550 civilreehtsptl age.

der formellen Anwendung der neuen Statuten gilt hier ganz das gleiche
wie für das Jahr 1900. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts des
Kantons Schwyz vom 11/13. Juli 1904 bestätigt.

72. guten vom 23. Dezember 1904 in Sachen Honkursverwnltmtg Hamm,
Bekl. u. Hauptber.-Kl., gegen Frisan KL u. Anschlussber.-Kl.

Deckungsgeschäft: Eigentumsanspmche im Konkm'sesi. gestützt
auf ein-an Knie-efund Mietvertrag des K layers (als Käuferund
Vermieter) mit dem Gemeinschuldnffl". Ein-rede der Simulation und
des agere in fraudem legis. Kompetenz und Ueberpritfungsbefugeeis
des Bundesgericktsss. Art. 56 , 5 7, 81 OG. Darlehen mit verdeckter
Pfandîàesteiiung, oder armi-liebe? Kaufamd Miete-ertrag zur Sichee'emg
des Darlehens ?

A. Durch Urteil vom 6. September 1904 hat das Obergericht des Kantous
Aargau erkannt:

1. Die dem Kläger von Albert Humm, Bleicher im Riedtal zu Zofingen gemäss
Kaufvertrag vom 18. Januar 1901 verkauften, unter A I der Klage näher
bezeichneten Gegenstände sind, soweit sich diese Kauffachen noch bei
der Konkursmasse befinden, als Eigentum des Klägers erklärt.

2. Demgemäss werden diese Gegenstände als nicht zur Konkursmafie des
Albert Hamm gehör-end erklärt und ist die gegenteilige Verfügung der
Konkursverwaltnng vom 12. Dezember 1903 ansgehoben.

3. Der pro 190311904 laufende Mietzins mit 800 Fr. ist in V. Klasse des
Konkursprotokolls zu kollozieren.

B. Gegen dieses Urteils hat die Beklagte rechtzeitig und in
richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit den
Anträgen:IV. Obligationenrecht. N° 72. 551

1. In Aufhebung sämtlicher Dispositive des angefochtenen Urteils seien:

a) die Dispositive 1 und 2 des bezirksgerichtlichen Urteils zu bestätigen,
b. h. die Klagebegehren Nr. 1, 2, 3 und 4 als unbegründet abzuweisen
und Klagebegehren Nr. 5 in dem Sinne gutzuheissen, dass die Verfügung
der Konkursverwaltung, wonach das Darlehen von 10,000 Fr. in V. Klasse
kolloziert werde, aufrechterhalten und dahin ergänzt werde, dass der
laufende Zins pro 1903/1904 bis zur Konkurseröffnung ebenfalls in
V. Klasse kolloziert werde;

b) (Kosten.)

2. Für den Fall der Abweisnng von Begehren 1 seien die Dispositive 1
und 2 des obergerichtlichen Urteils dahin einzuschränken, dass dem
Kläger auch das Eigentumsrecht an der goldenen Damenuhr samt Kette
und an den Gegenständen abznerkennen sei, welche im Prozesse gegen die
Grundpsandgläubiger (Jakob Humm, Vater, und Spar: und Leihkasse Zofingen)
als im Grundpfandnerus inbegrissen erklärt wurden; ev entuell sei die
Sache zur Beurteilung dieser Punkte an die kantonale Instanz zurückoder
in ein neues Verfahren zu weisen.

C. Der Kläger hat sich der Berufung mit Bezug auf die Kosten angeschlos
en.

D. In der heutigen Verhandlung hat zunächst der Vertreter der Veklagten
seine Berufungsanträge erneuert.

Sodann hat der Vertreter des Klägers den Antrag auf Absvelilsung der
Berufung und Gutheissung der Anschlussberufung gete t.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. In dem am 30. September 1903 ansgebrochenen Konkurse des Albert
Humm, Färbers in Zofingen, hat der Kläger, Arzt Frikart daselbst, eine
Eigentumsanfprache an einer Anzahl Gegenstände und eine Mietzinsansprache
für das Jahr 1903 Von 800 Fr. geltend gemacht, gestützt aus folgenden,
vom Kläger mit Humm am 18. Januar 1901 abgeschlossenen und Kaufund
Mietvertrag überschriebenen Vertrag:

I. 1. Die Firma Albert Hamm in Zofingen verkauft die hienach genannten
Objekte: a) Zimmergerätschaftenz h) Goldwaren;

552 Civilrechtspflege.

c) Luxuswagenz d) Ackergerätschaftenz e) Vieh; f) Maschinen und Werkzeuge
an Cor. Frikart, Arzt in Zosingen, zum Preise von 10,000 Fr. . . . (folgt
Aufzählung der Gegenstände im einzelnen).

2. Die Besitzübergabe hat heute in dem Fabriketablissemente der
Firma Albert Humm in Zosingen stattgefunden unter Notifikation an die
schweizerische Mobiliarversicherungsgesellschaft in Bern.

3. Der Käuser räumt dem Verkäufer das Recht ein, die sämtlichen Verkauss
objekte jederzeit wieder zum Preise von 10, 000 31? zu erwerben

II. 1. Herr E. Frikart gibt sämtliche vorgenannte Verkaufsobjekte der
Firma Albert Hnmm in Miete zu einem jährlichen Mietzins von 800 Fr.,
zahlbar jeweils aus 18. Januar."

2. Der Mieter hat sämtliche in Miete genommenen Gegenstände sorgfältig
und rationell zu gebrauchen. Dabei hat er unbrauchbar gewordene sofort
zu ersetzen und beschädigie sofort zu reparieren, alles auf seine
eigenen Kosten

3 Das Mietverhältnis kann vor dem 18 Januar 1902 weder von der einen
noch von der andern Seite gekündet werden. Nachher kann dasselbe von
beiden Seiten je auf den 18. Juli und 18. Januar mit vorangehender
sechswöchentlicher Kündigung aufgehoben werden.

III. Die vorgenannten Gegenstände dürfen weder von der einen noch von der
andern Partei verpsändet werden, es sei denn, dass dies im Einverständnis
beider Teile geschehe.

Am Tage dieses Vertragsabschlusses hatten die Kontrahenten der
schweizerischen Mobiliarversicherungsgesellschaft vom Abschlnsse dieses
Vertrages Mitteilung gemacht. Die Konknrsverwaltung im Konkurse des Albert
Humm traf mit Bezug auf die Ansprache des Klägers am 12. Dezember 1903
folgende Verfügung: Die von Sym. E. Frikart, Arzt, geltend gemachten
Eigentumsansprüche wer-den bestritten und die daherigen Gegenstände
als Massagut erklärt, weil aus den Büchern des Konkursiten hervorgeht,
dass es sich im vorliegenden Falle um ein Darlehen handelt. Die 10,000
Fr. sind als verzinsliche Schuld und die fraglichen Gegenstände als
Vermögensobjekte eingetragen. Es wurde blossIV. Ohligationenrecht. N°
72. 553

diese Form gewählt, um die wahre Beschaffenheit des Vertrages (Faustpsand)
zu verbergen. Die Forderung von 10,000 Fr. wird in V. Klasse zugelassen,
abzüglich dem zuviel bezahlten ZinsDamit fällt der geforderte Mietzins
dahin. Der Kläger hat daraufhin innert Frist Klage erhoben mit den
Rechtsbegehren: 1. Die dem Kläger von Albert Humm, Bleicher im Riedtal
zu Zofingen gemäss Kaufvertrag vom 18. Januar 1901 verkauften sub
A I der Klage näher angegebenen Gegenstände seien als Eigentum des
Klägers zu erklären. 2. Demgemäss seien diese Gegenstände als nicht
zur Konkursmasse des Albert Humm vorgenannt gehörend zu erklären und es
sei die gegenteilige Verfügung der Konkursverwaltung vom 12. Dezember
1903 daher aufzuheben. 3. Es sei dem Kläger das Recht vorzubehalten,
gemais II. 2. des besagten Kansvertrages seine Rechte auf Entschädigung
wegen fehlenden oder verdorbenen Gegenständen nach Erledigung dieser
Sache gegenüber der Konkursmasse geltend zu machen und in V . Klasse
anzumelden. Dieser Vorbehalt sei auf allfällige Abschlagszahlungen aus
der Masse an die Gläubiger auszudehnen. 4. Es sei der pro 1903X4 laufende
Mietzins mit 800 Fr. in V. Klasse zu kollozieren. 5. Für den Fall, als
dem prinzipiellen Begehren sub 1 hievor nicht entsprechen werden sollte,
sei die Verfügung der Konkursverwaltung, dass 10,000 Fr. in V. Klasse
kolloziert werden, aufrecht zu erhalten und dahin zu ergänzen, dass der
laufende Zins pro 1903,-4 mit 800 Fr. ebenfalls in V. Klasse kolloziert
werde. . . . Die Beklagte hält der Klage die Einrede der Simulation,
eventuell des agere in fremdem legis, entgegen, und die erste Instanz
hatte diese Einrede in ihrem Urteil, dessen Wiederherstellung die
Beklagte mit Berufungsantrag 1 a verlangt, geschützt, und damit die
Eigentumsansprache des Klägers abgewiesen. Die II. Justanz dagegen
erachtet die Einreden der Beklagteu als unbegründet.

2. Gegenstand des vorliegenden Prozesses bildet die Eigentumsansprache des
Klägers an den im Vertrage vom 18. Januar 1901 bezeichneten Gegenständen
Da diese Gegenstände bewegliche Sachen sind und der Kläger sein
Eigentumsrecht auf einen mit dem bisherigen Eigentümer abgeschlossenen
Vertrag stützt, so ist die Vindikation nach eidg. OR zu beurteilen und
die Kompetenz des

554 Civilrechtspflege.

Bundesgerichts daher gegeben. Der Umstand, dass einzelne der zu Eigentum
angesprochenen Gegenstände als Zubehörden zu Liegenschasten bezeichnet
werden, schliesst die Kompetenz des Bundesgerichts hinsichtlich dieser
Gegenstände nicht aus; denn auch mit Bezug aus diese Gegenstände ist die
Frage nach dem Eigentumserwerb des Klägers nach dem eidg. OR, und nicht
nach kantonalem Recht zu entscheiden: auch wenn sie als Zubehörden von
Liegenschaften betrachtet werden müssten, und daher nach dem kantonalen
Hypothekarrecht und wie Liegenschaften verpfändet werden könnten,
so änderte das an ihrer rechtlichen Natur als bewegliche Sachen und
insbesondere daran nichts, dass sie nach den für den Eigentumserwerb an
beweglichen Sachen geltenden Grundsätzen vom Kläger zu Eigentum erworben
werden könnten.

3. Was sodann die Ueberprüsungsbefugnis des Bundesgerichts betrifft,
so ist das Schicksal der Klage, da die Veklagte ihr die Einrede
der Simulation und eventuell diejenige des agere in fremdem legis
entgegensetzt, vom Enscheide dieser Frage abhängig. Hiebei handelt es
sich zunächst bei der Einrede der Simula: tion um die Feststellung des
wirklichen innern Willens der Parteien, gegenüber dem erklärten Willen
bezw. gegenüber der Bezeichnung, die sie dem Vertrage gegeben haben; der
Richter hat diesen wirklichen innern Willen der Parteien festzustellen aus
dem Verträge selbst und aus den begleitenden Umständen. Die Entscheidung
hierüber nun kann nicht einzig und ausschliesslich dem Tatrichter
zustehen und damit dem Bundesgerichte entzogen fein; denn es handelt
sich hiebei überall Um die rechtliche Würdigung von Tatsachen, um die
Frage, welche rechtliche Bedeutung den festgestellten Tatsachen Wortlaut
der Vertragsurkunde, begleitende Umstände u. s. w. zukomme, welche
Rechtsfolgen, welches Rechtsgeschäft die Parteien in Wirklichkeit gewollt
haben. (Vergl. Urteil des Bundesgerichts vom 6. Mai 1893 i. S. Triefuss
gegen Trexler, A. S., XIX, S. 347, Erw. 4, wo das Bundesgericht ohne
weiteres die Frage, ob Simulation vorliege, frei geprüft hat; Urteil vom
25. Januar 1902 i. S. Brupbacher gegen Konkursmasse Brupbacher, A. S.,
XXVIII, 2, S. 56 f., Erw. ö, wo die Frage ex professo erörtert ist.)

4. Jst sonach auf die Sache einzutreten, und ist das
Bundes-IV. Obligaiionenrecht. N° 72. 555

gericht in deren rechtlichen Überprüfung überall frei, so ist zunächst
in tatsächlicher Beziehung hinsichtlich der Umstände, unter denen der
Abschluss des Vertrages vom 18. Januar 1901, der den Erwerbstitel für den
Kläger bildet, zustande gekommen, und der übrigen erheblichen Vorgänge
nach Vertragsabschluss folgendes an Hand der Akten als festgestellt zu
erachten: Vor Abschluss des Vertrages hatte Humm den Kläger um einen
Vorschuss ersucht. Wie der Kläger in seiner persönlichen Einvernahme vor
Bezirksgericht erklärte, fragte er den Humm zunächst an, wie er finanziell
stehe, worauf dieser antwortete, sein Haus sei bereits belastet, er könne
nur Fahrhabegegenstände gehen. Der Kläger liess dann durch Notar Hauri
den Vertrag aussetzen und auch die Übertragung der Versicherungspolize
auf ihn regeln. In dieser vom 6. Februar 1901 datierteu Polize sind die
fraglichen Gegenstände auf 14,400 Fr. geschätzt; die Versicherung wurde
auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen Humrn hat an den Kläger
laut von diesem ansgestellter Quittnng am 15. März 1902 den Zins für
8· Februar 1902, Und am 22. März 1903 den Zins für 1903 mit je 800
Fr. Bezahlt. über die Gegenstände speziell über das Vieh und über die
Werkzeuge, verfügte {mmm immer frei; die Versicherungsprämie wurde nach
wie vor von ihm bezahlt. Den Kaufpreis von 10,000 Fr. hat er in seinen
Büchern als Vorschuss" buchen lassen.

5. Da die zum Eigentumserwerb nötige Besitzesübertragung in casu durch
constitutum possessorium, auf Grund eines besondern Rechtsgeschäftes,
nämlich durch Abschluss eines Mietvertrages, stattgefunden hat und
eine Unwirksamkeit dieser Vesitzesübertragung wegen Benachteiligung der
Rechte Dritter von der Beklagten mit Recht nicht behauptet worden ist,
fragt es sich einzig, ob der wirkliche Wille der Parteien auf Abschluss
eines Kaufgeschäftes und damit auf Übertragung des Eigentums an den
Kläger zu vollem Rechte und Genuss gerichtet gewesen sei, oder ob
die Parteien nicht vielmehr bloss die Form eines Kaufgeschäftes mit
anschliessendem Mietvertrag gewählt haben, um ein nach ihrer Ansicht
unwirksames Rechtsgeschäst dadurch zur Geltung zu bringen, dass sie ihm
den Anschein eines wirksamen Geschäftes gaben. In dieser Beziehung geht
nun vorab aus den Akten zur Gewissheit

556 Civilrechtspflege.

hervor, dass der wirtschaftliche Zweck, den die Parteien zu erreichen
strebten, nicht der eines Güteraustausches, der Erwerbung von Sachen
gegen Leistung eines Kauspreises, war, sondern dass die Absicht auf
Hingabe einer bestimmten Geldsumme gegen Sicherstellung durch Einräumung
dinglicher Rechte an Sachen des Geldnehmers ging, also wirtschaftlich ein
Darlehen mit Sicherstellung des Geldgebers bezweckt war. Denn der Käufer"
hatte an sich keinen Anlass, die fraglichen Gegenstände, die für ihn,
als Arzt, ja zum grossen Teil unbrauchbar waren und die er auch nicht
etwa zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs konnte erwerben
woflen, zu kaufen, sondern es verhielt fici), wie der Kläger selbst
sagt, so, dass Humrn ihn um ein Darlehen anging und dass ein Kauf nur um
deswillen abgeschlossen wurde, um dem Kläger für das dahingegebene oder
dahinzugebende Geld Realsicherheit zu bieten. Wenn aber die ursprüngliche
Absicht der Parteien auf ein Darlehen mit Realsicherheit ging, so lag es
in dieser Absicht, dass der Geldnehmer zur Rückerstattung verpflichtet
werden sollte und dass gegen die Rückerftattung des Geldes die dinglichen
Rechte, die dem Geldgeber einzuräumen waren, dahinfallen sollten. Diese
ursprüngliche Absicht der Parteien deutet nicht auf den Willen, die zur
Sicherheit des Geldgebers diesem zu überlassenden Gegenstände ihm zu
vollem Recht und Genuss, als (Eigentum, zu übergeben, sondern auf den
Willen, sie ihm als Pfänder zu bestellen, und es könnte sich ernstlich
fragen, ob nicht schon wegen dieser ursprünglichen Absicht der Parteien
das Vorhandensein eines Darlehens mit Pfandbestellung und nicht eines
ernstlich gemeinten Kaufvertrages anzunehmen sei. Indessen hat das
Bundesgericht in seinem schon zitterten Urteile in Sachen Triefus
gegen Drerler wo es sich ebenfalls um einen Kaufund Mietvertrag zum
Zwecke der Sicherstellung einer Forderung des angeblichen Käufers und
Vermieters handelte erklärt, aus der Tatsache allein, dass das Geschäft
zum Zwecke der Sicherstellung einer Forderung des Klägers (Raus-WB)
abgeschlossen worden sei, folge nicht, dass der Wille der Parteien nicht
auf Kauf und Eigentumsübertraguug, sondern auf Verpfändung gerichtet
gewesen sei; der gedachte Zweck schliesse an sich die Ernstlichkeit des
Kaufund Eigentumsübertragungswillens nicht aus; trotz dieses Zweckes
könnenKV. Obiigationenrechî. N° 72. 557

vielmehr die Rechtsfolgen von Kauf und Eigentumsübertragung ernstlich
gewollt sein Wird von diesem Grundsatze den das Bundesgericht stets
festgehalten hat ausgegangen, so kann der Umstand allein, dass der
Vertrag dem Verkäufer Humm in Art. I 3 das Recht des jeder-zeitigen
Rückerwerbes der Gegenstände zum Preise von 10,000 Fr. gab, zur Annahme
des Sirnulationswillens nicht als genügend erscheinen, sondern es
ist im weitern an Hand der übrigen Bestimmungen des Vertrages und
in Berücksichtigung der begleitenden Umstände zu erforschen, ob
wirklich trotz jenes wirtschaftlichen Zweckes und der ursprünglichen
Absicht der Parteien, doch die Rechtswirkungen eines Kaufes Und
einer Eigentumsübertragung gewollt waren. Das muss nun verneint
werden. Zunächst ist hier von Bedeutung Ziffer II 3 des Vertrages, wonach
das Mietverhältnis" nach Ablauf einer gewissen Zeit der Unkündbarkeit
von jedem Teil, also auch vorn Geldgeber, dem angeblichen Käufer und
Vermieter, gekündigt werden kann. Denn da es sich bei der Mehrzahl
der fraglichen Gegenstände Maschinen, Werkzeuge, Ackergerätschaften
um Gegenstände handelt, deren der angebliche Verkäufer und Mieter
zur Ausübung seines Berufes notwendig bedarf, so kann der angebliche
Vermieter den Mieter durch Ausübung des Kündigungsrechts zur Einlösung der
verkauften Gegenstände zwingen, ihm m. a. W. die Geldsurnme aufkünden
ganz gleich, wie wenn es sich um ein Darlehen handeln würde. Dass der
Verkäufer" nicht im Stande gewesen ware, für den Ersatz durch Ankan
anderer Maschinen zu sorgen, zeigt die Tatsache, dass er den Kläger um
ein Darlehen angehen musste, sowie sein späterer Zusammenbruch Und wenn
vollends, wie es hier der Fall ist, Nutzen und Gefahr der "Kaufiache nicht
etwa auf den Käufer übergehen, sondern beim Verkäufer bleiben, so bleibt
an dem Kaufgeschäft nicht mehr viel übrig als die äussere Form, während
Überall die Rechtswirfangen nicht nur die wirtschaftlichen Wirkungen eines
Darlehens mit Pfandbestellung angestrebt und zugesichert, also von den
Parteien gewollt find. Dass die Gefahr der Sachen beim Verkäufer blieb,
zeigt der Umstand, dass nach der eigenen Aussage des Klägers der Mieter
verpflichtet war, abgehende Gegenstände auf seine Kosten zu ersetzen,
ohne Rücksicht auf ein Ver-

558 Civilrechtspflege.

schulden desselben Von Wichtigkeit hiefür ist die Aussage des Klägers
selber, dahingehend: Wenn ein Stück Vieh ohne Verschulden Humms zu Grunde
ginge, so wäre es nach unserer Ausfassung zu Lasten Humms gewesen Hierin
liegt aber der entscheidende Unterschied zwischen dem heutigen Fall
und dem Falle Lawinsky gegen Schneebeli (A. S., XX, 1079 ff.), den der
Kläger zu Unrecht zu seinen Gunsten anruft. Sodann hat [Dumm nach der
nicht aktenwidrigen und von der II. Jnstanz nicht widerlegten, gegenteils
mit Humms und des Klägers Aussagen übereinstimmenden, Feststellung der
I. Instanz sich stets wie ein Eigentümer hinsichtlich der fraglichen
Gegenstände benommen. Zu diesen entscheidenden Umständen kommen noch
die weiteren, von der I. Jnstanz und von der Minderheit der II. Instanz
angeführten hinzu: dass der Kausspreis in den Büchern Humms als Vorschu
gebucht war; dass Hamm nach wie vor die Mobiliarversicherung zahlte;
und endlich der Umstand, dass der Kauspreis von 10,000 Fr. dem wahren
Werte der Gegenstände nicht entsprach. Alle diese Umstände lassen
daraus schliessen, dass die Parteien zwar wohl die Absicht hatten,
den angesirebten Zweck der Sicherung wenn möglich aus dem Wege des
Kausvertrages mit Mietvertrag zu erreichen, dass sie sich aber doch
nicht dazu entschliessen konnten, die Rechtswirkungen des Kaufes
herbeizuführen, sondern dass sie bei einer solchen Gestaltung des
Vertragsverhältnisses stehen geblieben sind, wie sie dem Darlehen mit
Psandverschreibung eigen ist, dass also ihr wirklicher Wille auf dieses
Rechtsgeschäst gegangen ist und sie vom Kaufe nur die äussere Form,
nicht das innereWesen gewollt haben. Der Umstand, dass der Kläger später
(im Jahre 1902) dem Hunnn ein Darlehen gegen Psandbestellung gemacht
hat, beweist natürlich für den wirklichen Willen der Parteien beim
vorliegenden Rechtsgeschäft nichts. Ebensowenig ist ausschlaggebend,
dass der Kläger dem Humm nie gesagt haben will mit Ausnahme bezüglich
des Viehes , er könne als Eigentümer schalten und walten wie er wolle,
und dass er sagte, er habe selbstverständlich den Vertrag als Kausvertrag
aufgefasst, und alles Interesse gehabt, den Kauf ernst zu nehmen. Die
Einrede der Simulation ist danach begründet, was die Aufhebung des
angesochtenen und die Wiederherstellung des bezirksgerichtlichen Urteils-
IV. Obligationenrecht. N° 73. 559

zur Folge hat. Die Anschlussberufung des Klägers fällt damit ohne
weiteres dahin.

Demnach hat das Bundesgericht, in Gutheissung der Berufung der Beklagten
und in Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Aargau vom
6. Sep-

tember 1904, erkannt:

1. Die Klagebegehren 1, 2, 3 und 4 werden als unbegründet abgewiesen.

2. Das Klagebehren 5 wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die Verfügung
der Konkursverwaltung, wonach das Darlehen von 10,000 Fr. in V. Klasse
kolloziert wird, ausrechterhalten und dahin ergänzt wird, dass der
laufende Zins pro 1903J4 bis zur Konkurseröffnung ebenfalls in V. Klasse
kolloziert wird.

73. guten vom 24. Dezember 1904 in Sachen zwingen Rek. u. Ber.-Kl.,
gegen Donnrer-malte Hofmann, Rekursgegnerin u. Ber.-Bekl.

Zulässigkeit der Berufung; Berufung gegen einen im
Vollstreckungs-verfahren ergangenen Entscheid über Festsetzung ,
des Schadenererztzes fd?" Nichtieersmsgabz ein-Ps Schuldbre'efes,
zu dessen Herausgabe der Beklagte in Gutheissung einer
Anfechtungslclage verurteilt worden ist. Hauptu-rtee'è, Art. 58
OG? Cie;ilrech-tssti'eitigkeit. Anwendbarkeit eidg. Rechtes? Art. 291
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 291 - 1 Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
1    Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
2    Bestand die anfechtbare Rechtshandlung in der Tilgung einer Forderung, so tritt dieselbe mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder in Kraft.
3    Der gutgläubige Empfänger einer Schenkung ist nur bis zum Betrag seiner Bereicherung zur Rückerstattung verpflichtet.

SchKG, Afef. MO fi". OR. Verhältnis dieser Bestimmt-engen zu den
Bestimmungen kantonale? Prozessgesetze über das Vollst-reckungsverfah-rm.

Das Bundesgericht hat, da sich ergeben:

A. Durch Beschluss vom 27. September 1904 hat die I. Appellationskammer
des Obergerichts des Kantons Zürich dahin entschieden:

Der Rekan wird teilweise als begründet erklärt und demgemäss Dispos 1 des
angefochtenen Beschlusses dahin abgeändert, dass die Bestimmung betreffend
die Zinsen (5 % seit L. Mai 1902) gestrichen wird. Im Übrigen wird das
Dispositiv des Beschlusses vom 9. Juli 1904 in allen Teilen bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 30 II 550
Datum : 11. Juli 1904
Publiziert : 31. Dezember 1904
Quelle : Bundesgericht
Status : 30 II 550
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 550 civilreehtsptl age. der formellen Anwendung der neuen Statuten gilt hier ganz


Gesetzesregister
OG: 5  56  58
SchKG: 291
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 291 - 1 Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
1    Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
2    Bestand die anfechtbare Rechtshandlung in der Tilgung einer Forderung, so tritt dieselbe mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder in Kraft.
3    Der gutgläubige Empfänger einer Schenkung ist nur bis zum Betrag seiner Bereicherung zur Rückerstattung verpflichtet.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
darlehen • bundesgericht • wille • eigentum • frage • beklagter • simulation • eigentumserwerb • vieh • konkursmasse • konkursverwaltung • arzt • zins • vertragsabschluss • wirklicher wille • bewegliche sache • werkzeug • geld • entscheid • ersetzung
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