468 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

D'abord, ainsi que le Tribunal federal l'a déjà juge, il résnlte du texte
meme de l'art. 2 CO, que la regte que cet article pose n'a d'efiet que
lorsque les parties, étant d'accord sur les points essentiels, se sont
eugagées, mais ont renvoyé à une entente ultérieure le règlement des
points accessoires. Si tel n'a pas été le cas, s'il n'y a pas eu de
réserve faite d'une entente ultérieure,le juge ne peut pas suppléer
(art.? al. 2 CO) à l'absence de volonté des parties, et il n'y a pas
contrat (RO 20 p. 521). Or, en l'espèce, il ne résnlte pas des faits
que les parties aient entendu traiter définitivement certains points le
30 janvier, en réservant une entente ultérieuresur les points qui font
l'objet de la correspondance ci-dessus citée.

En second lieu, ce n'est pas d'une maniere absolue, mais en tenant
compte des circonstances et de l'intention des parties, qu'on peut parler
de points accessoires d'un contrat. La société Hydorion & reconnu elle
meine ce principe en disant, dans sa demande, que des points, secondaires
en eux-

meines, peuvent avoir, suivant les cas, une grande importance-

pour les parties; et le Tribunal federal a consacré cette theorie dans
I'arrét cité ci-dessus en disant que tout point doit etre considéré
comme essentiel, lorsqn'il y a lieu d'admettre que la partie fait de sen
admission une condition sine qua non de la conclusion du contrat. Or, il
résulte, en l'espece, de la correspondance citée, que c'est précisément
à cause de défaut d'entente, sur des points prétendus accessoires,
que le défendeur a refusé la signature du contrat; ce qui prouve que,
pour sa part, il les considérait comme essentiels. Au reste, il y a
lieu de remarquer que l'instance cantonale a déclaré dans son jugement
que les points restés en discussion étaient des points que les parties
devaient considérer comme essentiels. Enfin, la distinction que la société
recourante prétend faire entre les points essentiels et accessoires du
contrat, perd tout importance du moment que les parties ont convenu,
ainsi qu'il ressort nettement de leurss correspondance, de donner au
contrat la forme écrite.

Aux termes de l'art. 14 CO, elles doivent ètre
présuméessiIll. Obligationenrecht. N° 55. ss 469-

n'avoir entendu se lier qu'à. partir de l'accomplissement decette
forme. Or, le contrat n'a pas été définitivement rédigé, ni signé,
d'un il résulte que les parties ne sont pas liées. Il importe peu que
le motif du refus de Signature provienne d'un désaccord portant sur un
point que l'nne des parties es time etre accessoire, tandis que l'autre
y attache une grande importance; la seule question qui se pose en cas
pareil est celle de savoir si, oui ou non, le contrat & été signé (conf.
Hafner, commentaire du CO art. 2 note 3}.

Dans ces conditions, c'est a bon droit que l'instance cantonale a admis
que la conclusion du contrat n'était pas arti vée à chef. --

Par ces motifs, Le Tribunal federal prononce : Le recours est écarté et
le jugement dont est recours confirmé.

55. Kitten dom 21. Juli 1908 in Sachen Momobikxiktiengesellschaft KL,
Ber.-Kl. u. Wendice... gegen Autran-Trotter, Bekl., Ber.-Kl. u. Ber.-Bekl.

Art. 50 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
. OR : Entschädiguugsforderimg wegen ungerechtferfigter
Baueinsprache und gerichtlicher Verfolgung der Einsprache. Kompetenz
des Bundesgerichts, Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
und 57
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
OG. Verschulden, oder berechtigte
Interessen Wahrung ? Schuldhafte Verschleppung des Verfahrens ?

A. Durch Urteil vom M. Dezember 1907 hat das Ober-gericht des Kantons
Luzern erkannt:

1. Die Beklagte habe anzuerkennen, dass sie gegen das nochmals abgeänderte
Bauprojekt Abänderung gegenüber dem beim letzten Vorstand vorgewiesenen
Bauprojekt 26 Fuss Tiefe parallel zur Mauer) keine zivilrechtlichen
Einspruchsgründe habe und demMnach der Baueinfpruch gerichtlich zu
beseitigen fei.

-470 A. Entscheidungen des Buudesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

2. Beklagte habe an die Klägerin eine Entschädigung von 1000 Fr. zu
leisten; mit der Mehrforderung sei letztere abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien rechtzeitig und sormrichtig
die Berufung an das Bundesgericht ergriffen.

Der Berufungsantrag der Klägerin geht dahin, f,die Bei-tagte babe der
Klägerin vom Tage des Baueinspruches (25. Januar 1905) eventuell vom
1. März 1905 an (rechtliche Anzeige der Klägerin, Klagebeleg 5) bis zum
24. September 1906 eine Entschädigung von 100 Fr. pro Tag zu bezahlen.

Die Beklagte stellt den Bernsnngsantrag: Mit ihrer Entschädignngsforderung
sei die Klägerin desgänzlichen abzuweisen.

C. Eine Kassationsbeschwerde, die die Klägerin gegen das angesochtene
Urteil beim luzernischen Obergericht eingereicht hat, ist von diesem am
5. Mai 1908, ein staatsrechtlicher Rekurs, den sie gegen das Urteil an
das Bundesgericht ergriffen hat, von diesem am 25. Juni 1908 abgewiesen
worden.

D. In der heutigen Verhandlung haben die Parteivertreter die gestellten
Berufungsanträge erneuert und auf Abweisung der gegnerischen Berufung
angetragen.

Das Bundesgericht zieht folgende Tatsachen und Rechtsgrunde

in Betracht:

1. Am 12. Mai 1870 verkaufte Joses Haas in Luzern, der Rechtsvorfahr
der Beklagten, Frau Amrein-Troller, von seiner Liegenschaft Hof und Gut
Steinbruch in Luzern, der jetzigen Gletschergarten-Liegenschast, eine
Parzelle Landes, die heutige Liegenschast zum Hopfenkranz, dem Bernhard
Waller, Rechtsvorsahren der Klägerin, Automobil-Aktiengesellschaft
Luzern. Dabei wnrde vom VerkäUfer unter anderm folgendes ausbedungen:
Gegen den Fussweg zum Löwendenkmal wird dem Käufer nur gestattet, neun
Fuss hoch zu bauen, vom höchsten gegenwärtigen Niveau im nordöstlichen
Ecken des verkauften Grundstückes an gemessen, auf 26 Fuss Tiefe d. h. vom
Fussweg gegen die Landstrasse. Der Käuser verpflichtet sich an der Fassade
eine entsprechende Anzahl Fenster und Türen zu machen." Zwischen der
Gletschergartenund der Hopfenkranz-Liegenschast befand sich damals schon
ein Strässchen, die heutige Denkmalsstrasse -III. Obligationenrecht. N°
55. 471-

das gegen jene nordöstliche Ecke zu anstieg. Bangs dieser Strassengrenze
bildete die Hopsenkranz-Liegenschaft einen Abhang, dessen höchster Punkt
in der nordöstlichen Ecke der Liegenschast an dasNiveau des jetzt dort
errichteten eisernen Kandelabers für Leitungss drähte heranreichte Dieser
Abhang wurde später, als man die Hopfenkranz-Liegenschaft überbaute,
ausgegraben, um Platz für einen Hosraum zu gewinnen, und es musste
infolgedessen längs des Strässchens eine Stützmauer errichtet werden.

Die Klägerin erwarb durch Kauf vom 14. Dezember 1904 dieLiegenschaft
Hopsenkranz, in der Absicht, auf deren Hofraum eine Autogarage zu
errichten. Aus die öffentliche Bekanntmachung des Bauprojektes erhob
am Lö. Januar 1905 die Beklagte als Eigentümerin des Gletschergartens
einen zivilrechtlichen Einspruch, den sie damit begründete, dass
die Grössenverhältnisse nicht mit den Bedingungen des Kausvertrages
(sc. vom 12. Mai 1870) übereinstimmen. Am 10. Februar 1905 erteilte
def Stadtrat von Sängern dem Bauprojekte seine Bewilligung unter
gewissen baupolizeilichen Vorbehalten und mit der Auflage, vor Beginn
der Bau-arbeiten die zivilrechtliche Einsprache der Beklagten zu
beseitigen. Die Klägerin bemühte sich zunächst, aus gerichtlichem
Wege zu einer Verständigung zu gelangen. Sie trug einer Aussetzung
der Beklagten hinsichtlich der Tiefe der projektierten Baute durch
entsprechende Abänderung der Pläne Rechnung Die Beklagte scheint aber
schon damals auch die Höhe der Baute unter Berufung aus die oben erwähnte
Servitutbestimntung bemängelt zu haben, und wie es scheint stritten
sich schon damals die Parteien darüber, wo sich der untere Fixpunkt für
die Bemessung der zulässigen Marimalhöhe befinde. Am 22. Februar 1905
schrieb nämlich die Klägerin der Beklagtent Stadtrat Bernhard Waller,
Vorbesitzer des Hopsenkranz, gebe des bestimmtesten an, dass die Höhe
von dem klägerischerseits bestimmten Fixpunkte aus berechnet

werden müsse, d. h. von dem Bodenniveau der nordöstlichen Ecke

der Liegenschast aus, woselbst sich gegenwärtig der erwähnte Kan-

delaber befindet-. Laut vorinstanzlicher Feststellung erkundigte sich

darauf die Beklagte vor der Anhängigkeit des nachherigen Rechts-

streits durch ihren Sohn bei Waller und dieser, der später im

Prozesse als Zeuge vernommen wurde, erteilte genauen Ausschluss AS 34 Il _
1908 31

47 2 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

über die nach seiner Ansicht richtige Höhenbestimmung der Servitut und
zwar im Sinne der klägerischen Auffassung Im weiteren befragte die
Beklagte den später als Zeuge abgehörten Heinrich Schriber über die
Terrainverhältuisse in den siebenziger Jahren. Ferner wurde der spätere
Zeuge Schnyder von einem Herrn, in, dem die Vorinsianz den Sohn oder
den Berajer der Bellagten vermutet, über diese Verhältnisse befragt. Am
1. März 1905 notifizierte die Klägerin der Beklagten, dass diese sich
immer noch nicht speziell darüber erklärt habe, welche Aussetzungen
sie an dem Bauprojekt mache, und dass sie für allen Schaden, den die
Klägerin durch die Baueinsprache erleide und den sie auf täglich 100
Fr. bezifsere, verantwortlich sei. Die Beklagte erwiderte am 2. März,
unter Bestreitung ihrer Ersatzpflicht, sie halte an dem Baueinspruch
fest, weil das Projekt mit ihren Rechten laut Kausbrief in Widerspruch
stehe. Arn 17. März fand in der Sache ein Friedensrichtervorstand statt,
der erfolglos blieb; der Vorladung

zu einem weitern Vorstand auf den 3. April leistete die Bettagte keine
Folgt-.

2. Am 12. April 1905 reichte die Klägerin gerichtliche Klage ein mit
den Begehren: 1. Die Beklagte habe anzuerkennen, dass sie gegen das
(hinsichtlich der Tiefe abgeänderte) Bauprojekt keine zivilrechtlichen
Einspruchsgründe habe, und demnach der Parteinspruch gerichtlich zu
beseitigen sei. 2. Sie habe der Klägerin vomTage des Baueinspruchs an
bis zur Rechtskraft des Urteils eine Entschädigung von 100 Fr. per Tag
zu bezahlen. Zur Begründung wurde geltend gemacht: Es werde bestritten,
dass ein Zwilrecht der Beklagten der Ausführung des Baues entgegenstehe.
Die Einspruchsgrüude der Beklagten seien der Klägerin nicht bei
kannt und die Klägerin müsse sich deshalb ihre Einwendungen gegen
solche für die Replik vorbehalten. Mit allem Nachdrucke werde für
die Entschädigungsfrage festgestellt, dass es der Behagten nur darum
zu tun gewesen sei, die Klägerin mit nichtigen Vorwänden hinzuhalten
und zu schädigen. Die einzige Aussetzung, die die Beklagte formuliert
habe (die betreffend der Tiefe der Baute), sei sofort berücksichtigt
worden In Anschluss daran wird sodann die Entschädigungsforderung näher
substanziiert und dabei in rechtlicher Beziehung aus das Baugesetz für
die Stadt Luzern,das kantonale bürgerliche Gesetzbuch und die Art. 50
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.

sf.OR Verwiesen.- III. Obligationenrecht. N° 55. ' 473

Inder Antwort schloss die Beklagte auf Abweisung der Klage. Von einer
Verschleppung führte sie aus, sei keine Rede. Der Einspruch stütze sich
einerseits auf die Höhe, anderseits auf die Tiefe des projektierten
Gebäudes, in welch letzterer Hinsicht die Klägerin die Reklamation der
Beklagten seither anerkannt habe. Was die Einwendung gegen die Höhe der
Baute anbetresfe, so stütze sich die Beklagte auf das beim Kaufe von 1870
bestellte Servitutsk recht; Ohne Zweifel überschreitet die projektierte
Baute die. nach der Oervitut zulässige Marimalhöhe, wie ein Augenschein
zeigen merde. Da die Beklagte mit ihrer Einsprache nur von einem Rechte
Gebrauch mache, fehle jede Grundlage zum Schadenersatz zudem sei die
Klageriu überhaupt nicht geschädigt worden. '

In der Replik bestritt die Klägerin unter Festhaltung an ihren
Flagebehauptungen die Antwortanbringen und machte dann hauptsachlich
geltend, dass der im Kaufvertrag von 1870 erwähnte nordöstliche Ecken sich
da befinde, wo jetzt ein eiserner Kande{aber für Leitungsdrähte angebracht
sei und dass die projektierte Baute-von da aus gemessen, die neun Fuss
übersteige. Zum Beweise hierfür berief sie sich auf verschiedene Zeugen,
darunter den erwahnten Bernhard Walten Endlich erklärte sie, sich die
Höhe der Entschädigungsforderung aus das sechsfache vorzubehalten wenn der
Prozess bis zur Hauptsaifon nicht erledigt sei. ; In Hinsicht aus diese
Erklärung reichte die Beklagte eine ,nichtemlässliche Duplik ein mit dem
Anfrage, die Replik aus dem Rechte zu weisen, welchen Antrag das Gericht
am 16. Juni 1905 durch Zwischenentscheid als trölerisch ver-warf In der
darauffolgenden einlässlichen Duplik machte die Beklagte geltend, dass der
Fixpunkt, von dem aus die neun Fuss zu messen seien, sich nicht aus dem
Strassenniveau befinde, wo der Kandelaber angebracht seisondern, da im
Laufe der Zeit dort eine Terrainerhöhung stattgefunden habe, unterhalb
dieses Niveaus, und dass in diesem Falle die Höhe der projektierten
Baute neun Fuss übersteige. Zum Beweise hiefür berief sie sich auf ein
am 4. Juni 1905 verfasstes Gntachten des Geologieprofessors Dr. A. Heim
in Zurich, das nn wesentlichen darauf abstellt, dass die Strasse, an
deren Rande der Kandelaber steht, daselbst künstlich erhöht worden sei.

Am 15. Juni 1905 wurde Bernhard Walter auf dem Wege einer Beweisaufnahme
zum ewigen Gedächtnis als Zeuge einver-

474 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

nommen. In der Folge verhörte das Gericht im ordentlichen Beweis-verfahren
eine grössere Zahl Zeugen, darunter wiederum Waller, ferner die schon
erwähnten Schriber und Schnyder und Prof. Haim. Das Ergebnis dieser
Beweiserhebung fici, wie beide kantonalen Justanzen annehmen, zn Ungnnsten
der Beklagten aus, nämlich in dem Sinne, dass eine Erhöhung des Niveaus
an der fraglichen nordöstlichen Ecke der Hopsenkranzltegenschaft seit
der Servitutserrichtung nicht stattgefunden habe und dass also die
zulässige Höhe von neun Fuss nicht, wie die Betlagte behauptete, von
einem Punkte Unter dem heutigen Niveau beim Kandelaber aus zu messen
sei. Prof. Heim imbesondern sprach sich als Zeuge dahin aus, dass die
von ihm festgestellte Terratnerhohung sich schon vor den siebenziger
Jahren zugetragen haben forme. Nach Durchführung dieser Verhöre zog vdie
Bekalagte am 10/ 12. Februar 1906 den Baueinspruch zuruck, erklarte
aber dabei, dass sie den bisher eingenoinmenen Rechtsstandpunkt, und
namentlich die Bestreitung ihrer Schadenersatzpsltcht nicht aufgebe. Da
anderseits die Klägerin an ihrem Klagschlusse with/elx! nahtn der Prozess
seinen weitern Fortgang. Er fuhr-te zunächst zu etnxnr erstinstanzlichen
Urteile vom 17. Mai t90?, wonachz das Bezir s gericht Luzern erklärte-,
dass die Beklagte gegen das Bauprojekt in der abgeänderten Form keine
zivilrechtlichen Einspruchsgrunde habe, und den Baueinsprnch gerichtlich
beseitigt; anderseits aber-die Entschädigungsforderung des gänzlichen
abwies Letzteres geschah mit der Begründung, die Beklagte habe den
Baueinspruch zur Wahrung eines vermeintlichen Rechtes erhobenohne dabei
in boser Absicht oder fahrlässig zu handeln. Dieses llrteil wurdev
dann zweitinstanzlich vom Obergericht in der Eingang E erwahntebn
Weise durch teilweisen Zuspruch der Entschadigungssorderung a 'nde'ct.
Beal-S. Soweit die Klägerin ihre Begehren auf dasYangesetz der Stadt
Luzern und auf das luzernische Sachenrecht stutzt, fehlt dem Bundesgericht
die Kompetenz zur Uberprusung des Vorentscheides: der hierüber ausführt,
dass das genannteh Baugesetz feine Bestimmung über die Hastbarkeit
bei unbegrundeten Baueinsprachen enthalte und dass die angerufenen
sachenrechtlichenl Vorschriftij (§§ 714 ff. BGB) mit dem Inkrafttreten
des schweizerischen OIII. Obligationenrechi. N° 55. 475

aufgehoben worden seien. Es fragt sich also nur noch, ob und wieweit
die eingeklagte Entschädigungsforderung aus den Art. 50 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
. OR sich
rechtfertige.

Mit dieser Forderung verlangt die Rekurrentin Ersatz des Schadens, der
ihr dadurch entstanden sein soll, dass die Beklagte auf die öffentliche
Bekanntmachung des klägetischen Bat,iprojektes hin eine, wie sich
herausgestellt hat, unbegründete Einsprache erhob und diese Einsprache
gerichtlich weiter verfolgte-; indem sie dagegen die eingereichte Klage
bestritt und die Klägerin zur Durchführung des Prozesses nötigte, so
dass die Klägerin während all dieser Zeit an der Ausführung der Baute
verhindert und dadurch im Geschäftsbetriebe, dem diese Baute hätte dienen
sollen, geschädigt worden sei. Die schädigende Handlung der Beklagten
besteht sonach darin, dass diese ein bloss vermeintliches Recht (eine
in der behaupteten Weise nicht bestehende Baubeschränknng zu Gunsten
ihres Grundstückes) in einem behördlichen Verfahren, nämlich in dein
Einspracheund dem sich daranschliesseuden Zivilprozessvetfahren geltend
machte. Nach feststehender Praxis nun (s. AS 10 S. 575/76 Erw. 4;
14 S. 630/81 Erw. 6; 17 S. 162/63 Erw. 2; 19 S. 442 Erw. 2 u. 3;
21 S. 887/88 Erw. 3 und 25 II S. 101 Erw. 4, Entscheid vom 15. Mai
1908 i. S. Erzer gegen Meier'") liegt in dieser schädigenden Handlung
nicht schon allein deshalb, weil das beanspruchte Recht nicht besteht,
auch eine unerlaubte Handlung im Sinne der Art. 50 ff. ON, indem jeder
Bürger befugt ist, für Ansprüche, die er zu besitzen vermeint, den
behördlichen Schutz anzurufen und den Spruch der zuständigen Behörde zu
provozieren, und sein Rechtsgegner die ihm dadurch zugefügte Schädigung,
abgesehen von den ihm im Verfahren selbst nach den einschlägigen
Bestimmungen erwachsenden Kostenersatzansprüchen 2c., sich gefallen
lassen mufz. Wohl aber fällt nach dieser Rechtsspreehung die Verfolgung
eines unbegrüttdeten Anspruches jedenfalls dann unter die Art. 50 ff.,
wenn sie in böswilliger oder grobsahrlässiger Weise geschehen ist und
genügt in besondern Fällen auch ein geringeres Mass von Verschulden,
wenn nämlich, wie bei Strafklagen oder Arresten, der Schädiger sich
sagen musste, dass sein ungerechtfertigt-es Vorgehen

* Oben Nr. 32 S. 279 ff. (Anm. d. Red.)". Publ.)

476 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

gegen den Gegner dessen Rechtssphäre besonders schwer verletzen könne.

4. Die Vorinstanz nimmt denn auch selbst an, dass die Beklagte, um
ersatzpslichtig zu sein, ein Verschulden treffen müsse. Sie hält nun
ein solches als durch die Akten ausgewiesen. Hierin liegt indessen eine
rechtsirrtümliche Würdigung der Sachlage.

Zunächst ist zu bemerken, dass die Baueinsprache der Beklagten anfänglich
objektiv gerechtfertigt war, insoweit es sich nämlich um die Tiefe
der projektierten Baute handelt. Erst von dein Zeitpunkte an, als die
Klägerin der Reklamation der Beklagten Rechnung trug und in diesem Punkte
ihr Projekt entsprechend abänderte, lässt sich fragen, ob die Beklagte
schuldhaft handelte, indem sie den erhobenen Einspruch aufrecht hielt-

Die Vorinstanz bejaht das, hauptsächlich mit dem Hinweise darauf, dass
die Beklagte vor Beginn des Prozesses bei Personen, die später als
Zeugen einvernommen wurden, über die zur Zeit der Servitutserrichtung
bestandenen Terrainverhältnisse, die für die Bestimmung der Höhe von neun
Fuss massgebend find, sich erkundigt und das; sie dabei Auskunft erhalten
habe, nach der sie den erhobenen Baueinspruch als unbegründet habe ansehen
müssen. Nun kann aber darin, dass sie es trotzdem auf den Prozess ankommen
lick, ein zum Schadenersatz verpflichtendes Verschulden nicht erblickt
werden, sondern hat sie damit noch innerhalb einer berechtigten Wahrung
ihrer Interessen gehandelt. Sie brauchte die Aussage-n der genannten
Personen, selbst wenn sie hinreichend bestimmt waren, nicht ohne weiteres
als für sich verbindlich und sie zur Preisgabe ihres vermeintlichen
Rechts zwingend anzunehmen, besonders auch nicht die namentlich in
Betracht fallende Aussage Wallers, des Rechtsvorfahren der Beklagten
und frühem Servitutsverpslichteten Vielmehr durfte sie verlangen, dass
all diese Angaben im richterlichen Beweis-verfahren erhärtet und auf
ihren Wert geprüft würden, welches Verfahren allein eine objektive und
zuverlässige Feststellung des wirklichen Sachverhaltes ermöglichte. Dieser
Sachverhalt war für sie auch nicht etwa in klarer, jeden ernsthaft-en
Zweifel ausschliessender Weise dargetan· Haben doch aus der fraglichen
Seite der Liegenschaft nach der Servitutserrichmug wesentliche Änderungen
der Terrainverhältnisse stattgefunden, lll. Obligatîonenrecht. N° 55. 477

sinfolge deren es dann im Prozesse einer eingehenden Untersuchung
bedurfte, um den Zustand, wie er im genannten Zeitpunkte beStand, ganz
klar zu legen. Dabei hat sich aus dieser Untersuchung namentlich durch die
Zeugendeposition Bossard ergeben, bag, wenn die Klägerin darauf abstellte,
es habe seit der Begründung der Servitut eine Niveauerhöhung des Terrains
stattgefunden, das zwar nicht für die in Betracht kommende nordöstliche
Ecke, wohl aber für andere Stellen des Grundstückes zutrifft. Und was
diese Ecke anbelangt, so kann sich die Beklagte auf die Ansicht eines
Fachmannes in geologischen Fragen, des Prof. Heim berufen, der auch an
dieser Stelle eine Terrainerhöhung konstatierte Diese Erhöhung muss
freilich, wie aus den sonstigen Beweisergebnissen zu schliessen ist,
schon vor der Servitutserrichtung eingetreten sein und ist deshalb
für die Lösung der Streitfrage unwesentlich; es lässt das aber die
Tatsache unberührt-, dass deswegen begründete Unsicherheit darüber
obwalten konnte, wie die Bodenverhältnisse an der massgebenden Stelle
und im massgebenden Zeitpunkt-: gestaltet waren. Daran ändert auch
die Bestimmung im Kaufvertrage von 1870 nichts, wonach bei Überbauung
der Hopsenkranz-Liegenschaft an der Fassade des Gebäudes gegen die
Gletschergarten=Liegenschaft eine entsprechende Anzahl Fenster und Türen
zu machen seien. Diese Bestimmung lautet nicht hinreichend zwingend,
um die erwähnten Momente, die zu Gunsten des Standpunktes der Beklagten
sprachen, so zu entkrästen, dass sich diese hätte sagen müssen, auch
eine geordnete Beweiserhebung im richterlichen Verfahren müsse notwendig
gegen sie ausfallen, und den Prozess aufzunehmen sei leichtfertig und
gegenüber dein Prozessgegner nicht zu verantworten. Bei der Würdigung
des Verhaltens der Beklagten ist zudem mit in Betracht zu ziehen, dass
es sich für die Beklagte nicht bloss darum handelte, von der derzeitigen
Geltendmachung eines allfälligen Rechts abzusehen oder nicht, sondern
darum, dem drohenden Verluste desselben durch Erhebung der Baueinsprache
und Aufnahme des Prozesses vorzu; beugen, ein Grund mehr-, um sich zu
fragen, ob nicht auch bei

anscheinend geringen Chancen fan den richterlichen Entscheid ab:

zustellen sei. Nach all dem kann die Erhebung der Einsprache und Edie
Aufnahme des Prozesses unter den gegebenen Umständen nicht

478 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberste;
Zivilgerichtsinstanz.

nnterkäArL 50 ff. fallen, selbst dann nicht, wenn auch ein ge: wöhuliches
Verschulden, nicht allein grobe Fahrlässigkeit die Beklagte haftbar
Imachen würde. Man hätte gewiss and}, wenn die Beklagte statt im eigenen
in fremdem Interesse, z. B. als Vormund hätte handeln müssen, unter den
obwaltenden Umständenmit Fug von ihr gefordert, dass sie die Baueinsprache
nicht versäume und sie nicht zurückziehe, bevor die Möglichkeit eines
Rechtsverlustes bestimmt ausgeschlossen sei.

5. Zin weitern weist die Vorinstanz zu Ungunften der Beklagten darauf
hin, dass diese in der Antwort auf die Klage eine genauere Begründung der
Baueinsprache unterlassen und eine solche erst in der Duplik, gestützt
auf das inzwischen eingeholte Privatgutachten Heim, gegeben habe,
woraus erhelle, dass sie anfänglich gar nicht in der Lage gewesen sei,
anzugeben, inwiefern eigentlich das klägerische Bauprojekt gegen ihre
Servitut verstosse. Damit wird nicht sowohl die Geltendmachung eines
unbegründeten Ansprnches als eine unzulässige, die Klägerin schädigende
Verschlezp pnng des Verfahrens gerügt, Nun kann es aber der Beklagten
zunächst nicht zum Verschulden gereichen, wenn sie nicht von Anfang an
in der Lage war, ihren vermeintlichen Anspruch dessen Geltendmachung als
solche nach dem oben gesagten nicht gegen am. 50 verstösst genügend zu
substanziieren, und wenn sie sich noch im Laufe des Prozesses die dazu
nötigen Ausschlüsfe und Beweise Izu verschaffen versuchte· Sache des
kantonalen Richterswar es, auf Grund des iantonalen Prozessrechtes darüber
zu verfügen, ob die Beklagte mit ihren nachträglichen Anbringen überhaupt
noch zuzulafsen ei. Wenn die Klägerin aus böswilliger Verschleppung des
Prozesses eine Ersatzforderung aus Art. 50 herleiten wollte, so hätte es
ihr vor allem obgelegen, darzutun, dass sie zunächst allfällige Mittel
erfolglos ergriffen habe, die ihr das kantonale Prozessrecht zur Verfügung
stellte, um eine solche Verschleppung zu verunmöglichen, und dass es ihr
also darum zu tun gewesen sei, den drohenden Schaden abzuwenden. Diesen
Nachweis hat sie aber nicht unternommen Aus den Akten ergibt sich denn
auch einzig, dass die Klägerin jeweilen Berzögerungen von Vorkehren der
Beklagten gerügt, im übrigen aber deren Prozesssührnng sich hat gefallen
lassen. Und der Richter hat, soweit anslll. Obligationenrecht ,N° 55. 479

dem Verhandlungsprotokoll ersichtlich, das Verhalten der Beklagten nur
einmal als trölerisch qualifiziert, nämlich bei der nebensächlichen
Epifode der Erhebung einer Uneinlässlichkeitseinrede im Juni 1905,
und auch damals ohne der Klägerin die von der Beklagten behauptete
Schädigungsabsicht zur Last zu legen.

Die gleichen Gründe gelten entsprechend für die Behauptungder Klägerin,
sie sei auch nach dem Rückzuge der Baueinsprache ausser Stande gewesen,
den Bau zu beginnen, da eine noch unerledigte Erpertenfrage der Beklagten
die Aufrechthaltung des bestehenden Zustandes hinsichtlich einer auf
der Liegenschast befindlichen Kegelbahn erfordert habe. Die Vorinstanz
erklärt hier zutreffend im Sinne obiger Erwägungen: die Klägerin habe
diesen Punkt nicht nach dem Rückzug der Baueinsprache, sondern viel später
erst zur Sprache gebracht und sie hätte von Anfang an den bestehenden
Zustand durch Beweis zum ewigen Gedächtnis festlegen lassen können und
sollen, wodurch dann das der Ausführung des Baues noch entgegenstehende
Hindernis beseitigt worden ware.

6. Nach all dem ist die Berufung der Klägerin abzuweisen, die der
Beklagten dagegen gutzuheissen und damit die Klage, soweitsie nicht
durch den Rückzug des Baueinspruches erledigt isf, zu verwerten

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Die Berufung der Klägerin wird
abgewiesen, die der Beklagtere

gutgeheissen und damit die eingeklagte Schadenersatzfordernng gänz-
lich abgewiesen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 34 II 469
Datum : 21. Juli 1908
Publiziert : 31. Dezember 1908
Quelle : Bundesgericht
Status : 34 II 469
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 468 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz. D'abord,


Gesetzesregister
OG: 56  57
OR: 50
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bundesgericht • zeuge • vorinstanz • beginn • schaden • zahl • duplik • sprache • tag • frage • replik • stelle • höhe der baute • schadenersatz • einwendung • weiler • mais • fassade • zweifel
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