780 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. II. Abschnitt. Bundesgesetze.
VI. Erwerb und. Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes.
Acquisition et exploitation de chemins de fer pour le compte cle 1a
Confédération.
126. glitt-etc vom 24. Oktober 1907 in Sachen Hinweizerisctje Bunde-bahnen
gegen Hanlon Dazu-m
Steuerfreiheiî der Bundesbahnen, ATI. 19
Riécîskaufsgesetz. Die-BahnwärterWohnhäuser sind? steuerfrei.
Das Bundesgericht hat da sich ergeben:
A. Im Februar 1907 schätzte der Gemeinderat von Gisikon ein auf dem
Gebiete der Gemeinde neu erbautes Wärme-Wohnhaus der Schweizerischen
Bundesbahnen für Steuerzwecke mit 6000 Fr. (entsprechend einem
steuerpflichtigen Kapital von 1200 Fr.) ein. Hiegegen beschwerten sich
die Bundesbahnen (Kreisdirektion III) beim Regierungsrat des Kantons
Luzern unter Berufung auf ihre Steuersreiheit gemäss Art. 10 des BG
betr. die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des
Bundes 2c., vom 15. Oktober 1897. Durch Entscheid vom 13. März 1907
wies der Regierungsrat die Beschwerde ab, mit der Begründung: Nach
der angerufenen Gesetzesbefiimmung seien nur diejenigen Immobilien
der Bandes-bahnen steuerfrei, welche eine notwendige Beziehung zum
Bahnbetriebe hätten. Diese Voraussetzung aber sei hier nicht gegeben. Der
Bahnwärter könne ebensowohl ein anderes, als das für ihn erstellte neue
Wohnhaus der Bandes-bahnen bewohnen. Tatsächlich hätten zahlreiche
Bahnwärter der Bundesbahnen keine Dienstwohnhäuser zur Verfügung,
sondern seien in Häusern eingemietet, die nicht den Bundesbahnen
gehörten. Die Erstellung eigener Bahnwärterhäuser möge ja für die
Bundesbahnen verschiedene Vorteile bieten, allein eine betriebstechnische
Notwendigkeit sei dieselbe nicht.
B. Gegen diesen Entscheid haben die Schweizerischen Bundes-Vi. Erwerb
u. Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes. N° 126. 781
bahnen den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht ergriffen und
unter Hinweis aus die Kompetenzbestimmung des Art. 179 OG beantragt,
das Bundesgericht wolle erkennen, dass sie nicht pflichtig seien,
das streitige Wärterwohnhaus zu versteuern Sie machen wesentlich
geltend, die Wärterwohnhäuser ständen, entgegen der Auffassung des
Regierungsrates, mit dem Bahnbetriebe in notwendiger Beziehung Denn der
Bahnwärter müsse, um seiner Aufgabe, die ihm zugeteilte Bahnstrecke zu
überwachen, vollständig genügen zu können, in unmittelbarer Nähe der
Bahn wohnen. Allerdings habe ins Kreis III zur Zeit noch eine grössere
Zahl von Bahnund Varrierenwärtern keine Dienftwohnungen, doch sehe sich
die Bahnverwaltung im Interesse des Bahnaufsichtsdienstes genötigt, noch
zahlreiche weitere Wärterwohnhäuser zu er- stellen. Dieselben seien als
Bestandteil der notwendigen Bahnanlagen zu betrachten. Sie bedürften denn
auch als eigentliche Eisenbahnbauten der Genehmigung des eidgenössischen
Eisenbahndepartetnents, welche insbesondere vorliegend mit Wissen der
beim Genehmigungsverfahren gemäss Art. 14 des Eisenbahngesetzes vom
23. Dezember 1872 beteiligten Luzerner Regierung nachgesncht und erteilt
worden fei. Ferner siehe nach der bundesrätlichen Praxis fest, dass die
Bahnverwaltung auch zum Zwecke der Erstellung von Wärterwohnhäusern
das Expropriationsrecht beanspruchen könne. Selbst wenn übrigens die
Erstellung von Wärmwohnhäusern bloss gewisse Vorteile für den Bahnbetrieb
böte, was auch der Regierungsrat annehme, so müsste ihre Steuerfreiheit
nach Massgabe des bundesgerichtlichen Entscheides in Sachen SBB gegen
Kt. Bern vom 18. Juli 1906 (AS 32 I S. 473) anerkannt werden
C. Der Regierungsrat des Kantons Luzern hat auf Abweisung des Rekurses
angetragen. Er hält an der Auffassung seines Gutscheides fest und bemerkt
zu deren Rechtfertigung noch, der streitige Anspruch der Bundesbahnen
stütze sich auf eine ausdehnende Interpretation ihres Steuerprivilegs, die
als solche umso weniger zulässig sei, als danach für kleinere Gemeinden,
zu denen gerade Gisikon zähle, ein relativ nicht unbeträchttiches
Steuerkapital verloren ginge; -
782 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. II. Abschnitt. Bundesgesetze.
in Erwägung:
1. Das Bundesgericht ist zur Beurteilung des vorliegenden Steuerstreites
zufolge der feststehenden rechtlichen Jdentität der Schweizerischen
Bundesbahnen mit dem Bande (vergl. AS 29 I Nr. 41 Erw. 1 S. 193) gemäss
Art. 179 OG kompetent.
2. Nach Art. 10 Abs. 1 und 2 des kurz sogenannten Rückkaufsgesetzes vom
15. Oktober 1897 geniessen die Schweizerischen Bundesbahnen Steuerfreiheit
für diejenigen Immobilien, welcheeine notwendige Beziehung zum Bahnbetrieb
haben. Nun hat das Bundesgericht bereits in seinem Entscheide in Sachen
Schweizerische Bundesbahnen gegen Kanton Bern vom 18. Juli 1906, auf den
die Bundesbahnen vorliegend zutreffend verweisen, festgestellt, dass
diese notwendige Beziehung zum Bahnbetriebe als gegeben anzusehen sei
nicht nur, wenn eine Anlage unmittelbar technisch dem Betriebe diene,
sondern auch schon bei anderweitigem, bloss indirektem Zusammenhange
einer solchen mit dem Betriebe, sofern die Anlage nur dem Betriebe
günstige Voraussetzungen, Garantien für seine Regelmässigkeit und
Sicherheit zu schaffen bestimmt sei. Und an dieser Auffassung ist
unbedenklich festzuhalten; sie gibt der fraglichen Gesetzesbestimmung
keineswegs eine durch den Wortlaut nicht gerechtfertigte Ausdehnung,
können doch gewiss alle diejenigen Einrichtungen, welche überhaupt zur
Sicherung des ordentlichen Gangs des Bahnbetriebes dienen, ungezwungen
als für den Betrieb notwendig bezeichnet werden. Danach aber gehören die
von der Bahnverwaltung erstellten Weinerwohnhäuser unzweifelhaft zu den
steuerfreien Bahn-Immobilien Denn ihre Anlage dient unbestrittenermassen
dem Zwecke, die zuverlässige Durchführung des für den Bahnbetrieb
wesentlichen Aussichtsdienstes über den Bahnkörper zu sichern. Der
Umstand, dass besondere Wärterwohnhäuser nicht überall bestehen, schliesst
diese Bedeutung der tatsächlich erstellten Wärterwohnhäuser keineswegs
aus. Vielmehr muss nach jener Zweckbestimmung derselben ans der Tatsache
ihrer Erstellung ohne weiteres auf ihre Notwendigkeit für den Bahnbetrieb
im angegebenen Sinne geschlossen werden, da hierüber im einzelnen Falle
natürlich die sachverständigen Organe der Bahnverwaltung zu entscheiden
haben. Ebenso ist demnach auch die Berufung des Regierung-states in
seinerVl. Erwerb u· Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes. N°
126, 783
Vernehmlassung auf das der Steuerfreiheit der Bundesbahnen
entgegenstehende Interesse der davon betroffenen Gemeinden rechtlich
durchaus belanglos; -
erkannt:
Der Rekurs wird gutgeheissen und danach die von der Gemeinde Gisikou
beanspruchte Besteuerung des daselbst neu erstellten Bahnwärter-Wohnhauses
der Schweizerischen Bundesbahnen als unzulässig erklärt.
127. zweit vom 27. Dezember 1907 in Sachen Hehweizerische Bunde-bahnen
gegen LHunnen Eiern-
Steueefresheit derBundesbahnen, Art. 10 Rùckkaufsgesetz. (Dienstwohnung
eines Depotchefs.)
Das Bundesgericht hat da sich ergibt:
A. Die Bundesbahnen wurden, zuletzt durch Entscheid der kantonalen
Finanzdirektion, verhalten, denjenigen Teil des auf dem Bahnhof
Delsberg gelegenen Gebäudes Sektion D Nr. 62 a, der als Dienstwohnung
des Depotchefs des Bahnhoses Delsberg dient, zum Schatzungswerte von
12,000 Fr. zu versteuern. Das fragliche Gebäude enthält ausser der
genannten Wohnung Bureau): und Diensträume des Fahrdienstes und ist im
übrigen unbestrittenermassen eine steuerfreie Liegenschast. Die Wohnung
ist dem Depotchef als Diensiwohnung angewiesen, d. h. dieser Beamte
ist dienstlich gehalten, diese Wohnung zu beziehen. Die vom Depot:
ches für die Benutzung der Wohnung an die Bahnverwaltung zu leistende
Entschädigung ist mit 400 Fr. in dessen Dienstgehalt eingerechnet.
B. Mit Rechtsschrift vom 26. Oktober 1907 hat die Kreisdirektion II
der Schweizerischen Bundesbahnen in Basel beim Bundesgericht gemäss
am. 179 des OG das Rechts-begehren gestellt: Es sei die Dienstwohnung
des Depotchefs in Delsberg, bezw. der diese Wohnung enthaltende Teil des
Gebäudes Sektion D Nr. 62a daselbst, im Sinne des am. 10 des Eisenbahn-