530 Civilrechtspflege.

dieser Umstände kann nicht unter das übrigens von den Vorinstanzen nach
freiem Ermessen, von dem ohne Not abzuweichen das Bundesgericht keinen
Grund hat, festgesetzte Mass heruntergegangen werden. Demnach hat das
Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und damit das Urteil der
II. Appellationskammer des Qbergerichts des Kantons Zürich Vom 20. August
1904 in allen Teilen bestätigt.

71. germe vom 26. Vereint-er 1904 in Sachen Hulin und Guggenheim,
RI. u. Ber.-Kl., gegen Verlangens-kalt geenziger & glie gt,-{H.,
Bekl. u. Ber.-Bekl.

Zulassung von Rechtsgutachten und Gutachten allgemeiner technischer
Natur über den Rechtsstreit beschlagende Fragen vor Bundesgericht.
Art. 80 OG. Kompetenz des Bundesgerichts zur Prüfung der Einrede
der abgeurteilten Sache. Abgrenzung von kantonale-m {Prozess- und
eidgenössischem (materiellem) Recht. Art. 56 und 57 OG. Identität
des Stflreitgegenstundes bei früherer Leistungskiuge auf Auszahlung
eines Dinidenéenanspmehes fur das Rechnungsjnhr i 900, gestützt auf
die Aufhebung eines Generalversammlungsbeschlusses hierüber, späterer
Klage auf Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlmses das gleiche
Beclmungsjahr betreffend ? Anfechtung von Generaiversammlungsbechlüssen
einer Aktiengesellschaft betr. Statutenänderung und Verteilung des
Beingewinns. Statutenwiatrigkeit und Verletzung wohle'mvarbener
Rechte? Art. 627 OB. Statutenanslegnng und rechtliche Wii-rdigung
tatsdcklichee' Vorgänge

A. Durch Urteil vom 5. Dezember 1903 hatte das Bezirks-gericht Einsiedeln
über die Rechtssrage: --

Ist nicht gerichtlich zu erkennen:

a) Es seien die Generalversammlungsbeschlüsse der beklagtischen
Aktiengesellschaft vom 17. Oktober 1902 betreffend Vorlage und Behandlung
der Jahresrechnungen und der Bilanzen der Rechnungsjahre 1900 und 1901
als statutenund gesetzwidrig auf-

nzuheben ;IV. Obiigationenrecht. N° 71. 531

b) es sei die beklagtische Aktienge ell at ver ' Klägern den auf ihren
Aktienbefitz gezüsjiicfh der szigheitedRTchk nungsjahre 1900 und 1901
entfallenden Reingewinn gemäss den vom 27. April 1897 datierten Und
unterm 18. Juni 1900 revidierten Statuten in bar auszuzahlen ? erkannt:

Die Rechtsfrage des Klägers ist verneinendentschieden

Aus Appellation der Kläger und Anschlussappellation der Beklagten hat
hierauf das Kantonsgericht des Kantons Schwtr mit Urteil vom 11./13. Juli
1904 dieses Urteil bestätigt. 6

B. gegen das Urteil des Kantonsgerichts haben die Kläger rechtzeitig
und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit
dem Antrage: si

J)n dgängicher Gutheissung der Klage seien

a _te eneralversammlungsbeschlù"e der bekla t' ' gesellschaft vom
17. Oktober 1902 betisesfend Vorlaäxskiidl BETTlung der Jahresrechnungen
und der Bilanzen der Rechnungsjahre 1900 und 1901 als statutenund
gesetzwidrig aufzuheben

b) es sei die beklagtische Aktiengesellschaft verpflichtet, den Klägern
den auf ihren Aktienbesitz bezüglich der beiden RechnungsJahre 1900 und
1901 entfallenden Reingewinn gemäss den vom 27. April 1897 datierten
und unterm 18. Juni 1900 revidierten Statuten in bar auszuzahlen

C. Der Vertreter der Kläger hat ein Guta ten von r " Wach in Leipzig
über die Wirkungen des Pckozessabstaxegfeiig ein solches von Professor
Schär in Zürich über die kaufmännischen und technischen Fragen dieses
Prozesses zu den Akten gegeben. Von diesen Gutachten sind dem Vertreter
der Beklagten Abschriften zugeftellt worden.

D. In der heutigen Verhandlung hat der Kläger Guggenheim namens des
Klägers Nr. 1 und in seinem eigenen Namen die Berufungsanträge wiederholt

Der Vertreter der Beklagten hat den Antrag auf Bestätigung des
angefochtenen Urteils gestellt. Hiebei hat er gegen die Berücksichtigung
der beiden von der Gegenpartei neu eingelegten Gutachten Protest
eingelegt.

532 Civih'echtspflege.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Folgende Vorgänge liegen dem heutigen Prozesse zu Grunde:

a) Im Jahre 1897 wurde die Kommanditgesellschaft Benziger & Cie. in
Einsiedeln in eine Aktiengesellschaft unter der Firma Verlagsanstalt
Benziger & Cie., A. G. in Einsiedeln umgewandelt Laut Übergangsvertrag
übertrug die alte Gesellschaft an die neue alle Aktien gemäss
Inventar-Bilanz-Aufstellung die gesamten in Einsiedeln, Gross, Enthal,
Waldshut und Köln gelegenen Fabrikationsund Handelsetablissemente
nebst allen zugehörigen Grundstücken, Mobilien und Rechten; Benziger
& Eie. behielten sich einzig die Weiterführung des in Einsiedeln
betriebenen Devotionalien-Detailverkaufsgeschäftes vor. Aus den Statuten
der Aktiengesellschaft vom 26. April 1897 und 3. Dezember 1900 sind
folgende Bestimmungen hervorzuheben: Nach § 14 dieser Statuten fallen in
die Kompetenz der Generalversammlung die ordentliche Generalversammlung
hat jeweilen (§ 13) vor dem 30. Juni stattzufinden u. a. (litt. g)
Abnahme und Genehmigung der Jahresrechnung und der Bilanz und
damit verbunden DechargeErteilung an den Verwaltungsrat ; litt. h:
Beschlussfassung über Verwendung des Reingewinnes (beides, g und h,
nach vorheriger Entgegennahme des Berichtes der Rechnungsrevisoren).
§ 24 legt in die Kompetenz des Verwaltungsrates: (1)Feststellung der
Detail-Jnventur-Normen unter Beachtung der bezüglichen Bestimmungen von
§ 32 gegenwärtiger Statuten, sowie Feststellung der Jahresrechnung mit
Bilanz, Begutachtungder Abschreibungen, Referveeinlagen und Dividenden
..... Uber Rechnungsabschluss und Gewinnverteilung bestimmen §
32: Die Jahresrechnung wird jeweils per 31. Dezember abgeschlossen.
Auf diesen Zeitpunkt wird alljährlich von der Direktion zu Handen des
Verwaltungsrates ein allgemeines Inventar aufgenommen und die Bilanz
erstellt. Dabei sollten unter Berücksichtigung von Art. 656
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 656 - 1 Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
1    Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
2    Die Vorrechte können sich namentlich auf die Dividende mit oder ohne Nachbezugsrecht, auf den Liquidationsanteil und auf die Bezugsrechte für den Fall der Ausgabe neuer Aktien erstrecken.
OR die
unten aufgezählten Grundsätze gelten, immerhin in dem Sinne, dass die
Abänderung solcher Grundsätze und Normen unter steter Beobachtung des
Art. 656
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 656 - 1 Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
1    Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
2    Die Vorrechte können sich namentlich auf die Dividende mit oder ohne Nachbezugsrecht, auf den Liquidationsanteil und auf die Bezugsrechte für den Fall der Ausgabe neuer Aktien erstrecken.
OR im übrigen (laut § 12 gegenwärtiger Statuten) in der Kompetenz
der Generalversammlung liegt. a) . . . (folgt Aufzählung der Inventurund
Bilanznormen). % 38. Der nach Abzug allerIV. Obligaiionenrecht. N° 71. 533

Um-often und den laut § 32 festgesetzten jährlichen Abschreibungen sich
ergebende Reingewinn wird wie folgt verwendet: &) ä 0/O vom Gewinn in
Reservefonds bis und solange derselbe 10 % des Aktienkapitals erreicht
hat; dann b) bis 7 oO Voraus-Dividende vom Gesamt-Aktien-Kapital an die
Aktionäre; ..... § 12 der Statuten, dem in § 32 gerufen iii, verlangt
für StatutenÄnderungen, Änderungen der Normen für die anentur im Sinne
der Einleitung zu § 32 gegenwärtiger Statuten eine qualifizierte Mehrheit

b) Der Jnventnr-Abschlnss per 31. Dezember 1900 wies in der
Schluss-Rekapitulation sämtlicher Aktiound Passivbeftände einen
Reingewinn von 85,531 Fr. 32Ets. auf, der in der Rekapitulation der
Nettowerte als Gewinusaldo figuriert. In seinen Erläuterungen zum
Jnventurabschluss, d. d. 28. März 1901, bemerkte der Verwaltungsrat,
diese Jnventurzusammenstellung weise gegenüber frühem den Unterschied
auf, dass darin alle Warenriickstellungen, normgetnässen Entwertungen,
bezw. Amortisationen der Holzstöcke, ze. ze. und ausserdem die
statutarischen Abschreibungen zum Ausdruck gelangen. Der Bericht der
Kontrollstelle, vom Mai 1901, drückte sich wie folgt aus: Betreffend
Verteilung des angeführten Reingewinnes können die Unterzeichneten
sich nach Prüfung der wirklichen Vermögenslage des Geschäftes nicht
veranlasst sehen, Auszahlung einer Dividende zu beantragen Art. 656
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 656 - 1 Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
1    Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
2    Die Vorrechte können sich namentlich auf die Dividende mit oder ohne Nachbezugsrecht, auf den Liquidationsanteil und auf die Bezugsrechte für den Fall der Ausgabe neuer Aktien erstrecken.
OR
stellt als Grundprinzip für die Aufstellung der Bilanz die Forderung auf,
dass diese dem wirklichen Vermögensbestand zu entsprechen habe. Art. 32
der Gesellschafts-statuten präzisiert im besondern, dass Holzschnitte,
Clichäs . . . . je nach Aussicht auf Verwendbarkeit in Ansatz zu bringen
seien. Diesen beiden Erfordernissen ist u. (E. in der vorgelegten Bilanz
und auch nach den vom Verwaltungs-rat aufgestellten Normen zu wenig
entsprochen ..... Wir beantragen daher der Generalversammlung nach §
12 der Gesellschaftsstamten, die vom Verwaltungsrate für die Jnventur
aufgestellten Normen zu ändern im Sinne weiterer Abschreibungen wenigstens
in der Höhe des jetzigen Attivsaldos ..... Der Aktivsaldo würde damit
dahinfallen, folgerichtig auch die Dividendenauszahlung Abgesehen von
diesem Standpunkt ist es aber überhaupt unmöglich, eine Divi-

534 Civili'echtspflege.

dende auszubezahlen, indem keine Geldmittel zur Verfügung stehen .....
Der Verwaltungs-rat diskutierte diesen Bericht in seiner Sitzung vom
11. Juni 1901; er gelangte nach längerer Diskussion zu den Anträgen:
1. Gestützt auf den Bericht der Kontrollstelle und in Anbetracht der
derzeitigen Finanzlage des Geschästes wolle die Generalversammlung die
Ausrichtung einer Dividende aus dem Aktivsaldo pro 1900 nur Unter der
Bedingung beschliessen, dass die derzeitigen Obligationäre sich mit der
Sistierung der Rückzahlungen von 1901/1906 auf 1903/1908 einverstanden
erklären. Dabei solle eine solche eventuelle Dividenden- auszahlung in
erster Linie aus dem Dividendenreservefonds von 29,6?4 Fr. 84 Cts. und zum
Rest vom diesjährigen Gewinnsaldo hergenommen werden. 2. Für den Fall,
dass der Antrag des Verwaltungsrates ..... von der Generalversammlung
acceptiert wird, wolle dieselbe weiterbeschliessen, dass der Rest
des Aktivsaldos nach Vornahme der statutarischen Einlage in den
Reservefond zu Abschreibungen aus dem Verlagsmobiliar verwenbet werden
solle. 3. Antrag aus Annahme und Genehmigung der Jahresrechnung Und Bilanz
durch die Generalversammlung und damit verbundener Decharge-Erteilung an
den Verwaltungstät. 4. Die Generalversammluug wolle beschliessen, der
Verwaltungsrat solle von ihr aus beauftragt sein, auf dem Mobiliarkonto in
der ihm gutscheinenden Weise die im Revisionsbericht erwähnte einmalige
Abschrift von 410,287 Fr. 87 Cts., sowie eine weitere eventuelle
Abschrift im Sinne des vorstehenden Antrages des Verwaltungsrates,
aus dein Reste des diesjährigen Gewinnsaldos herrührend, von sich aus
definitiv und selbständig aus ihm gutscheinenden Aktivposten ein für alle
mal abzuschreiben. In der Generalversammlung vom 28. Juni 1901 wurde
zunächst mehrheitlich der Antrag 4 des Berwaltnngsrates angenommen,
aber mit Aufnahme eines Amendements Stoffel-Benziger, dahingehend: Der
scheinbare Gewinnsaldo sei den wirklichen Verhältnissen entsprechend
nicht als Gewinnsaldo zu behandeln, sondern unter Hinweis auf die
Ausführungen der Kontrollstelle in ihrem Berichte und . . . . auf das
Protokoll des Verwaltungsrates vom 11. Juni 1901 . . . zu Abschreibungen
zu benutzen und es sei damit von Auszahlung einer Dividende Umgang zu
nehmenIV. Obligationenrecht. N° 71. _ 535

c) Mit Schreiben vom 10. Juli 1901 teilte der heutige Kläger
Dr. Kälin-Benziger, der Besitzer von 54 Aktien (à, 5000 Fr.) war und
an der Generalversammlung nicht teilgenommen hatte, dem Präsidenten des
Verwaltung-states mit, dass er diesen Beschluss der Generalversammlung
anfechten merde. In der Folge verständigten sich die Parteien aus
Bestellung eines Schiedsgerichts, und der heutige Kläger Kälin erhob unter
dem 15. Februar 1902 an das Schiedsgericht Klage mit den Rechtsbegehren:

1) Es sei der Beschluss der Generalversammlung der Verlagsanstalt Benziger
& Eie. A.-G. in Einsiedeln vom 28. Juni 1901, der dahingeht, dass für das
Rechnungsjahr 1900 keine Dividende verteilt werde, weil statutenwidrig,
zu kassieren.

2) Der Verwaltungsrat der Verlagsanstalt Benziger & Eie. in Einst-edeln
sei durch das Schiedsgericht anzuweisen, eine neue Generalversammlung
einzuberufen, welche dem Kläger für das Rechnungsjahr 1900 eine den
Statuten entsprechende Dividende zu dekretieren habe und zwar unter
Androhung, dass im Unterlassungsfalle derselbe berechtigt sei, der
Beklagten gegenüber für 54 Aktien eine Forderung von 10,800 Fr. (4 0/0
von 270,000 Fr.) geltend zu machen.

Das Schiedsgericht hiess in seinem Urteile vom 18. Juni 1902 das erste
Klagebegehren gut und hob demgemäss den Beschluss der Generalversammlung
vom 28. Juli 1901 betreffend die Verwendung des Gewinnsaldo zu
Abschreibungen- als statutenwidrig aus-. Das Schiedsgericht ging dabei
von der Erwägung aus, dass der Beschluss der Generalversammlung gegen
die Statuten verstosse, indem die Grundsätze für Aufnahme der Juventur
und Bilanz teils durch § 82 der Statuten genau normiert seien, teils die
Feststellung der Ansätze für die vorzunehmenden Abschreibungen durch §
32 in die Kompetenz des Verwaltungsrates gelegt sei; dass ferner die
vorgenommenen Abschreibungen den Statuten entsprechen und dass, soweit
die Bemessung der Abschreibungen dem Verwaltungsrate überlassen sei,
dieser sich nicht zur Vornahme weiterer Abschreibungen veranlasst
gesehen habe. Dagegen wurde das zweite Klagebegehren als unbegründet
abgewiesen, und zwar mit der Begründung, dass mit der Aufhebung des
Generalversammlungsbeschlusses betreffend Nichtverteilung einer Dividende
auch der Beschluss be-

536 Civilrechtspflege.

treffend Genehmigung der Jahresrechnung hinfällig geworden sei; die
Generalversammlung habe daher neuerdings über die Jahresrechnung
zu beschliessen, sei es, dass sie dieselbe so, wie sie ihr vom
Verwaltungsrate vorgelegt wurde, genehmigen, oder sie zu erneuter
Prüfung an den Verwaltungs-rat zurückweisen, oder endlich von sich
aus eine Abänderung der in H 32 enthaltenen Grundläge beschliessen und
danach die Rechnung modifizieren will. Die Statuten und das Gesetz fährt
das schiedsgerichtliche Urteil fort Mbieten keinen Anhalt dafür, dass
ihr nicht auch das letzterwähnte Recht zustehe, solange die Rechnung
noch nicht abgenommen ist. Erst wenn dies geschehen und der Reingewinn
damit festgestellt ist, kann von einem Anspruch des Klägers auf die
Dividende (d. h. den auf feinen Aktienbesitz entfallenden Anteil
an demselben) die Rede sein. In einem Entscheid über ein vom Kläger
Kälin gegen dieses Urteil eingereichtes Erläuterungsbegehren, das zwar
als unbegründet abgewiesen wurde, stellte das Schiedsgericht immerhin
ausdrücklich fest, dass es dem Kläger vorbehalten sei, feinen Anspruch
auf Dividende neuerdings klageweise geltend zu machen, nachdem die neue
Generalversammlung über das Jahresergebnis pro 1900 Beschluss gefasst
und den Reingewinn in ftatutenmässiger Weise festgestellt haben werde;
die Verwerfung eines Anspruchs als zur Zeit nicht bestehend und das
sei der Sinn der Abweisung des zweiten Klagebegehrens -habe nicht zur
Folge, dass der Anspruch, wenn er später zur Existenz gelange, nicht
mehr geltend gemacht werden könnte.

d) Am 20. August 1902 leitete der Kläger Kälin, nach erfolgloser
Betreibung der Beklagten für seinen Dividendenanteil pro 1900, eine neue
Klage ein vor Vermittleramt Einsiedeln über die Nechtsfrage:

Ist nicht die Verlagsanstalt Benziger & Cie. A.-G. in Einsiedeln
verpflichtet, dem Kläger 8748 Fr. nebst Zins zu 5 % seit 21. Juli 1901
zu bezahlen?

Die Beklagte trug auf Abweisung der Klage an und erhob gleichzeitig
vorfragsweise die Einreden der Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts
und der abgeurteilten Sache. Unter dem 15. April 1903 gab der Vertreter
des Klägers in diesem Prozesse, der heutige Mitkläger Dr. Guggenheim,
folgende schriftliche Erklärung ab zur Einrede der abgeurteilten
Sache:IV. Obligationenrecht. N° 71. 537

Wir anerkennen jene Einrede als im Zeitpunkte der Einleitung der Klage
begründet und erklären in diesem Sinne den Abstand vom Prozesse-

Bezüglich der materiellen Begründetheit der Klage wahren wir an aber
alle und jede Rechte und es soll die vorwürfige Abstandserklärung
jene materielle Begründetheit unseres Klagepetitums in keiner Weise
präjudizieren.

Die Beklagte behaftete den Kläger Kälin mit (Ill.) Prozesseingabe vom
25. April 1903 bei seinem Abstand, Unter gleichzeitigem Protest gegen die
dabei gemachten Erklärungen und Vorbehalte, die sie als ungesetzlich und
bedeutungslos- zurückwies; gleichzeitig stellte sie ihre Kostenforderung
Unter dem 5. Dezember 1903 verurteilte das Bezirksgericht Einsiedeln
in diesem Prozesse den Kläger zur Bezahlung der gerichtlichen und
Parteitosten

e) Inzwischen war mit Bezug auf das schiedsgerichtliche Urteil und die
Rechnungsablagen pro 1900 und 1901 folgendes vorgegangen: --

1) Arn 10. September 1902 fand eine Sitzung des Verwaltungsrates
statt über die Behandlung der Rechnungsablage für die genannnten
Jahre. Als Traktandum lag dieser Sitzung u. a. vor eine Zuschrift der
Verwaltungs-rette Beat Stoffel, Jos. Keel und Dr. Janggen vom 2. gl. Mts.,
welche vorschlug: 2. Gemäss è 12 und in Anwendung der geänderten Statuten
und Normen lt. F 29 neuer Fassung und mit Rücksicht auf die zu niedern
Abschreibungen und zu hohen Bemerkungen der Aktivposten der seinerzeit
vorgelegten Rechnung pro 1900 beschliesst die Generalversammlung: Auf der
Jahresrechnung pro 1900 resp. deren Aktivposten weitere Abschreibungen
im Gesamtbetrage von 85,531 Fr. 31 Ets. vorzunehmen und dieselben auf
folgende Posten zu verteilen: ..... (folgt Repartitionsvorschlag der
Direktion). Verwaltungsrat und Direktion werden mit der Ausführung dieses
Beschlusses und der Erstellung übereinstimmender Bilanz und Buchungen
beauftragt. Für den Fall der Annahme wäre dann die in vorstehender Weise
abgeänderte Bilanz durch besondern Beschluss noch zu genehmigen. Das
Protokoll des Verwaltungsrates berichtet über dieses Traktandum folgendes:
1. Nach Prüfung des Schiedsurteiles vom 18. Juni 1902 erzeigt sich,
dass der Dividendenbeschluss der Generalversammlung

538 Givilrechtspflege.

vom 28. Juni 1901 in dem Sinne aufgehoben sei, dass die Jahresrechnung
pro 1900 der Generalversammlung neuerdings zu unterbreiten sei, und
dass der Generalversammlung das Recht gewahrt werden müsse, neuerdings
über die Annahme der Jahresrechnung sich schlüfsig zu machen, sei
es, dass sie dieselbe, so wie sie ihr vom Verwaltungsrat vorgelegt
wurde, genehmige, oder sie zu erneuter Prüfung an den Verwaltungs-rat
zurückweise, oder endlich von sich aus eine Abänderung der in § 32
(alte Fassung) enthastenen Grundsätze beschliesse und darnach die
Rechnung modisiziere. 2. Gestützt hierauf kommt der Verwaltungsrat, um
unnötige und kostspielige Weitemngen für Aktionäre und die Gesellschaft
zu vermeiden, zum Beschlusse, (ohne eine allfällige Rückweisung der als
nicht genehmigt zu betrachtenden Rechnung durch die Generalversammlung
abzuwarten), von sich aus aus die erneute Prüfung der Rechnung heute
schon einzutreten. 3. Gestützt auf den Bericht der Rechnungsrevisoren
pro 1900 und auf die Ausführungen des Verwaltungsratsprotokolles vom
11. Juni 1901, wonach schon damals der Verwaltungsrat mehrheitlich
der Ansicht war, dass die Aushebungen der Kontrollstelle betreffend
Ungenüglichkeit der Normen für die Abschriften auf dem Verlagsmobiliar
grundsätzlich bis zu einem gewissen Grade auf Richtigkeit beruhe, zum
mindesten bis zu dem Gewinnsaldo pro 1900 im gesamten Betrage von 85,000
Fr. und dass es schon damals Ansicht auch des Verwaltungsrates war, dass
diesbezüglich auch über die ausserordentliche Abschrift von 410,287 Fr. 87
Cts. hinaus noch Remedur geschaffen werden müsse, und dass diese Ansicht
durch die anlässlich des Dr. Kälin'schen Prozesses eingeholten Gutachten
der Konkurrenzfirmen über die bei ihnen befolgten Abschriftennormen
betreffend Verlagsmobiliar in hohem Masse bestätigt wurde, kommt
der Verwaltungs-rat nach erneuter Prüfung der Angelegenheit und im
besondern nach Einsicht in die von der Direktion vorgelegte Proposition
der Repartition des zu Abschreibnngen in Aussicht genommenen Saldos der
1900er Rechnung von 85,531 Fr. 32 Cts. zur Ueberzengung, dass die diesem
Saldo zu Grunde gelegenen Normen beim Verlagsmobiliar zum mindesten im
Betrage dieses Saldos zu hoch und dass das Verlagsmobiliar auch nach
Aussicht auf Verwendbarkeit als zu hoch gewertet erscheine. 4. Demnach
wird beschlossen, es seienIV, Obligationenrecht. N° 71. 539

in diesem Sinne die statutarischen Normen insoweit als korrigiert i,,zu
erachten und es sei demnach mit Rücksicht hieran und namentlich auch
mit Rücksicht auf die Verwendbarkeits-Aussichten der Generalversammlung
aus jeden Fall eine neue Rechnung, unter Streichung des obgenannten
Saldos und unter Repartition desselben nach Proposition der Direktion
zu unterbreiten; dies mit und neben dem Antrage, dass § 32, und zwar mit
sogenannter Rückwirkung auf die Rechnung pro 1900 im heute beschlossenen
Sinne zu revidieren und darnach der Saldo von 85,531 Fr. 32 Ets.
zu Gunsten der von der Direktion proponierten Abschreibungen aus dem
Verlagsmobiliar auch nach den allfälligen neuen Statuten als getilgt zu
betrachten und die Rechnung pro 1900 in diesem Sinne zu genehmigen und
sodann bezügliche Decharge an den Verwaltungsrat zu erteilen sei .....

2) Am 2?. September 1902 fand eine neue Generalversammlung der
Aktiengesellschaft Benziger & Eie. statt. Dieser lag die Zuschrift von
Beat Stoffel und Konsorten vom 2. September 1902 vor; ferner war aus
die Traktandenlisie das Traktandum Statutenrevision genommen, und der
Revisionsentwurf bereits vorgelegt. Fernere Traktanden bildeten Vorlage
und Behandlung der Jahresrechnung und Bilanz des Rechnungsjahres 1900,
und dito pro 1901 . Zu ersterem Traktandum lagen folgende Anträge vor:
a) Antrag des Verwaltungsratesz Es sei der Generalversammlungsbeschluss
vom 28. Juni 1901 auf Aufhebung des Dizvidenden-L)ieservefonds behufs
Abschreibungen auf dem Verlagsmobiliar von der Generalversammlung als
aufgehoben zu erklären. b) Anträge der HS}. Beat Stoffel, Fürsprech
Jos. Keel und Dr. Janggen für den Fall der Annahme der von ihnen
beantragten Revision des s 32 der Statuten. Sie lauten: 1. Gemäss "è
12 und in Anwendung der geänderten Statuten und Normen laut § 29 neuer
Fassung und mit Rücksicht auf die zu niedern Abschreibungen und zu hohen
Bemerkungen der Aktivposten der s. Zi. vorgelegten Rechnung pro 1900
beschliesst die Generalversammlung: ?qu der Jahresrechnung pro 1900
resp. deren ,,Aktivposten weitere Abschreibungen im Gesamtbetrage von
,.85,581 Fr. 32 Cfs. vorzunehmen und dieselben aus folgende ,,Posten
zu verteilen: ..... (folgt . . . der Repartitions,,vorschlag der
Direktion). Verwaltungsrat und Direktion werden

540 civilrechlsptlege.

mit der Ausführung dieses Beschlusses und der Erstellung übereinstimmender
Bilanz und Buchungen beauftragt 2. Für Den Fall der Annahme obiger Anträge
litt-. b 1 wäre daundie in vorstehender Weise abgeänderte Bilanz durch
besonderen ,,Beschluss von der Generalversammlung noch zu genehmigen. c)
Antrag des Verwaltungsrates auf Genehmigung der von ihm neu vorgelegten
Rechnung, sowie Antrag des Verwaltungs,,rates auf Erteilung bezüglicher
Decharge an den Verwaltungs- rat. . , Die Anträge zur Rechnungsablage
pro 1901 lauteten: a) Antrag des Verwaltungsrates: Es sei der
Dividendenreierve"fonds inkl. auf demselben erlaufende 4 0/( Zinsen zu
rekonstruieren und sueeessive anzulegen. b) Anträge des Verwaltungsrates
auf Genehmigung der Rechnung pro 1901 und aus Erteilung bezüglicher
Decharge an den Verwaltungsrat . . . c) Antrag des Verwaltungsrates aus
Verwendung des Saldo der Rechnung pro 1901 wie folgt: 1. aus Dotierung
des Reservefonds mit öojz des Saldo 2. auf Auszahlung einer Dividende
von 40,-z; Z. auf Saldovortrag des Restes- In der Generalversammlung
wurde nur die Statutenrevision behandelt; gegen deren Behandlung hatte
der Kläger Guggenheim, dem vom Kläger Kälin im August 1902 zwei Aktien
abgetreten worden waren, vergeblich protestiert. Es wurde der Entwurf
der neuen Statuten angenommen. Die wesentlichen Änderungen gegenüber den
bisherigen Statuten sind, soweit sie hier in Betracht kommen, folgende:
Während in den bisherigen Statuten (% 32) die Abschreibungsquoten entweder
genau fixiert waren oder deren endgültige Feststellung und Bemessung dem
Verwaltungsrate überlassen war, wurden in den neuen Statuten (è 29) die
jeweiligen Ansätze als Minimalansätze bezeichnet und ferner bestimmt:
Es steht in der Kompetenz der jeweiligen Generalversammlung, für die
jeweils vorliegende Jahresrechnung über die obigen ..... Ansätze,
Minimalund Maximalabsrhreibungsgrenzen und Normen hinaus weitere
Abschreibungen und niederere Taxationen vorzunehmen, soweit ihr dies im
Jnteresse des Geschäftes nötig und geboten erscheint. Sie ist im gleichen
Sinne auch berechtigt, eventuell auch nur einen Gesamtbetrag.für weitere
Abschreibungen festzusetzen und dessen Repartition den Verwaltungsorganen
zu übertragen. Sodann wurde in Abänderung von § 24 litt. d der alten
Statuten als in dieIV. Obligationenrecht. N° 71. 541

Kompetenz des Verwaltungsrates fallend bezeichnet (§ 23 litt. d):
1Borläusige Feststellung der Detail-Jnventur-Normen unter Beachtung
der bezüglichen Bestimmungen von § 29 gegenwärtiger Statuten, sowie
Entwurf und Begutachtung der Jahresrechnung und Bilanz, Begutachtung
der Abschreibungen, Reserveeinlagen mit Dividenden ..... "'

3) In einer weiteren Generalversammlung vom 17. Oktober 1902
wurden sodann die Jahresrechnungen und Bilanzen pro 1900 und 1901
behandelt. In dieser Generalversammlung wurde zunächst ein Antrag des
heutigen Klägers Guggenheim: Es sei aus Abnahme der Rechnung pro 1900
nicht einzutreten, da diese Rechnung schon in der Generalversammlung
vom 20. Juni 1901 abgenommen worden sei mit 297 gegen 23 Stimmen
abgelehnt, sodann der Antrag des Verwaltungsrates litt. aangenommen;
endlich wurden auch die Anträge b und c des Verwaltungsrates mit 297
gegen keine Stimme angenommen. Betreffend das Rechnungsjahr 1901 ergab
die Abstimmung folgendes-: Der Antrag des Verwaltungsrates betreffend
Dividendenreservefonds, Antrag n des Verwaltungsrates, wurde ohne
Opposition angenommen Zu litt. b stellte der Kläger Guggenheim den
Antrag: Es sei diese Rechnung nicht abzunehmen, dieselbe vielmehr an den
Verwaltungsrat zurückzuweisen zur Abänderung derselben nach den Nomen
der alten Statuten, ohne dass über die dort vorgesehenen Abschreibungen
hinausgegangen "merde. Dieser Antrag wurde wiederum mit 297 gegen 23
Stimmen verworfen, damit der Antrag des Berwaltungsrates angenommen

Laut der Rechnung pro 1901 wurde der 1900er Gewinnsaldo von 85,531 Fr. 32
Cts. auf dem Verlagsmobiliar abgeschrieben, wodurch der bezügliche Konto
von 896,744 Fr. auf 811,213 Fr. reduziert wurde. Die das Rechnungsjahr
1901 betreffende, vom Verwaltungs-rate aufgestellte Bilanz schloss mit
einem Gewinnsaldo von 113,230 Fr. 62 Cts. ab; die Generalversammlung
beschloss gemäss dem Antrage des Verwaltungsrates folgende Verteilung:

a) Einlage in den Reservefonds . . Fr. 5,66() 53 b) 40/0
Dividende. . . . . . 100,000 _ c) Vortrag aus neue Rechnung . .
7,560 09 Fr. 113,230 62

f) Diese Beschlüsse vom 17. Oktober 1902 bilden den Gegen-

542 Civilrechtspflege.

stand des gegenwärtigen Prozesses: Ungefähr gleichzeitig mit der
Abstandserklärung s. oben sub d , am 9. Mai 1903, machte Rechtsanwalt
Dr. Guggenheim für sich und namens des frühem Klägers Kälin eine weitere
Klage anhängig, die die in Fakt. A oben wiedergegebenen Rechtsbegehren
enthält.

2. Die Beklagte hat ausser dem Antrage auf materielle Abweisung der
Klage, verschiedene nicht einlässtiche Einreden erhobenvon denen sie
heute noch die Einrede der abgeurteilten Sache und die Einrede, es
könne mit Rücksicht aus die Abstandserklärung vom 15. April 1903 auf
den das Rechnungsjahr 1900 betreffenden Teil der Klage nicht eingetreten
werden, aufrecht hält. Beide kantonalen Jnstanzen haben die Einrede der
abgeurteilten Sache für begründet erklärt, sind aber gleichwohl materiell
auf die Sache eingetreten und haben die Klage auch materiell abgewiesen.

3. In rechtlicher Beziehung mag vorerst über das prozessuale Gesuch des
Vertreters der Beklagten, die von der Klagpartei eingereichten Gutachten
seien auf Grund des Art. 80 OG wegzuweisen, bemerkt werden: Es handelt
sich bei den eingelegten Gutachten nicht etwa um Gutachten, die im
Sinne einer Erpertise über dem Prozesse zu Grunde liegende tatsächliche
Fragen, zu deren Entscheid dem Richter die-nötige Sachkenntnis abginge,
erstattet wären; sondern die Gutachten befassen sich teils lediglich mit
Rechtsfragen, teils mit allgemeinen Fragen kaufmännischtechnischer Natur
und werden von der Klagpartei lediglich zur Unterstützung und Verstärkung
ihrer Rechtsansführungen, nicht aber zur Ergänzung ihrer tatsächlichen
Behauptungen, also nicht

zur Beweisführung im engem oder weitern Sinne, vorgebracht.

Die Einlegung derartiger Gutachten steht aber nicht im Widerspruch mit
Art. 80 OG, wie denn auch das Bundesgericht in ständiger Praxis solche
Gutachten zulässt; die Rechte der Gegenpartei sind genügend gewahrt
dadurch, dass ihr jeweilen Abschriften von solchen Gutachten mitgeteilt
und allsällig Gelegenheit zu Gegengutachten gegeben wird, wie das hier
geschehen ist.

4. Die Kompetenz des Bundesgerichts steht ausser Zweifel nicht nur
hinsichtlich des Streitwertes, sondern auch hinsichtlich des anzuwendenden
Rechtes, soweit es sich darum handelt, obIV. Obligatianenrecht. N°
71. . 543

die angefochtenen Beschlüsse gegen Bestimmungen des schweizerischen OR,
insbesondere gegen dessen Bestimmungen über die Aktiengesellschaften,
verstossen. Dagegen ist in erster Linie zu untersuchen, inwieweit
die Frage, ob eine bereits abgeurteilte Sache vorliege, der
Überprüfungsbesugnis des Bundesgerichts die von der Beklagtschaft
verneint wird untersteht. Diese Einrede stützt sich daraus, dass die
Vorinstanzen übereinstimmend erklären, dem Prozessabsiand in dem am
20. August 1902 eingeleiteten Prozesse komme gemäss § 59 schwyz. CP
die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils zu; die Erklärungen und
Vorbehalte des damaligen Klägers seien ungesetzlich und irreleoant.
Soweit nun das angefochtene Urteil davon ausgeht, der Prozessabstand vom
15. April 1903 sei einem rechts-kräftigen Urteil gleichzustellen, basiert
dieser Entscheid zweifellos auf tantonalem Prozessrecht; es handelt
sich hiebei um die rein prozessuale Frage der Wirkung und Tragweite
eines prozessualen Dispositionsaktes einer Partei und diese Frage
unterliegt der Überprüfung des Bundesgerichts nicht; das Bundesgericht
hat daher die Sache genau so zu beurteilen, wie wenn über jenen Prozess
ein rechtskräftiges Urteil vorliegen würde in dem Umfange, in dem der
Prozessabsiand erklärt worden ist Die weitere Frage nun aber, inwieweit
ein rechtskräftiges Urteil in jenem Prozesse Rechtskraft wirke auch für
den heutigen Prozess und die Einrede der abgeurteilten Sache begründe, ist
nicht mehr eine prozessualische Frage, sondern eine Frage des materiellen
Privatrechts, und zwar, da es sich um die Entstehung und Fälligkeit einer
im eidgenössischen Privatrecht begründeten Forderung handelt, eine Frage
des Bundescivilrechtsz denn es handelt sich hiebei um die rechtliche Natur
des früher erhobenen und des jetzigen Anspruchs,und diese rechtliche Natur
wird durch das eidgenössische Privatrecht bestimmt, da die Ansprüche aus
den Bestimmungen des schweiz. OR über die Aktiengesellschaften hergeleitet
werden. Das Bundesgericht hat daher zu prüfen, ob der früher erhobene
und durch Prozessabstand erledigte Anspruch identisch sei mit dem heute
erhobenen. (Vergl. BGE, XVI, S. 768, Erw. 3.) Mit seiner früheren Klage
nun hat der Kläger Kälin einen Dividendenanspruch für das Jahr 1900,
gestützt auf die Aufhebung des Generalversammlungs-

544 Civilrechtspflege.

beschlusses vom 28. Juni 1901, als fälligen geltend gemacht,
Leistungsklage auf Auszahlung dieses Dividendenanspruchs erhoben.
Mit diesem damals erhobenen Anspruch hat es gemäss der dem Prozessabstand
nach schwyz. Prozessrecht zukommenden Wirkung so zu gelten, als ob
dieser Anspruch rechtskräftig abgewiesen worden wäre. Allein der Umfang
der Rechtskraft kann sich doch nur so weit erstrecken, als der Anspruch
rechtshängig geworden war, er kann sich nur beziehen auf die dem Richter
unterbreitete Rechtssrage, und diese Frage war die Frage der damaligen
Eristenz und Fälligkeit eines Dividendenanspruchs für das Jahr 1900.
Das Bezirksgericht Einsiedeln hätte in einem Urteile über diesen
Anspruch denselben nur insoweit aberkennen können, als er als ein schon
eristierender und fälliger erhoben wurde, nicht aber weiter; denn dem
Kläger Kälin war ja durch das zwischen den Parteien Recht bildende Urteil
des Schiedsgerichts die Erhebung eines Dividendenanspruchs ausdrücklich
gewahrt, der Generalversammlungsbeschluss vom 28. Juni 1901 war durch
dieses Urteil rechtskräftig aufgehoben. Gerade gestützt auf dieses
schiedsgerichtliche Urteil hätte dann aber auch eine Abweisung der Klage
erfolgen müssen, da der Kläger mit der Leistungsklage in diesem Urteile
schon rechtskräftig zur Zeit abgewiesen war und die vom Schiedsgericht
als Voraussetzung seines Dividendenanspruchs bezeichnete Tatsache:
ein neuer Generalversammlung-sbeschluss, zur Zeit der Klagerhebung
noch gar nicht eingetreten war. Daraus folgt, dass der Inhalt des über
die Klage vom August 1902 entscheidenden Urteils nur eine Abweisung
zur Zeit hätte sein können; die dem Kläger damals entgegengehaltene
Einrede der abgeurteilten Sache mm: nichts anderes als das Geltendmachen
des rechtskräftigen Ausspruches (im Schiedsgerichtsurteil), dass der
Anspruch zur Zeit nicht bestehe (so zutreffend das Gutachten Wach);
nur insoweit liegt Rechtskraft vor, und die oben aufgeworfene Frage der
Jdentität der Streitsache spitzt sich daher auf die weitere Frage zu,
ob der heute geltend gemachte Anspruch mit dem rechtskräftig zur Zeit
abgewiesenen identisch sei und ob die damals vorhandenen Gründe für eine
Abweisung zur Zeit immer noch bestehen. Das muss verneint werden. Ganz
klar ist vorab, dass von einer Jdentität der Streitsache keine Rede
seinIV. Obligationenrecht. N° 71. 545

kann, soweit es sich im heutigen Prozess um den Dividendenanspruch für das
Rechnungsjahr 1901 handelt; denn dieser war früher nie im Streite, und
es kann daher Von irgend einer Rechtskraft mit Bezug auf ihn unmöglich
gesprochen werden. das angefochtene Urteil dehnt sonach den Begriff
der Rechtskraft zweifellos zu weit aus, wenn es ihn auch auf diesen,
früher gar nicht in judicium deduzierten Anspruch bezieht, und verletzt
dadurch Bundescivilrecht, indem es einen Anspruch eidg. Rechts als
erloschen erklärt, der noch gar nicht geltend gemacht war. Aber auch mit
Bezug auf den Dividendenanspruch pro 1900 liegt Joentität der heutigen
Streitsache mit der durch Prozessabftand erledigten nicht vor. Zwar
enthält das zweite Klagebegehren wiederum eine Leistungsklage auch
mit Bezug auf die Dividende für das Jahr 1900, und es möchte daher die
Jdentität der Streitsache mit der frühern in diesem Punkte als gegeben
erscheinen. Allein die Leistungsklage wird heute auf einen ganz andern
Entstehungsgrund gegründet als früher, und wird in Verbindung mit einer
Feststellungsklage gebracht, die früher noch gar nicht hätte erhoben
werden können, da die Tatsachen, auf die sie sich bezieht, überhaupt
erst nach Einleitung der früheren Klage eingetreten sind: Während die
frühere Klage gestützt war auf das Urteil des Schiedsgerichts, die
Vernichtung des Generalversammlungsbeschlusses vom 28. Juni 1901 durch
dieses, _ findet die heutige ihre Quelle in der Statutenänderung vom
27. September und in den darauf gestützten Beschlüssen vom 17. Oktober
1902' diese Beschlüsse sollen nach der Darstellung der Klage die Be:
stimmungen des schweiz. OR über die Aktiengesellschaften und damit auch
die Sonderrechte der Kläger als Aktionäre verletzenDiese Streitsache nun
war im früheren Prozess der Entscheidung des Richters nicht unterbreitet
und der Richter hätte über diese Frage auch kein Urteil, somit auch kein
rechtskräftiges Urteil abgeben können. Aus diesem Grunde erscheint die
Einrede derss abgeurteilten Sache als unbegründet, und es kann dahin
gestellt bleiben, ob sie überhaupt dem Kläger Guggenheim dem gegenüber
sich die Vorinstanz auf Art. 189
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 189 - 1 Muss die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort versendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
1    Muss die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort versendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
2    Ist Frankolieferung verabredet, so wird vermutet, der Verkäufer habe die Transportkosten übernommen.
3    Ist Franko- und zollfreie Lieferung verabredet, so gelten die Ausgangs-, Durchgangs- und Eingangszölle, die während des Transportes, nicht aber die Verbrauchssteuern, die bei Empfang der Sache erhoben werden, als mitübernommen.
OR beruft entgegenstünde. -

5. In der Sache selbst beruht die Klage, soweit sie die Jahres-

xxx, 2. 1904 37

548 Civilrechtspflege.

rechnung pro 1900 betrifft, aus der Auffassung, dass der
Generalversammlung vom 28. Juni 1901 eine vom Verwaltung-state in dessen
Kompetenzen endgültig festgestellte Bilanz mit einem Gewinnsaldo von
85,531 Fr. 32 Cis. vorgelegt worden sei und nun hieraus den Aktionären
ein wohlerworbenes Recht aus Dividenden zustehe; dieses Recht sei
durch die heute angesochtenen Generalversammlungsbeschlüsse verletzt
worden. In dieser Klagebegründung hält vorab der Ausgangspunkt vor den
tatsächlichen Verhältnissen nicht Stand. Den Ausgangspunkt hat für die
Entscheidung zu bilden das Urteil des Schiedsgericht-s vom 18. Juni
1902, durch das der Beschluss der Generalversammlung vom 28. Juni
1901 betreffend Abschreibung des Gewinnsaldo von rund 85,000 Fr. als
statutenwidrig aufgehoben worden ist. Mit diesem Urteil war nicht
nur der Beschluss über die Verwendung des scheinbaren Gewinnsaldo zu
Abschreibungen vernichtet, sondern auch die Genehmigung der Bilanz
und die Festsetzung des Reingewinnes, wie das Schiedsgerichtsurteil
ausdrücklich feststellt und wie es Übrigens auch materiell richtig ist,
da die damaligen Beschlüsse der Generalversammlung gegen die Statuten
verstiessenz es kann daher nicht mehr darauf zurückgegangen werden, dass
der Generalversammlung vom 28. Juni 1901 eine Jahresrechnung mit einem
festgestellten Reingewinn von 85,000 Fr. vorgelegen habe. Vielmehr war
es nun Aufgabe des Verwaltungsrates, eine neue Jahresrechnung vorzulegen
und eine neue Bilanz zu erstellen· Dieser Auslage ist der Verwaltungsrat
in seiner Sitzung vom 10. September 1902 nachgekommen. Wie aus dem oben
in Erwägung 1 sub c im Wortlaut mitgeteilten Protokoll dieser Sitzung
des Verwaltungs-wies hervorgeht, war sich der Verwaltungs-rat bewusst,
dass es in seiner Kompetenz lag, in eine neue Prüfung der Jahresrechnung
einzutreten und dabei Abschreibungen vorzunehmen, die im Sinne des §
32 der alten Statuten lagen. Ein wohlerworbenes Recht der Aktionäre
ans Dividende konnte dadurch nicht verletzt werden; denn ein solches
existierte nach Aufhebung des Generalversammlungsbeschlusses vom 28. Juni
1901 nicht. Die Aktionäre hatten lediglich einen Anspruch daraus, dass
diese neue Rechnung und Bilanz im Sinne der (alten) Statuten erstellt
werde. Dem Beschlusse des Verwal-IV. Ohligationenrecht. N° ?1. 547

tungsrates gemäss wurde dann in der Traktandenliste der Generalversammlung
vom 27. September 1902 unter Vorlage und Behandlung der Jahresrechnung
und Bilanz des Rechnungsjahres 1900 aufgenommen (sub c) der .Antrag
des Verwaltung-states aus Genehmigung der von ihm neu vorgelegten
Rechnung . . . Diese neu vorgelegte Rechnung nun, und nicht jene aus
den 28. Juni 1901 erstellte, hat als desinitive Jahresrechnung zu
gelten, Eber die die Generalversammlung im Sinne des § 14 litt. g
der alten StatuteuN zu befinden hatte. Dieser Rechnung gegenüber
hätten also die Klager dartun sollen, dass die darin vorgesehene
Abschreibung der ursprünglich als Gewinnsaldo eingestellten 85,531
Fr. 32 Cis dem § 32 der alten Statuten widersprach Diesen Nachweis
haben nun aber die Kläger nicht einmal unternommen, indem sie von der
doppelten Auffassung ausgegangen find, ihr Dividendengvnspruch sei
schon aus der am 28. Juni 1901 vorgelegten Jahresrechnung erwachsen,
und der Verwaltungsrat habe in Tat und vWahrheit keine neue Rechnung
vorgelegt, sondern nur die alte abgeandert, und zwar in einer Weise,
die die Statuten und damit den wohlerworbenen Dividendenanspruch der
Kläger verletze. Jener erste Standpunkt ist im vorstehenden widerlegt;
durch die Aushebung des Generalversammlungsbeschlusses vom 28. Juni 1901
der die vom Verwaltungsrate vorgelegte Rechnung modifiziert hatte im Sinne
der Abschreibung des scheinbaren Gewinnsaldos von rund 85,000 Fr., wurde
nicht einfach die ursprüngliche Jahresrechnung des Verwaltungsrates wieder
hergestellt, sondern der Verwaltungsrat war ermächtigt zur Vorlage einer
neuen Rechnung. Und das; er eine solche wirklich vorgelegt hat, erhellt
aus den angeführten Stellen aus dein Protokoll der Verwaltung-ZwisSitzung
vom 10. September 1902. Allerdings hat er sich bei der Vorlage
einer neuen Rechnung nicht beruhigt, sondern er hat med darin liegt
offenbar der Schwerpunkt der Klage gleichzeitig eine Statutenrevision
beschlossen, speziell mit Rücksicht auf die Abgrenzungen der Kompetenzen
des Verwaltungsrates und der Generalversammlung hinsichtlich der Bilanz
und der Jahresrechnung Hier war er veranlasst durch den Prozess, den
der Generalversammlungsbeschluss vom 28. Juni 1901 zur Folge hatte,
und durch die Wegleitung des Urteils des Schiedsgericht-s

548 Civilrechtspflege.

selbst, das ausdrücklich eine Revision der Statuten als möglichen Weg
zur Abänderung der Jahresrechnung bezeichnete Allein dieses Plus in den
Beschlüssen des Berwaltungsrates kann nicht dazu führen, anzunehmen, die
Beschlüsse und Anträge betreffend Vorlegung einer neuen Rechnung seien
nur fiktiv und nicht ernst gemeint gewesen. In der Generalversammlung
vom 17. Oktober 1902, an der erst das Traktandum Jahresrechnung pro
1900" zur Behandlung kam, stellte denn auch der Kläger Guggenheim, von
seinem Standpunkt aus ganz richtiger Weise, den Antrag, es sei hierauf
nicht einzutreten, du diese Rechnung schon in der Generalversammlung
vom 28. Juni abgenommen worden seit-; und nachdem er mit diesem
entscheidenden Standpunkte unterlegen, konnte an der Annahme des Antrages
des Verwaltungsrates auf Genehmigung der neu vorgelegten Rechnung kein
Zweifel mehr sein. Dieser Generalversammlungsbeschluss nun bewegte sich,
da eben der Verwaltungsrat innert den Schranken seiner Kompetenzen
eine neue Rechnung vorgelegt hatte, mit der Genehmigung dieser Rechnung
vollständig auf dem Boden der Statuten und des Gesetzes. Der Umstand,
dass in der Generalversammlung vom 17. Oktober 1902 die neuen Statuten
massgebend erklärt wurden für die Bilanz pro 1900 kann ganz abgesehen
von der nicht zu entscheidenden Frage, ob diese Anwendbarkeit an sich
gesetzund statutengemäss war nicht zur Begründung der Klage, auch nicht
des Feststellungsbegehrens, genügen; es wäre dazu vielmehr der Nachweis
nötig, dass die Vorschriften der alten Statuten materiell verletzt find,
und dieser Nachweis ist nach dem gesagten nicht geleistet. Materiell
vielmehr entsprach die Rechnung den alten Statuten, und das iii das
entscheidende. Jenes Plus im Beschlusse der Generalversammlung, über die
Genehmigung der vorgelegten Bilanz hinaus, ist für den Entscheid darüber,
ob die Behandlung der Jahresrechnung gesetzund statutengemäss erfolgt
sei, unerheblich. Die Klage muss daher, soweit sie das Rechnungsjahr 1900
betrifft, abgewiesen werden. Denn angefochten sind mit Rechtsbegehren 1
der Klage die Generalversammlungsbeschlüsse vom N. Oktober 1902 betressend
Vorlage und Behandlung der Jahresrechnungen und der Bilanzen pro 1900
(und 1901); diese Vorlage und Behandlung halten sich aber nach dem
gesagtenHI. Ohligationenrecht. NO 7l. 549

innerhalb der Statuten. Dass sodann Rechts-begehren 2 mit ber Abweisung
von Rechts-begehren 1 dahinfällt, braucht nicht weiter ausgeführt
zn werden.

· 6. Was sodann den Rechnungsabschluss pro 1901 betrifft, so liegt
die Sachlage hier insofern anders als beim Rechnungsjahr 1900, als
hierüber überhaupt erst in der Generalversammlung vom 17. Oktober
1902 eine Bilanz vorgelegt wurde, und hier also von vorneherein nicht
von einem durch die Verlegung einer fruheren Bilanz wohlerworbenen
Dividendenanspruch gesprochen werden kann. Die Kläger fechten den
Beschluss der Generalversammlung über Verteilung des Gewinnsaldos
von 113,230 Fr. 62 Ets. an mit der Begründung, es seien grössere
Abschreibungen vorgenommen worden, als nach Massgabe der damals
bestehenden Statuten zulässig gewesen sei. Gemeintgsind damit offenbar nur
die Abschreibungen auf den Mobiliarbeständen und den Warenbestandenz denn
diejenigen aus Liegenschaften und Guthaben stehen, soviel ersichtlich,
im Einklang mit den Vorschriften der alten StaWien. Nun ist szar richtig,
dass die Abschreibungen auf den Mobiliarbeftänden in der Bilanz vom
31. Dezember 1901 in relativ wesentlich höheren Beträgen erscheinen als
in der Bilanz pro 1900. Allein die Kläger unterlassen eZ, nachzuweisen,
in Bezug auf welche Posten die Vorschriften der alten Statuten verletzt
worden feiert. Wenn die Statuten bestimmen (% 32 litt. e), dass auf
Maschinen, Maschinerien und deren Zubehör, Transmissionen, Gasund
anderen Leitungen, sowie auch Schriften und Lithographiesteinen jährlich
5 0/G vom Ankaufspreis abgeschrieben werden müssen, so überlassen sie im
übrigen (eod.litt.f) alles dem Gutfinden des Verwaltungsrates als letzter
Instanz. Aus den Akten ergiebt sich nirgends der geringste Anhaltspunkt,
dass die in den Statuten fixierten Ansätze nicht innegehalten oder
überschritten worden seien; soweit aber die Statuten die Feststellung
der Ansätze dem Verwaltungs-rate überlassen, können sich die Aktionäre
nicht beschweren, wenn der Verwaltungsrat bei einzelnen Objekten höher
gegangen ist als früher. Der Verwaltungsrat hat hier unzweifelhaft im
Rahmen feiner Kompetenz gehandelt und eine für die Gesellschaft wie für
die einzelnen Aktionäre ver-, bindliche Bilanz aufgestellt Mit Bezug
auf die Unschädlichkeit

550 Civilrechtspfl ege.

der formellen Anwendung der neuen Statuten gilt hier ganz das gleiche wie
für das Jahr 1900. Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Die Berufung
wird abgewiesen und das Urteil des Kantons: gerichts des Kantons Schwyz
vom 11.X13. Juli 1904 bestätigt.

72. Arie-il vom 23. Dezember 1902ic in Sachen Hausrat-verwaltung Hamm,
Bekl. u. Hauptber.-Kl., gegen Inika Kl. u. Anschlussber.-Kl.

Deckungsgeschäft: Eigentumsamprcwhe im Konica-me, gestützt auf
einen Kaufuml Miete-ertrag des Klägers (als Käufer und Ver-miete?)
mit dem Gemeinschuldner. Eim'ede der Simulation und des agere in fraudem
legis. Kompetenz und Ueberprüfungsbefugnés des Bundesge-richts, An. 56, 5
7, 81 OG. Barte-seen mit verdeckte;Pfa'ndbestellng, oder ernsthafte? Kauf
und Mietvertrag zur Sichemezg des Den-seitens ?

A. Durch Urteil vom 6. September 1904 hat das Obergericht des Kantons
Aargau erkannt:

1. Die dem Kläger von Albert Humm, Bleicher im Riedtal zu Zofingen gemäss
Kaufvertrag vom 18. Januar 1901 verkauften, unter A I der Klage näher
bezeichneten Gegenstände sind, soweit sich diese Kaufsachen noch bei
der Konkursmasse befinden, als Eigentum des Klägers erklärt.

2. Demgemäss werden diese Gegenstände als nicht zur Konkursmasse des
Albert Humm gehörend erklärt und ist die gegenteilige Verfügung der
Konkursverwaltung vom 12. Dezember 1903 ausgehoben.

3. Der pro 1903/1904 laufende Mietzins mit 800 Fr. ist in V. Klasse des
Konkursprotokolls zu kollozieren.

B. Gegen dieses Urteils hat die Beklagte rechtzeitig und in
richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit den
Anträgen:IV. Ohligafionenrecht. N° 72. 551

1. In Aufhebung sämtlicher Dispositive des angefochtenen Urteils seien:

a) die Dispositive 1 und 2 des bezirksgerichtlichen Urteils zu bestätigen,
d. h. die Klagebegehren Nr. 1, 2, 3 und 4 als unbegründet abzuweisen
und Klagebegehren Nr. 5 in dem Sinne gutzuheissen, dass die Verfügung
der Konkursverwaltung, wonach das Darlehen von 10,000 Fr. in V. Klasse
kolloziert merde, ausrechterhalten und dahin ergänzt werde, dass der
laufende Zins pro 1903/1904 bis zur Konkurserösfnung ebenfalls in
V. Klasse kolIoziert werde;

b) (Reiten)

2. Für den Fall der Abweisung von Begehren 1 seien die Dispositive 1
und 2 des obergerichtlichen Urteils dahin einzuschränken, dass dem
Kläger auch das Eigentumsrecht an der goldenen Damenuhr samt Kette
und an den Gegenständen abzuerkennen sei, welche im Prozesse gegen die
Grundpfandgläubiger (Jakob Humm, Vater, und Spar: und Leihkasse Zofingen)
als im Grundpsandnexus inbegriffen erklärt wurden; eventuell sei die
Sache zur Beurteilung dieser Punkte an die kantonale Instanz zurückoder
in ein neues Verfahren zu weisen.

C. Der Kläger hat sich der Berufung mit Bezug aus die Kosten angeschlossen

D. In der heutigen Verhandlung hat zunächst der Vertreter der Beklagten
seine Berufungsanträge erneuert.

Sodann hat der Vertreter des Klägers den Antrag auf Abweisung der Berufung
und Gutheissnng der Anschlussberusung gestellt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. In dem am 30. September 1903 ausgekrochenen Konkurse des Albert
Humm, Färbers in Zosingen, hat der Klager, Arzt Frikart daselbst, eine
Eigentumsansprache an einer Anzahl Gegenstände und eine Mietzinsansprache
für das Jahr 1903 von 800 Fr. geltend gemacht, gestützt auf folgenden,
vom Kläger mit Humm am 18. Januar 1901 abgeschlossenen und Kaufund
Mietvertrag überschriebenen Vertrag:

I. 1. Die Firma Albert Humm in Zofingen verkauft die hieum genannten
Objekte: a) Zimmergerätschaften; b) Goldwaren;
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 30 II 530
Datum : 01. Januar 1903
Publiziert : 31. Dezember 1904
Quelle : Bundesgericht
Status : 30 II 530
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 530 Civilrechtspflege. dieser Umstände kann nicht unter das übrigens von den Vorinstanzen


Gesetzesregister
OG: 56  57  80
OR: 189 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 189 - 1 Muss die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort versendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
1    Muss die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort versendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
2    Ist Frankolieferung verabredet, so wird vermutet, der Verkäufer habe die Transportkosten übernommen.
3    Ist Franko- und zollfreie Lieferung verabredet, so gelten die Ausgangs-, Durchgangs- und Eingangszölle, die während des Transportes, nicht aber die Verbrauchssteuern, die bei Empfang der Sache erhoben werden, als mitübernommen.
656
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 656 - 1 Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
1    Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
2    Die Vorrechte können sich namentlich auf die Dividende mit oder ohne Nachbezugsrecht, auf den Liquidationsanteil und auf die Bezugsrechte für den Fall der Ausgabe neuer Aktien erstrecken.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
aargau • abschreibung • abschreibung • abstimmung • aktiengesellschaft • aktienkapital • angabe • annahme des antrags • anschlussbeschwerde • arzt • ausgabe • aushebung • ausmass der baute • bedingung • begründung des entscheids • beklagter • benutzung • berechnung • bescheinigung • besteller • beurteilung • bewilligung oder genehmigung • bezirk • bruchteil • bundesgericht • darlehen • dauer • distanz • eigentum • entlastungsbeschluss • entscheid • ermessen • errichtung eines dinglichen rechts • erwachsener • feststellungsklage • form und inhalt • frage • gesuch an eine behörde • gold • grundstück • hausrat • innerhalb • inventar • kantonales rechtsmittel • kantonsgericht • kommanditgesellschaft • konkursdividende • konkursmasse • konkursverwaltung • leistungsklage • letzte instanz • maler • mass • materielles recht • minderheit • norm • not • rechtsanwalt • rechtsbegehren • rechtsgutachten • rechtskraft • rechtskraft • reservefonds • revisionsbericht • revisionsstelle • richterliche behörde • richtigkeit • richtlinie • rückzug • sachlicher geltungsbereich • simulation • sonderrecht • stelle • streitwert • traktandenliste • umfang • unternehmung • vater • verfahren • verhältnis zwischen • vernichtung • verurteilter • verwaltungsrat • vorinstanz • vorlegung • wache • weiler • weisung • wiese • wille • wirksamkeit • wohlerworbenes recht • zahl • zahlung • zins • zweifel • änderung