284 Entscheidungen des Bundesgerichts_ als oberster Zivilgerichtsinstanz.

Par ces motifs,

Le Tribunal fédéral prononce:

I. Le recours principal du défendeur Huguet est admis et le recoan par
voie de jonction du demandeur Rieux est repoussé. '

II. L'arrèt de la Chambre d'appel des Conseils de prud'hommes de Genève,
du 14 janvier 1907, est annulé.

III. Le demandeur est débouté des fins de sa demande pour autant que
ses conclusions n'ont pas été admises par le défendeur.

32. glrteit vom 20. aprir 1907 in Sachen Wenn], Kl. u. Ber.-Kl., gegen
Zret), Bekl. u. Ber.-Bekl.

Art. 50
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
, 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR: Unerlaubte Handlung. Grenzen der öffentlichen Kritik
künstlerischer, speziell schauspielerlscher Leistungen.

A. Durch Urteil vom 14· Dezember 1906 hat die I. Appellationskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich über die Rechtsfrage:

Jst der Beklagte verpflichtet, an den Kläger 2000 Fr. nebst 5 % Zins
seit 4. April 1906 zu bezahlen?

erkannt:

Die Klage wird abgewiesen-

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig und formrichtig die
Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrage:

Es sei das angefochtene Urteil aufzuheben, d. h. die Klage gutzuheissen
und der Beklagte zu verpflichten, an den Kläger zu bezahlen 2000 Fr. nebst
5 0/0 Zins seit 4. April 1906.

Eventuell sei das oben-gerichtliche Urteil aufzuheben und die Akten an
die Vorinstanz zurückzuweisen zur Abnahme der in der Klagebegründung
anerbotenen Beweise über die Tatsachen:

I. Dass die in Frage kommende Kritik, ganz abgesehen
vonIV. Obligationenrecht. N° 32. 235

ihrer Generalisierung auch bezüglich der in Frage kommenden Ausführung
unwahr gewesen und dass der Kläger seine an sich kleine und nicht sehr
bedeutende Rolle (Kanfmann von Venedig) durchaus korrekt gespielt habe.

II. Dass die Kritik unter allen Umständen bezüglich ihrer Generalisierung
unwahr gewesen, d. h. dass dem Kläger die Qualität der Gewissenhaftigkeit
als Künstler nicht schlechthin abgesprochen werden könne.

III. Dass die in der Klagebegründung erwähnte Vorgeschichte .(Rencontre
zwischen dem Kläger und dem Beklaglen anlässlich der Probe zur Sühne)
auf Wirklichkeit beruhe.

C. Der Beklagte hat auf Bestätigung des angesochtenen Urteils angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Kläger ist von Beruf Schauspielerz er war als solcher während drei
Jahren, bis Ende des Wintersemesters 1905/06, am Zürcher Stadttheater
angestellt Der Beklagte ist (unter dem Pseudonym Konrad Falke) seit
Ende Dezember 1905 Theaterkritiker der Züricher Post. Samstag den
24. März 1906 hatte der Kläger in der Rolle des "Antonio" im Kaufmann
von Venedig aufzutreten. In Nr. 73 der Züricher Post vom 28. März 1906
erschien nun folgende Kritik des Beklagten über diese Ausführung: Herr
Czerny spielte den Antonio, den Kaufmann von Venedig, und erwies sich
bei dieser Gelegenheit mehr denn je als eine vollkommene Null. Dieser
Schauspieler wird uns verlassen, sein Können wie sein Wollen aber hat
ihn und uns bereits verlassen. Man durer sich fragen, ob sich denn der
Kiinstler nicht schämte, einem mit einer solchen Klischee-Leistung
schlimmster Art aufzuwarten, und er wundere sich bei dieser seiner
Rücksichtslosigkeit nicht, wenn die Kritik keinen Spass mehr versteht.
Da erfreute uns Herr (Eberhard, den wir leider auch werden missen müssen,
als Prinz von Aragon im Gegenteil mit einem beständigen Fortschritt,
und selbst der kleine Lanzelot von Fräulein Terwin, die durch allerlei
launige Details fürs Auge wie sürs Ohr einen italienischen Strassenbuben
voll til-erzeugenden Humors schuf, stand hoch über Antonio, diesem
Hampelmann und Jammertrompeter, der einige Mal auf sein Stichwort wie

236 Entscheidungen des Bundesgeriehts als oberster Zivilgerichtsinstanz.

von der Viper gestochen aufschnellte Der wundervolle fünfte Akt mit
seiner Mondscheinpoesie misslang gänzlich. Wenn das einleitende Gespräch
zwischen Lorenzo und Jessiea nicht zu Musik wird, nicht trunken vom Glück
des Herzens und vom Zauber der Stunde in langsamen, getragenen Rythmen
dahinwogt, soist es um alle Stimmung getan. Diese Kritik hat der Kläger
zum Gegenstand der vorliegenden Klage gemacht, die er auf Art. 50
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
und 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.

OR fta-gt, indem er behauptet, der Beklagte habe ihn widerrechtlich in
seiner persönlichen und Berufs-ehre angegriffen und zwar sei dies aus
persönlichem Rachegefühl geschehen; die Kritik sei unwahr und mit der
Absicht zu schädigen geschrieben; sie habe ihm neue Engagement? erschwert
und ihn in seinen persönlichen Verhältnissen ernstlich verletzt. Der
Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Kritik überschreite
die Grenzen des Erlaubten nicht, und im Gegensatz zur ersten Instanz,
die dem Kläger einen Betrag von 300 Fr. zugesprochen hat, ist die zweite
Instanz, nach Einvernahme der vom Beklagten angerufenen Zeugen Direktor
Reucker und Dr. Trog, dieser Auffassung beigetreten.

2. Mit Recht ist die Vorinstanz bei der grundsätzlichen Frage: ob die
Kritik des Beklagten eine unerlaubte Handlung im Sinne der Art. 50
ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
. OR gewesen fei, entgegen der ersten Instanz, davon ausgegangen,
ein Beweis der Wahrheit oder des Fürwahrhaltens der in der Kritik
aufgestellten Behauptungen könne nicht gefordert werden Zn der Tat
handelt es sich in dieser Kritik nicht um die Behauptung von Tatsachen,
etwa wie bei Verleumdung oder übler Nachrede, sondern um ein Werturteil:
ein Urteil über die schanspielerischen Leistungen des Klägers an dem
betreffenden Abend, das sich zum Teil zu einem allgemeinen Urteil
über dessen Leistungen und künstlerische Fähigkeiten erweitert. Ob
ein derartiges Urteil richtig sei, kann nicht durch ein gerichtliches
Beweis-verfahren festgestellt werden, weil es keinen objektiven, allgemein
gültigen und anerkannten Massstab für ästhetische Werturteile gibt. Die
Vorinstanz hat daher mit Recht den Beweisantrag des Klägers, dass die
fragliche Kritik unwahr gewesen sei, abgelehnt, und das bezügliche
Aktenvervollständigungsbegehren des Klägers (event. Berufungsanträge I
und II) ist abzuweisen.IV. Obligationenrecht. N° 32. 28?

3. Jene grundsätzliche Frage der Widerrechtlichkeit der Kritik des
Beklagten nun fällt zusammen mit der Frage nach den Grenzen der erlaubten
Kritik einer künstlerischen, speziell schauspielerischen Leistung; sind
diese Grenzen überschritten, so ist die Kritik objektiv wider-rechtlich
Bei dieser Frage sind einerseits die Aufgaben und der Zweck der Kritik,
speziell der Theaterkritik, anderseits die Stellung des Künstlers
(Schauspielers) zu berücksichtigen Dabei kann der Auffassung des Beklagten
(die namentlich in der Berufungsbeantwortung vertreten wird) wohl kaum
beigetreten werden, dass der Kunstkritiker einer grössern Tageszeitung
in ästhetischen Dingen gleichsam ein ofsiziell eingesetzter und vom
Publikum anerkannte-: Richter sei; der Kunstkritiker übt ja seinen Beruf
zunächst ohne jedes direkte Zutun-des Publikums aus, und er ist auch
keineswegs etwa das Sprachrohr des Publikums, sondern er hat bei seiner
Kritik lediglich sein eigenes ästhetisches Empfinden zu Grunde zu legen
fund ist in erster Linie bei seiner kritischen Tätigkeit, die zum Teil
wohl auch eine aufklärende Tätigkeit sein will, nur sich und seinem
Gewissen Rechenschaft schuldig. Die Tätigkeit des Künstlers, und des
Schauspielers insbesondere, sodann wendet sich an die Offentlichkeit und
will in der Offentlichkeit beurteilt sein, sie fordert also die Kritik
direkt heraus, sie ist auf sie als auf ein notwendiges Lebenselement
angewiesen. Da aber für die Beurteilung künstlerischer Leistungen
allgemein gültige objektive Kriterien nicht existieren, so kann auch kein
Anspruch des Künstlers darauf bestehen, dass seine Leistungen einheitlich
und objektiv und gerecht beurteilt werden, und daher kann auch nicht
gesagt werden, dass eine von seinem eigenen Urteil abweichende, in seinen
Augen falsche Wertung seiner künstlerischen Leistungen und Fähigkeiten
irgendwie in seine Rechtssphäre eingreife. Rechtlich geschützt ist nur
der Anspruch auf Respektierung der bürgerlichen Ehre, die beim Künstler
nicht eine andere sein kann als beim Laien. Die künstlerische Betätigung
der Persönlichkeit muss daher der kritischen Beurteilung grundsätzlich
unbeschränkt offen stehen und auch eine kränkende und verachtende Kritik
ist nicht wider-rechtlich wenn und soweit sie sich noch als Kunstkritik,
d. h. als kritische Beurteilung der künstlerischen Leistungen und
Fähigkeiten des Kritifierten darstellt. Zur wider-rechtlichen Hand-

238 Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zwilgerichtsinstanz.

lung kann sie erst dann werden, wenn sie vom Gebiet der Kunstkritik ab
in das Gebiet der Kritik der Persönlichkeit, des allgemein Menschlichen,
übergeht. Das unterscheidende Kriterinm bei der Frage, ob die Grenzen
der Kritik überschritten seien, ist also vorerst darin zu suchen, ob die
Kritik sich noch als Kunstkritik darstelle oder aber als Angrifs aus die
Persönlichkeit als solche. Dabei wird weiter der Grundsatz aufzustellen
sein, dass eine Kunstkritik nicht zum Deckmantel für persönliche gehässige
Angriffe, die Rachegefühlen u. dgl. gegen den Kritisierten entspringen,
soll dienen können, andernfalls sie ebenfalls zu einer widerrechtlichen
wird.

4. Frägt es sich demnach, ob die eingeklagte Kritik noch als Kunstkritik
gelten könne oder aber als Angriff auf die Persönlichkeit des Klägers
als solche bezeichnet werden müsse, so ist zunächst dem Beklagten darin
beizustimmen, dass die Kritik als Ganzes ins Auge gefasst werden muss
und dass die einzelnen dem Kläger gemachten Vorwürfe, die Werturteile im
einzelnen, im ganzen Zusammenhange der Kritik zu betrachten sind. Hiebei
ergibt sich vorab, dass der Artikel, als Ganzes genommen, eine Kritik der
betreffenden Ausführung des Kaufmann von Venedig darstellt. Aber auch die
den Kläger berührenden Stellen betreffen zunächst dessen Leistungen am
betreffenden Abend als "Antonio; so speziell die Ausdrücke Hampelmann und
Zammertrompeter", die ganz offensichtlich die Leistung des Klägers als
Antonio" im Auge haben. Etwas allgemeiner ist der Ausdruck, der Kläger
habe sich bei dieser Gelegenheit mehr denn je als eine vollkommene Null
erwiesen. Hiemit wird dem Kläger nicht nur eine durchaus nichtswertige
Leistung als Antonio" an dem betreffenden Abend vorgeworfen, sondern es
wird behauptet, er sei überhaupt eine Null. Allein dieses Werturteil
das von den andern in den Akten liegenden Kritiken bedeutend abweicht
betrifft ebenfalls einzig und allein die künstlerische Qualifikation
seiner Leistungen als Schauspieler, es geht aber nach dem gesagten über
den Rahmen erlaubter Kritik ebenfalls nicht hinaus, auch wenn es ganz
unrichtig sein sollte. Gleich verhält es sich mit dem Vorwurf, sein
Können habe den Kläger verlassen. Dagegen steht es etwas zweifelhaften
mit der weitern Bemerkung,IV. Obligaiionenrecht. N° 32. 239

(auch) sein Wollen habe ihn verlassen; denn hierin liegt der Vorwurf der
Pflichtvernachlässigung Allein auch hier liegt im Grunde auch nur ein
nicht kontrollierbares Werturteil über die künstlerischen Fähigkeiten
des Klägers vor, indem von ihm behauptet wird, diese hätten ihm, wenn
er gewollt hätte, eine bessere Leistung ermöglicht; und wenn der Kläger
den Vorwurf als unberechtigt hinstellen will, so kann er es nur indem er
dieses Urteil als nnrichtig erklärt. Da aber jene Ansicht des Beklagten
sich einer Überprüsung durch das Gericht entzieht, so kann es auch
nicht wohl die Behauptung, der Kläger habe es am Wollen fehlen lassen,
als unberechtigt erklären. Aber auch wenn hierin (im Anschluss an die
Vorinstaan nicht eine Kritik der künstlerischen Fähigkeiten des Klägers
als Schauspielers gefunden werden wollte, so könnte diese Kritik an Hand
der Ergebnisse der Beweisführung nicht als widerrechtlich bezeichnet
werden Denn in dieser Richtung ist folgendes zu bemerken: Dem Kläger
war eine wichtige Rolle in dem vom Beklagten oerfassten Bühnenstüeke
Sühne zugeteilt gewesen, das am 8. März 1906 als Première im Ziircher
Stadttheater ausgeführt wurde. Bei dieser Ausführung nun hatte der Kläger
seine Rolle schlecht memoriert und nach Aussage von Direktor Reucker war
anzunehmen, dass es ihm hiebei am guten Willen gefehlt babe, zumal der
Mangel an gutem Willen, wie dieser Zeuge ebenfalls bestätigt hat, schon
bei den Proben zu Tage getreten war. Auf Grund dieser Vorgänge durfte
sich, wie die Vorinstanz mit Recht annimmt, beim Beklagteu die Überzeugung
bilden, der Kläger lasse es am guten Willen fehlen, und der bezügliche
Vorwurf scheint daher jedenfalls subjektiv nicht als widerrechtlich.

5. Es kann sich daher, da objektiv und für sich betrachtet die eingeklagte
Kritik nicht als Überschreitung der Grenzen der Kunstkritik erscheint,
nur noch fragen, ob nicht nach den besondern Umständen, unter denen die
Kritik zustandegekommen ist, in ihr eine unerlaubte Handlung deshalb
erblickt werden müsse, weil sie lediglich als Deckmantel für den Ausdruck
persönlicher Rachegefühle des Beklagten gedient babe. Nach dieser Richtung
hat der Kläger geltend gemacht, es sei zwischen ihm und dem Beklagten
anläszlich der Proben zur Sühne zu einem a Rencontre gekommen und

240 Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz.

der Beklagte habe ihm überhaupt wegen dieses Rencontre eine Ranküne
bewahrt. Der Nachweis für diese zum Klagesundament gehörende Darstellung
wie überhaupt für die Behauptung, der Veklagte habe aus verwerslicher,
gehässiger Gesinnung gehandelt, liegt, da sich aus dem Wortlaut der
Kritik diese Absicht nicht ohne weiteres ergibt, dem Kläger ob. Nun
ist schon durch die Akten erwiesen, wie auch vom Beklagten zugegeben,
dass bei den Proben zur Sühne Reibereien zwischen dem Beklagten und dem
Kläger stattgefunden haben. Eine weitere Beweisabnahme über die nähere
Art und Weise dieses (( Rencontre erscheint als durchaus überflüssig
Denn selbst wenn sich die Darstellung des Klägers als richtig erweisen
würde, so könnte doch daraus nicht der Schluss auf eine verwerfliche
Handlungsweise des Beklagten, wie sie eingangs dieser Erwägung definiert
ist, gezogen werden. Wie die Vorinsianz richtig ausführt, spricht die
Vermutung eher dafür, dass der Beklagte, als Kritiker einer Tageszeitung,
sich nur von seinem verletzten ästhetischen Empfinden habe zu einem
scharfen Urteile bewegen lassen. Der fragliche Vorfall genügt nun nicht
zur Erschütterung dieser Präsumtion und zu dem wohl überhaupt schwer zu
erbringenden Nachweise des Handelns aus gemeiner, verwerflicher Gesinnung
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und somit das Urteil der
I. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 14. Dezember
1906 in allen Teilen bestätigt.IV. Obligationenrecht. N° 33. 24].

38. Eli-teil vom 26. April 1907 in Sachen Brauerei @rffliou, ge,-®.,
Bett u. Ver.-KL, gegen Port & Herrmann, KI. u. Ver-Bett

Distanzkauf (von Malz} auf Abruf. Schadenersatzksage des Verkäufers
wegen Rficktrittes des Käufers. Mass des Schadens; hemkreter und
abstrakte?" Schaden.. Beweisèast.

A. Durch Urteil vom 19. Dezember 1908 hat das Handelsgericht des Kantons
Zürich erkannt:

Die Bei-tagte ist schuldig, an die Klägerin 4500 Fr. nebst Zins zu 5
o/0 seit 5. Dezember 1905 zu bezahlen.

B. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig und formrichtig die
Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag auf Abweisung
der Klage, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Abnahme
des Beweises über folgende Behauptungen der Bellagten:

1. dass bei sofortigem Verkaufe des Malzes derselbe Preis, der zwischen
den Parteien vereinbart war, hätte erzielt werden können, da von Anfangs
März bis Ende September 1905 Malz der an die Beklagte verkauften Qualität
(prima Hanna Malz) sehr gesucht und zum fraglichen Preise leicht
abzusetzen gewesen sei (Beweismittel : Expertise) ;

2. dass die Klägerin in der Zeit von Anfangs März bis Ende September
1905 noch weitere Malzverkäufe über mehr als 18 Wagen abgeschlossen und
effektuiert habe ausser denjenigen nach Basel und Olmütz, die sie für
ihre Schadensberechnung aussührie und dabei einen Preis von mindestens 34
Fr. 75 Ets. per 100 Kilo erzielte (Beweismittel: Verkaufsund Fakturabücher
der Klägerin aus der fraglichen Zeit);

3. dass das von der Klägerin nach Basel und Olmütz verkaufte Malz
nicht das angeblich für die Beklagte reserviert gewesene und überhaupt
kein solches der an die Beklagte verkauften Qualität gewesen sei
(Beweismittel: Akt. 31 und 36, Expertise, Zeugen: der Geschäftsführer
der Brauerei Löwenbriiu in Basel und der Brauerei der brauberechtigten
Bürgerschaft Olmütz).
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 33 II 234
Datum : 14. Januar 1907
Publiziert : 31. Dezember 1908
Quelle : Bundesgericht
Status : 33 II 234
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 284 Entscheidungen des Bundesgerichts_ als oberster Zivilgerichtsinstanz. Par ces


Gesetzesregister
OR: 50 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • frage • bundesgericht • wille • werturteil • vorinstanz • schauspieler • richtigkeit • unerlaubte handlung • zins • beweismittel • brauerei • zeuge • kaufmann • erste instanz • weiler • ehre • schaden • entscheid • richterliche behörde
... Alle anzeigen