244 A. Staatsrechuiche Entscheidungen. I. Abscnnitt. Bundesverfassung.

willkürlich angefochten haben, so muss auch dieser Angrifs durchaus
fehlgehen; denn der Regierungsrat hat die vorhandenen Jndifzien
sorgfältig und wohl auch richtig gewürdigt, und es liegt nicht der
geringste Anhaltspunkt dafür vor, dass er sich dabei von andern als
sachlichen Gesichtspunkten habe leiten lassen. Ins-be-

sondere ist nicht einzusehen, wieso die der Aktienbrauerei gemachte-

Yeweisauflage und die Verwertung der Weigerung derselben, sich uber ihr
Verhältnis zu Diener näher auszuweisen, als Omdiz gegen sie unstatthaft
oder gar willkürlich sein sollten. Denn Zuerseits kbnnte sich die
Aktienbrauerei viel eher dann beschwert fühlen wenn ihr angesichts der
gewichtigen gegen sie sprechenden Judizien keine Gelegenheit zu jener
Beweisführung gegeben worden wäre und anderseits durfte der Regierungsrat
gewiss annehmen dus; die Aktienbraueren falls ihr erhebliche für ihre
Darstellung sprecheiide Beweise zu Gebote standen, nicht aus formellen
Gründen es abgelehnt hätte, der Auflage nachzukommen

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird
abgewiesen.43. Urteil vom 21. April 1904 in Sachen Spühler gegen
Regierungsrat Aargau.

Frist Fee-ne staatsrechtlichen Zelt-Ferse Art 178 Ze'ff. 3
OG. Legitimation dazu-, Ziff. 2 eod. Stellung von Beamten :
Unterscheidung- zirisctten der Amtsédtigkeit und der privaten
Splzsia'ssrxf. -Belmssuptete gngie/che Behandlung duff-c?eein-
Disziplium'massregel (Ei-213193935119 me Anat-e met Anerkennung Hier
A-mtsentsetzung).

A. Der Rekurrent hatte als Staatsanwaltschaftssubstitut des Kantons
Aargau in den drei sistierten polizeilichen Untersuchungen Zöbel,
Strittmatter und Widmer die auf/@ 10 destrrganzungsgesetzes betreffend
die Strafrechtspflege vom 7. Juli f1886(·wonach Auzeiger und Beanzeigter
das Recht haben die Uberweisung einer sistierten Untersuchung an das
Gericht 'und deren Erledigung durch Urteil zu verlangen) gestützten
BegehrenI. Rechtsverweigerung una Gleichheit vor dem Gesetze. N° 4-3.
245.

der Parteien um Überweisung der Untersuchung-Balken ans
Zuchtpolizeigericht abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründuiig,.
dass von den Anzeigern gar keine zuchtpolizeilich strafbaren
Tatbesiände behauptet worden seien. Auf Beschwerde der Beteiligten
wies der Regierungsrat des Kantons Aargau als Aufsichtsbehörde über die
Staatsanwalischaft den Rekurrenten an, die Überweisungsbegehren nebst den
Untersuchungsakten gemäss § 10 des citierteu Gesetzes den zuständigen
Bezirksgerichten vorzulegen. Jn. der Begründung wird ausgeführt:
Es handle sich um eine Beschwerde wegen Justizverweigerung, zu deren
Behandlung der Regierungsrat als Aufsichtsbehörde kompetent sei. Nach
der klaren Bestimmung des g 10 sei die Überweisung einer eingestellten
Untersuchung an das Gericht ein Recht jeder Partei; dem Staatsanwalt
stehe eine materielle Überprüfung der Überiveisungsbegehren nicht zu,
sondern nur dem Gerichte; die Tätigkeit des Staatsanwaltes sei in dieser
Hinsicht nur eine geschäftlich formelle und stehe deshalb umsomehr
unter der Aufsicht und Entscheidungsbefugnis des Regierung-States
Der Rekurrent richtete hierauf ein Wiedererivägungsgesuch an den
Regierungsrat, worin er seine adweichende Auffassung über die Bedeutung
des § 10 neuerdings darlegte und auch betonte, dass der Regierungsrat,
dahier der Staatsanwalt als Organ der richterlichen Gewalt handle,
zum Einschreiten nicht zuständig sei. Gleichzeitig führten die
beteiligten Parteien Beschwerde, dass der Rekurrent ihrem erneuerten
Überweisungsbegehren wiederum keine Folge gegeben habe. Mit Entscheid
vom 22. Mai 1903 wies der Regierungsrat das Wiedererwägungsgesuch ab
und erteilte dein Rekurrenien einen ernsten Verweis mit der Androhung
schärferer Massnahmen imWiederholungsfalle. Nunmehr beschwerte sich
der Rekurrent beim Grossen Rat des Kantons Aargau mit den Begehren:
Die Beschlüsse des Regierungsrates seien mit allen ihren Folgen
auszuheben und es sei die Weisung zu erteilen, dass Akten einer von der
Staatsanwaltschaft eingestellten Strafuntersuchung von dieserBehörde
einein Zuchtpolizeigericht nur dann überwiesen werden dürfen, wenn die
das Begehren itellende Partei das Vorhandensein eines zuchtpolizeilichen
Vergehens behaupte und Bestrafung eines bestimmten Täters verlange Der
Grosse Rat trat mit Be-

246 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. l. Abschnitt. Bundesverfassung.

schluss vom 25. November 1903 wegen Jnkompetenz aus die Angelegenheit
nicht ein Hieoou gab der Regierungsrat am 24. Dezember 1903 dem
Rekurrenten Kenntnis mit der Auflage, die Überweisung der drei erwähnten
Strafuntersnchuugen gemäss § 10 ieg. cit. nunmehr sofort vorzunehmen
und innert 8 Tagen anher zu berichten, ob dies geschehen sei. Der
Rekurrent antwortete, dass er der Auslage nicht nachkommen könne, was
den Regierungsrat veranlasste, da er sich diese Renitenz nicht länger
gefallen lassen könne, den Rekurrenten unterm 22. Januar 1904 in eine
Geldbusse von 50 Fr. zu ver-fällen und ihm die sofortige Einstellung
im Amte anzudrohen, falls er der Auflage betreffend Überweisung nicht
innert 4 Tagen nachkommen sollte. Nach Ablauf dieser Frist teilte
der Rekurrent dein Regierungsrat unter erneutem Proteste gegen dessen
Einmischung mit, dass er die drei eingestellten Untersuchungen nicht an
die Zuchtpolizeigerichte weisen merde, woran der Regierungsrat durch
Beschluss vom 1?. Februar 1904 die Einstellung des Rekurrenten im Amt
verfügte und zwar bis zur Erledigung der Angelegenheit durch den Grossen
Rat, an den sie neuerdings geleitet werde und in der Meinung, dass mit
der Einstellung auch der Eutzng der Befoldung verbunden sei.

B. Gegen die Massregeln des Regierungsrates, nämlich die Verweiserteilung
und Androhung mit schärferen Massnahmen vom 22. Mai 1903, die Büssung
und Androhung der Einstellung im Amte vom LL. Januar 1904 und die
Einstelluiig im Amte vom 17. Februar 1904, hat Spühler am 21. Februar
1904 staats-rechtliche Beschwerde beim Bundesgericht erhoben. In der
Rekursschrist wird eingehend auseinandergesetzt, dass die Auffassung
des Rekurrenten über die Auslegung des § 10 des Ergänzungsgesetzes
von 1886 und dessen Anwendung auf die fraglichen Untersuchungssälle
richtig und diejenige des Regierungsrates unrichtig sei. Ferner, dass
die letztere Behörde zu ihrer Auflage betreffend Überweisung an den
Rekurrenten nicht kompetent gewesen sei, da die Staatsanwaltschast in
solchen Überweisungsfragen als Organ der richterlichen Gewalt handle
und nicht eine blosse formelle geschäftliche Tätigkeit ausiibe und daher
vom Regierungsrate als vollziehender Behörde unabhängig sein

I. Rechtsverweigerung und Gleichheit vor dem Gesetze. N° 43. 247

müsse. Als Beschwerdegrund wird allein Verletzung der Gleichheit vor
dein Gesetze (Art. 17 KV und Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV) angegeben, die darin liegen
soll, dass der inkonipetente Regierungsrat den Rekurreiiteu mit einer
Reihe ehrund kreditschädigender, sowie vermögensrechtlichen Schaden
bedingender Massnahmen bedacht habe, von denen er bei andern dem
Rekurrenten gleichgestellten Beamten unter gleichen Voraussetzungen und
bei vollständig gleichen Amtshandlungen nicht eine einzige zur Anwendung
gebracht habe.Die Staatsauwätte Brentaiio und Rohr, so wird ausgeführt,
hatten nämlich seit 1888 genau wie der Rekurrent in den kritischen
Fällen das Recht der endgültigen Entscheidung ausgenbt daruber, ob
einem Überweisungsbegehren nach § 10 Ieg.cit. Folge zu geben sei,
oder nicht. Von einem solchen Falle (Hermann) 1et dem Regierungsrat
durch den Rekurrenten direkt Kenntnis gegeben worden, ohne dass der
Regierungsrat deshalb gegen den betreffenden Beamten eingeschritten
wäre. Auch im übrigen könne sich der Regierungsrat, wenn er doch
Aufsichtsbehörde über die Staatsanwaltschaft sein wolle, nicht daraus
berufen, er habe von dieser Praxis keine Kenntnis gehabt, zumal auch
das Obergericht sie in einein neuesten Entscheide (nom 6. Oktober 1903)
gebilligt habe. Der Regierungsrat habe daher bei seiner abweichend-en
Anschauung ganz abgesehen von der Frage seiner Zustandigkeit als
Aufsichtsbehörde -nicht das Recht gehabt, statt den Konipetenzkouflikt
in verfassungs- und gesetzmässigemWeise zur Lösung zu bringen, den einen
Funktionär im Gegensatz zu den andern wegen jener Praxis zu 1nassregeln.
C. Der Regierungsrat des Kantons Aargau hat beantragt, es sei aus die
Beschwerde nicht einzutreten, eventuell es sei dieselbe als unbegrüudet
abzuweisen. Der erstere Antrag wird damit begründet, dass der Nekurrent
in seiner Eigenschaft als Beamter kein Recht der staatsrechtlichen
Beschwerde über Massnahmen ter vorgesetzten Behörde habe, da er durch
solche Massnahmen nur als Beamter, nicht aber als Staatsbürger in seinen
Individualrechten betroffen werde. Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
' 1. Die Beschwerde ist rechtzeitig erhoben in Bezug Lguf die Beschlüsse
des Regierungsrates vom 22. Januar und 17. Februar

248 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. l. Abschnitt. Bundesverfassung.

1904 (Ordnungsbusse und Amtseinstellung); dagegen ist sie in Bezug auf
den Beschluss vom 22. Mai 1908 verspätet, da hier die 60tägige Rekursfrist
(Art. 178 Biff. 3 OG) längst abgelaufen ist.

2. Was die vom Regierungs-rate in erster Linie aufgeworfene
Legitimationssrage anbetrifft, so steht nach Art. 178 Ziff. .L OG das
Recht zur staatsrechtlichen Beschwerdesührung wegen Verfassungsverletzung
Bürgern (Privaten) und Korporationen zu... Hieraus folgt ohne weiteres,
das; Behörden und Beamte Über Verfügungen, die lediglich auf die
Amtsführung Bezug haben, sich nicht beschweren können; denn solche
Verfügungen treffen eine Person oder einen Kreis von Personen in ihrer
öffentlichrechtlichen Stellung als Beamte oder Behörden und nicht in
ihrer Rechtssphäre als Bürger und Privatpersonen (s. auch Amii. SammL,
Bd. XXII, S. 28; XVI, S. 323; XIX, S. 119). Der Einwand der mangelnden
Legitimation wäre daher von vornherein begründet, wenn der vorliegende
Rekurs, was nichtder Fall ist, sich gegen die dem Rekurrenten als
Staatsanwaltschaftssubftitut vom Regierungsrat gemachte Auslage,
die fraglichen Untersuchungen nach § 10 des Erg.-Ges. von 1886 den
zuständigen Polizeigerichten zu überweisen, richten würde. Mit jener
Folgerung ist jedoch nicht gesagt, dass ein Beamter seinervorgesetzten
Behörde gegenüber nicht auch verfassungsmässige Jndividualrechte
Recht auf Freiheit, Privatehre, Glaubenssreiheit u. s.w.habe, die durch
Massnahmen der letztern verletzt werdenkönnen. Allerdings wird der Umfang,
in dem solche Rechte hier in Anspruch genommen werden können, durch das
öffentlich-rechtliche Beaunenverhältnis und zwar im einzelnen verschieden
je nachder Art dieses Verhältnisses und je nach dem Judividualrecht
modifiziert werden; aber wenn auch die Handelsund Gewerbefreiheit z. V.,
das Recht der freien Meinungsäusserung, der Un: sprach auf gleichmässige
Behandlung dem Beamten als solchem,. im Gegensatze zu Privaten, anders
und in beschränkterem Grade zustehen mögen, so können ihm doch diese und
andere verfassungsmässige Rechte dem Vorgesetzten gegenüber, ohne ihn
der Willkür preiszugeben, grundsätzlich nicht abgesprochen werden Sobald
also eine Massregel nicht oder nicht ausschliesslich die Amtstätigkeit
des Beamten betrifft, sondern zugleich in dessen private Sphäre ein-

L Rechtsverweigerung und Gleichheit vor dem Gesetze. N° 4-3. 249

greift, indem sie z. B. seine Privatehre oder sein Vermögen antasret,
so muss der Betroffene, insofern er behauptet, das der Eingriss eine
Verfassungsverletzung enthalte, auch zum staatsrechtlichen Rekurse
legitimiert sein. Diese Voraussetzungen treffen aber hier zu; denn
einerseits ist der Rekurrent durch die disziptinarischen Massregeln
des Regierungsrates zweifellhs auch nr seiner Ehre als Privatmann und
in seinem Vermogena betroffen und anderseits behauptet er, dass dadurch
ihm gegenuber der Verfassungsgrundsatz der Gleichheit der Bürger vor dem
Gesetz verle t ei. tz3.stt somit aus den Rekurs materiell einzutreten,
so kann. es sich nach dem einzigen Beschwerdegrund, der geltend gemacht
wird, nur fragen, ob durch die angesochtenen Disziplinarmatzregeln der
Rekurrent gegenüber den andern Funktioniiren der] Staatsanwaltschast
in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt worden ist, Eine
solche Verletzung der Rechtsgleichheit soll fnach den Ausführungen der
Rekursschrist darin liegen, dass die Staatsanwalte Rohr und Brentano
seit dem Jahre 1880 dieselbe Praxis m der Auslegung des § 10 des
Ergänzungs-gesetzes wie der Rekurrent befolgt haben, ohne dass sie vom
Regierungsrat gemaszregelt worden waren. Dieser ganzen Argumentation
liegt Jedoch eine Verwechslung zu Grunde. Gegen den Rekurrenten ist
nicht wegen jener Praxis eingeschritten worden, sondern weil er sich
hartnäckig geweigert hatte, in den Untersuchungsfällen Zobelz Stuttmatter
und Widmer der wiederholten Auflage des Regierungsrates nachzukommen
und die Akten den Gerichten zu .Überweisen. Der Rekurrent hat aber
selber nicht behauptet, dass ein einziger der von ihm namhaft gemachten
Fälle der Anwendung des § 10 leg. cit. auf dein Beschwerdeweg an den
Regierungsrat vgezhgen worden sei und dass sich die andern Staatsanwalte
je in ahnlicher Weise den Anordnungen des Regierungsrates widersetzt
hätten. Wenn daher auch die Kollegen des Rekurrenten sich wie dieser
bei Überweisungsbegehren im Sinne des § 10 leg. ent. eine materielle
Prüfung vorbehalten haben sollten-was hier nicht zu untersuchen ist),
so lagen doch gerade diejenigen Tatsachen, die zum angefochtenen Vorgehen
gegen den Rekurrenten gesuhrt haben, nur bei diesem vor. Und da nun das
versassungsmassige Prinzip der Rechtsgleichheit gleiche Behandlung der
Burger nur

250 A. staat-rechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt, Bundesverfassung.

unter der Voraussetzung der Gleichheit der erheblichen tatsächlichen
Verhältnisse verlangt, so erscheint der einzige Beschwerdegrund des
Rekurrenten als ohne weiteres hinfällig.

Der Rekurs ist daher abzuweisen, und es kann bei dieser Sachlage nicht
nur die streitige materielle Frage nach der richtigen Auslegung des §
10 leg. cit., sondern auch diejenige, ob der Regierungsrat zu seiner
Auflage betreffend Überweisung von Strafuntersuchungen an den Rekurrenten
gemäss der rechtlichen Stellung des aargauischen Staatsanwaltes in
dieser Hinsicht kompetent war, dahingestellt bleiben. Die Kompetenz des
Regierungsrates zum Erlass der angesochtenen Disziplinarmassregeln ist
vorn Reknrrenten aus verfassungsmässigen Gründen nicht angefochten und
wäre Übrigens auch zweifellos zu bejahen (s. Art. 6 und 20 der StrPO, §
14 der Novelle dazu von 1863, § 13 des Regiejmentes für die Staatsanwälte
u. s. w.).

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird abgewiesen.

44. Urteil vom 22. April 1904 in Sachen Konsumverein Chur gegen Kleinen
Rat Graubündein

Steuerpflicht eines Konsumvereins : Ist der am Ende des Jak res Unter
die Mitglieder zu Verteiiesnrie Ska-nto zu Dei-steinern ?

Das Bundes eri t at da sich ergibt: g ch h '

A. Mit Urteil vom 27. Juni 1901V wies das Bundesgericht eine Beschwerde
des Rekurrenten, des Konsumvereins Chur, gegen den Kleinen Rat des Kantons
Graubünden ab. Die damals streitige Frage war die, ob der Grundsatz der
Rechtsgleichheit dadurch verletzt sei, dass der Rekurrent verpflichtet
wird, einen sogenannten Skonto von 5 fo, den er neben einer sogenannten
Rückvergütung von 5 O- der Warenbezüge an seine Mitglieder ausbezahlt,
der Stadt Chur gegenüber versteuern müsse. In der

* Amt]. Samml. XXVII, !, Nr. 24, S. iäi ff.l. Rechtsvcrweigcrung und
Gleichheit vmdem Gesetze. N° cià. 251

Begründung des bundesgerichtlichen Urteils wird ausgeführt, es ergebe
sich aus den Tatsachen mit aller wünschbaren Klarheit, dass es sich
beim sogenannten Stonfo um nichts anderes handle als ebenfalls um eine
Rückoergütung, welch' letztere der Rekurrent ja zu versteuern bereit
sei. Dmn dieser sogenannte Skonto erfolgt aus dem Jahresgewinn, und
sein Betrag richtet sich nach diesem; er wird erst festgestellt nach der
Feststellung des Jahresergebnisses. Es verhält sich mit andern Worten so,
dass der Rekurrent seinen Mitgliedern, anstatt 5 0/0, 10 9/0 Rückvergütnng
gewährt. Dieser sogenannte Skonto, der in Tat und Wahrheit nichts anderes
ist als eine Rückvergütung, ist nun aber seinem Wesen. nach etwas anderes,
als der Skonto, den Einzelkaufleute ihren Kunden gewähren. Zwar ist der
Umstand nicht ausschlaggebend, ob der Skonto beim jedesmaligen Bezug
(durch Preisherabsetzung) oder am Ende eines Geschäftstermins durch
Barzahlung erfolgt. Dagegen kommt es daran an, dass beim wirklichen
Skonto ein bestimmter Abzug dem Kunden versprochen with, und dass dieser
einen Anspruch auf diesen Abzug hat, während bei dem in Frage stehenden
sogenannten Skonto des Reknrrenten die Ansetzung desselben nicht schon
zum voraus bestimmt ist und nur eine Erwartung, nicht aber ein Anspruch
auf den Skonto besteht. In der Besteuerung dieses sogenannten Skontos,
der in Wirklichkeit eine Rückoergütung ist, liegt daher eine ungleiche
Behandlung des Rekurrenten im Rechtssinne nicht, sodass der Rekurs
abgewiesen werden muB.

Bei der Steuereinschatzung für das Jahr 1903 weigerte sich der Rekurrent,
einen als Skonto bezeichneten Betrag von 20,549 Fr. 45 Ets. an die Stadt
Chnr zu versteuern, indem er geltend machte, er habe sich nunmehr dein
im bundesgerichtlichen Urteil ausgesprochenen Grundsatze angepasst und
allen Abnehmern, Mitgliedern oder Nichtinitgliedern, die Auszahlung eines
Skontos von 5 % der Warenbezüge von vornherein versprochen. Es handle
sich also bei der streitigen Summe jetzt um einen wirklichen Skonto,
auf den der Kunde einen festen Anspruch habe und der daher dem nicht
steuerpflichtigen Skonio des Einzelkaufmanns völlig gleichstehe und
dem nämlichen Zweck dienen solle: die Erzielung vermehrten Verkaufs,
Begünstigung der Barzahlung, vermehrten, erleichterten und billigen
Geldumsatz.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 30 I 244
Datum : 21. April 1904
Publiziert : 31. Dezember 1904
Quelle : Bundesgericht
Status : 30 I 244
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 244 A. Staatsrechuiche Entscheidungen. I. Abscnnitt. Bundesverfassung. willkürlich


Gesetzesregister
BV: 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
OG: 178
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
regierungsrat • skonto • bundesgericht • staatsanwalt • aargau • frage • bundesverfassung • kenntnis • richtigkeit • beschwerdegrund • wiese • chur • entscheid • strafuntersuchung • ei • legitimation • barzahlung • nachkomme • frist • treffen
... Alle anzeigen