tober 1905 bestanden hat, dass kein Anhalt dafür vorhanden ist, dass der
Bruch durch den Vorfall verschlitnmert oder vergrössert worden ware. Ob
diese Schlussfolgerung durchaus über-zeugend isf, hat das Bundesgericht
als Bernfungsinstanz nicht zu prùîen. Dass sie mit irgend einem Aktenstück
in Widerspruch stände, ist nicht ersichtlich; im Gegenteil befindet
sie sich in Übereinstimmung mit den sonstigen bei den Akten liegenden
ärztlichen Zeugnissen und Berichten. Eine Aktenwidrigkeit liegt auch
nicht etwa insofern vor wie der Klage-r behauptet ,als die Experten der
Meinung Ausdruck geben, es könne beim Kläger nicht ohne weiteres von einer
ungewöhnlichen oder ausserordentlichen Kraftanstrengung gesprochen werden,
denn es handelt sich hiebei lediglich um eine beiläufige Bemerkung,
die auf das Ergebnis des Gutachtens und jedenfalls auf das Urteil der
Vorinstanz keinen Einfluss ausgeübt hat, da ja die letztere, wie bereits
bemerkt, von der Annahme ausgeht, dass beim Kläger anlässlich des Vorfalls
vom 17. Oktober 1905 wirklich der rechtseitige Bruch allerdings nicht zum
ersten Mal plötzlich aus-getreten ist. Jst aber das Bundesgericht an die
Feststellung, dass der körperliche Zustand des Klägers nicht verschlimmert
worden ist, gebunden, so muss es bei der Auffassung der Vorinstanz, dass
kein Betriebsunfall vorliegt, sein Bewenden haben. Damit ist natürlich
auch ausgeschlossen, dass der Kläger fùr den Schaden entschädigt werden
könnte, den er aus dem Arbeitsmarkt erleidet, indem er infolge jenes
Vorfalls von seinem Bruchteiden Kenntnis erhalten hat und es nun beim
Suchen nach einer Anstellung nicht wohl verheimlichen kann. Denn wenn
man auch diesen Schaden für nach Haftpflichtrecht erstattungsfähig
halten sollte in Fällen, wo der Bruchaustritt sich als Vetriebsunsall
darstellt, so kann natürlich hievon keine Rede sein da, wo es an einem
Betriebsunsall mangels Beeinträchtigung der körperlichen Integrilät fehlt.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 29. Mai 1907 bestätigt.III. Obligationenrecht. N°
59. 399
II. Obligationenrecht. Gode des obligations.
59. guten vom 6. Juli 1907 in Sachen Yam, Kl. u. Ber.-Kl., gegen EBLM-',
Bekl. u. Wen-Bett
Bürgschaft. Abschluss durch Stellvertretung. {Hauptscheddnmal:
Stelivertreter der Beîrgen.) _ Folgen der Amhdndigung des reist-timten
Sclmidsc/Leines an den Hauptschuldner und der Begebemg seitens des
letztern für die Haftung der Burg-en. Verzicht auf Bittre-cis
der Vorasizesklage.
A. Durch Urteil vom 29. April 1907 hat das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt folgendes Urteil des Zioilgerichts vom ?. März 1907 bestätigt:
Klage und Regressklage sind abgewiesen.
B. Gegen das appellationsgerichtliche Urteil hat der Kläger rechtzeitig
und formrichtig die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit den
Anträgen:
1. Es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und gemäss Klagbegehreu
zu erkennen.
2. Eventnell sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache
zur Vervollständigung des Tatbestandesa durch Abhörung des als Zeugen
angerufenen Landwirtes Karl Agerter und durch Beiziehung der Strafakten
Beutler, sowie zu neuer Entscheidung an das Appellationsgericht
zurückzuweisen '
Das Rechts-begehren der Klage hatte gelautet:
Es sei der Beklagten, als Erbin des verstorbenen Konrad Ebner in Etzwil
die Forderung von 4000 Fr. nebst 4 Ü/0 Zinsen seit 13. Oktober 1905,
für welche ihr am 24. September 1906 durch das Dreiergericht des Kantons
Basel-Stadt Rechtsössnung bewilligt worden ist, zurzeit, eventuell
gänzlich abzuerlennen, ebenso die Forderung für die ordentlichen Kosten
und die Parteientschädigung im Rechtsöffnungsverfahren. .
C. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter des Klägers Gutheissung,
der Vertreter der Beklagten Abweisung der Be-
rufung beantragt
400 Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsiustanz.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Beklagte ist im Besitze eines von'ihrem verstorbenen Sohne
ererbten Schuldscheines vom 13. Oktober 1905, in welchem die Ehegatten
Beutler bekennen, dem Erblasser der Beklagten, Konrad Ebner, 4000
Fr. schuldig geworden zu sein, die zu 4 0/0 zu verzinsen und in
bestimmten Raten zurückzuzahlen sind; als solidarische Bürgen und
Selbstschuldner erklären sich in diesem Schuldschein der Kläger und
zwei andere Personen. Auf Grund dieses Schuldscheins ertvirkte die
Beklagie für den gegen den Kläger in Betreibung gesetzten Betrag
von 4000 Fr. und Zins zu 40/0 seit 18. Oktober 1.905 provisorische
Rechtsöffnung. Mit seiner rechtzeitig erhobenen Aberkennungsklage
beantragt nun der Kläger, es sei die in Betreibung gesetzte Forderung
zurzeit, eventuell gänzlich abzuerkennen, ebenso die Forderung für
die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens Kiäger macht principaiiter
geltend, er habe sich nicht solidarisch neben dem Hauptschuldner,
sondern nur solidarisch mit den andern Bürgen verbürgtz die Forderung
der Beklagten besiehe daher nicht, so lange der Hauptschuldner nicht
ausgetrieben sei. Eventuell sei diejenige Forderung, für welche er laut
dem Schuldschein sich verbürgen wollte, nicht zur Existenz gelangt. Einmal
nämlich habe Eimer dem Beutler an dem im Schuldschein genannten Datum
(13. Oktober) nichts dargeliehen, sondern erst später (am 25. November
2500 Fr. und am 28. Dezember 1000 Fr.); für diese letzteren, mit dem
Schuldschein nicht im Zusammenhange stehenden Darlehensforderungen habe
sich Kläger nicht verbürgt. Sodann habe sich Kläger nur derbürgen wollen
für ein Kapital, das dem Schuldner Beutler nicht aus-gebändigt werden
(sondern in Handen eines Dritten, eines beauftragten Verwalters des zu
entleihenden Geldes, bleiben) sollte. Der Schuldschein sei nämlich in
zwei Duplikaien, mit allen Originalbürgschaftsertlärungen, aber unter
Offenlassung des Gläubigernamens, ausgestellt, und diese Duplikate dem
Agenien Dr. St. zur Beschaffung des Geldes ausgehändigt worden, mit
der Beredung, dass der Agent das Kapital bei sich zur Verfügung aller
Beteiligten behalten und dem Bentler nicht anshändigen solle. Der Agent
Dr. St. habe aber in Verletzung seines Auftrages den Schuldschein dem
Beutler ausgehändigt. Dieser habe den ScheinIII. Obiigationenrechi. N°
59. Mi
überhaupt nicht veräussert Jedenfalls aber, wenn er ihn auch an Ebner
sollte abgetreten haben, habe doch Eimer aus der Abtretung des Scheines
keine Rechte erwerben können, da dem Beutler ja keine Forderung aus
dem Schuldschein gegen den Kläger zustand. Ubrigens habe Ebner beim
Erwerb gewusst, dass Beutler zur Veräusserung des Scheins nicht befugt
war. Ausserdem werden der Forderung diejenigen Schutzbehauptungen
entgegengehalten, die Beutler in einem besonderen Prozesse, den Witwe
Elmer gegen ihn erhoben hatte, ihr entgegenhielt. Zum Beweise für
seine Darstellung beruft sich der Kläger endlich noch auf folgendes,
im Nachlass Ebners anfgefundenes Schriftstiick: Anerkennung und Quittung.
Ich als Unterzeichneter bescheinige und anerkenne hiemit heute zden
8. Dezember 1905, den Schuldschein von 4000 Fr. schreibe wer-tausend
Franken an Herrn Konrad Ebner abgetreten zu haben und verpflichte mich,
den Betrag jeweilen nach vorgenaunier Zeit, wie das auf dem verpfändeten
Schuldschein lautet, das Kapital ist jeweilen am 1. April und 1. Oktober
zurückzahlbar und zwar am 1. April 1906 zum ersten Mal und das, wie
Schuldschein runter, samt Zins und allsälligen Kosten solidarisch
dafür hafte.
sjg. Fritz Beutler, Gärtnermeister.
Der ins Recht gerufene Agent Dr. St. bestreitet den vom Kläger behaupteten
Auftrag über die Verwendung des Scheins erhalten zu haben; er bezw. sein
Mitarbeiter Röckel habe nur mit Bentley zu tun gehabt-
Die Beklagte bestreitet die ganze Kiagdarstellung, mit Ausnahme der
Tatsache, dass der Schnldschein bei seiner Aussiellung den Namen des
Gläubiger-s nicht trug und dass Beutler ihn während längerer Zeit in
Handen hatte, um ihn zu verwerten.
Die Vorinstanzen haben die Klage und die Regressklage abgewiesen. Sie sind
in tatsächlicher Beziehung davon ausgegangen, dass das eine Doppel des
Schuldscheins im Besitze des Beutler gewesen sei, welcher mit demselben
direkt oder durch einen Mittelsmann an Ebner gelangt sei und von diesem
gegen Übergabe des Schuldscheiues das Darlehen ausbezahlt erhalten habe;
dies sei später geschehen, als das im Schuldschein verzeichnete Datum
ausweise.
AS 33 n 1907 ei
402 Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz.
2. In erster Linie ist die bestrittene Existenz des geltend gemachten
Bürgschaftsvertrages zu untersuchen Allerdings ist, wie sich aus der
Definition des Art. 489 ergibt, die Bürgichaft ein Vertrag zwischen
Bürgerl und Gläubiger. Allein dieser Vertrag kann, wie jeder andere,
auch durch Stellvertretung abgeschlossen werden und es steht nichts im
Wege, dass der Hauptschuldner selber als Stellvertreter des Bürgerl
die Willenserklärung dieses letztern dem Gläubiger übermittelt und
auch die (meistens stillschweigend erfolgende) Annahmeerklärung des
Gläubiger-s im Namen des Bürgen entgegennimmt (vergl. Regelsberger,
ziv. Erörterungen 1 S. 81, und Hasner, Anm. i zu Art. 489 ON). Mit den
allgemeinen Grundsätzen über das Zustandekommen von Verträgen ist es
auch durchaus vereinbar, dass der Bürge die Wahl des Gläubiger-s dem
Hauptschuldner überlässt, zumal bei diesem Vertrage die Person des
Gläubigers keine bestimmende Rolle spielt, ein Irrtum über dieselbe
daher auch nach Art 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
|
1 | Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
2 | Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre. |
diesem Falle nicht nur Bote einer perfekten Willenserklarung, ' ' it
derWollthT zur Ergänzung-der Büraschaitserklärung hitHichtlich der Person
des Mubigers Nun hat der Kläger freilich bestritten, dass dem Schuldner
Beutler die Wahl des Gläubigers und die Stellvertretung der Bürgen
in der Abgabe der Biirgschaftserklärung gegenüber dem aus-gewählten
Gläubiger übertragen worden sei, und behauptet, diese Rolle sei nur
dem Agenten Dr. St. anvertraut worden Allein dafür, dass Beutler auf
unrechtmässige Weise in den Besitz des einen Duplikats der Schuldund
Bürgschaftsnrkunde gelangt sei und dass der Rechtsvorgänger der Beklagten
hievon gewusst habe, hat der Kläger keinen Beweis erbracht. Durfte
aber Ebner annehmen, Beutler sei rechtmässiger Weise Besitzer des
Schuldund Bürgschastsscheines, so durfte er ihn auch als zur Abgabe
der Bürgschaftserklärung und Erhebung des Darlehensbetrages ermächtigt
betrachten. Durch die Übergabe der Dokumente seitens des Beutler an
(Elmer und die Annahme derselben seitens Ebnen wie sie die Vorinstanz
als erfolgt feststellt, kam daher der Bürgschastsvertrag zu stande. Jn
gleicher Weise richtet sich aber auch [Il. Ohligationenrecht. N° 59. 408
der Inhalt der Bürgschaftserklärung nur nach dem Wortlaut der
Urkunde. Sollte es also auch richtig sein, dass Beutler gar nicht
den Auftrag seitens der Bürgen erhalten hatte, selber Geld gegen den
Schuldschein zu erheben, sondern dass Beutler nur beauftragt war,
den Schein etwa dem Agenten St. zu überbringen eher, nachdem seitens
des letztern und seitens des Hug eine Geldaufnahme nicht ermöglicht
worden war, den Schein zu vernichten oder an die Bürgen zurückzugeben,
so kommt es auf diese internen Aufträge der Bürgen an Beutler nicht an;
vielmehr muss der Träger des Blancoschuldscheines gegenüber Dritten
als bevollmächtigt gelten, den Schuldschein in der aus der Urkunde
selber hervor-gehenden Weise zu verwenden, so lange dem Dritten
nicht ein Widerruf oder eine Beschränkung dieser Vollmacht bekannt
wird. Gerade wie der Träger einer Quittung im Zweifel zurEntgegennahme
desjenigen Betrages beoollmächtigt ist, auf den die Quittung Iautet,
so ist auch hier der Träger des verbürgten Schuldscheines zu derjenigen
Verwendung der Bürgschaftserklärung bevollmächtigt, welche aus dem Schein
selber hervorgeht Wollte sich der Kläger verbürgen für ein nicht dem
Hauptschuldner auszuzahlendes Kapital, so musste er dafür sorgen, dass
dies aus dem Schein hervorgehe oder den Dritten, an die sich der Träger
des Scheins wandte, sonstwie bekannt werde. Im vorliegenden Fall ergab
sich aus dem Schuldscheine, dass der Kläger als Bürge haften wollte für
ein von den Eheleuten Beutler geschuldetes Kapital in demjenigen Betrage,
den die Beklagte heute geltend macht. Jndem Beutler dem Gläubiger kEbner
diesen Schuldschein übergab, oerpflichtete er somit auch den von ihm
insoweit vertretenen Kläger als Bürgeu sür diejenige Forderung, die aus
dem übergebenen Schuldscheine hervor-ging
Nun hat der Kläger zunächst bestritten, dass der Schuldschein Überhaupt
dem Rechtsvorgänger der Beklagteu übergeben worden sei. Allein diese
Übergabe ist in einer für das Bundesgericht verbindlichen Weise durch
die Borinstauz festgestellt worden. Dass die Übergabe der Urkunde
seitens des Beutler in der Absicht erfolgte, dadurch den dem Inhalt
der Urkunde entsprechenden Verpflichtungswillen zu bekunden, ergibt
sich sodann aus der weitern tatsächlichen Feststellung der Vorinstanz,
dass Beutler das dar-
404 Entscheidungen des Bundesgerichîs als oberstesZirilgeriohtsinsianz.
geliehene Geld gegen die Übergabe der Urkunde erhalten habeDass die
Übergabe zu diesem und keinem andern Zwecke erfolgte, ist übrigens ohne
weiteres dem Inhalte der Urkunde zu entnehmen, und es trifft deshalb den
Kläger die Beweislast dafür, dass die Übergabe zu einem andern Zwecke
erfolgte. Er hat sich zu diesem Beweise auf die am 8. Dezember 1905 von
Beutler unterzeichnete Anerkennung und Quittung" berufen. Damit will er
eine Zession oder Verpfändung des Scheins an Ebner dartun. Allein mit
Recht hat die Vorinstanz diesen Beweis als nicht erbracht bezeichnet. Jn
dieser Urkunde verspricht Beutler nicht, eine andere Schuld, für die er
den Schein verpfänden wollte, zurückzuzahlen und zu verzinsen, sondern
gerade die Schuld des heute im Besitze der Beklagten befindlichen, damals
an Ebner ausgehändigten Schuldscheins; diese Urkunde beweist also direkt,
dass jene Übergabe-, die hier Abtretung genannt wird, zu dem Zwecke
erfolgt ist, um die verbürgte Forderung zur Entstehung zu bringenDass
der verbürgte Schuldschein vom 13. Oktober 1905 dem Beutler als sein
eigenes Aktionen erschien, das er gegen Geld abtreten könne, erscheint
ganz natürlich, da die Bürgen zu seinen Gunsten intercediert waren und
er dadurch, ökonomisch betrachtet, einen realisierbaren Vermögens-wert
(in der Kreditgewährung der Bürgen) schon in Hunden hatte. Wenn Beutler
dann nachträglich (am 17. Januar 1906) versprochen zu haben scheint,
keine Rechte aus dem Schuldschein ableiten zu woflen, so ist das natürlich
für die vorher entstandenen Rechte Ebners bedeutungslos
Der Kläger hat sodann behauptet, die aus dem Besitz des
Blancoschuldscheins für Beutler hervorgehende Vollmacht sei speziell dem
Ebner gegenüber widerrufen worden und Ebner habe gewusst, dass Beutler den
Schuldschein nicht so wie geschehen verwerten dürfe. Allein die Vorinstanz
hat den dafür angetragenen Zeugenbeweis wegen Unglaubwiirdigkeit
des Zeugen, also aus prozessualen Gründen, abgelehnt. Hieran ist das
Bundesgericht gebunden und es ist daher auch der Eventualantrag auf
Rückweisung der Akten an die Vorinstanz behufs Abhörung des Zeugen
Ägerter abzulehnen. ·
3. Abgesehen Von diesen Einwendungen gegen das
Zustandekommen des Bürgschaftsvertrages macht der Kläger auch
noch.... Obligationenrecssht. N° 59. 405
Einwendungen aus der Person des Hauptschuldners geltend, die ihm als
Burgen allerdings gemäss Art. 505
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 505 - 1 Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben. |
|
1 | Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben. |
2 | Im Konkurs und beim Nachlassverfahren des Hauptschuldners hat der Gläubiger seine Forderung anzumelden und alles Weitere vorzukehren, was ihm zur Wahrung der Rechte zugemutet werden kann. Den Bürgen hat er vom Konkurs und von der Nachlassstundung zu benachrichtigen, sobald er von ihnen Kenntnis erhält. |
3 | Unterlässt der Gläubiger eine dieser Handlungen, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist. |
nämlichzdas Darlehen, das aus dem Schuldschein als verbürgt hervorgehe,
sei gar nicht an den Hauptschuldner geleistet worden. Zum Beweise
hiesür kann sich der Kläger nur auf die von der Beklagten zugestandene
Tatsache berufen, dass am 13. Oktober 1905, dem Datum der Ansstellung
des Schuldscheins, Von Elmer dem Hauptschuldner nichts ausbezahlt
wurde. Allein diese Tatsache ist irrelevant; denn das Schuldbekenntnis,
wie es im Schuldschein niedergelegt ist, sollte ja bestimmungsgemäss
(nach der eigenen Darstellung des Klägers) nicht schon mit der Aussiellung
des Schuldscheins perfekt werden, sondern erst später, nämlich mit der
Übergabe des Schuldscheins an den noch zu findenden Gläubiger. Es wäre
also vom Kläger nachzuweisen, dass in diesem später-n Augenblicke der
Übergabe des Schuldscheins die verurkundete Forderung nicht zur Existenz
gelangte. Dafür liegt aber gar nichts vor; im Gegenteil sprechen sowohl
die Quittungen als auch die sogenannte Anerkennung und Quittung vom
8. Dezember 1905 für die Ausführung des dem Schuldschein zu Grunde
liegenden Geschäftes. Der Kläger hat zwar darauf hingewiesen, es,habe
die Beklagte gegenüber dem Hauptschuldner Beutler neben der verbürgten
Forderung oon 4000 Fr. auch noch die Beträge von 2500 Fr. und î000
Fr. laut den Quittungen vom 25. November und 28. Dezember eingeklagt und
damit bekundet, dass die letzteren nicht die Valuta des Schuldscheins
der 4000 Fr. bildeten. Allein wenn auch mit dem Kläger als nicht erwiesen
angenommen würde, dass die 3500 Fr. laut den zwei Quittungen auf Rechnung
des Schuldscheins ausbezahlt wurden, so wäre damit doch noch nicht
erstellt, dass dem verbürgten Schuldschein keine Forderung zu Grunde
liege. Der Schuldschein enthält ein abstraktes, auf keinen konkreten
Schuldgrund Bezug nehmendes Schuldbekenntnis; es müsste also, um ihn zu
entkräften, bewiesen werden, dass das Bekenntnis an einem Willensmangel
leide, z. B. dass es im Irrtum ausgestellt wurde, oder dass die seiner
Abgabe zu Grunde liegende causa eine Anfechtung gestatte Dass ein Teil
des Betrages der Schuldsumme, nach der im gegenwärtigen Pro-f zesse
geltend gemachten Darstellung der Beklagten, an Beutler
406 Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz.
ausbezahlt worden war, bevor der verbürgte Schnldschein an Beutler
ausgehändigt wurde, beweist natürlich nicht, dass dieser Betrag nicht à,
conto der Schuldsumme bezahlt war, mit der Beredung, dass der Schuldschein
erst nach Auszahlung der ganzen Valuta ausgehändigt werde. Die Bürgen
können sich nicht darauf Berufen, dass mit der zeitlichen Trennung
der einzelnen Raimzahluugen diese letzteren aufhören, einen Teil der
verbiirgten Forderung zu bilden. Sie haben durch Aushändigung des
verbürgten Schuldscheins an den Hauptschuldner es diesem letzteren
überlassen, die Schuld durch die Begebung desselben an einen Gläubiger
zur Entstehung zu bringen, und sie haften infolge dieser durch die
Begebung entstehenden abstrakten Schuldverpflichtung, gleichgültig,
in welcher Weise der Gegenwert dem Haupt-s schuldner zugekommen ist.
é. Sodann hat der Kläger der Forderung der Beklagten compensando
diejenigen Gegenforderungen entgegengehalten, welche der Hauptschuldner
im Prozesse der Beklagten gegen ihn geltend machte, nämlich:
l 1815 Fr. 57 Cts. für gekauftes Geknüse: Lieferungen des Beutler vom
November 1905 an;
2. verschiedene Darlehen im Betrage von zusammen 1800 Fr. 85 (CW.;
3. 200 Fr., die (Elmer für Rechnung des Beutler bei Direktor Trollier
in Kerzers eingezogen habe-
Diese Gegenforderungen sind im Prozesse des Hauptschuldners mangels
Beweis des behaupteten Kaufes, Darlehens und Auftrags abgewiesen
worden. Im vorliegenden Prozesse des Bürgen ist für diese Forderungen
in tatsächlicher Beziehung gar nichts anderes vorgebracht worden so dass
sie gänzlich unbelegt find.
5. Endlich hat der Kläger Aberkennung der Forderung zurzeit verlangt,
weil er sich nicht als solidarisch mit dem Schuldner-, sondern nur als
Solidarbiirge", also als solidarisch mit den andern Biirgen verbürgt habe,
der Hauptschuldner aber noch nicht
erfolglos betrieben worden sei. Allein abgesehen davon, dasz im...
Zweifel jhon in der LLwflichtunq als Solidarbürge die Übernahme der
Solidarität mit dem Hauktschul duet regt (vergl. das allerdings in erster
Tule auf den franzosischen Text von
.... Obligationenrechi. N° 59. 407'
Art. 495
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 495 - 1 Der Gläubiger kann den einfachen Bürgen erst dann zur Zahlung anhalten, wenn nach Eingehung der Bürgschaft der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist oder Nachlassstundung erhalten hat oder vom Gläubiger unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bis zur Ausstellung eines definitiven Verlustscheines betrieben worden ist oder den Wohnsitz ins Ausland verlegt hat und in der Schweiz nicht mehr belangt werden kann, oder wenn infolge Verlegung seines Wohnsitzes im Ausland eine erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung eingetreten ist. |
|
1 | Der Gläubiger kann den einfachen Bürgen erst dann zur Zahlung anhalten, wenn nach Eingehung der Bürgschaft der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist oder Nachlassstundung erhalten hat oder vom Gläubiger unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bis zur Ausstellung eines definitiven Verlustscheines betrieben worden ist oder den Wohnsitz ins Ausland verlegt hat und in der Schweiz nicht mehr belangt werden kann, oder wenn infolge Verlegung seines Wohnsitzes im Ausland eine erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung eingetreten ist. |
2 | Bestehen für die verbürgte Forderung Pfandrechte, so kann der einfache Bürge, solange der Hauptschuldner nicht in Konkurs geraten ist oder Nachlassstundung erhalten hat, verlangen, dass der Gläubiger sich vorerst an diese halte. |
3 | Hat sich der Bürge nur zur Deckung des Ausfalls verpflichtet (Schadlosbürgschaft), so kann er erst belangt werden, wenn gegen den Hauptschuldner ein definitiver Verlustschein vorliegt, oder wenn der Hauptschuldner den Wohnsitz ins Ausland verlegt hat und in der Schweiz nicht mehr belangt werden kann, oder wenn infolge Verlegung des Wohnsitzes im Ausland eine erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung eingetreten ist. Ist ein Nachlassvertrag abgeschlossen worden, so kann der Bürge für den nachgelassenen Teil der Hauptschuld sofort nach Inkrafttreten des Nachlassvertrages belangt werden. |
4 | Gegenteilige Vereinbarungen bleiben vorbehalten. |
i. S. L'Homme gegen Graf, AS 32 II S. 383 ff Erw. 4), Fällt in Betracht,
dass der Kläger sich ausdrücklich auch als Selbst-"Mütter bezeiLbnei
hak, Was nach Ari. 495 ON einen Ver icht auf die Einrede der Vorausklage
enTTTia uns dem Gläubiger ge-
TiattgtZ den Kläger vor dem Hauptschuldner zu belangen.ss 6. Unabhängig
von der HauMlage gegen die Beklagte hat der Kläger sodann gegenüber dem
Streitberufenen Dr. St. das Begehren gestellt, er solle zur Zahlung
derjenigen Summe ver-urteilt werden, welche in diesem Verfahren
der Beklagten nicht aberkannt werde. Er stützt diese Klage auf den
dem Sireitberufenen angeblich erteilten Auftrag zur Verwahrung des
aufzunehmenden Kapitals auf feinem Agenturbureau, damit Beutler nicht nach
Belieben darüber verfügen könne. Durch Verletzung dieses Auftrages sei
dem Kläger der Schaden entstanden, der sich in der Schuldsumme gegenüber
der Beklagten ausdrückt Die Vorinftanz hat festgestellt, dass der Beweis
dafür, dass der Streitberufene sich mit der Versilberung des Schuldscheins
befasst habe, gar nicht geleistet sei. Diese tatsächliche Feststellung,
die allerdings in dieser weiten Fassung der eigenen Darstellung des
Streitberufenen widerspricht,. t jedenfalls insoweit richtig, als irgend
ein Beweis dafür nicht geleistet ist, dass dem Streitberufenen von den
Bürgen der Auftrag erteilt worden sei, den Schuldscheinnicht an Beutler,
der ihn überbracht hatte, herauszugeben oder das aufgenommene Geld zu
verwahren. Damit entfällt für die Regressforderung jede tatsächliche
Basis, ganz abgesehen davon, dass derjenige Schuldschein, auf Grund dessen
die Forderung der Beklagten zugesprochen wird, nach der Feststellung der
Vorinstanz gar nie in den Händen des Streitberufenen sich befand, ihm also
m. Beziehung auf diesen eine auftragswidrige Geschäftsführung jedenfalls
nicht vorgeworfen werden farm. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und damit das Urteil des Appellationsgerichts
des Kantons Basel Stadt vom 29. April 1907 bestatigt