihm obliegenden Amtshand-lung zu schreiten. Die
am 16. November eingelegte Beschwerde ist, somit zweifellos erst nach
erfolgtein Ablauf der gesetzlichen Beschwerdefrift erhoben worden.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.

S. 362 Erw. &. * Ges. -Ausg. 251Nr. 17 S. 34 ff. _** Id. 33 I Nr. 56 ***
29 [Nr. 24 S. 109 ff., 301 Nr. 28 S. 184 ff.u. Nr. 68 S. [113 ff...

. 61 S. 336 ff. . Nr. 125 S. 739 H. 321Nl'. 23 S. 181 ff. 31 I NT
(Anm. d. Red. f. Publ.)
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 36 I 108
Datum : 23. Februar 1910
Publiziert : 31. Dezember 1910
Quelle : Bundesgericht
Status : 36 I 108
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 108 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-- 20. Entschetd vom 23. Februar 1910


Gesetzesregister
SchKG: 107
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsbeamter • bundesgericht • betreibungsamt • frist • einzelrichter • widerspruchsklage • richtigkeit • weisung • verwirkung • betreibungsort • sachverhalt • rückzug • entscheid • richterliche behörde • begründung des entscheids • kommunikation • gerichts- und verwaltungspraxis • frage • eigentum • eigentumsklage
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