150 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

complète de la capacité civile. Or, en l'espèce, les régies judiciaires
organisées parla Justice de paix du cercle de Lausanne portent sur des
biens appartenent à des mineurs et pour le temps de leur minorité; elles
s'exercent par un autre que le tuteur ou l'administrateur legal de leurs
biens, mais néanmoins sous la surveillance de l'autorité tutélaire. Enfin,
la ratio legis justifie aussi l'interprétation ,large du mot tutelle
. Le législateur a aecordé des privilèges, d'une part aux petits et aux
faibles, d'autre part aux personnes qui, pour une raison ou une autre,
qu'elles le veuillent ou non, ne disposent pas de la libre administration
de leurs biens, laquelle est confiée à un tiers désigné par la loi on
conformément à la loi. Les demanderesses mineures, dont les biens ont été
places, par les personnes qui les leur out légués, sous la snrveillance
de l'autorité tutélaire, qui a son tour en 3. confié l'administration
à un régisseur, se trouvent dans ces conditions; elles sont, en fait,
dans la meme position que des mineures sous tutelle et doivent leur étre
assimîlées en tous points.

C'est donc à bon droit que le Tribunal cantonal vaudois, en faisaut
application en l'espèce de l'art. 219 al. 2 LP, a déclaré que les
demanderesses jouissaient, en principe, du privilege créé par cette
disposition pour les créances découlant de la régie judiciaire, contre
le régisseur.

4. Quant au fond mème de la question, savoir si la créance de 10 000
francs est due par la masse en faillite de feu le notaire Bugnon,
en vertu de la régie judiciaire, elle relève uniquement du droit
cantonal. En efiet, c'est d'après la législation cantonale qu'il
y a lieu de juger quels sont les devoirs du régisseur et quelle est
l'étendue de ses droits; quel nsage le régisseur devait faire des sommes
provenant des legs Larguier des Bancels et Le Blanc; comment les dossiers
devaient étre constitués et où ils devaient ètre déposés; si, en cas
de remboursement des titres, les deniers en provenant étaient soumis
à remploi, comment, sous quelle forme et dans quels délais; de quelle
maniere le régisseur devait établir et rendre les comptes et comment
devait inter-venirVl. Schuldhetreîbung und Konkurs. N° 22. 151,

la corroboration de l'autorité chargée de la police tutélaire; enfin,
s'il existe une prétention et si elle est prescrite. C'est, eu un mot,
d'après le droit cantonal, qu'il y a lieu de répondre à la question
de savoir si les dossiers des legs soumis à regie sont intacts; or,
le Tribunal cantonal vaudois, seul competent, a répondu afflrmativement
à cette question; ce prononcé est dès lors définitif, le droit federal
n'ayant pas été viole.

Par ces motifs, Le Tribunal fédéral pronouce : Le recours est écarté et
l'arrét du Tribunal cantonal vausidois, du 28 novembre 1905, confirmé
dans toute son sietendue.

23. guten vom 2. aus;-3 1906 in Sachen Baumann, Kl. n. Ver.-KL, gegen
Moot, Bekl. u. Ber.-Bekl.

Aberkennungsklage; Frist, Art. 83 Abs. 2 Sth G. Bei Zulässigkeit
einer Appellation grey. den Reshtsömtungsentseheid läuft dieFrz'st
von der Erò'ffnung des zweitinstanzlichen Entscheides an. Wirkungen
der Litispendenz ; kantonales Recht. Sckuldanerkennung; Beweislast bei
Bestreitusing.

A. Durch Urteil vom 14. September 1905 hat der Appellationsund
Kassationshof des Kanten-Z Bern über die Rechtsbegehren

1. Der Klage: Es sei die von Barb. Moor geb. Kehrli vorgenannt dem
Aberkennungskläger Samuel Baumann gegenüber durch Zahlungsbesehl vom
it./4. Mai 1903 geltend gemachte Forderung von 3000 Fr. nebst Zins à. 5
0/O seit 15. Februar 1900 plus 60 Fr. Rechtsöfsnungskosten gerichtlich
abzuerkennen.

2. Der Hauptverteidigung: Es sei auf die Aberkenuungsklage des Samuel
Baumann nicht einzutreten.

Eventuelî: Es sei der Aberkennungskläger Samuel Baumann mit seiner
Klage abzuweisen;

152 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

erkannt:

Die Beklagte ist mit ihrem Nichteintretensschlusse abgewiesen.

Der Kläger ist mit dem Rechts-begehren seiner Aberkennnngsklage
abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig und formrichtig
die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag: Es sei in
Abänderung des obergerichtlichen Urteils die von Barbara Moor geb. Kehrli
dem Aberkennungskläger, Samuel Baumann gegenüber durch Zahlungsbefehl
vom 1/4. Mai 1903geltend gemachte Forderung von 3000 Fr. nebst Zins à
5 0/0 seit 15. Februar 1900 gerichtlich abzuerkennen.

G. Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat beantragt: Es seiauf
die Aberkennungsklage des Baumann nicht einzutreten; eventuell: der
Aberkennungskläger Baumann sei mit seinen Abänderungsanträgen abzuweisen
und es sei das erstinstanzliche Urteil in allen Teilen zu bestätigen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Beklagte und Berufungsbeklagte ist im Besitze einerv vom Kläger
und Berufungskläger sowie Peter Moor, einein Sohne der Beklagten,
ausgestellten Schuldanerkennung und Verpflichtung- d. d. 10. Januar
1900, worin der Kläger und Peter Moor anerkennen, der Beklagten im
solidarischen Verhältnisse eine Summe von 3000 Fr. schuldig geworden zu
sein, und sich verpflichten, diese Summe vom 15. Februar 1900 hinweg zu
5 0/0 zu verzinsen und das Kapital selbst gestützt aus eine voran-gehende
sechsmonatliche Kündigung hin wieder abznzahlen.

Anfangs Oktober 1902 kündigte die Beklagte dem Kläger dasRapita! von
3000 Fr. nebst Zinsausstand auf sechs Monate auf. Anfangs Mai
1903 betrieb sie ihn für diesen Betrag, und am 7. August erwirkte
sie hiefür erstinstanzlich die provisorischeRechtsössnung Dieser
Rechtsöfsnungsentscheid wurde von derv zweiten Instanz durch Urteil
vom el., zugestellt am 12. September, bestätigt, worauf Baumann am
19. September die Aberkennungs-

klage mit dem sub A hievor wieder-gegebenen Rechtsbegehren

einleitete. Bezüglich des dem Schuldschein zu Grunde liegenden
Rechtsverhältnisses hatte der Kläger vor der kantonalen Instanz in-
VI. Schuldbetreibnng und Konkurs. N° 23. 153-

erster Linie behauptet, ein solches Rechtsverhältnis habe überhaupt
nicht bestanden, sondern der Schuldschein sei von ihm und Peter
Moor lediglich aus Gefälligkeit und einzig und allein zu dem Zwecke
ausgestellt worden um es der Beklagten zu ermöglichen, 3000 Fr. auf der
Ersparniskasse Oberhasli zu beziehen; durch die Schuldnnerkennung habe
nämlich der Schein erweckt werden sollen, die Beklagte beabsichtige,
das auf der Kasse zu beziehende Geld anderwärts zinstragend anzulegen,
während sie sich in Wirklichkeit in Bezug auf die Verwendung desselben
freie Hand habe bewahren wollen. Eventnell sei die Aushändigung der
Schuldanerkennung an die Beklagte nur unter der Bedingung erfolgt, dass
die Summe von 3000 Fr· darlehensweise an den Kläger ausbezahlt merde",
was nicht geschehen sei. Über diese Behauptungen hat der Kläger der
Beklagten den Eid zugeschoben.

Die Beklagtehat als Eidesdelatin erklärt, der Schuldschein sei allerdings
in erster Linie zu dem Zwecke ausgestellt worden, damit fie ihr Guthaben
von 3000 Fr. auf der Ersparniskasse erheben könne; das Geld habe sie aber
zu dem Zwecke erhoben, um es dem Kläger und Peter Moor zu leihen, und
es sei dasselbe denn auch wirklich von diesen beiden genommen worden. Im
weitern sagte sie aus: Als ich den Schuldschein in Händen hatte, ging ich
damit auf die Kasse und erhob dort mein Sparheftguthaben von 3000 Fr. Jch
und mein Sohn Alfred gingen damals zusammen auf die Kasse. Jch quittierte
für das Geld. Mein Sohn Alfred hat das Geld auf der Kasse behändigt und
trug es dann aus den Bahnhof, allwo Peter wartete und es in Empfang
nahm. Ich selbst ging nicht mit und war bei der Geldübernahme durch
Peter nicht anwesend. Dem Baumann übergab ich selbst kein Geld. Peter
sagte mir, das Geld sei für ihn und Baumann gemeinsam. Baumann habe ihm
seiner Zeit viel geholfen, und nun wolle er ihm auch helfen

2. In rechtlicher Beziehung ist vorab die Frage zu entscheiden, ob die
Aberkennungsklage dadurch ver-wirkt sei, dass sie nicht innert zehn Tagen
seit dem erstinstanzlichen Rechtsössnungsentscheid erhoben worden ist,
sondern erst innerhalb der zehn auf die Eröffnung des zweitinstanzlichen
Rechtsöffnungsentscheides folgenden Tage.

154 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

Diese Frage hängt eng zusammen mit der vom Bundesgerichte als
Oberaufsichtsbehörde über die Betreibungsund Kontrasämter in drei
neueren Entscheidungen (in Sachen Kaiser, AS 29 I S. 118*; in Sachen
Wien), Entscheid vom 19. März 1904; und in Sachen Jäggi & Cie.,
AS 31 I S. 215 f.**) beurteilten und in einem frühern Entscheide
(in Sachen Saint-Martin, AS 22 S. 328) gestreiften Frage, ab eine
provisorische Psändung schon dann als definitiv erklärt bezw. ob den
Ablauf der Zahlungsfrist im Sinne von Art. 88 und 159 selbstverständlich
vorausgesetzt eine definitive Pfändnng schon dann vorgenommen oder
eine Konkursaudrohung schon dann erlassen werden könne, wenn innert
10 Tagen seit dem erstinstanzlichen, die provisorische Rechtsöffnung
bewilligenden Entscheide keine Aberkennungsklage eingereicht worden ist,
oder ob dies erst dann geschehen könne, wenn seit dem zweitinstanzlichen
Rechtsösfnungsentscheide 10 Tage ohne Einreichung der Aberkennungsklage
verflossen find; denn nach Art. 83 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 83 - 1 Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
1    Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
2    Der Betriebene kann indessen innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen.161
3    Unterlässt er dies oder wird die Aberkennungsklage abgewiesen, so werden die Rechtsöffnung sowie gegebenenfalls die provisorische Pfändung definitiv.162
4    Zwischen der Erhebung und der gerichtlichen Erledigung der Aberkennungsklage steht die Frist nach Artikel 165 Absatz 2 still. Das Konkursgericht hebt indessen die Wirkungen des Güterverzeichnisses auf, wenn die Voraussetzungen zu dessen Anordnung nicht mehr gegeben sind.163
SchKG hat die Verwirkung der
Aberkennungsklage (ebenso wie die Abweisung derselben) zur Folge, dass
die Rechtsöffnung eine definitive wird und dass daher (den Ablan der
Zahlungsfrist natürlich immer vorausgesetzt) eine definitive Pfändung
vorgenommen bezw. eine Konkursandrohung erlassen werden kann Und eine
allsällig bereits vorgegenommene provisorische Psändung zur definitiven
wird: Die Verneinung der Frage, ob eine Aberkennungsklage rechtzeitig
erhoben worden sei, kommt einer Bejahung der Frage gleich, ob die
angeführten Betreibungshandlungen zulässig seien, und die Verneinung
dieser letztern Frage kommt einer Bejahung der erstern gleich.

Nicht zu verwechseln ist dagegen mit obigen beiden Fragen die ebenfalls
vom Bundesgerichte als Aufsichtsbehörde bereits beurteilte (siehe den
Entscheid vom 30. September 1902 in Sachen Bräudlinz vergl. den Entscheid
in Sachen Lehmann, AS 23 I S. 955) andere Frage, ob die provisorische
Pfändung bezw. die Ausnahme des Güterverzeichnisses im Sinne von Art.83
Abs. 1 schon gestützt auf die Bewilligung der provisorischen Rechtsbsfnung
durch die er ste Instanz aber erst nach Bewilli-

* Sep.-Ausg. 6 Nr. 15 S. 50 B'. ** Id. 8 Nr. 18 S. 72 fl'.

(Anne; d. Red. f. Publ.)VI. Schuldhetreibung und Konkurs. N° 23. 155

gung derselben durch die zweite Instanz zulässig sei. Freilich werden
diese verschiedenen Fragen meistens (so auch in den angeführten Urteilen
in Sachen Wicky und in Sachen Jäggi & Cie.) unter der Bezeichnung der
Frage nach dem Suspensivefsekt der Appellation in Rechtsösfnungssachen
als eine und dieselbe Frage behandelt, wie denn auch in den Urteilen
i. S. Wicky u. i. S. Jäggi & (Cie. erklärt wurde, die zur Entscheidung
stehende Frage sei bereits durch die Entscheide i.S. Lehmann tund
Bräudlin präjndiziert. Allein eine Beantwortung der einen Frage in
dem Sinne, dass die provisorische Pfändung bezw. die Ausnahme des
Güterverzeichnisses schon gestützt auf die Bewilligung der provisorischen
Rechtsöffnung seitens der ersten Instanz verlangt werden könne, ist sehr
wohl verträglich mit einer Beant-, wortnng der beiden andern Fragen
in dem Sinne, dass die AberIkennungsklage noch innert 10 Tagen seit
dem zweitinstanzlichen die provisorische Rechtsöffnung bewilligendeu
Entscheide eingereicht werden könne und dass daher eine provisorische
Pfändung erst sidann definitiv erklärt bezw. eine definitive Pfändung
erst dann vorgenommen Und eine Konkursandrohung erst dann erlassen werden
dürfe, wenn seit dem zweitinstanzlichen Rechts:öffnungsentscheid 10 Tage
ohne Einreichung der AberkennungsPlage verstrichen find. Die Motivierung
des Urteils in Sachen Brändlin, bezw. des Urteils in Sachen Lehmann,
fällt somit für die Entscheidung der in casa zu beurteilenden Frage,
direkt wenigstens (vergl. übrigens Crw. 5 hienach), nicht in Betracht.

3. Das Bundesgericht als Oberaufsichtsbehörde über die Betreibungsund
Konkursämter ist in den angeführten Entscheidungen in Sachen Kaiser,
in Sachen Wicky und in Sachen Jäggi & Eie im Gegensatz zu der
Auffassung, welche es in seinem Entscheide in Sachen Samt-Martin hatte
durchblicken lassen (vergl. hierüber Archiv für Schuldbetreibung und
Konkurs Bd. 7 S. 245) dazu gelangt, die definitive Pfändung bezw. die
Konkursandrohung schon dann zuzulassen, wenn innert 10 Tagen seit dem
erstinstanzlich en die provisorische Rechtsöffnung bewegenden Entscheide
keine Aberkennungsklage erhoben worden und die Zahlungsfrist abgelauer
isf. Von diesem Standpunkte aus wäre konsequenterweise auf eine erst
innert 10 Tagen seit

156 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinsianz.

dem zweitinstanzlichen Rechtsösfnungsentscheid erhobene Aberkennungsklage
wegen Verspätung nicht einzutreten. Indessen erscheint dieser Standpunkt
bei näherer Prüfung als unhaltbar-.

Dass ein Jnstanzenzug in Rechtsöffnungssachen bundesrechtlich
überhaupt zulässig sei, kann nach den grundsätzlichen Ausführungen des
Bundesgerichts als Staatsgerichtshof am 14. Mai 1903 erlassenen Urteils
in Sachen Cardoner (AS 29 I Nr. 40*) nichtmehr in Frage gestellt werden.

Jst aber die Appellation in Rechtsösfnungssachen zulässig, somusz
folgerichtig auch anerkennt werden, dass die Frist zur Einreichung
der Aberkennungsklage, in den Fällen, wo es zu einerzweitinstanzlichen
Beurteilung des Rechtsöffnungsbegehrens kommt, erst mit der Eröffnung
des zweitinstanzlichen Rechtsöfsnungsentscheides beginnen kann.

Schon in dem zitterten Urteile in Sachen Cardoner ist daraufhingewiesen
worden, dass der Wortlaut des Gesetzes dieser Ansicht nicht entgegensteht,
indem der Anfangspunkt der Frist in. mehr allgemeiner Art und Weise
bezeichnet wurde, derart, dass1 darunter ebensowohl der zweitinstanzliche
als der erstinstanzliche Rechtsösfnungsentscheid verstanden werden konnte.

Sodann ist mit Recht im Archiv für Schuldbetreibung und Konknrs,
Bd. ? S. 244, darauf abgestellt worden, dass die Rechtsösfnung eben
erst erteilt ist, wenn betreibungsrechtlich dem Fortgang der Betreibung
nichts mehr im Wege steht, also wenn die Erequierbarkeit der Forderung
vom Rechtsöfsnungsrichter endgültig anerkannt ist, und dass erst,
wenn der Rechtsöffnungsstreit ( der Streit über das formelle Recht)
endgültig zum Austrag gebracht ist, und wenn der Rechtsösfnungsbeklagte
hier unterlegen ist, Grund zu einem Streit über das materielle Recht
und somit zum Aberkennungsprozess vorliegt.

4. Die Unzukömmlichkeiten, zu welchen es führt, wenn einerseits die
Appellation in Rechtsöffnungssachen zugelassen, anderseits aber die
Appellation bei der Berechnung der Frist sür die Aberkennungsklage
ignoriert wird, sind denn auch augenscheinliche. Wenn der Gläubiger
erstinstanzlich Rechtsösfnung verlangt hat,

* Sep.-Ausg. 6 Nr. 40 S. 5.34
sf. (Arme. d. Red./". Publ.)VI. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 23. 157

saus Appellation des Schuldners hin aber die zweite Instanz die
Rechtsöfsnung verweigert, so erweist sich der inzwischen angehobene
Aberkennungsprozess als gegenstandslos, die durch denselben verursachten
Kosten als nutzlos. Die Parteien dem Risiko eines solchen unnützen
Prozessierens auszusetzen, kann unmöglich die Meinung des Gesetzgebers
gewesen sein.

Der im Urteil in Sachen Jäggi & Eie. enthaltene Hinweis darauf, dass
ähnliche Unzukömmlichkeiten, wie sie die dortige Ausfassung über den
Beginn der Frist zur Aberkennungsklage zeitigegleicherweise stets dann
gegeben seien, wenn der Gesetzgeber eine Vollziehung zulasse, bevor der zu
vollziehende Anspruch seine desinitive richterliche Anerkennung erhalten
habe, erscheint nicht als ausschlaggebend Denn einmal handelt es sich
bei der Zulassung der definitiven Psandung bezw. der Konkursandrohung
vor Bewilligung der provisorischen Rechtsöffnung durch die zweite
Jnstanz keineswegs nur um die Vollziehung eines noch nicht materiell
beurteilten, sondern um die Vollziehung eines noch. nicht einmal in
Bezug auf die Frage der Vollziehbarkeit fertig sbeurteilten Anspruches,
und sodann handelt es sich hier nicht nur um eine vorzeitige Erekution,
sondern auch um ein vor.-zeitiges Pro zes s ieren. Während nun aber an der
Vorzeitigen Sicherung eines noch nicht materiell beurteilten Anspruches
der Gläubiger unter Umständen ein derart grosses Interesse besitzt, dass
der Gesetzgeber diesem Interesse des Gläubigers das entgegengesetzte
Interesse des Schuldners unterzuordnen für gut befinden Tkonnte,
hat dagegen weder der Gläubiger noch der Schuldner ein rechtlich zu
schützendes Interesse daran, dass vorzeitig über eine Frage prozessiert
werde, welche je nach dem Entscheide :i'xher die Frage der Rechtsöffiiung
völlig gegenstandslos werden wird. Eine zu solch unnützem Prozessieren
führende Auffassung könnte nur dann als richtig anerkannt werden, wenn
sie sich zwingend aus dem Gesetze ergeben würde, was indessen hier,
wie bereits gezeigt, keineswegs der Fall ist.

5. Wollte den vorstehenden Ausführungen gegenüber geltend gemacht
werden, dass es inkonsequent sei, die Frage nach dem Suspensiveffekt
der Appellation in Rechtsöffnungssachen bezüglich der provisorischen
Psändung und der Aufnahme des Güterver-

158 A.. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

zeichnisses zu verneinen, bezüglich des Fristenlaufes für die
Aberkennungsklage bezw. bezüglich der definitiven Pfändung und der
Konkursandrohung dagegen zu bejahen, so wäre demgegenüber folgendes
zu bemerken:

Der provisorischen Pfändung und der Aufnahme des Güterverzeichnisses
wohnt so wie so der Charakter rein vorsorglicher, den Schuldner so
wenig wie möglich benachteiligender Massregeln inne; es konnten daher
diese Betreibungshandlungen zurSicherung der Gläubiger schon in einem
Zeitpunkte zulässig erklärt werden, wo noch nicht einmal feststeht,
ob die erstinstanzlich bewilligte provisorische Rechtsöffnung auch
zweitinstanzlich wird gutgeheissen werden: Der Gläubiger hat an der
Zulassung jenerprovisorischen Massnahmen, namentlich z. B. wenn es sich
um den Anschluss an eine bestimmte Pfändungsgruppe handelt, ein derart
grosses Interesse, dass diesem Interesse des Gläubigers das gegenteilige
Interesse des Schuldners untergeordnet werden konnte, zumal der letztere
durch solche bloss vors orgliche Massnahmen nicht ernstlich gefährdet
wird. Anders dagegen wäre seine rechtliche Situation, wenn der Gläubiger
während der Pendenz desRechtsöfsnungsstreites vor zweiter Instanz auch
zu definitiven Exekutionsmassnahmen berechtigt und z. B. befugt erklärt
würde, eineKonkurseröffnung zu verlangen mit all den in ihrem Gefolge
eintretenden kreditschädigenden Konsequenzen Es kann-unmöglich der
Wille des Gesetzgebers gewesen sein, dass solche Betreibungshandlungen
vorgenommen werden können, bevor noch definitiv über die Zulässigkeit der
Betreibung entschieden ist. Es ist daher klar, dass von einer Ausdehnung
des in Sachen Lehmann und Brändlin ausgesprochenen Grundsatzes, dass die
Weiterziehung im Rechtsöffnungsverfahren keinen Suspensiveffekt habe,
auf die Berechnung der Frist zur Anstellung der Aberkennungsklage und die
damit im Zusammenhang stehende Frage, von wann an die definitive Pfändung
und die Konkursandrohung zulässig seien, keine Rede sein kann. Hier
liegt eine Veranlassung wederin einem vom Recht zu schützenden Interesse
des Gläubigers vor, noch genügt dazu der Gesetzestext, und anderseits
sprechen gewichtige Interessen des Schuldners durchaus dagegen.

Jene angebliche Jukonsequenz besteht somit in
WirklichkeitVI. Schuldhetreibung und Konkurs. N° 23. 159

nicht; sondern, was vorliegt, ist lediglich eine verschiedene Beantwortung
zweier auf den ersten Blick ähnlicher, bei genauer Prüfung aber sowohl
grundsätzlich als praktisch durchaus verschiedener Fragen.

6. Nach den obigen Ausführungen erscheint im vorliegenden Falle
die Aberkennungsklage als innert der Frist des Art. 83 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 83 - 1 Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
1    Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
2    Der Betriebene kann indessen innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen.161
3    Unterlässt er dies oder wird die Aberkennungsklage abgewiesen, so werden die Rechtsöffnung sowie gegebenenfalls die provisorische Pfändung definitiv.162
4    Zwischen der Erhebung und der gerichtlichen Erledigung der Aberkennungsklage steht die Frist nach Artikel 165 Absatz 2 still. Das Konkursgericht hebt indessen die Wirkungen des Güterverzeichnisses auf, wenn die Voraussetzungen zu dessen Anordnung nicht mehr gegeben sind.163
SchKG
eingereicht, und es ist daher auf dieselbe einzutreten.

Jn der Sache selbst ist die Entscheidung der Vorinstanz ohne weiteres
zu bestätigen.

Wenn der Berufungskläger dieselbe zunächst damit ansicht, dass er
behauptet, die Beklagte und Berufungsbeklagte hätte nach den Grundsätzen
der Litispendenz mit ihrer Forderung angebrachtermassen abgewiesen
werden müssen, da sie im Moment der Anhebung der Aberkennungsklage zur
gerichtlichen Geltendmachung dieser Forderung nicht ermächtigt gewesen
fei, so handelt es sichhiebei um eine Frage des kantonalen Prozessrechtes,
die das Bundesgericht nicht zu überprüfen hat. -Dass die Beklagte
im Laufe des Prozesses die nach dem kantonalen Emanzipationsgesetz
erforderliche Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer
Forderung erlangt hat, hat die Vorinstanz in für das Bundesgericht
verbindlicher Weise festgestellt und wird auch von dem Berufungkläger
nicht mehr bestritten. Es fragt sich also bloss, ob-der Richter diese
Tatsache berücksichtigen durfte, obschon dieselbe zur Zeit der Anhebung
der Aberkennungsklage noch nicht bestand, sondern erst im Moment, als die
Beklagte ihre Hauptverteidigung einreichte; dies ist aber eine Frage der
Wirkung der Litispendenz und daher des kantonalen Prozessrechts. Wenn
die Vorinstanz bei der Beantwortung derselben speziell auf die Natur
der Aberkennungsklage abgestellt hat, welch letztere die Parteirollen
umkehre, so hat sie hiebei allerdings eidgenössisches Recht angewendet,
allein sie hat dasselbe nicht verletzt-

Jm übrigen wird die Aberkennuugsklage in der Berufungsschrift nur noch
damit begründet, dass der Aberkennungskläger von den 3000 Fr., welche
die Beklagte zum Zwecke der Darlehensübergabe an ihn und Peter Moor auf
der Ersparniskasse erhoben, nichtserhalten habe; nachgewiesenermassen
habe nämlich die Beklagte das

160 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichisinsianz.

(Held nicht an den Kläger ausbezahlt, sondern an Alfred Moor, welcher
dasselbe seinem Bruder Peter Moor aus den Bahnhof zu bringen beauftragt
gewesen sei. Der Berufungskläger gibt somit, im Gegensatz zu seiner
ursprünglichen Haltung im Prozesse, zu, dass der Ausstellung des
Schuldscheines ein reelles Darlehenszgeschiift zu Grunde gelegen habe,
dass der Schuldschein also nicht nur zu dem Zwecke ausgestellt worden
sei, umxder Beklagten den Bezug der 3000 Fr. aus der Ersparniskasse zu
ermöglichen, sondern auch zur Beurkundung des nach Bezug des Geldes zu
vollziehenden Darlehensgeschäftesz dagegen behauptet er, das Darlehen
sei nicht zur Auszahlung gelangt.

Nun stellt aber die Vorinstanz in tatsächlicher Beziehung fest, dass
der Kläger und Peter Moor die 3000 Fr. erhalten haben, indem sie ihnen
nämlich am Bahnhof von Alfred Moor im Auftrag der Beklagten übergeben
worden waren. Diese tatsächliche Feststellung, welche die Vorinstanz aus
der eidlichen Aussage der Beklagten hergeleitet hat, könnte nur dann
angefochten werden, wenn sie mit den Akten in Widerspruch stände oder
auf einer Verkennung der materiell-rechtlichen Regeln über die Beweislast
beruhte. Weder das eine noch das andere ist der Fall. Nachdem der Kläger
der Beklagten eine Schuldanerkennung ausgestellt hat, lag ihm der Beweis
ob, dass der darin verurssfundete Darlehensempsang in Wirklichkeit
nicht stattgefunden habe. Diesen Beweis hat er nicht geleistet; denn
das einzige Veweismittel, auf das er sich in dieser Beziehung berufen
hatte, die eidliehe Aussage der Beklagten, hat dazu geführt, dass die
Beklagte erklärte, das Geld sei vom Kläger und Peter Moor, welcher am
Bahnhof gewartet habe, genommen" worden. Die Behauptung des Klägers,
für welche er beweispflichtig war, dass er kein Geld erhalten habe,
ist also nicht bestätigt worden.

Dass die Beklagte ihre Aussage betreffend Übergabe des Geldes san
den Kläger und Peter Moor nicht gestützt auf ihre eigene Wahrnehmung
gemacht hat, ist unter diesen Umständen für das Schicksal der Berufung
irrelevant. Denn da, wie bereits bemerkt, der Kläg er den Nichtempfang
des Geldes, und nicht die Beklagte den Empfang desselben zu beweisen
hatte, so genügt es, dass die eidliche Aussage der Beklagten nicht zur
BestätigungVI. Schuldbetreihung und Konkurs. N° 23. 161

der Behauptung des Klägers geführt hat. Ausserdem handelt es sich bei der
Frage, ob die eidliche Aussage der Beklagten nur insoweit berücksichtigt
werden durfte, als sie auf eigenen Wahrnehmungen der Beklagten beruhte,
um eine dem kantonalen Prozessrechte angehöreude und daher der Überprüfung
seitens des Bundesgerichts entzogene Frage.

.Der Kläger hat übrigens selber nicht behauptet, wegen der Nichtübergabe
des Geldes jemals reklamiert zu haben; und doch hätte er sicher
Reklamationen angestellt, wenn das Geld wirklich nicht zur Auszahlung
gelangt ware, trotzdem, wie er selber beioni,. der Schuldschein im voraus
ausgestellt worden war.

Ein weiteres Jndiz dafür, dass die Auszahlung an den Kläger und an
Peter Moor in Wirklichkeit erfolgt ist, liegt schliesslich in der vom
Kläger selber produzierten Bes cheinigung des Peter Moor d. d. 23. März
1901, wonach der Kläger an das Kapital von 3000 Fr., welches er als
Mitschuldner mit Peter Moor von Frau Barbara Moor geliehen habe, nichts
mehr schulde Hieraus ergibt sich, wie die Vorinstanz mit Recht annimmt,
das ursprüngliche Bestehen der Darlehensschuld; für den seitherigen
Untergang derselben konnte aber natürlich diese Bescheinigung des einen
Schuldn ers nicht beweiskrästig sein.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

' Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellanons: und
Kassationshofes des Kantons Vern (II. Abteilung) vom 14. September
1905 bestätigt

AS 32 lI 1906 H
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 32 II 151
Datum : 02. Januar 1906
Publiziert : 31. Dezember 1907
Quelle : Bundesgericht
Status : 32 II 151
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 150 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz. complète


Gesetzesregister
SchKG: 83
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 83 - 1 Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
1    Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
2    Der Betriebene kann indessen innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen.161
3    Unterlässt er dies oder wird die Aberkennungsklage abgewiesen, so werden die Rechtsöffnung sowie gegebenenfalls die provisorische Pfändung definitiv.162
4    Zwischen der Erhebung und der gerichtlichen Erledigung der Aberkennungsklage steht die Frist nach Artikel 165 Absatz 2 still. Das Konkursgericht hebt indessen die Wirkungen des Güterverzeichnisses auf, wenn die Voraussetzungen zu dessen Anordnung nicht mehr gegeben sind.163
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • frage • aberkennungsklage • bundesgericht • geld • tag • schuldner • vorinstanz • provisorische rechtsöffnung • konkursandrohung • frist • regisseur • provisorische pfändung • bahnhof • biene • beginn • betreibungshandlung • schuldanerkennung • beweislast • zins
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