416 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IE. Abschnitt. Bundesgesetze.

III. Organisation der Bundesrechtspflege. Organisation judiciaire
fédérale.

77. Arten vom 12. Juki 1905 in Sachen CFinder & Janette und Genoser
gegen Regierungsrat azera.

Frist für den steeatsrechtèicîwn Releases, Art. 1 :78 2.3 OG. Tag der
Mitteilung .

Das Bundesgericht bat, in Erwägung :

Die Rekurrenten beschweren sich wegen Rechtsverweigerung und
Doppelbesteuerung über einen Steuerentscheid des Regierungsrates Bern
vom 13. Februar 1905. Dieser Entscheid ist dem Rekurrenten Rudolf
Linder in Basel von der Amtsschaffnerei Niedersimmenthal durch nicht
eingeschriebenen Brief mitgeteilt worden. Linder war unbestrittenermassen
legitimiert, für sämtliche Rekurrenten die Mitteilung in verbindliche-r
Weise entgegenzunehmen. Laut Notiz des Amtsschaffners auf dem mitgeteilten
Exemplar des Entscheides erfolgte die Zustellung am 20. Februar 1905. Am
27. Februar schrieb Linder an den Amtsschaffner: Unterm 20. Februar
teilen Sie mir mit, dass nach dem Regierungsbeschluss vom 13. Februar die
Firma Linder & Favetto . . . zu entrichten habe. Jch bekenne mich zum
Empfang dieser Mitteilung, die mir nach Rückkehr von einer mehrtägigen
Abwesenheit zukommt . . ." Der staatsrechtliche Rekurs ist am 27. April
zur Post gegeben worden. Er kann somit nach Art. 178 Ziff. 3 OG, und
zwar sowohl was den Beschwerdepunkt der Rechtsverweigerung, als auch was
denjenigen der unzulässigen Doppelbesteuerung (Amtl. Samml. d. bg. E. XXX,
1, S. 614) anbetrifft, nur dann als rechtzeitig erfolgt gelten, wenn
die Mitteilung des angefochtenen Entscheides an Linden: nicht vor
dem 26. Februar stattgefunden hat. Als Tag der Mitteilung im Sinne des
Art. 178 Ziff. 3 OG kann aber selbstverständlich nur der Tag in Betracht
kommen, da der den angefochtenen Entscheid ent-.... Organisation der
Bundesrechtspflege. N° 77. 417

haltende Brief in der Wohnung oder im Geschäftslokal des Linder von
der Post abgegeben worden ist, und nicht etwa der Tag, an welchem
{finder den Brief geöffnet oder tatsächlich von dessen Jnhalt Kenntnis
genommen hat. Nun kann aber als festgestellt betrachtet werden, dass die
Zustellung durch die Post im angegebenen Sinne vor dem 26. Februar erfolgt
ist. Einmal muss aus der Notiz des Amtsschaffners auf dem angefochtenen
Entscheid, die wegen ihres amtlichen Charakters-, jedenfalls bis zum
Beweise der Unrichtigkeit, vollen Glauben verdient, geschlossen werden,
dass die Absendung des Entscheides in Wimmis am 20. Februar erfolgt
ist; dann darf aber unbedenklich angenommen werden dass die Zustelluug
durch die Post in Basel aller Wahrscheinlichkeit nach am 21. Februar,
jedenfalls aber vor dem 26. Februar, stattgefunden hat. Hiefür spricht
auch die Antwort des Linder an den Amtsschaffner vom 27.Februar; denn
wenn darin gesagt isi,dass Linder nach mehriägiger Abwesenheit Kenntnis
von der Mitteilung erhalten habe, so kannv das doch nur dahin verstanden
werden, dass der Brief schon mehrere Tage da lag, von Linder aber erst
nach seiner Rückkehr am 27. Februar geöffnet wurde. Diesen Umständen
gegenùber, aus denen zwingend gefolgert werden muss, dass die fragliche
Mitteilung vor dem 26. Februar erfolgt ist, hätte von den Rekurrenten der
strikte Nachweis für eine spätere Zustellung erbracht werden müssen. Der
Möglichkeit eines solchen Nachweises hat sich aber Linder dadurch begeben,
dass er laut Mitteilung seines Anwaltes den betreffenden Briefumschlag
mit dem Poststempel des Empfangsortes Basel nicht aufbewahrt hat; -

erkannt: Auf den Rekurs wird wegen Verspätung nicht eingetreten
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 31 I 416
Datum : 12. Januar 1905
Publiziert : 31. Dezember 1905
Quelle : Bundesgericht
Status : 31 I 416
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 416 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IE. Abschnitt. Bundesgesetze. III. Organisation


Gesetzesregister
OG: 1  178
Stichwortregister
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