44 Civilrechtspflege.

IV. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. Responsabilité pour
l'exploitation des fabriques.

5. Affetti vom 20. Januar 1904 in Sachen ginus, Kl. u. Ber.-Kl., gegen
Hebwetzertsclje Zudustrtegelelllchast, Bekl. u. Ver-Bett

Klage auf Anfechteeng ein/3.3 Vertrages über gutie'che
Haftpfliciee'entschàîdigusing. Art. 9 Abs. 2 B.-G. betr. Ausdehnung
der Haftpflicht.

A. Mit Urteil vom 3. Juli 1903 hat das Qbergericht des Kantons
Schasfhaufen erkannt:

Der Kläger ist mit seiner Klage abgewiesen.

B. Gegen das Urteil des Qbergerichts hat der Kläger rechtzeitig und in
richtiger Form die Berufung ans Bundesgericht ergriffen mit dem Antrage,
es sei die Beklagte zu einer Haftpflichtentschädigung von 2019 Fr. nebst
50j9 Zins seit dem senden-Zrichterlichen Vorstand (10, September 1902)
zu verurteilen.

C. Die Beklagte hat Abweisung der Berufung und Bestätigung des
obergerichtlichen Urteils beantragt.

D. Mit Urteil vom 21. November 1908 hat das Kassationsgericht des Kantons
Schaffhausen die vom Kläger gegen das obergerichtliche Urteil ergriffene
Kassationsbeschwerde verworfen.

Das Bundesgericht zieht, unter Hinweis auf die im obergerichttichen
Urteil enthaltene Sachdarstellung, in Erwägung:

1. (Hier unerheblich)

2. Die Vorinstanz hat die Klage abgewiesen, weil die dem Kläger für die
dauernde Erwerbseinbusse durch den Vergleich zugekommene Entschädigung
von 2000 Fr. gegenüber derjenigen, auf die er nach dem Gesetze Anspruch
gehabt hätte und die sie auf 2408 Fr. 23 Cts. bezifferte, nicht offenbar
nnzulänglich im Sinne des Art. 9 Abs. 2 und der Vergleich daher für den
KiägerW. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 5. 45

verbindlich sei. Demgegenüber hat der Vertreter des Klägers in
der Verufungsschrift neuerdings geltend gemacht, dass der Kläger,
der auf 4500 Fr. Anspruch habe, durch den Vergleich eine offenbar
unzulängliche Entschädigung erhalten habe; die dauernde Verminderung
der Erwerbsfähigkeit des Klägers betrage mindestens 45 sz und als
Taglohn sei ein Betrag von 6 Fr. anzunehmen, während die Vorinstanz in
aktenwidriger Weise von einer Erwerbseinbusse von 25 0/0 und von einem
Taglohn von 4 Fr. 50 Cis ausgegangen sei. Nach beiden Richtungen sind
jedoch die Feststellungen der Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich
(Art. 81 OG). Die Bestimmung der Erwerbseinbusse beruht san dem Gutachten
von Professor Schlatter in Zürich, das die dauernde Invalidität auf 20
25 0/0 angibt. Die dem Gutachten zu Grunde liegende Annahme, dass der
Kläger zwar Schmiedearbeit zu verrichten hatte, aber als Schmiedmeister
und mit Rücksicht auf sein Alter von 61 Jahren zur Zeit des Unsalls
nicht vorwiegend zu einer Tätigkeit verwendet worden sei, die das Heben
von schweren Gegenständen über Kopfhöhe hinaus verlangt, ist vom Kläger
mit Unrecht als aktenwidrig bemängelt worden; denn sie befindet sich im
Einklang mit der notorischen Tatsache, dass nicht der Schmiedmeister,
sondern der sogenannte Zuschläger den Hammer schwingt und beruht zudem
auf den eigenen Angaben des Klägers dem Experten gegenüber; sie steht
auch nicht im Widerspruch mit dem Jnhalt der übrigen Akten, die Über eine
normalen Verhältnissen gegenüber vorwiegend schwere Berufstätigkeit des
Klägers nichts enthalten· Was sodann die Höhe des Taglohns anbetrisft,
so hat sie der Kläger entgegen seiner Darstellung vor 1. Instanz (4
Fr. 50 Cts.) vor Obergericht auf 6 Fr. angegeben. Ob das Obergericht
verpflichtet gewesen wäre, aus diese neue, der frühern Darstellung des
Klägers widersprechende Behauptung einzutreten, ist jedoch eine Frage
des kantonalen Prozessrechts, die vom Kassationsgericht des Kantons
Schaffhausen verneint worden ist und sich einer Überprüsung durch das
Bundesgericht entzieht.

Die Art der Berechnung der Haftpflichtentschädigung aus den beiden
erwähnten Faktoren Erwerbseinbusse und Taglohn ist vom Kläger nicht
angefochten worden. Es könnte sich höchstens

46 CivilreChtspflege.

fragen, ob eine Berichtigung nicht insofern zu erfolgen habe, als
die Vorinstanz nicht besonders berücksichtigt zu haben scheint,
dass die Reduktion der Arbeitsfähigkeit während des Jahres zwischen
der Untersuchung durch Dr. Kappeler in Konstanz und derjenigen durch
den Erperten noch etwas grösser war und auf zirka 35 OJO, das Mittel
zwischen den Schätzungen der beiden Ärzte, festzusetzen ist. Allein
das Versehen wird dadurch mehrfach aufgewogen, dass die Vorinstanz
den Maximalausatz (25 %) und nicht den mittleren Ansatz des Erperten
(221/2 %) ihrer Berechnung zu Grunde gelegt und dass sie vom Schaden
nur einen Abzug von 25 0,Jz gemacht hat, während mit Rücksicht auf
das Alter des Klägers (61 Jahre zur Zeit des Unfalls), das eine baldige
Abnahme der Arbeitskraft ohnehin als wahrscheinlich erscheinen lässt, ein
etwas grösserer Abstrich sich wohl hätte rechtfertigen lassen. Nach dem
Gesagten muss es daher bei der Bemessung des gesetzlich erstattungsfähigen
Schadens auf rund 2400 Fr. sein Verbleiben haben. Bei der Frage, ob
die vergleichsweise bezahlte Entschädigung offenbar unzulänglich im
Sinne von Art. 9 Abs. 2 leg. cit. sei, kommt es, wie das Bundesgericht
wiederholt ausgesprochen hat(Aintl. Samui XII, S. 834; XVIII, S. 928
ff.), lediglich aus das objektive Verhältnis zwischen der Vergleichsumme
und demjenigen Betrag an, auf den der Berechtigte nach Gesetz und
Praxis Anspruch hatte. Die erstere ist dann als offenbar unzulänglich
zu taxieren, wenn sie den erstattungsfähigen Schaden augenscheinlich
bei weitem nicht deckt und in einem offenbaren Missverhältnis zu ihm
steht (Amll. Samml XVI, S. 834). Vorliegend beträgt die Differenz 400
Fr., d. h. nur 16 des gerichtlich festgestellten erstattungsfähigen
Schadens; sie reduziert sich sogar aus IF wenn man auf beiden Seiten
die rund 400 Fr. hinzurechnet, die der Kläger für vorübergehende totale
Arbeitsunfähigkeit ausserdem erhalten hat. Die Vorinftanz hat daher mit
Recht das Vorhandensein eines augenscheinlichen Missverhältnisses zwischen
den beiden Grössen verneint, und zur Begründung zutreffend hervorgehoben,
die Vergleichssumme beruhe auf der Annahme einer Invalidität von 20 0/0,
welcher Ansatz als Minimalausatz des Erpertensgutachtens auch vom Gericht
hätte zu Grunde gelegt werden können, sodass also die Vergleichsumme in
keinem[V. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N 6. 47

wesentlichen Widerspruch zum Gutachten stehe. Es kann noch beigefügt
werden, dass überhaupt die Festsetzung der Hastpflichtent- schädigung nach
der Natur der Sache in weitem Mass dem subjektiven Ermessen des ärztlichen
Experten und des Richters anheimgestellt ist und daher notwendig innerhalb
eines relativ weiten auf subjektiven Faktoren beruhenden Spielraums
erfolgt. Es ist aber flat, dass wenn, wie vorliegend, die Vergleichssumme
sich mehr oder weniger innerhalb dieses Spielraums hält, von offenbarer
Unzulänglichkeit keine Rede sein kann. Die Vorinstanz hätte nämlich nach
freiem Ermessen von einer etwas geringem Erwerbseinbusse innerhalb der
Grenzen des Expertengutachtens ausgehen oder einen grössern Abzug für
Zufall, Vorteile der Kapitalabfindung u. s. w. machen können, wodurch die
Differenz zwischen Vergleichssurnme und nach Gesetz erstattungsfähigem
Schaden sich auf einen unbedeutenden Betrag reduziert hätte oder ganz
verschwunden wäre.

Da nach diesen Ausführungen der Vergleich für den Kläger nicht ansechtbar
ist, muss dessen-Berufung Verworsen werden.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts

des Kantons Schaffhausen vom 3. Juli 1903 bestätigt.

6. Arrèt du 16 mars 1904, dans la cause Lebet-Cevey', def, rec. prim...,
contre Dubois, dem rec. p. 1}. de fonction.

Propre faute de la. Victims, art. 2, Ioi féd. resp. patr. Fante
concurrente du patron.

, Le défendeur et recourant principal, Emile Lebet-Cevey, exploite à
Buttes un atelier de scierie et gainerie. Albin Dubois, demandeur et
recourant par voie de jonction, est entré comme ouvrier chez Lebet le
Le février 1897. Au moment où s'est produit I'accident, cause du litigo,
il recevait un sa.laire moyen de 3 fr. 50 par jour.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 30 II 44
Datum : 20. Januar 1904
Publiziert : 31. Dezember 1904
Quelle : Bundesgericht
Status : 30 II 44
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 44 Civilrechtspflege. IV. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. Responsabilité


Gesetzesregister
OG: 81
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • schaden • bundesgericht • frage • innerhalb • berechnung • ermessen • beklagter • augenschein • ermässigung • kantonsgericht • arbeitsunfähigkeit • berufung ans bundesgericht • richterliche behörde • sachverständiger • begründung des entscheids • angabe • gericht • bewilligung oder genehmigung • vorstand
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