280 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

nach Art. 50 Fahrlässigkeit genügt, um zum Schadenersatz zu verpflichten,
so schliesst das nicht aus, dass der Anspruch ein Deliktsanspruch sei. Zu
diesen Erwägungen über die rechtliche Natur des Anspruches gesellt sich
die weitere über das Solidarverhältnis, die schon Von der Vorinstanz
eingehend gewürdigt worden ist Es sei dem von der Vorinsianz ausgeführten
nur beigefügt, dass auch das französische Gesetz über die Gesellschaften
vom 24. Juli 1867, das dem Aktienrecht des Obligationenrechts ebenso
sehr zum Vorbild diente, wie die deutsche Aktiennovelle, in Art. 42 die
solidarische Haftbarkeit der Gründer vorsieht. Einzig diese entspricht
denn auch der Natur dieser Haftung, da eine Teilung der einheitlichen Tat
der mehreren Täter nicht wohl denkbar ist Aus dem Stillschweigen bezüglich
der Solidarität in Art. 671 entgegen Art. 673 und 674, ist daher mit
der Vorinstanz darauf zu schliessen, dass das Gesetz ohne weiteres auf
Art. 671 Art. 60 angewendet wissen will, und das erklärt sich wiederum
nur daraus, dass es die Haftung aus Art. 671 als Haftung aus unerlaubter
Handlung betrachtet. Aus Art. 675 endlich lässt sich nicht etwa sein
Argument gegen die Delikts-natur des fraglichen Anspruches berleiten
Die dort normierte ausdrückliche Zustimmung des geschädigten Aktionärs
zum Dechargebeschluss der Aktiengesellschaft ist nichts anderes als
ein Fall von ausdrücklichem Verzicht auf den Schadenersatzanspruch;
es wird damit nur der Anspruch des Aktionärs abhängig gemacht von der
Forteristenz des Anspruchs der Gesellschaft, der ja auch der Schaden
primär ensianden ist. Das schliesst aber die Deliktsnatur des Anspruchs
nicht aus, da ja auch der Anspruch der Gesellschaft gegen den gründer
delikiischen Charakter hat. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Die Berufung der Kläger wird als unbegründet abgewiesen-

und es ist damit das Urteil der ersten Appellationskammer des Obergerichts
des Kantons Zürich vom 16. Dezember 1905 in

allen Teilen bestätigt.

III. Obligationeurecht. N° 39. 281

39. SWM vom 5. Luni 1906 in Sachen solcher-gez Bekl. u. Ber.-Kl., gegen
Basses-gen KL u. Ver-Bekl.

Form der Berufung: Angabe, inwieweit das Urteil angefoclzte-n wird
Art. 67 Abs. 2 GG. _ Zulässigkeit: Anwendbarkeit eidgenössischeel
Rechts. Bedentung des Handeèsgebraucies gegenüber dem OR. Kauf -'
AAbîchIUSSP Spezialvollmacàt dazu. Genehmigung, Art. 47 ORss'

r . 1 god. ,

A. Durch Urteil vom 25. Januar 1906 hat das Handelsgericht des Kantons
Aargau über die Rechtsbegehren

der Klage: Es sei der Beklagte schuldig und zu verurteilen, seine
Bestellung an den Kläger vom 5. Mai 1905 zu halten und demgemäss sei er
pflichtig, die Sendung vom 11. Aussgnst gemäss den daherigen Fakturen
aus dem Lagerhaus in Zofingen in Empfang zu nehmen und den daherigen
Betrag mit 1430 Fr. 30 Cis eventuell d. h. bei Rückgabe des Fasses sKO
Nr. 3951 mit 1415 Fr. 40 Cis. auf 15. November 1905 samt Zins à 5°0 seit
dort mit Zung der Lagerspesen an bezahIEU;

der Antwort: Die Klage sei abzuweisen-U

erkannt:

Der Beklagte wird schuldig erklärt, seine Bestellung an den Kläger vom
5. Mai 1905 folgenden Inhalts: Zirka 2000 Liter Cognac Teilliard 48/70
è. 115 Fr. die 100 Liter, franco Bahnhof Zofingen in rundem Fass von 60 65
Liter inbegriffen, zahlbar in 90 Tagen netto und lieferbar bis 6. Mai 1906
auf successiven Abruf; die erste Lieferung oon 12 Fass von 60 65 Lite:
und ein Fass von 300 350 Liter Cognac courant 420 :Il. 100 Fr. die 100
Liter ohne Fass, ab Genf lieferbar in der Zeit vom 10 bis 15. August
1905" zu halten und demgemäss die Sendung vom 11. August gemäss den
daherigen Fakturen in Klagbeilagen 3 Und 4 aus dem Lagerhaus in Zofingen
in Empfang zu nehmen und den bezüglichen Betrag von 1430 Fr. 30 CW.,
eventuell d. l). bei Rückgabe des Fasses SK C Nr. 3951 mit 1415 Fr.

AS 32 u uzos s19

282 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinsianz.

40 Cts. auf 15. November 1905 samt Zins à 50/5, seit dort mit Zung der
Lagerspesen zu bezahlen.

B. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig Und formrichtig die
Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag aus Abweisung
der Klage.

G. Der Kläger und Berufungsbeklagte hat in seiner Antwort beantragt:
Es sei auf die gegnerische Berufung nicht einzutreten, eventuell sei
dieselbe abzuweisen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Dem Prozesse liegt im wesentlichen folgender Tatbestand zu Grunde-:

Der Kläger offerierte dem Beklagten am 5. April 1905 schriftlich Cognae
und erneuerte diese Offerte mit Brief vom 1. Mai, indem er dem Beklagten
schrieb: wie ihm sein Reisender, der den Beklagten inzwischen besucht
habe, mitteile, wünsche der Beklagte folgende Muster zu erhalten:

I. Cognac bon courant 46/70 à 145 Fr. per 100 Liter,

II. Cognac Teilliard ALTZSO à 150 Fr. per 100 Liter, bei einem Bezuge
je nach Bedarf von 2000 3000 Liter ber Jahr; die zwei Muster werde der
Beklagte mit gleicher Post erhalten, und es würde den Kläger freuen,
wenn der Beklagte seinen Bedarf bei ihm decken molle. Am 5. Mai besuchte
der Reisende des Klägers den Beklagten und traf denselben persönlich,
sowie seine beiden Söhne, deren einer, Ernst Sollberger, im Bureau
Korrespondenz und Buchhaltung und deren anderer, Robert Sollberger, die
Reisen und den Keller besorgt. Nach Beginn der Verhandlungen über die zu
machende Bestellung ging der Beklagte hinaus und die Söhne bestellten dann
allein zirka 2000 Liter Cognac Teilliard 46/70 zu 145 Fr. per 100 Liter.

Tags daran schrieb der Kläger dem Beklagten, er bestätige ihm der Ordnung
halber den ihm durch den Reisenden übermittelten Auftrag von zirka 2000
Liter Cognac Teilliard 46/70 à 145 Fr. die 100 Liter sraneo Bahnhos
Zosingen, in rundem Fass von 60 65 Liter inbegriffen, zahlbar in 90 Tagen
netto und lieferbar von heute bis 6. Mai 1906 aus Ihre successiven Abrufe.

Er fügte bet, der Reisende teile ihm zugleich mit, dass der
Be-III. Obfigationenrecht. N° 39. 283

klagte die erste Lieferung von 12 Ea à 60 ' ' ' angegebenen Sorte, sowie
ausserdem gnssFass oonbäzofksthrssikg Cognac courant à 100 Fr. per 100
Liter ohne Fass ab Genf am 10/15. August- zu erhalten wünsche, und es
sei bei ih dargnsbestens dankend Notiz genommen-C m ie en Brief will der
Sohn Ernst Sollber er ' & ' genommen und ungelesen in ein Fach geworfen
ghabexjs Lebnkxxngt Jedoch von der Hand des Sohnes Sollberger den üblichen
Vesmerk aus dem Rücken: 1905 Genf 6. Mai Rössingeril fAm 11. August
sandte der Kläger Faktnra über '12 Fass netto 772 Liter Cognac Teilliard
à 145 Fr. die 100 Lssisster G htnde inbegriffen", . . . . . . . . Fr 1119
40 sowie über 296 Liter Cognac eourant à 100 oer dieioOLiierss .....
298 undiFassaöFerhM ... . ... ,ss,ss MD uammen r. 4 Am 12. August liess
der Beklagte setzt Kläger Fdwcîh Zginig SohnErnst schreiben: Mitsolgend
erhalten Sie Faktura über fraglichen Cognac retour, indem ich nichts von
einer Cognaebestellung weiss, und daher auch keinen annehmen merde. Dies
zur gefl. Notiz. sig. per ER. Sollberger-König: E. Sollberger Hieran
erfolgte die vorliegende, vorinstanzlich gutgeheissene Klage 2. Der
Berufungsbeklagte begründet seinen Nichteintretensschluss sowohl damit,
dass der Berufungskläger in seiner Berufung-serklarung nicht angegeben
babe, inwieweit er die Motive des handelsgerichtlichen Urteils anfechte,
was doch nach Art. 67 Abs. 2 OG notwendig sei, als auch damit, dass
die vorwürfige Rechtsfrage nicht gestützt auf das im Obligationenrecht
zu Grunde gelegte Handelsgesetz, sondern gestützt auf den unter unsern
Kaufleuten allgemein geltenden Handelsgebrauch entschieden worden set
und entschieden werden müsse. Demgegenüber genügt es, daran hinzuweisen,
dass Art. 67 Abs. 2 OG sich selbstverstandltch tnnr auf das Dispositiv
und nicht auch aus die Motive des angefochtenen Urteils bezieht, sowie
dass der Handelsgebrauch,

' soweit das Gesetz nicht besonders aus denselben verweist, höch-

stens als der im IZweifel anzunehmende Parteiwille nici _ . , )t dage
en als selbstandtge Rechtsquelle ausserhalb des Gesetzes in Betrcscht

284 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

kommt; soweit aber das Gesetz auf den Handelsgebrauch verweist, bedeutet
die Verletzung desselben zugleich eine Verletzung des Gesetzes

3. In der Sache selbst ist der Vorinftanz ans den von ihr angegebenen
Gründen sowohl darin beizustimmen, dass die Söhne des Beklagten am
5. Mai 1905 dem Reisenden des Klägers die streitige Bestellung aufgegeben
haben, als auch darin, dass dieselben von ihrem Vater nicht generell zu
Bestellungen dieser Art bevollmächtigt waren.

Was die von der Vorinstanz nicht erörterte Frage betrifft, ob der
Beklagte feine Söhne nicht speziell zum Abschluss des am ö. Mai 1905
vom Reifenden des Klägers proponierten Geschäftes bevollmächtigt habe,
so sprechen für Bejahung dieser Frage die folgenden Erwägungen Wie die
Söhne des Beklagten in ihrer mündlichen Einvernahme selber zugegeben
haben, war ihr Vater beim Beginn der Besprechnng mit dem Reisenden des
Klägers anwesend, und wie sich aus der vorhergehenden Korrespondenz Über
die Muster ergibt, hatte der Beklagte den Kläger zur Stellung einer
Osferte eingeladen, indem er ihm die von ihm gewünschte Ware und den
in Aussicht genommenen Preis genau fixierte. Der Beklagte wusste also,
dass bei der Unterredung mit dem Reisenden eine solche Bestellung, wie
er sie in seiner Einladung zur Offerte umschrieben hatte, oder doch eine
ähnliche Bestellung (tatsächlich scheint eine kleine Differenz zwischen
der am 5. Mai ausgegebenen Bestellung und der Offerte vom 1. Mai zn
bestehen) in Frage sei, und der Reifende des Klägers musste daraus, dass
der Beklagte, ohne die von ihm gewünschte Offerte abgelehnt zu haben,
während der Verhandlungen wegging, nachdem er noch sein Einverständnis mit
der Qualitat der Muster erklärt hatte, den Schluss ziehen, der Beklagte
habe damit seine Söhne stillschweigend bevollmächtigt, die Verhandlungen
zu Ende zu führen. Der Beklagte seinerseits musste sich dessen bewusst
sein, dass der Reisende unter diesen Umständen sein Einverständnis mit
dem Geschäfte annehmen werde.

4. Wollte aber auch aus obigem Verhalten des Beklagten der Schluss aus
die Erteilung einer Spezialvollmacht nicht oder doch nicht bezüglich
der ganz en Bestellung gezogen werden (die

III. Obligationenrecht. N° 89. 285

Söhne haben nämlich ausser den 2000 Liter à 145 Fr. noch 300 350 Liter
à 1 Fr. bestellt, von welch letzterer Sorte in der Korrespondenz nicht
die Rede gewesen war), so wäre die Klage dennoch gutzuheissen, und zwar
aus dem von der Vormstanz angeführten Grunde, dass der Beklagte die
von seinen Söhnen aufgegebene Bestellung nachträglich stillschweigend
genehmigt hat. Auch in dieser Beziehung sind die bereits namhaft gemachten
Momente Einladung zur Stellung einer sterte und anfängliche Gegenwart des
Beklagten bei den Unterhandlungen) von Wichtigkeit. Denn dadurch, dass er
seine Söhne widerspruchslos über eine von ihm selbst verlangte Offerte des
Klägers weiter verhandeln liess, hat er doch jedenfalls wesentlich dazu
beigetragen, im Vertreter des Klägers den Glauben an fein Einverständnis
zu erwecken Er war daher nach den Grundsätzen über Treu und Glauben im
Verkehr zum allermindesten verpflichtet, aus den Bestätigungsbrief des
Klägers vom 6. Mai zu antworten, wenn er mit der Bestellung trotz seinem
am ò. Mai beobachtete-n Verhalten nicht einverstanden war. Vergl. im
übrigen Js ah, Willenserklärung S. 23, sowie AS 30 II S. 301 f. Erw. 3.

5. Die Berufung des Beklagten auf Art. 47
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
OR, wonach Stillschweigen
auf die Aufforderung, sich über den Geschäftsabschluss eines
Unbevollmächtigten auszusprechen, als Nichtgeuehmigung gelte,
ist unstichhaltig. Denn die angeführte Gesetzesbestimmung betrifft
nur solche Fälle, wo gerade aus der Aufforderung zur Abgabe einer
Erklärung ersichtlich ist, dass der Gegenkontraheut nicht auf den blossen
Vertragsabschluss mit dem Vertreter hin seine Dispositionen treffen will,
so dass er also im Fall der Nichtbeantwortnng seiner Anfrage keine Gefahr
läuft, während in casa ein gewöhnliches Bestätigungsschreiben vorliegt,
aus welchem der Beklagte ersehen musste, dass der Kläger, ausser im Falle
ausdrücklicher Ablehnung seitens des Beklagten, den mit dessen Söhnen
abgeschlossenen Vertrag im Vertrauen auf die Vollmacht der Söhne erfüllen
werde. Abgesehen davon ist es auch sehr fraglich, ob Art. 47 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
OR
wirklich, wie der Beklagte annimmt, eine ausdrückliche Erklärung verlangt;
denn grundsätzlich (vergl. Art. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
OR) kann jede Willensäusserung sowohl
eine ausdrückliche als eine stillschweigende sein.

286 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

6. Steht somit fest, dass unter den obwaltenden Umständen das
Stillschweigen des Beklagten auf den Bestätigungsbrief des Klägers von
diesem im Sinne des Einverständnisses mit der streitigen Bestellung
aufgefasst werden musste, so bleibt nur noch zu Untersnchen, ob die
mangelnde Kenntnis des Beklagten von jenem Bestätigungsschreiben
der Relevanz seines Stillschweigens entgegenstehe. Da indessen
das mehrerwähnte Bestätigungsschreiben unbestrittenermassen an die
Adresse des Beklagten aufgegeben worden war, im Geschäftslokal desselben
eingetroffen ist und daselbst vom Sohn und Angestellten des Beklagten in
Empfang genommen wurde, so kann sich der Beklagte nicht darauf Berufen,
dass er den Inhalt desselben nicht gekannt habe. Denn es ist Sache
des Geschäftsinhabers, dafür zu sorgen, dass Geschäftsbriefe, die in
seinem Geschäftslokal abgegeben werden, zn seiner eigenen Kenntnis oder
doch zur Kenntnis einer Person gefangen, welche zu deren Offnung sowie
zu deren Beantwortung oder Nichtbeantwortung gehörig bevollmächtigt
ist. Im vorliegenden Falle ist unbestritten, dass der Sohn Ernst,
welcher den Bestätigungsbrief des Klägers in Empfang genommen, gelesen
und rubriziert hat, hier bevollmächtigt war. Wäre er es aber auch nicht
gewesen, so würde, wie bereits angedeutet, schon der Umstand genügen,
dass der betreffende Brief im Geschäftslokal des Beklagten abgegeben und
von einer der Post gegenüber zur Entgegennahme legitimierten Person in
Empfang genommen worden ist. Diese Empfangnahme ist dem Beklagten, wie
jede Empfangnahme, als Kenntnisnahme anzurechnen (vergl. Entsch. d. ROHG
23 Itc. 25 S. 75), und zwar kann er auch nicht etwa zum Gegenbeweis
zugelassen werden, dass er trotz dem Empfang des Briefes von diesem
keine Kenntnis erhalten habe, denn er muss sich sein Verhalten ja
nicht aus dein Grunde als Willensäusserung anrechnen lassen, weil
daraus auf seinen internen Willen geschlossen würde, sondern deshalb,
weil es darauf ankommt, was sich nach der Erfahrung des Verkehrs aus
seinem Verhalten als Willens äussern ng ergibt, m. a. W. aus was der
Gegenkontrahent vernünftigerweise bauen musste. Dass dies der Standpunkt
des schweizerischen Obligationenrechtes IÎI, ergibt sich deutlich aus
dessen Art. 1; eine Diskrepanz zwischen Wille und Willensäusserung wird
nur ausnahmsweise, so nament-.... Obligationenrecht. N° 40. 28?

lich im Falle des wesentlichen Jrrtums, und übrigens auch da nur unter
gewissen Kautelen (s. Art. 23
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 23 - Der Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.
OR) berücksichtigt. Ein solcher Ausnahmefall
liegt aber hier nicht vor. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Beklagten wird abgewiesen und das Urteil des
Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 25. Januar 1906 bestätigt

-40. Arrèt du 11 mai 1906, dans la cause Teutonia, def. et rec.,

contre Kaltenrîeder, dem. et int.

.Assurance-accident. Nation de l'accident. Rapport de

causalité entre l'aecident et la mort; fardeau de la preuve. La
probabililé Suffit pour établir le rapport de causalité. Constata-tion
de fait. Avis donné tardivement : l'assureur. Maladie consiclérée comme
cause concomitante de la mort. Préiendue négligence grave de l'aecusé.

A. Le 22 aoüi 1896 Gottlieb Kaltenrieder, agriculteur, alors à Chietres,
a concia un contrat d'assurance contre les accidents auprès de La
Teutonia, à Leipzig; cette société devaît, en cas de mort par accident,
payer à ses héritiers le. somme de 6000 francs.

B. Le 5 aoüt 1904 Gottlieb Kaltenrieder, qui avaittransporté son domicile
à Estavayer-le-Lac, était occupé à charger sur son char des sncs de
ciment; au cours de cette operation, il fut vie-time d'un accident
et mourut, le landemain 6 aoùt, vers la fin de i'aprés-midi. L'arrèt
dont est sirecours expose ainsi cet événement: Il n'est pas douteux
que lacause de 1a mort de Kaltenrieder provient du choc qu'il rennt en
chargeant les sacs de ciment, le 5 aoüt 1904. Il est établi, en effet,
qu'à un moment donné, occupé à porter des sacs de ciment de 50 kg., du
magasjn Gattoni à. son char, Kaltenrieder laissa échapper un sac qui lui
tomba. contre le ventre; que, immédiatement, il se plaignait de douleurs
au ventre, dut s'asseoir et cesser son travail; etqu'enfin ayant
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Dokument : 32 II 281
Datum : 05. Januar 1906
Publiziert : 31. Dezember 1907
Quelle : Bundesgericht
Status : 32 II 281
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 280 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz. nach


Gesetzesregister
OG: 67
OR: 1 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
23 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 23 - Der Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.
47
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
SR 813.0: 67
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • besteller • bundesgericht • empfang • wille • kenntnis • brief • verhalten • vorinstanz • bewilligung oder genehmigung • handelsgebrauch • tag • handelsgericht • frage • einladung • zins • beginn • vater • sorte • weiler
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