710 A Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivitgerichtsinstanz.

Berufung wegen mangelnden Streitwertes nicht eingetreten werden.
Diese Aktien haben bei der konkursamtlichen Pfandliqnidation einen Erlös
von 1740 Fr. ergeben, somit weniger als die Minimalsumme von 2000 Fr., die
für die bundesgerjchtliche Zuständigkeit erforderlich ist. Für die heutige
Behauptung der Berufungsbeklagten, dass jener Erlös dem wirklichen Werte
der Aktien nicht entspreche, fehlt jeder Anhaltspunkt, und namentlich geht
es nicht an, auf einen höheren Wert der Aktien schon daraus zu schliessen,
dass sie nicht freiwillig sondern im Konkursverfahren veräussert worden
sind. Zudem wäre es vorab am Berufung-Zkläger gewesen, darzutun, dass
der erforderliche Streitwert auch in diesem Punkte gegeben sei. -

Übrigens bilden den Streitgegenstand, nach dem sich der Streitwert
richtet, nicht die Aktien, sondern das Nachsaustpfandrecht daran,
d. h. das vom Bernfungskläger beanspruchte Recht, sich aus dem Überschuss,
der nach der Deckung der Erstpsandgläubigerin verbleibt, befriedigt zu
machen. Der Streitwert hält sich also unter dem Wert der Aktien. Nähme
man an, der ganze Erlös von 1740 Fr. sei zur Bezahlung der vorgehenden
Pfandgläubigerin zu verwenden, so bestände überhaupt kein geldwertes
Nachpfandrecht des Berufungsklägers mehr. Aber auch, wenn man von
der wohl richtiger-en Annahme ausgeht, dass die Erstpsandgläubigerin
aus allen Psändern, und zwar ans jedem in verhältnismässigem Umfange,
Befriedigung zu suchen habe, dass also bei allen ein entsprechender
Überschuss zu Gunsten des Berufungsklägers verbleibe, so würde doch
dieser Überschuss bei den Aktien nur einen geringen Bruchteil ihres
Wertes (rund WAR) darstellen, und der bei weitem grössere Bruchteil
(rund SS,/404) entfiele auf das erste Pfandrechtz -

erkannt: Auf die Berufung wird nicht eingetreten.XL. Organisation der
Bundesrechtspflege. N° 94. 711

94. Zittetl vom 26. stammt-er 1909 in Sachen Daimler, Kl. u. Ber.-Kl.,
gegen Dankes-remain Bolligetx Bett. u. Ver-Bett

Besmfungserfontemis des Streitwertes (Art. 59 06). Bei der
Zusammenrechnung mehrerer Ktageansprüche nach Art. 60 Abs. i OG faälen
Ansprüche ausser Betracht, welche in der Bemfungsinstanz nicht mehr
streitig sind, sofern ihre Erledigung die Beurteilung der noch ste'eitigen
Ansprüche nicht beeinflusst {hier: ursprüngliclg streitig eine Forderung
und ein zugehöriges Betentianse'echt ; wes Bemdesgericht die Forderung
ausser Streit). Streitwert des Retentionsrechts.

Das Bundesgericht hat, nachdem sich aus den Akten ergeben hat:

A. Der Kläger und Berufungskläger Danuser hat im Konkurse des Baumeifters
' Gottlieb Bolliger, der beim Kontrasamt Thalwil durchgeführt miro,
eine Forderung von 9996 Fr. und ein Retentionsrecht zu deren Gunsten an
den Rr. 1 62 des

Konkursinventars angemeldet. Nachdem die Konkursverwaltung

die Kollokation dieser Ansprache gänzlich verweigert hatte, hat Danuser
Klage auf Kollokation der angemeldeten Ansprache erhoben, wogegen die
beklagte Konkursmasse auf Abweisung der Klage sowohl hinsichtlich der
Forderung als auch des Retentions-

rechtes angetragen hat. Die erste Instanz (Bezirksgerichtspräsi-

dium HorgetO hat auf Zulassung der Forderng in der Höhe von 9983 Fr. 90
(été. und auf Schutz des Retentionsrechtes an

den genannten Gegenständen für diesen Forderungsbetrag erkannt.

Das Obergericht des Kantons Zürich dagegen hat zweitinstanzlich durch
Urteil vom 6. Oktober 1909 die Forderung nur für 8645 Fr. zur Kollokation
zugelassen und den Anspruch auf ein Retentionsrecht gänzlich abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des Klägers
Danuser, womit dieser vor Bundesgericht beantragt: Es sei in Abänderung
des angefochtenen Urteils das Retentionsrecht an den Nr. 1 62 des
Konkursinventars für die zweiun-

stanzlich noch gutgeheissene Summe von 8645 Ft begründet zu

712 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinsianz.

erklären, unter Kosten: und Entschädigungssolge Seiner Beru-sungserklärung
hat der Kläger eine schriftliche Begründung beigelegt, da der Erlös
der Retentionsobjekte weniger ausmache als 2000 Fr.. Auf Anfrage des
Bundesgerichtspräsidenten hat sichsder klägerische Vertreter über die
letztere Bemerkung noch dahin geäussert, dass die Zahl 2000 irrtümlich
sei und er 4000 habe schreiben wollen, dass aber möglicherweise der
Erlös der Retentionsobjekte auch weniger als 2000 Fr. betrage.

C. Die Berufungsbeklagte hat in ihrer Antwort beantragt,. es sei
auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell sei sie abzu weisen.
Hinsichtlich des ersteren Antrages hat sie geltend gemacht: Die fraglichen
Retentionsgegenstände seien im Konkursinventar auf 1567 Fr. geschätzt
und ihr Erlös belause sich auf 755 Fr10 CBS., worin aber eine Anzahl
der Gegenstände im Wertevon 74 Fr. 60 Cts. nicht inbegriffen sei, die
der Kläger vonfich ans wider-rechtlich veräussert habe.

Die Richtigkeit dieser Angabe ist durch eine vom Konkursamt Thalwil
eingeholte Bescheiniguug bestätigt worden; -

in Erwägung:

i. Nach Klage und Antwort sind vor erster Instanz sowohl die Forderung
von 9996 Fr., als auch das für sie beanspruchte Retentionsrecht
streitig gewesen. Trotzdem können diesebeiden Ansprüche bei der
Bestimmung des für die bundesgerichtliche Kompetenz massgebenden
Streitwertes nicht nach Art. 60OR zusammengerechnet werden. Denn eine
solche Zusammenrechnung will das Gesetz zweifellos dann nicht, wenn,
wie bier, der eine Anspruch nachträglich aufhört, streitig zu sein,
und wenn dieser Anspruch auf einem andern Rechtsgrunde beruht als
der noch streitige. Es lässt sich nicht einsehen, warum eine in den
Vorinstanzen vorhanden gewesene objektive Klagenkumulation, auchs
nachdem sie dahingefallen isi, die bundesgerichtliche Zuständigkeit
noch zu begründen vermöchte, unter Umständen, wo sie für diesachliche
Beurteilung des noch streitigen Anspruches keine Bedeutung besitzt und
die Lage gleich ist, wie wenn der erledigte Anspruch niemals Gegenstand
des Prozesses gebildet hätte. DasGesagte muss auch dann gelten, wenn
ein gewisses Präjudizial verhältnis zwischen dem nicht mehr streitigen
und dem noch zmXI. Organisation der Bundesrechtspflege. N° 95. 713

beurteilenden Auspruche besteht, wie das bei der pfandversicherten
Forderung so weit der Fall ist, als der Bestand des Pfandrechts von dem
der Forderung abhängt. Dementsprechend richtet sich denn auch bei dem
Streite über die Bürgschaftsforderung der Streitwert nur nach der Höhe
dieser, nicht auch nach derjenigen ider Hauptforderung

2. Im vorliegenden Falle fragt es sich also, ob das allein noch streitige
Retentionsrecht, dessen Wert gleich dèm der Renntionsgegenstände istf den
für die bundesgerichtliche Zuständigkeit erforderlichen Minimalbetrag
von 2000 Fr. erreiche. Das ist aber nach den obigen Feststellungen
hierüber zu verneinen, laut denen -der Wert der fraglichen Gegenstände,
wie ihre Schätzung und das Ergebnis ihrer Liquidation zeigt, sich unter
allen Umständen .-bedeutend unter der genannten Summe hält; --

erkannt: Aus die Berufung wird nicht eingetreten

95. Urteil vom 17. Dezember 1909 in Sachen YEN, Kl. u. Ber.-Kl., gegen .
Yriefmarleenatnomatengefellstyaft Ying, Bekl. u. Bar.-Kl.

,Erledigung einer Bafflfungsstreitsache durch Abstandserklàr'ung
der berufungsbekfagten Partei (der in der Beklagtenrolie stehenden
Konkursmasse einer Genossenschaft zufolge Aufhebung des Konkurses
mangels Aktiven). Feststellung der Anerkennung des gegnerischen Anspruchs
(der Klagefordemng).

Das Bundesgericht hat, nachdem sich ans den Akten ergeben hat:

Der Kläger G. Beck hatte gegen die Genossenschaft
Briesmarkenautomatengesellschaft Plüss in Zürich I eine Klage auf
Bezahlung von 3000 Fr. nebst Zins zu 50/0 seit dem 24. April 1908
angehoben, welche Klage von den beiden kantonalen Jn*stanzen als
unbegründet abgewiesen worden ist. Gegen das am

é. Mai 1909 gefällte Urteil der obern Instanz (der I. Appella-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 35 II 711
Datum : 26. Januar 1909
Publiziert : 31. Dezember 1909
Quelle : Bundesgericht
Status : 35 II 711
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 710 A Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivitgerichtsinstanz. Berufung


Gesetzesregister
OG: 59  60
Stichwortregister
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