480 c. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

83. Entscher vom 18. Juni 1907 in Sachen Hürlimanm

Art. 56 Ziff. 4; 297 SchKG: Wirkungen des Rechtsstiliseîandes und der
N achlassäzmdung. Parteibegeke'en sind keine Betreibungshandlungen.

I. Josef Hess in Oberwil wurde von verschiedenen Gläubigern, unter
denen der Rekurrent Hürlimann sich befindet, Betrieben. Auf Begehren des
Gläubigers Ruft vollzog das Betreibungsamt Zug am 16. Februar 1907 die
Pfändung der sich in der Folge andere Gläubiger anschlossen, darunter
der Rekurrent durch Begehren vom 19. Februar. Am 13. März erwirkte der
Betriebene Nachlassstundung für die gesetzliche Dauer von zwei Monaten
(welche Stundung später um die gleiche Frist verlängert wurde). Am
29. März versandte das Amt die Pfändungsurkunden. Darin wird die
Teilnahmefrist für diebetreffende Gruppe (Nr. 80) als mit dem 18. März
abgelauer angegeben Am 1. April verfügte dagegen das Amt, dass diese
Teilnahmefrist infolge Nachlassstundung dahinsalle resp. erst in Frage
komme Austrags Erledigung derselben. Es ging dabei, auf die Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
und
297
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 297 - 1 Während der Stundung kann gegen den Schuldner eine Betreibung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Ausgenommen ist die Betreibung auf Pfandverwertung für grundpfandgesicherte Forderungen; die Verwertung des Grundpfandes bleibt dagegen ausgeschlossen.
1    Während der Stundung kann gegen den Schuldner eine Betreibung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Ausgenommen ist die Betreibung auf Pfandverwertung für grundpfandgesicherte Forderungen; die Verwertung des Grundpfandes bleibt dagegen ausgeschlossen.
2    Für gepfändete Vermögensstücke gilt Artikel 199 Absatz 2 sinngemäss.
3    Für Nachlassforderungen sind der Arrest und andere Sicherungsmassnahmen ausgeschlossen.
4    Wurde vor der Bewilligung der Nachlassstundung die Abtretung einer künftigen Forderung vereinbart, entfaltet diese Abtretung keine Wirkung, wenn die Forderung erst nach der Bewilligung der Nachlassstundung entsteht.
5    Mit Ausnahme dringlicher Fälle werden Zivilprozesse und Verwaltungsverfahren über Nachlassforderungen sistiert.
6    Verjährungs- und Verwirkungsfristen stehen still.
7    Mit der Bewilligung der Stundung hört gegenüber dem Schuldner der Zinsenlauf für alle nicht pfandgesicherten Forderungen auf, sofern der Nachlassvertrag nichts anderes bestimmt.
8    Für die Verrechnung gelten die Artikel 213 und 214. An die Stelle der Konkurseröffnung tritt die Bewilligung der Stundung.
9    Artikel 211 Absatz 1 gilt sinngemäss, sofern und sobald der Sachwalter der Vertragspartei die Umwandlung der Forderung mitteilt.
SchKG sich stützend, von der Auffassung aus, dass die Teilnahmefrist
durch den Eintritt der Nachlassstundung unterbrochen werde und erst nach
Ablauf der letztern ihren Abschluss erreiche.

Der Rekurrent führte nunmehr Beschwerde in dem Sinne, dass an
der fraglichen Frist festzuhalten und diejenigen Gläubiger von der
Pfändungsgruppe Nr. 80 auszuschliessen seien, die ihr Anschlussbegehren
erst nach deren Ablauf gestellt hätten. Er vertrat die Ansicht, dass
die Nachlassstundung den Ablauf der Teilnahmefrist nicht beeinflusse.

II. Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 22.,-"24. Mai
1907 ab, indem sie der Rechtsaufsassung des Amtes beipflichtete.

Ihren Entscheid hat der Gläubiger Hürlimann rechtzeitig an das
Bundesgericht weiter-gezogen mit dem Antrage, zu erkennen, dass die
Teilnahmefrist für die Gruppe Nr. 80 mit dem 18. März abgelaufen sei.

und Konkurskammer. N° 83. 481

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung-

1. In Art. 56 Ziff. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
SchKG wird die Nachlassstundung dem Rechtsstillstand
gleichgestellt und die rechtliche Bedeutung beider dahin bestimmt,
dass während ihrer Dauer keine Betreibungshandlungen vorgenommen
werden dürfen. Zu den Betreibungshandlungen in diesem Sinne gehören
aber nach geltender Praxis nicht die Parteibegehren und im besondern
nicht das Begehren um Pfändungsanschluss (vergl. AS Sep.-Ausg. il
Nr. 49"). Danach hat also im gegebenen Falle die Stundungsbewilligung
vom 13. März 1907 kein Hindernis für die Stellung von Anschlussbegehren
gebildet und musste ein betreibender Gläubiger-, der Anschluss an die
Pfändung vom 16. Februar 1907 erlangen wollte, sein Begehren innert der
dreissigtägigen Teilnahmefrist einreichen, die, ohne durch die Stundung
beeinflusst zu werden, von der Pfäudung an lief. Daran ändert nichts,
dass das Amt infolge des Verbotes, Betreibungshandlungen vorzunehmen,
erst nach einem Wegfall der Stundung den anbegehrten Anschluss erteilen
und die allfällig notwendige Pfäudungsergänzung vornehmen kann-

2. Nun enthält freilich das Gesetz in Art. 297 für die Nachlassstundung
und hinsichtlich ihrer vollstreckungshemmenden Wirkung noch die
Sonderbestimmung: während der Stundung könne gegen den Schuldner eine
Betreibung weder angehoben noch fortgesetzt werden und sei der Lauf
jeder Verjährungsund Verwirkungsfrist, die durch Betreibung unterbrochen
werden könne, gehemmt. Damit will es aber nicht die bereits in Art. 56
vorgesehenen Wirkungen der Stundung noch erweitern, zum mindesten nicht
auf was es hier ankommt nach der Richtung, dass die Stundung nicht nur
Betreibungshandlungen (vom Betretbungsamte aus-gehende Vorkehren),
sondern auch Parteibegehren im Betreibungsprozesse als unzulässig
ausschliessen würde. Wollte dies das Gesetz, so würde sich zunächst
in Art. 56 ein Vorbehalt oder Hinweis in solchem Sinne finden, der auf
diese besondere Wirkung der Nachlassstundung, die den an gleicher Stelle
geordneten Instituten des Rechtsstillstandes und der Betreibungsferien

* Ges.-Ausg. 27 I Nr. {108 S. 578 H". (Anm. d. Red. f. Publ.)

482 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

abgeht, aufmerksam machte. Sodann besteht auch kein genügender innerer
Grund, der eine derartige ausnahmsweise Behandlung der Nachlassstundung zu
rechtfertigen vermöchte Was aber den Wortlaut des Art. 297 anbetrifft,
so lässt sich ungezwungen der Ausdruck eine Betreibung anheben oder
fortsetzen- (exercer une poursuite ) als gleichbedeutend ausfassen mit
dem in Art. 56 gebrauchten Ausdruck Betreibnugshandlnngen vornehmen
( procéder a un act-e de poursuite ), so dass dann auch Art. 297 sich
nicht auf Parteibegehren bezieht. Jst dem aber so, so fällt Art. 297
hier auch insofern ausser Betracht, als er erklärt, dass während der
Stundung der Lauf jeder Verjährungsund Verwirkungssrist, welche durch
Betreibnng unterbrochen werden kann, gehemmt sei. Denn diese Hemmung
des Fristenlaufes tritt nur deshalb und soweit ein, als die Stundnng es
verunmöglicht, den Fristenlaus durch Betreibungsmassnahmen zu unterbrechen
und so den nachteiligen Folgen des Fristenabtaufes vorzubeugen. Bei der
Teilnahmesrist des Art. 110 schafft aber die Stundungsbewilligung nach
dem gesagten keine solche Unmöglichkeit: jeder Gläubiger kann sein Recht
auf Anschluss durch rechtzeitiges Anschlussbegehren wahren. Ob diese
Frist noch aus andern Gründen nicht zu den in Art. 297 vorgesehenen sich
zählen lasse, kann unerörtert bleiben.

3. Gemäss diesen Ausführungen ist die betreibungsamtliche Verfügung
vom 1. April 1907 gesetzwidrig, laut der die Frist zur Teilnahme an der
Psändung vom 16. Februar 1907 als wegen der Nachlassstundung dahingesallen
oder in ihrem Laufe gehemmt erklärt wurde. Der gegen sie gerichtete Rekurs
muss deshalb unter Aufhebung des Vorentscheides gutgeheissen werden.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird begründet erklärt und damit der Borentscheid

und die betreibungsamtliche Verfügung vom 1. April 1907 ausgehoben.

und Konkurskammer. N° Si. 483

84. Arrèt du25 juin 1907, dans la, cause Servet.

Qualité du failli pour reoourir contre les décisions relatives à la
liquidation de ses biens.

A. La deuxieme assemblée des créanciers de la. faillite si de E. Servet a
décidé, en date du 29 avril 1907, à la majorité des voix, la suspension
de la procédure de réalisation pendant une durée de trois mois, une
troisième assemblée de créanciers devant avoir lieu au bout de ce temps.

B. La Banque de Genève a recouru, en sa qualité de créancière
hypothécaire, contre cette decision. V. L. Duchosal, agissant au nom de
12 créanciers, et Gaudolphe, créaneier de 17787 francs, se sont joints
au recours. Colui-ci a été admis par l'autorité cantonale de surveillance
qui a annulé la décision de la seconde assemblée des créanciers.

G. C'est contre cette décision de l'autorité cantonale de surveillance
que E. Servet a, en temps utile, recouru auprès du Tribunal fédéral. La
Banque de Genève et Gandolphe ont conclu à ce que le reconrs soit déclaré
irrecevable et, en tous cas, mal fonde.

Statua-nt sur ces faits et considémnt en droit :

La première question à examiner est celle de savoir si le failli a qualité
pour recourir contre les décisions relatives à la liquidation de ses
biens. Quoique aucune disposition de la. LP ne lui accordo expressément
un droit de recours, il convient de tenir compte de son intérèt à ce que
le produit de la réalisation de l'actif soit aussi élevé que possible et
il y a lieu dès lors de lui reconnaître, chaque fois que cet intérèt est
en jeu, le droit d'exiger que la liquidation seit opérée dans les formes
légales et par conséquent le droit de recourir contre toute décision
impliquant une violation de la procédure de réalisation instituée par
la LP (voir sur cette question arrét de la Chambre des Poursuîtes et
des Faillites du 31 janvier 1902, affaire Kuflin Hohler: Archives 7 N° 30,
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 33 I 480
Datum : 18. Juni 1907
Publiziert : 31. Dezember 1908
Quelle : Bundesgericht
Status : 33 I 480
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 480 c. Entscheidungen der Schuldbetreibungs- 83. Entscher vom 18. Juni 1907 in Sachen


Gesetzesregister
SchKG: 56 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
63 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
297
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 297 - 1 Während der Stundung kann gegen den Schuldner eine Betreibung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Ausgenommen ist die Betreibung auf Pfandverwertung für grundpfandgesicherte Forderungen; die Verwertung des Grundpfandes bleibt dagegen ausgeschlossen.
1    Während der Stundung kann gegen den Schuldner eine Betreibung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Ausgenommen ist die Betreibung auf Pfandverwertung für grundpfandgesicherte Forderungen; die Verwertung des Grundpfandes bleibt dagegen ausgeschlossen.
2    Für gepfändete Vermögensstücke gilt Artikel 199 Absatz 2 sinngemäss.
3    Für Nachlassforderungen sind der Arrest und andere Sicherungsmassnahmen ausgeschlossen.
4    Wurde vor der Bewilligung der Nachlassstundung die Abtretung einer künftigen Forderung vereinbart, entfaltet diese Abtretung keine Wirkung, wenn die Forderung erst nach der Bewilligung der Nachlassstundung entsteht.
5    Mit Ausnahme dringlicher Fälle werden Zivilprozesse und Verwaltungsverfahren über Nachlassforderungen sistiert.
6    Verjährungs- und Verwirkungsfristen stehen still.
7    Mit der Bewilligung der Stundung hört gegenüber dem Schuldner der Zinsenlauf für alle nicht pfandgesicherten Forderungen auf, sofern der Nachlassvertrag nichts anderes bestimmt.
8    Für die Verrechnung gelten die Artikel 213 und 214. An die Stelle der Konkurseröffnung tritt die Bewilligung der Stundung.
9    Artikel 211 Absatz 1 gilt sinngemäss, sofern und sobald der Sachwalter der Vertragspartei die Umwandlung der Forderung mitteilt.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
nachlassstundung • betreibungshandlung • frist • betreibungsamt • biene • dauer • stelle • wirkung • rechtsbegehren • entscheid • beendigung • minderheit • frage • monat • archiv • hindernis • wille • maler • bundesgericht • schuldner
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