350 Civilrechtspflege.

50. get-teil vom 10. Juni 1905 in Sachen Drhasshauser Hautmalfiaufi,
Kl. u. Ver.-KL, gegen spannte-malte Ansatz-gen Bekl. n. Ver-Beet

Anfechtung von Rechtsgeschäften im Konkurse, Art 285 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:499
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht501 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.502
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.503
. Sonim,
-A-nfechtbffl'keit eine-r zu Gunsten des Gemeinscheeldners eingegassm
gem-en Bürgschaft auf Grund des Art. 286
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 286 - 1 Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
1    Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
2    Den Schenkungen sind gleichgestellt:
1  Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht;
2  Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
3    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.506
SchKG.

A. Durch Urteil vom 1. April 1905 hat das Obergericht des Kantons
Schaffhausen über die Rechtssrage:

Ist nicht die Beklagte gerichtlich anzuhalten, die von derKlägerin im
Konknrse angemeldete Forderung von 26,242 Fr. 50 Ets. anzuerkennen und
zu kollozieren? erkannt:

Die klägerische Partei ist mit ihrer Klage abgewiesen. *

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig und in richtiger Form
die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit dem Antrag aus Gutheissung
der Klage.

C. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Klägerin diesen
Berufungsantrag erneuert.

Der Vertreter der Beklagten hat auf Bestätigung des angefochtenen
Urteils angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Klägerin, Schaffhauser Kantonalbank, war Gläubigerin der Witwe
Babette Pseiffer-Ragaz, der Teilhaberin der Kollektivgesellschaft
J. C. Ragaz-Leu, Baumeisters sel. Erben. Ende des Jahres 1903 strebte
Witwe PseifserRagaz einen Nachlassvertrag an; die Firma J. C. Ragaz-Leu,
Baumeisiers sel. Erben, osserierte damals der Klägerin Bürgschast, nach
Behauptung der Klägerin zu dem Zwecke, dass der Witwe Pfeisser-Ragaz
weitere Stuudung gewährt werde. Die Klägerin stellte zunächst
Nachforschungen Über den Vermögensstand der Firma J. C. Ragaz-Leu,
Baumeisters sel. Erben, an. Am 18. Februar 1904 stellte die Klägerin
gegen Witwe Ragaz-Leu und gegen Felix Ragaz das KonkursbegehreU-gestützt
auf eine Betreibung für eine Bürgschaftssorderung von 25,000 Fr. gemäss
Bürgschaft vom 27. Februar 1902. Am 1. März 1904 ging dann die Firma
J. C. Ragaz-Leu, Bau--VIl. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 50. 351

meisters sel. Erben, der Klägerin gegenüber eine Bürgschaft als
Bürge und Selbstzahler ein für alle Beträge, die Frau Witwe Babette
Pseisfer-Nagaz . . . . der Schasfhauser Kantonalban insolge des ihr
gemachten Darleihens von 25,0()0 Fr. schon schuldig ist oder noch
schuldig wird, und zwar bis zur gänzlichen Rückzahtung des Guthabens
der Schafshauser Kantonaibank nebst sämtlichen Zinsen und allfälligen
Koen. Am gleichen Tage zog die Klägerin die Konkursbegehren gegen Witwe
RagazLeu und Felix Ragaz zurück. Am 4. Mai 1904 wurde über die Firma
J. (E. Ragaz-Leu, Baumeisters sel. Erben, der Konkurs eröffnet. Die
Klägerin meldete ihre Bürgschaftsforderung gemäss Bürgschein vom i. März
gl. Is. in diesem Konkurse an, wurde aber damit weggewiesen, da es
sich um eine nach am. 286 SchKG anfechtbare unentgeltliche Verfügung
der Gemeinschuldnerin handle. Jnnert Frist hat hierauf die Klägerin die
vorliegende Klage gemäss Art. 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...446
SchKG mit dem aus Fakt. A ersichtlichen
Rechtsbegehren erhoben, wogegen die beklagte Konkursmasse im Prozesse
den Standpunkt einnimmt, die Bürgschaft sei aus Grund des Art. 286
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 286 - 1 Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
1    Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
2    Den Schenkungen sind gleichgestellt:
1  Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht;
2  Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
3    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.506
,
edentuetl des Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.512
SchKG ansechtbar. Beide kantonalen Jnstanzen
haben den Hauptstandpunkt der Beklagten geteilt und sind aus diesem
Grunde zur Abweisung der Klage gelangt.

2. (Zuriickweisung einer Ausführng der Klägerin, dahingehend, das
eingeschlagene Verfahren sei unkorrekt; die Beklagte hätte richtiger
Weise als Klägerin austreten sollen. Das Bundesgericht ftthrt aus: Die
Anfechtungsklage im Sinne der Art. 285 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:499
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht501 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.502
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.503
. SchKG kann, wie in Theorie
und Praxis des schweizerischen Betreibnngsrechtes längst feststeht,
auch einredeweise, insbesondere auch gegenüber der Klage auf Zulassung
einer Forderung im Kollokationsplan, geltend gemacht werden-)

Z. In der Sache selbst beruht die Klage in erster Linie auf der
Auffassung, in der Eingebung einer Bürgschast könne überhaupt nicht eine
Verfügung im Sinne des Art. 286
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 286 - 1 Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
1    Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
2    Den Schenkungen sind gleichgestellt:
1  Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht;
2  Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
3    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.506
SchKG erblickt werden; unter Verfügungen
seien nur zu verstehen Rechtshandlungen, durch welche etwas aus dem
Vermögen des Schuldner-Z hinaus-gegeben worden sei, eine vollzogene reale
Leistung, also höchstensalls die Zahlung infolge Eingebung der Bürgschaft,
nicht aber diese Eingehung selbst. Diese Auffassung ist umsichtig Unter
einer Verfügung ist zu verstehen jeder am, durch den über das

352 Civilrechtspflege.

Vermögen des Schuldners ver-fügt wird, sei es die Aushingabe von
Vermögensgegenständen, sei es die Eingebung von Verpflichtungen,
die das Vermögen des Schuldners beschweren, sei es die Aufgabe von
Vermögens-rechten Eine unentgeltliche Verfügung insbesondere kann liegen
sowohl in der schenkungsweisen Hingabe eines Vermögensgegenstandes, in
einer realen Zuwendung, als auch in der Eingebung einer Verpflichtung
zu Gunsten eines Dritten, ohne dass eine Rechtspslicht dazu besteht
und eine Gegenleistung gewährt wird. Die unentgeltliche Verfügung im
Sinne des am. 286, die der Schenkung gleichgestellt ist, ist dadurch
charakterisiert, dass sie ohne rechtliche Verpflichtung und ohne

Gegenleistung gemacht wird, d. h. ohne dass der Schuldner für '

die Aushingabe eines Vermögensteiles oder -Gegeustandes oder für
die Beschwerung feines Vermögens (Vermehrung seiner Schuldenmasse)
einen Gegenwert, eine Gegenleistung erhält. Zweck der sogenannten
Schenkungspauliana des Art. 286
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 286 - 1 Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
1    Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
2    Den Schenkungen sind gleichgestellt:
1  Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht;
2  Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
3    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.506
SchKG ist, derartige Versügungen, wenn
sie innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor Ausbruch des Konkurses
oder vor der Pfändung vorgenommen find, rückgängig zu machen, da der
Schuldner nicht aus Kosten seiner Gläubiger kurz vor seinem Zusammenbruch
soll Freigebigkeit-en gegenüber Dritten vornehmen dürfen. Unter diesem
Gesichtspunkte aufgefasst, ist flat, dass in der Eingebung einer
Bürgschaft eine Verfügung im Sinne des Art. 286 liegt, und es fragt
sich nun nur noch, ob und unter welchen Umständen sie als unentgeltliche
Verfügung oder als unter Abs. 2 Ziff. 1 des Art. 286 ]. c. fallend der
Anfechtung unterliegt.

4. Nun ist die Bürgschaft die Sicherstellung einer fremden Schuld;
die Bürgschaftsverpflichtung ist der Regel nach (anderîa allerdings
bei der Solidarbürgschaft, wie hier) eine subsidiäre Verpflichtung;
und mit der Befriedigung des Gläubigers gehen im Masse der Befriedigung
diese Rechte auf den Burgen über (WLW-'Se OR). Der Bürge erhält also
für seine Leistung, die Eingebung der Bürgschaft und die Zahlung,
eine Gegenleistung: die Regressforderung an den Hauptschnldner; von
einer unentgeltlichen Verfügung kann daher an sich bei Eingebung der
Bürgschaft keine Rede sein. Auch wird der Gläubiger durch die Eingebung
(Und Erfüllung) der Bürgschast an sich nicht bereichert, da er nur
ST-VII. Schuldhetreihung und Konkurs. N° 50. 353

hält, was ihm von Rechtes wegen gegenüber dem Hauptschulduer
zukam. Art. 286
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 286 - 1 Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
1    Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
2    Den Schenkungen sind gleichgestellt:
1  Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht;
2  Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
3    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.506
, Abs. 2 SchKG stellt nun aber den Schenknngen {und
unentgeltlichen Verfügungen) gleich Rechtsgeschäste, bei denen der
Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen
Leistung in einem Missverhältnisse steht (Ziff. 1 a. a. O.). Bei
der Untersuchung, wann diese Bestimmung zutreffe, ist nicht auf den
juristischen Charakter der Gegenleistung abzustellen, sondern auf deren
wahren wirtschaftlichen Wert; ein Missverhältnis liegt jedesmal dann vor,
wenn zwar eine Gegenleistung gegeben wird und sogar, rein juristisch
betrachtet, der Leistung des Schuldners vollständig gleichkommt, sie aber
praktisch, wirtschaftlich, ohne Wert oder Von erheblich geringerem Wert
ist als die Hauptleistung des Schuldner-Z. Dort, wo als Gegenleistung
eine Forderung, insbesondere eine Regresssorderung, gegeben wird, ist
ein solches Missverhältnis dann vorhanden, wenn der Schuldner dieser
(Regress-) Forderung zahlungsunfähig ist, so dass die Forderung ans ihn in
Wirklichkeit keinen Wert oder nur einen geringen Wert repräsentiert Denn
alsdann vermindert der Bürge, der den Gläubiger zahlen mug, sein Vermögen
um den Betrag, runden er Befriedigung vom Hauptschuldner nicht erhält; und
der Gläubiger seinerseits erhält insofern eine Bereicherung, als er volle
Befriedigung erhält, während er ohne Eingebung der Bürgschaft mit seiner
Forderung ganz oder teilweise zu Verlust gekommen wäre. Der Verlust, den
der Gläubiger zu tragen gehabt hätte, wird auf den Biirgen abgewälzt; in
einem solchen Falle liegt also dem Gläubiger gegenüber eine unentgeltliche
Verfügung im Sinne des Art. 286
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 286 - 1 Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
1    Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
2    Den Schenkungen sind gleichgestellt:
1  Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht;
2  Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
3    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.506
, Abs. 2, Ziff. 1 SchKG nor. Um einen
solchen Fall handelt es sich aber hier. Denn es werden nach der von der
II. Instanz stillschweigend gebilligten Feststellung der I. Instanz die
Gläubiger V. Klasse der Witwe Pfeiffer-Ragaz {des Hauptschuldners) kaum
mehr als den vierten Teil ihrer Forderungen erhalten. Die Eingebung der
Bürgschaft vom î. März 1904 hat also die Wirkung, dass die Klägerin
eine Sicherstellung der ganzen Forderung erhält, wogegen sie dem
Biirgen (der Gesellschaft J. C. Ragaz-Leu, Baumeisters sel. Erben)
eine Gegenleistung in Form einer Regressforderung von nur 25 DA, der
oerbtirgten Hauptsordernng gewährt. Und zwar bestand dieses

354 Civilrechtspflege.

Missverhälnis zwischen Leistung (des Burgen) und Gegenleistung schon
im massgebenden Zeitpunkt, d. h. zur Zeit der Eingehung der Bürgschaft
(vergl. Jäger, Komm., Art. 286, Anm. 8 S. 516), wie daraus hervorgeht,
dass schon zu jener Zeit von- Witwe Pseisfer-Ragaz ein Nachlassvertrag
angestrebt war. Danachtrifst aber die angeführte Bestimmung des SchKG
zu. Ob eineErkenubarkeit dieses Missverhältnisses zum Tatbestande
der Schenkungspauliana gehört was zwar vom Bundesgericht in seinem
Entscheide vom 19. Oktober 1895 in Sachen Konkursmasse Forster gegen Gras,
Amtl. Salumi. XXI, S. 1275, angenommen wurde, jedoch der herrschenden
Meinung (vergl. Jäger, Raum., a. a. O.; Weber und Brüsilein [Reichel],
2. Aufl Art.286,. Amu. 1, S. 417; Brand, Ans. Si., S. 173, Anm. 1 und
die dortigen Zitate) widersprichtbraucht nicht weiter untersucht zu
werden,. da dieses Moment jedenfalls gegeben ist und das weitergehende
Ersordernis der Absicht der Zuwendung einer Bereicherung im Gesetz keinen
Anhaltspunkt hat.

ò. Die Klägerin wendet freilich weiter ein, von einer Unentgeltlichen
Verfügung könne deshalb nicht gesprochen werden, weil sie, die Klägerin,
als Gegenleistung gegen die Bürgschast der Hauptschuldnerin, Witwe
Pfeisser-Ragaz, Stundung gewährt habe, und das auch im Interesse des
Bin gen, Kollektivgesellschast J. C. Ragaz-Leu, Baumeisters sel. Erben,
gelegen habe. Eskann nun dahingestellt bleiben, ob diese Tatsache an
sich die Unentgeltlichkeit der Bürgschaft ausschliessen würde; denn
tatsächlich steht nicht festo und ist den Akten nicht zu entnehmen,
dass die Klägerin als Aquivalent der Bürgschast und das wäre einzig
relevant dem Burgen gegenüber sich verpflichtet habe, der Hauptschuldnerin
Pseisser-Ragaz Stundung zu gewähren Die Klägerin hat in dieser Hinsicht
lediglich ausgeführt, die Weinhandlung Babette Pseiffer-Ragaz habe sich
zu Ende 1903 in... finanziellen Schwierigkeiten befunden; die Klägerin,
die ebenfalls Gläubigerin dieser Firma gewesen, sei ersucht worden, ihre
Forderung stehen zu lassen und den Kredit weiter zu gewähren, Wofür ihr
die Bürgschast der nunmehr in Konkurs geratenen Firma Z. C. Ragaz-Leu,
Baumeisters, angeboten worden war. Die Beklagte ihrerseits hat ausgeführt:
Es lag im Interesse der Gebr. Ragaz, den Konkurs Pseiffer zu verhindern,
weil dieser auf dieVII. Schuldhetreibung und Konkurs. N° 50. 355

Lage der Kollektivgesellschaster der inzwischen in Konkurs gera_tenen
Firma J C. RagazxLem Baumeisters sel. Erben, eine Ruckwirkung ausgeübt
haben würde. Der Klägerin war dies bekannt. Die I. Instanz endlich (ber
die II. Instanz stillschwigend beitritt) hat hierüber bemerkt: Dass
es sich bei einer allfälligen seitens der Klägerin ihrer Schuldnerin,
der Frau Babette Pseisser-Ragaz, gegenüber gewährten Stundung um ein der
Beklagten gegebenes Entgelt handeln sollte, kann ebenfalls nicht gesagt
werden, ganz abgesehen von der Frage, ob eine Stundung tatsächlich
aus Grund der Bürgschastsleistung der Gemeinschuldnerin bewilligt
worden ist. Andernfalls könnte diesem Umstande nur die Bedeutung einer
MLeistung der Kantonalbank an ihre Privatschuldnerin, Frau Babette
Pseifser-Ragaz, beigemessen werden, nicht aber die eines in das Vermögen
des Gemeinschuldners gelangten Gegenwertes. Die I. Instanz lässt also
die Frage, ob eine Stundung als Äquivalent der Bürgschastsleistung
bewilligt worden sei, offen, und aus Grund der Akten kann diese Frage
nicht bejaht werden. Danach kann aber abgesehen von der Rechts-frage,
ob und inwieweit in einer solchen Stundung eine Gegenleistung, die die
Bürgschast zu einein unanfechtbaren Rechtsgeschäst stempeln würde,
erblickt werden dürfte tatsächlich das Vorhandensein einer solchen
Gegenleistung nicht als erwiesen angenommen worden.

6. Die Frage, ob auch die Deliktspauliana nach Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.512
SchKG zutreffe,
bedarf hienach keiner Erörterung; bemerkt sei nur, dass der Umstand,
dass die Konkursoerwaltung sich bei der Wegweisung der Ansprache der
Klägerin nicht auch aus diese Bestimmung berufen hat, keinen Grund bildet,
sie damit im Prozesse auszuschliessen ss Demnach hat das Bundesgericht

erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Schaffhausen vom 1. April 1905 in allen Teilen bestätigt.

Vergl. auch Nr. 39.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 31 II 350
Date : 10. Juni 1905
Published : 31. Dezember 1905
Source : Bundesgericht
Status : 31 II 350
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 350 Civilrechtspflege. 50. get-teil vom 10. Juni 1905 in Sachen Drhasshauser Hautmalfiaufi,


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SchKG: 250  285  286  288
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counter-performance • widow • debtor • heir • defendant • value • question • federal court • castle • hamlet • correctness • assets • enrichment • cantonal bank • decision • recourse • number • nongratiousness • action of opposition • legal demand
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