104 Civilrechtspflege.
ten" 2000 Fr. spricht, so ist zu beachten, dass dieser Ausdruck
unmittelbar aus die wörtliche Wiedergabe des Nachsatzes folgt undsich also
nur auf die dort genannten 4000 Fr. beziehen kann ;, und da nun die ersten
2000 Fr. schon gezahlt waren, konnte Herter naturgemäss nur von den legten
2000 Fr. sprechen im Sinne der weitern, oder restterenden 2000 Fr. laut
Nachsatz, ohne dass daraus geschlossen werden könnte, er habe überhaupt
eineweitergehende Verpflichtung des Beklagten für ausgeschlossen gehalten;
dies umsoweniger als ja damals die zwei Jahre, die dem Veklagten für
die völlige Zahlung eingeräumt waren, noch nicht abgelauer waren. Auch
der Ausdruck Abzahlung an die Forderung in dem Briefe vom 4. Mai 1901
beweist nichts zu Gunsten des Beklagten, aus den gleichen Gründen. Und
aus der Aussage des Zeugen Schenk endlich kann gar kein Schluss auf den
übereinstimmenden Vertragswillen im Sinne des Beklagten hinsichtlich
des Nachsatzes gezogen werden. Der dem Beklagten obliegende Nachweis
eine Beschränkung der Haftung auf 4000 Fr. ist somit nicht gelungen,
und es ist daher dem Kläger die ganzeeingeklagte Summe zuzusprechen
7. Die Zinsen laufen seit der Jnverzugsetzung, d. h. seit der Betreibung
(8. Dezember 1903); denn es können nur Verzugszinsen in Frage kommen. Der
Kläger hat nicht etwa Anspruch auf die Kommandite nebst Zinsen vom Momente
an, da sie hätte eingezahlt werden sollen ein Moment, der übrigens häufig
nicht seststellbar ist und ein intemum der Gesellschafter bildet _,
sondern er macht die Haftung des Kommanditärs für die Kommanditsumme
geltend.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Die Berufung des Beklagten wird abgewiesen, diejenige desKlägers
dagegen als begründet erklärt, und demnach, in Aufhebung des Urteils des
Handelsgerichtes des Kantons Aargau vom 1. Dezember 1904, der Beklagte
verurteilt, dem Kläger 5000 Fr. nebst Zins zu 5 0/0 seit 8. Dezember
1903 zu bezahlen.V. Obligalionenrecht. N° 15. 105
15. gutem vom 17. März 1905 in Sachen {Zeffirino-Yukon, Kl. U. Ber.-Kl.,
gegen navona, Bekl. u. Ber.-Bekl.
Streitwert bei Forcäerungsstreitigkeiten, Art. 59 OG. Vorhandensein
eines Haupturteils A-rt. 58 OG. bei Abweisussng derKlage wegen
mangelnder Aktiviegitimation. Gession; Simulation oder fiduciarische
Abtretung? Begin)?" und W esen des fideeciare'schm Recàtsgeschdftes;
Gegensatz: zum s:}mulierten Geschäft Inwieweit ist der debito-r cessus
zur Eîmede steiSimulation gegenüber dem sein-ersten Gessionm' berechtigt?
A. Witwe Elise Peter-Dutoit, die Schwägerin des Klägers Fritz
Grüring-Dutoit, welche in Biel ein CharcnteriæGeschäft betreibt, bestellte
anfangs Dezember 1899 bei der Firma Ryniker Sohn & (Sie. in Rupperswil
eine Fleischhackmaschine samt Zubehörden für mechanischen Betrieb und
wandte sich sodann wegen Beschaffung eines hier erforderlichen Motors an
den Beklagten Jacques Kappeler, Reisender und Darmhändler, in Bern, mit
dem sie in geschäftlichen Beziehungen stand. In der Folge machte ihr der
Beklagte die Mitteilung, dass er in Zürich einen für sie passenden Motor
gefunden habe, welcher auf 1300 bis 1400 Fr. oder bei Barzahlung um 100
Fr. billiger zu stehen femme. Witwe Peter schickte hierauf dem Beklagten
am 22. Dezember 1899 telegraphisch 1000 Fr. nach Zürich und bezahlte ihm
anderweitig noch 300 Fr., und der Bektagte schrieb ihr am 25. Dezember,
dass der in Zürich gekaufte Motor fein" funktioniere, mit dem Beifügen:
Ich gebe für zwei Jahre vollste Garantie. Gegen Ende Dezember 1899
sandte der Verkäufer, Kofmehl-Deuber in Zürich, den fraglichen Motor
-einen bereits gebrauchten Gasmotor, System Adam, von angeblich 2 HP --
direkt an die Witwe Peter, stellte dagegen die Faktur, welche auf 1200
Fr. lautet und u. a. die Bemerkung enthält: Für den Motor leiste zwei
Jahre Garantie-C auf den Namen des Beklagten aus. Am 3. Januar 1900
übermittelte der Beklagte der Witwe Peter einen Rechnungsauszug, worin
er ihr den Motor unter Hinweis auf die Nota Kofmehl, mit 1200 Fr.
106 Civilrechispflege.
verrechnete und danach, mit Zurechnung von Guthaben aus dem gewöhnlichen
Geschäftsverkehr, eine Gesamtsorderung von 1522 Fr. 95 Ets. aitswies,
so dass nach Abzug der von Witwe Peter an ihn geleisteten Zahlungen von
1300 Fr. ein Saldo zu seinen Gunsten von 222 Fr. 95 resultierte. -Witwe
Peter liess den gekanften Motor installierenz sie konstatierte jedoch
bald verschiedene Mängel desselben und wandte sich deshalb wiederholt mit
Reklamationen an den Beklagten. Da sie in der Folge überdies in Erfahrung
brachte, dass der Beklagte selbst den Motor zu einem niedriger-en als
dem ihr verrechneten Preise gekauft habe, entschlosz sie sich, jenen aus
dem Geschäfte zur Verantwortung zu ziehen und lud ihn aus den 9. April
1901 zu einem Vermittelungsvorstand vor den Gerichtspräsidenten in
Bern. Der Beklagte leistete jedoch der Vorladung keine Folge. Hieraus,
am 24. April 1901, schloss Witwe Peter mit ihrem Schwager, dem heutigen
Kläger, folgenden Zessionsvertrag ab: Frau Witwe Elise Peter, Charcuterie,
in Viel, Burg Nr. 13, zediert hiemit ohne Gewähr an Fritz Grüring-Dutoit,
Schlossermeisier in Viel die Klageansprüche, welche ihr aus Kaufvertrag
event. Mandat vom "Dezember 1899 gegen Jaeques Kappeler, Darmhändler in
Bern znstehen. In dieser Zession sind inbegrifsen der event. zu resti:
tuierende Kaufpreis oder die Summe, um welche derselbe herabzusetzen
ist, als auch die sonstigen eventuellen Schadenersatzan prüche, die
der Zedentin gegen Kappeler zustehen. Die Zedentin übernimmt aber keine
Garantie für Verität oder Bonität der abgetretenen Forderungen.
Gestützt auf diese Abtretung und im Sinne der darin vertretenen Auffassung
des Bestehens eines Kausoertrags, event. Mandatsverhältnisses zwischen
Witwe Peter und Jacques Kappeler erhob nun Fritz Grüring-Dutoit gegen
Kappeler die vorliegende Klage mit den Begehren, der Beklagte sei schuldig
und zu verurteilen:
1. dem Kläger gegen Rücknahme des der Witwe Ellie Peter in Viel
gelieferten Motors den Kauspreis desselben zurückzubezahlen, event. dem
Kläger an Preisminderung für diesen Motor eine angemessene Summe
herauszubezahlenz
2. dem Kläger angemessenen Schadenersatz zu leisten,
dessenV. Obligaiionenrecht. N° 15. 107
Betrag in der Klagebegründung unter näherer Spezifikation auf 2253 Fr. 90
Ets. angegeben wird;
eventuell
s 3. dem Kläger die ungerechtfertigteBereicherung mit 800 Fr.
her-auszubezahlen
Der Beklagte erhob mit Bezug aus die Klagebegehren Nr. 1 und 2 vorab
der Einrede der Verjährung und beantragte weiterhin Abweisung aller
Klagbegehren, indem er, abgesehen von sachlichen Einwendungen, die
Aktivlegitimation des Klägers mit der Begründung bestritt, die Abtretung
der Ansprüche der Witwe Peter an ihn sei rechtsunwirksamz denn sie sei
nicht ernst gemeint, sondern bloss zum Schein ersolgt, um Witwe Peter,
deren Sohn und andere Verwandte als Zeugen im Prozesse verwenden zu
können, während der Prozess tatsächlich gemäss Abmachung des Klägers
mit der Witwe Peter auf deren Rechnung und Gefahr geführt werde.
B. Durch Urteil vom 22. November 1904 hat der Appellationsund
Kassationshof des Kantons Bern (I. Abteilung) die Verjährungseinrede
des Beklagten abgewiesen, dagegen dessen Einrede der mangelnden
Aktiolegitimation des Klägers wegen Sirnitlation der Zession vom 24. April
1901 gutgeheissen und demnach erkannt:
3. Der Kläger ist mit feinen sämtlichen Klagsbegehren abgewiesen.
C. Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, das
vorstehend angegebene Dispositiv 8 sei aufzuheben und der Appellationsund
Kassationshof anzuweisen, über die Rechtsbegehren des Klägers materiell
zu urteilen.
D. In seiner Vernehmlassung hat der Beklagte beantragt, es sei auf die
Berufung wegen Mangels des gesetzlichen Streitwertes nicht einzutreten,
event. sei dieselbe abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die prozessuale Einrede des Berufungsbeklagten bezüglich des
Streitwertes erweist sich ohne weiteres als unbegründet. Der Streitwert,
Von welchem die Zulässigkeit der Berufung abhängt,
108 Civilrechtspflege.
bemisst sich nicht, wie jener geltend macht, nach dein wirklichen
vermögensrechtlichen Interesse des Klägers an dem Rechtsstreite, sondern,
gemäss derausdrücklichen Vorschrift des Art. 59 OG, unbedingt und
ausschliesslich nach den von den Parteien in ,ssKlage und Antwort vor
dem erstinstanzlichen kantonalen Gerichte angebrachten Rechtsbegehren,
d· h. bei Forderungssireitsachen stets nach dem eingeklagten, von
der Gegenpartei nicht anerkannten Forderungsbetrage, auch wenn
derselbe augenscheinlich übersetzt, lediglich zur Sicherung der
Berufungsmöglichkeit in seiner Höhe gehalten sein sollte (siehe in
diesem Sinne schon A. S. d. bg. E. XX, S. 532, Erw. i). Folglich kann
der Berufungsbeklagte mit der zur Begründung seiner Einrede vorgebrachten
Behauptung, dass der Schadenersatzanspruch des Klagebegehren-s Nr. 2 im
Betrage von 2253 Fr. 90 Cts. teilweiseauf betrügerischen Angaben beruhe
und in Wirklichkeit den Betrag von 2000 Fr. nicht erreiche, in diesem
Zusammenhange nicht gehört werden; vielmehr ist zur Ermittelung des
Streitwertes auf jenen eingeklagten und bestrittenen Betrag als solchen
abzustellen und schon danach abgesehen von dem Werte des neben dein
Schadenersatzanspruch des Klagebegehrens 2 noch in Betracht fallenden
Wandelungsbezw. Minderungsanspruch des Klagebegehrens Nr. i das Vorliegen
des Berufungsstreitwertes zu bejahen. Auch die übrigen Voraussetzungen
der Berufung sindgegeben; insbesondere steht nach konstanter Praxis
ausser Zweifel, dass der angesochtene Entscheid, der die Klage durch
Verneinung der Parteilegitimation des Klägers endgültig abweist, als
Haupturteil im Sinne des Art. 58 OG zu betrachten ist.
2. In der Sache selbst ist nach der angegebenen Begründung des
vorinstanzlichen Urteils und dem Berufungsbegehren des Klägers lediglich
die Frage der Parteilegitimation dieses letztern zu entscheiden. Der
Beklagte bestreitet diese Legitimation, indem er gegenüber dem
Zessionsvertrag zwischen Witwe Peter und dem Kläger vom 24. April 1901,
aus welchen sich dieselbe stützt, die Einrede der Simulation erhebt,
während der Kläger dagegen einwendet, dass es sich bei jenem Akte
um eine durchaus ernsthafte Zession, nämlich um die siduziarische
Übertragung der Ansprüche deiWitwe Peter an ihn speziell zum Zwecke
ihrer EinklagungV. Obligafionenrecht. N° 15. 109
handle; dass übrigens der} Beklagte als debitor cessus event. zur Erhebung
der Simulationseinrede gar nicht berechtigt ware-
3. Jst demnach oorab zu untersuchen, ob der streitige Zessionsaki ein
siinuliertes oder aber ein fiduziarisches Rechtsgeschäst darstelle,
so fällt in Betracht: Ein simuliertes Rechtsgeschäst liegt nach
allgemeiner Rechtsaufsassung vor, wenn der darin erklärte Wille,
gemäss Einverständnis der Parteien, die seinem Inhalte entsprechenden
Rechtsfolgen in Wirklichkeit nicht haben, sondern lediglich Dritten
gegenüber vortäuschen soll. Ein Zessionsvertrag speziell erscheint als
siniuliert, wenn die Parteien darüber einig sind, dass die Rechtswirkung
desselben, der Ubergaiig der Forderung vom Zedenten auf den Zessionar,
tatsächlich nicht eintreten, dass vielmehr nur der Schein ihres Eintriits
bei dritten Personen erweckt werden soll. Das Wesen des siduziarischen
Rechtsgeschästes dagegen besteht darin, dass die Parteien zwar die
rechtlichen Pirfungen ihrer Willenserklärung, bei der Zesston also die
Ubertragung der Forderung, ernstlich wollen, dabei jedoch übereinstimmend
der Meinung sind, dass der ihrem Willen gemasse Rechtszustand von dem
dadurch berechtigten Teile nicht vollständig, sondern nur in bestimmt
beschränktem Masse, event. gar nicht, ausgenutzt werden soll, weil
dem Berechtigten faktisch ein weitergehendes Recht eingeräumt wird,
als der dem Rechtsgeschastemzu Grunde liegende Zweck es erfordert,
wie z. B. im Falle der Zession einer Forderung zur Eintreibung,
oder zur Sicherung einer Perbindlichkeit des Zedenten gegenüber dem
Zessionar. Die rechtliche Konstruktion des siduziarischen Geschästs ist
in der Doktrin bestritten. Nach der einen Auffassung (siehe insbesondere
Der-nBurg, Pandekten I, S. 234) ist dabei das Verhältnis nach innen,
unter den Kontrahenten, vom Verhältnis nach aussen, dritten gegenüber,
verschieden, indem z. B. bei der Zession einer Forderung zur Eintreibung
der Zessionar (Fiduziar) nach aussen die Stellung des Gläubigers erhält,
somit zur Geltendmachng der abgetreienen Forderung dem Schuldner gegenüber
legitimiert ist, während er nach innen, dem Zedenten gegenüber-, als
blosser Bevollinächtigter scheint. Die andere vielfach vertretenesi
Theorie dagegen (siehe z. B. Regelsberger, Pandekten1, S. eig; Lang,
Die Wirkungen der siduziarischen Rechtsgeschaste, im Archiv
110 Civilrechtspflege.
für civilistische Praxis, Bd. LXXXIII, S. 337), geht dahin, dass das
ftduziarische Geschäft nach innen wie nach aussen in gleicher Weise
dein Vertragsinhalte gemäss wirksam sei und die Fiduzia lediglich ein
weiteres, neben dieser allgemeinen, dinglichen Wirkung bestehendes
obligatorisches Rechtsverhältnis unter den Parteien erzeuge, dass also
im erwähnten Zessionssalle die Forderung auf den Zessionar schlechthin
übergehe, wobei dieser jedoch dem Zedenten gegenüber nebenbei verpflichtet
werde, von ihr nur im Sinne der Fiduzia Gebrauch zu machen, d. h. den
vom Schuldner einkassierten Betrag an jenen abzuliefern· Von diesen
beiden Auffassungen nun ist unbedenklich der letzteren beizutreten,
da die Differenzierung der Rechtswirkung nach innen und nach aussen
im Sinne der ersteren mit dem Begriffe der bei den siduziarischen
Geschäften in Frage kommenden Rechtsakte (Übertragung von Sacheigentum
oder Forderungen) schlechterdings nicht vereinbar ist (vergl. hierüber
z. B. Lang, a. a. O. und Goltz, Das fida: ziarische Rechtsgeschäft,
S. 25 ff.). Danach kann von einem siduziarischen im Gegensatze zu
einem simulierten Geschäfte jedenfalls nur die Rede sein, sofern die
Parteien das abgeschlossene Geschäft tatsächlich dahin verstehen, dass es
seinem Inhalte entsprechend nicht nur gegenüber Dritten, sondern auch im
Verhältnis unter ihnen selbst gelten soll. In diesem Sinne aber ist ein
fiduziarisches Geschäft denkbar und erscheint als durchaus berechtigt,
zu dem doppelten Zwecke der Herbeiführung sei es eines (natur: gemäss
als rechtlich statthaft bezw. unverboten vorausgesetzten) Erfolges,
welcher nach der bestehenden Gesetzgebung auf andereWeise überhaupt
nicht erreichbar ist man denke an das Fideikommiss des römischen,
oder an den sogenannten Sicherheitswechsel des modernen Rechts , sei es
eines Erfolges, dessen anderweitige Erreichung zwar gesetzlich möglich,
jedoch faktisch bei den gegebenen Verhältnissen mit gewissen Nachteilen
gegenüber dem Umweg des fiduziarischen Geschäftes verknüpft wäre -so
beim Vollindossament zur Einkassierung, bei der Zesfion einer Forde-
rung zur Sicherstellung
4. Im vorliegenden Falle nun hat der Kläger als Eidesdelat über seine
Rechtsstellung zu Witwe Peter ausgesagt, diese habe ihn ersucht, den
Prozess quasi als ihr Beistand zu führen, undV. Obligationenrecht. N°
15. III
ihm dabei erklärt, sie übernehme das Risiko desselben; er sei deshalb
in der Streitsache finanziell nicht engagiert. Nach dieser Aussage muss
mit der Vorinstanz angenommen werden, dass durch den Zessionsvertrag vom
24. April 1901 die Ansprüche der Witwe Peter nicht wirklich, materiell,
auf den Kläger übertragen, sondern diesem nur formell zuerkannt worden
sind, dass also die Zessionsparteien jenen Vertrag als nur zur Wirksamkeit
nach aussen, nicht auch im Verhältnis unter sich bestimmt abgeschlossen
haben, was denn auch durch eine bei den Akten liegende Erklärung der
Witwe Peter, den Kläger für alle Folgen des Prozesses schadlos zu halten,
welche Erklärung allerdings nach der Feststellung der Vorinstanz nicht
zu den angerufenen Beweismitteln gehört und daher nur beiläufig erwähnt
werden darf, sowie durch den Inhalt des Zessionsvertrages selbst, den
Mangel jeder Gewährleistung seitens der Zedentin und der Stipulation
einer Gegenleistung des Zessionars, durchaus bestätigt wird. Folglich
aber kann der streitige Vertrag im Sinne der vorstehenden Erwägung
nicht als sidnziarisches Rechtsgeschäft anerkannt werden. Es besteht mit
Bezug hieran denn auch keines der beiden in jener Erwägung angeführten
Zweckmomente eines solchen Geschäfts. Einem gesetzlich auf andere Weise
nicht erreichbaren Zwecke dient der Zessionsvertrag nicht, da ja die
Witwe Peter den Kläger auch auf Grund eines lediglich obligatorischen
Rechtsverhältnisses (Auftrags) ohne Begebung ihrer Ansprüche mit der
Geltendmachung derselben hätte betrauen können. Und irgend ein rechtlich
erlaubter tatsächlicher Vorteil der Witwe Peter, den ihr die Zession
der Ansprüche gegenüber dem einfachen Prozessauftrage an den Kläger
bieten würde, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger in dieser
Hinsicht in seiner Replik vorgebrachte Behauptung, er habe den Prozess
übernommen, weil er als Mannsperson besser imstande fei, sich gegen die
Machenschaften des Beklagten zu wehren als Witwe Peter, die sich ganz
ihrem Geschäfte widmen müsse, ist nicht schlüfsig Denn die rechtliche
Auseinandersetzung mit dem Beklagten war ja auf jeden Fall Sache des
schon Von Witwe Peter selbst zugezogenen Anwalts, die Beschaffung des
tatsächlichen Prozessmaterials aber lag naturgemäss auch nach Übertragung
der streitigen Ansprüche auf den Kläger jener als der von den beiden
112 Givilrechtspflege.
allein oder doch mindestens besser als der Kläger über die in Betracht
fallenden Vorgänge und Verhältnisse unterrichteten Person ob. Von einem
tatsächlichen Vorteil der Zession könnte wohl nur die Rede sein, wenn
sich die Witwe Peter dabei ein fest bestimmtes-, wegen der Unsicherheit
des Prozessausganges von ihr als vorteilhaft erachtetes Entgelt hätte
zusichern lassen; dieser Tatbestand liegt jedoch, wie bereits ausgeführt,
nicht dor.
5. Aus dem Gesagten folgt ohne weiteres, dass der streitige
Zessionsvertrag als simuliert und daher an sich unwirksam betrachtet
werden muss. Es bleibt daher nur noch zu prüfen, ob der Vetlagte als
debitor cessus zur Erhebung der Simulationseinrede gegenüber dem Kläger
als simulierten Zessionar berechtigt sei. Diese im schweizerischen
Obligationenrecht nicht ausdrücklich gelöste Frage wird, wie die
Vorinstanz zutreffend aus-führt, in Theorie und Praxis verschieden
beantwortet. Es besteht neben den beiden extrem gegensätzlichen
Auffassungen, deren eine dem debiter eessus die fragliche Einrede
als exceptio ex jure tertii grundsätzlich versagt (so Schmid, Zession
II, S. 394 und neuestens da,Reichsgericht in seinen Entscheidungen,
Bd. L111, S. 417), während die andere sie ihm vorbehaltlos zuerkennt
(so z. B. Windscheid, Vaud. § 334, Note 1 und Regelsberger, Pandekten
I, § 1 11, III; Entscheidungen des R. O. Hand-G Bd. XXIV, Nr. 85,
für das gemeine; Oertman n, Kommentar z. BGB Anm. 5 zu § 404;
Schöninger, Forderungsabtretung zum Zwecke des Einzugs, im Archiv
für civilistische Praxis, Bd. LXXXXVI, S. 192 und 195 für das moderne
deutsche Recht; vergl. auch die Motive z. BGB: Mugdan, Materialien II,
S. 71), eine Mittelmeinung, nach welcher dem Schuldner die Einrede nur
zusteht, sofern er an deren Erhebung ein eigenes Interesse hat (siehe
Dernburg, Wand. II, S. 231, VetterPand. II, S. 140, Entscheidungen des
Reichsgerichts XXV, Nr. 43, Seufserts Archiv XXI, Nr. 43, XLIV, Nr. 17
und für das schweizerische Recht: Hafner, Kommentar zum OR, Anm. Z
zu Art. 189). Dieser letzteren vermittelnden Theorie nun ist insofern
beizutreten, als es sich jedenfalls rechtfertigt, im Sinne derselben dem
vom Zessionar belangten debitor cessus die Erhebung der Simulationseinrede
mit Bezug auf die Zession zuV. Ohligationenrecht. N° 15. 113
gestatten, sofern er nachzuweisen vermag, dass seine rechtliche
Stellung durch den simulierten Gläubigerwechsel verschlechtert
wird, und dass der simulierte Akt gerade auf diese seine rechtliche
Benachteiligung abzielt. Ein solcher Fall aber liegt hier vor. Die Vor-
jnstanz stellt in unanfechtbar-er Weise tatsächlich fest, dass die
Scheinzession der Ansprüche der Witwe Peter an den Kläger lediglich
zu dem Zwecke vorgenommen worden i, um Frau Peter und ihren Sohn im
Prozesse als Zeugen verwenden zu können, in welcher Eigenschaft sie in
der Tat auch beigezogen worden find. Hierin aber muss eine rechtliche
Benachteiligung des Beklagten erblickt werden, da, wie der kantonale
Richter verbindlich erklärt, eine solche Beiziehung jener Personen auf
Grund der wirklichen Sachlage, wonach die streitigen Ansprüche der Frau
Peter selbst zustehen, nicht zulässig gewesen ware, dem Beklagten somit
durch die fragliche Scheinzesston ein prozessuales Verteidigungsmittel,
an dessen Verwendung er zweifellos ein Jnteresse hat, da die Aus-sagen der
Witwe Peter und ihres Sohnes möglicherweise für den Ausgang des Prozesses
von entscheidender Bedeutung sein können, verschaltet worden ist.
6. Die vorstehenden Erwägungen führen dazu, die Klage mit der kantonalen
Instanz wegen Mangels der Parteilegitimation des Klägers abzuweisen;
es erscheint daher die Berufung dieses letzteren als unbegründet.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Die Berufung des Klägers wird abgewiesen und damit das Urteil der
I. Abteilung des Appellationsund Kassationshofes des Kantons Bern vom
22. November 1904 in seinem angesochtenen Dispositive bestätigt
xxxl, 2. 1905 8