122 B. Strafrechtspflege. Polizeigesetze. l. Markenrecht. Na i'}. 123

schuldig erklärt, bezüglich der zweiten Sendung (Juli1903) dagegen
freigesprochen

2. Dieselben werden solidarisch zu einer Busse vom achtfachen Betrage
des umgangenen Zolles von 608 Fr. 60 W., somit zu 4868 Fr. 80 Età.,
verurteilt.

Z. Sie werden solidarisch zur Mckerftattung des entgangenen
IL Polizeigesetze des Bundes. Zollrs von 608 Fr. 60 Cfs. an das
eidgenössische Finanzund _ . ' . Zolldepartemeni verpflichtet Lms de
pohce de la Confedératlon.

4. (Kosten.)

M

I. Markenrecht.

Marques de fabrique et de commerce.

17. gia,-tei: des Herrmannnel}ore;; vom 29. März 1903 in Sachen
gptein, Angekl. u. Kassat.-Kl., gegen I Gemische Fabrik von Heaven,
Ankl. u. Kassat.-Bekl.

Zulässigkeit dm' Einrede der Nichtigkeit der Marke des Anklcîgmsis im
Strafprozesse wegen zMae'kenreclztsess-erletzung,Zuständigkeit des
Strafrichtei's. Unanwendöai'keit der internationaien Konvention zum
Schätze des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 im Verk-ehre zwischen
der Schweiz. und dem. deutsahen Reiche für vor dem 1. Mai 1903 entstandene
Rechtseerhälinisse. Art. 7 Ziffer 2 MSGhG. Schutzfdieigkeàt da? Marke
eines deutschen Industriellen in der Schweiz. Bedeutung der Zulasseeng
der Marke in der Schweiz durch das Amt für geistiges Eigentum, A-rt. 14
MSchG. Ari. 1 des Abkommens zwischen der Schweiz er,-nd dem deutschen
Reiche vom 13. April 1892. Art. 14 Ziffer 4
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG. Benutzung eines Teiles
der Firma als Marke. Markennachahmung. Art. 24 litt. a MSch G.

Vorsatz; Art. 25 Abs. i emi. Befeegnis der Ver-wendeeng einer ,Namenmarke
durch eine homonyme Person. Dolose Schaffung einer homonymen Firma.

A. Durch Urteil vom 23. Dezember 1903 hat die III. Appeliationskammer
des Obergerichts des Kantons Zürich erkannt:

1. Die beiden Angeklagten (nämlich der heutige Kassationskläger Stein
und eine mitangeklagte Frau Heyden, welche den124 B. Strafrechtspflege.

obergerichtlichen Entscheid nicht angefochten hat) sind der Übertretung
des BG betreffend den Schutz der Fabrikund Handelsmarken schuldig.

2. Sie werden verurteilt:

Stein zu einer Woche Gefängnis und zu 200 Fr. Geldbusse, welche im Falle
der Nichterhältlichkeit in weitere 40 Tage Gefängnis umgewandelt werden;

Frau Heyden zu 60 Fr. Geldbusse, welche event. in 12 Tage Gefängnis
umgewandelt werden.

3. Die eingetragene Handelsmarke Süssstoff-Heyden ist zu löschen. '

4. Die beschlagnahmte mit der Marke Hei)den oder Heyden & Cie. versehene
Ware ist zu pulverisieren und alsdann den Angeklagten herauszugeben;
die noch vorhandenen Etiquetten sind dagegen zu vernichten.

5. Die Damnifikatin wird für berechtigt erklärt, das Urteil nach erlangter
Rechtskraft auf Kosten der Angeklagten einmal im Dispositiv in der Neuen
Zürcher Zeitung zu ver-öffentlichen

B. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Stein rechtzeitig und in
richtiger Form die Kassationsbeschwerde an das Bundesgericht ergriffen,
mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache
gemäss Art. 172
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
OG an die kantonale Instanz zurückzuweisen.

C. Die Kassationsbeklagte trägt auf Abweisung der Kassationsbeschwerde an.

Der Kassationshof zieht in Erwägung:

1. Der vorliegende Strafprozess beruht auf wesentlich folgendem
Sachverhalt: Am 10. Juni 1898 liess die Chemische Fabrik von Heyden
Gesellschaft mit beschränkter Haftung- ix Rad beul bei Dresden in das
eidgenössische Markenregifter eine aus dem Worte Heyden bestehende Marke
(Nr. 10226) eintragen für zahlreiche chemische Produkte, n. a. auch
für Künsiliche Süsssioffe. Diese Marke wurde am 10. Januar 1900
unter Nr. 11537 auf die heutige Anklägerin und Kassationsbeklagte, die
Chemische Fabrik von Heyden, Aktiengesellschaft, übertragen. Sie wird von
derselben sowohl aus der Verpackung der von ihr in den Handel gebrachten
Süssstofs-Tabletten, als auch auf denPoiizeigesetze. l. Markenrecht. N°
17. 125

Tabletten selbst (durch Einpressung) angebracht. Der Angeklagte
und Kassationskläger Jakob Stein betrieb in Dresden unter der Firma
J. K. Stein & Sie, ein Handelsgeschäft in Süssstoffen und hatte im
Jahre 1890 in Zürich eine Zweigniederlassung desselben etabliert. Jm
Laufe des Jahres 1902 machte er hier die Bekanntschaft der Eheleute
Heyden-Desplands.. Als der Ehemann Heyden, welcher im Handel mit
Glühlichtkörpern tätig war, im Frühjahr 1903 in Konkurs geriet, ging Stein
mit der Ehefrau Ida Heyden, der im vorliegenden Prozesse Mitangeklagten,
eine Kollektivgesellschaft ein unter der Firma Heyden & Cie., Fabrikanten,
welche am 8. Mai 1903 ins Haudelsregister eingetragen wurde. Der Eintrag
bezeichnet als Natur des Geschäftes: Chemische Produkte-, und gibt an,
dass der Gesellschafter Stein allein für die Firma rechtsverbindlich
zeichne. Mit Schreiben vom 22. Mai 1903 gab Stein der Frau Heyden die
Erklärung ab, sie übernehme bei der neugegründeten Firma weder Leistung,
noch Garantie, noch irgendwelche andere Pflichten; sie werde daher bei
dem Geschäfte nicht beteiligt sein und habe das Recht, jederzeit aus
der Firma auszuscheiden. Gleichzeitig bemerkt er, er habe davon Notiz
genommen, dass sie, Frau Spendere, auf sämtliche Rechte verzichte, Und
verpflichtet sich ferner, in Zürich nichts im Detail zu verkaufen und die
von Frau Heyden eingeführte Sorte zu (näher bestimmten) Bedingungen an
Frau Heyden und en gros nach aussen zu liefern. Am 18. Mai 1903 hatte die
neue Kollektivgesellschaft eine Marke Siissstoff Heyden für Zuckerersatz
unter Nr. 15,907 in das schweizerische Markenregister eintragen lassen. Jn
den Monaten Mai bis Juli 1903 bezog sie aus dem Laboratorium Sauter in
Gens wiederholt Süssstoff-Tabletten für total gegen 3000 Fr., von denen
zirka 150 Kilogramm mit der Bezeichnung "Hayden, und 170 Kilogramm mit
der Bezeichnung Heyden & Cie. versehen waren. Diese Waren bot die Firma
Hehden & Cie. durch Preislisien, welche denjenigen der A.-G. Chemische
Fabrik von Heyden ähnlich sind, als Siissstofs Hel)den zum Verkaufe aus
und setzte tatsächlich einen Teil derselben ad.

Jn der Folge erhob die A.-G. Chemische Fabrik von Hayden im Juli 1908
gegen die beiden Teilhaber der Firma Spendere

126 B. Strafrechtspflege.

& Cie., Jakob Stein und Ida Hehden, Strafklage wegen Verletzung ihrer
eingetragenen Marke Heyden, wobei sie sich vorbehielt, den ihr erwachsenen
Schaden in einem besonderen Civil: prozesse geltend zu machen. Die
Angeklagten wendeten im Strafverfahren zu ihrer Entlastung ein: Vorab
hätten sie ihre Waren mit dem Namen Süssstoff bezeichnet, während
die Anklägerin ihr Produkt chkerin nenne, so dass eine Verwechslung
ausgeschlossen fei. Ubrigens aber sei die angeblich verletzte
Marke der Anklägerin ungültig, ba sie nicht deren wirkliche, sondern
eineersonnene Firma wiedergebe. Zudem könne der Kollektivgesellschaft
Heyden & Cie. überhaupt nicht verwehrt werden, ihre Firma als Marke zu
verwenden; jedenfalls müsste, wenn auch die Marke der Anklägerin gemäss
der Eintragung Schutz geniessen sollte, bei dieser Kollision zweier an
sich berechtigter Marken durch den Civilrichter festgestellt werden,
welcher von beiden das bessere Recht zukomme, bevor von einer strafbaren
Markenrechtsverletzung gesprochen werden könne. .

Beide kantonalen Jnftanzen erklärten die Angeklagten der strafbaren
Zuwiderhandlung gegen das Markenschutzgesetz schuldig. Das eingangs
erwähnte Urteil des Obergerichts, welches in den Hauptpunkten den Spruch
der ersten Instanz bestätigt hat, ist wesentlich wie folgt begründet:
Sillschweigend wird der Auffassung des Bezirksgerichts beigetreten, dass
eine Markennachahmung vorliege, indem das für die Erinnerung massgebende
Merkmal der in Frage stehenden Bezeichnungen das Wort Sgehden sei, welches
im Publikum leicht zu Verwechslungen der von den Angeklagten in den
Handel gebrachten mit den Produkten der Anklägerin führen könne. Sodann
wird bemerkt: Aus Art. 7 Ziff. 2 des esdgenössischen Mattenschutzgesetzes
in Verbindung mit Art. i des Ubereinkommens zwischen dem Deutschen Reich
und der Schweiz vom 13. April 1892 ergebe sich-, dass die Frage, ob die
eingetragene Marke der Anklägerin Anspruch auf gesetzlichen Schutz habe,
nach dem schweizerischen Recht zu entscheiden sei. Danach könne es sich
nur fragen, ob sich aus Art. 14 Biff. 4.des Markenschutzgesetzes Gründe
gegen die Eintragung der Marke herleiten lassen, speziell ob dieselbe
eine ersonnene Firma darstelle. Dies sei jedoch zu verneinen; denn wenn
die Marke HeydenilPolizeigeseize. l. Markenrecht. N°17. 127

auch nicht die volle Firma der Anklägerin umfasse, so enthalte sie
doch dasjenige Wort, welches jene individualisiere und sich danach in
vorzüglicher Weise als Warenzeichen, zur Unterscheidung Von Waren anderer
Prodenienz, eigne. Folglich sei der Einwand der allgemeinen Richtigkeit
der Marke der Anklägerin zu verwerer. Auf ihre Firma speziell aber könnten
sich die Angeklagten zu ihrer Verteidigung deswegen nicht berufen, weil
die Eingebung der Gesellschaft Heyden & Cie. (wie näher begründet wird)
lediglich ein Scheingeschäft bedeute, das ein Recht an der Firma-,
welche nur die rechtswidrige Ausbeutung des Renommees der Anklägerin
bezweckt habe, nicht habe begründen können.

Jn dieser Argumentation und der daraus resultierenden Bestrafung erblickt
der Angeklagte Stein eine Verletzung der einschlägigen eidgenössischen
Rechtsnormen, wie er in seiner Kasseltionsbeschwerde des nähern darzutun
versucht.

2. Was in rechtlicher Beziehung vorab den vom Kafsationskläger als
Angeklagten erhabenen Einwand betrifft, dass die angeblich verletzte Marke
der Anklägerin materiell nicht zu Recht bestehe, so ist unbedenklich davon
auszugehen, dass die Richtigkeit einer eingetragenen Marke einredeweise
gegenüber der Klage wegen Markeurechtsverletzung auch im Straf-verfahren
geltend gemacht werden kann, wie dies vom Bundesgericht für den analogen
Fall der Patent-Nichtigkeitseinrede gegenüber der PatentverletzungsKlage
bereits anerkannt worden ist (oergl. den Entscheid des Kassationshofs
in Sachen Gebrüder Gegaus, Amtl. Samml., Bd. XXVI, &. T., Nr. i?) Dabei
ist der kantonale Strafrichter ·-vom Standpunkte des eidgenössischen
Rechts, dessen Anwendung allein der Kassationshof zu überwachen hat
zweifellos befugt, die an sich civilrechtliche Frage der Richtigkeit
selbst zu prüfen, wie es vorliegend geschehen ist, b. h. es kann in diesem
Verfahren ein Verstoss gegen eidgenössische, markenrechtliche Vestimmungen
jedenfalls nicht gefunden werden Denn das geltende Markenrecht stellt
nicht etwa den Grundsatz auf, dass eine eingetragene Marke solange als
eristent zu betrachten sei, als sie nicht vom Civilrichter nichtig erklärt
worden ist, und es hat daher der Strafrichter über die Rechtsgültigkeit
der streitigen Marke -die selbstverständliche Voraussetzung jeder,
also auch der strafbaren

128 B. Strasrechtspflege.

Markenrechtsverletzung wie über alle anderen Voraussetzungen des
Strafanspruchs selbst zu entscheiden, sofern er nicht dem kantonalen
Prozessrecht gemäss hierüber einen civilgerichtlichen Zwischenentscheid
zu veranlassen und erst auf Grund dieses letzteren die Strafsache zu
beurteilen hat.

3. Nun beruft sich der Kassationskläger zur Begründung der Richtigkeit
der Marke der Kassationsbeklagten in seiner Beschwerdeschrift an
das Bundesgericht in erster Linie auf die internationale Konvention
zum Schutze des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 (Pariser
Konvention), welche gegenwärtig statt dem von der Vorinstanz beigezogenen
deutsch-schweizerischen Abkommen vom Jahre 1892 massgebend sei, und
speziell auf Art. 8 derselben, wonach jede im Ursprungslande, d. h. in
demjenigen Lande, in welchem der Hinterleger seine Hauptniederlassung
hat, vorschriftsmässig hinterlegte Fabrikoder Handelsmarke in den
andern Ländern der Union unverändert zur Hinterlegung zugelassen und
geschützt werden muss. Er folgert nämlich aus dieser Bestimmung, dass die
Eintragung einer Marke im Ursprungs{ande Bedingung ihrer Eintragungsund
Schutzsähigkeit in den andern Ländern sei, und macht danach geltend, dass
die Marke, Heyden der Kassationsbeklagten, weil sie in Deutschland nicht
eingetragen sei, auch in der Schweiz nicht rechts-gültig habe eingetragen
werden können. Allein diese Argumentation geht schon deswegen fehl, weil
die Pariser Konvention in Wahrheit vorliegend nicht zutrifft. Wohl gehört
die Schweiz derselben seit ihrem Abschlusse an, Deutschland aber ist
ihr erst im Jahre 1902, mit Wirkung vom 1. Mai 1903 ab, beigetreten. Und
dieser Beitritt hat, da das Gegenteil nicht ausdrücklich vorgesehen ist,
keine rückwirkende Kraft, d. h. es können die Rechte, deren Existenz
durch denselben bedingt ist, wie gerade der aus Art. 6 ibidem resultie=
rende Anspruch auf Eintragung und Schutz einer Marte in den übrigen
Unionsländern zufolge ihrer Eintragung in Deutschland, nicht auf schon
vorher bestehende Verhältnisse bezogen werden. Folglich ist dieser
Artikel, bezw. die Pariser Konvention überhaupt, auf die bereits 1898
erfolgte Eintragung der Mat-fe Heyden der Kassationsbeklagten nicht
anwendbar, und bedarf daher die jedenfalls diskutierbare Auslegung jenes
Artikels durchPoiizeigesetze. I. Markenrecht. N° 17. 129

den Kassationskläger keiner Erörterung Massgebend für die streitige
Eintragung ist vielmehr Art. "? Ziff. 2 des schweizerischen
Markenschutzgefetzes, welcher den Schutz der Marken ausländischer
Geschäfte in der Schweiz abhängig macht vom Gegenrecht des betreffenden
Staates und dem Nachweis, dass die fragliche Marke dort geschützt
sei. Da nun das Gegenrecht von Deutschland nach dessen Ubereinkommen
mit der Schweiz vom 13. April 1892 {Art. 1 ihidem) garantiert ist, so
kann es sich somit nur fragen, ob der Nachweis dafür, dass die Marke
Heyden in Deutschland geschützt sei, vorliege. Dies aber ist zu besahen;
denn dieser Nachweis mug durch die Tatsache der erfolgten Eintragung der
Marke in der Schweiz da der Eintragung nach Art.14 leg. cit. eine amtliche
Prüfung der formellen Requisite des Art. 7 ibidem vorauszugehen hat als
geleistet erachtet werden, solange nicht der Gegenbeweis erbracht wird
(vgl. den Entscheid des Bundesgerichts in Sachen Walbaum, Luling, Gulden
& Cie., Ath Samml., Bd. XXL Nr. 140, Crw. 4, S. 10-57). Ein solcher
Gegenbeweis aber ist vorliegend gar nicht versucht worden. Übrigens
schliesst in der Tat das deutsche Recht (Reichsgesetz zum Schutze der
Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894, § 3 Biff. 1) nur die sogenannten
descriptiven d. 1). diejenigen Wortmarken aus, welche Angaben über
Art, Zeit und Ort der Herstellung, über die Beschaffenheit, über die
Bestimmung, über Preis-, Biengenund Gewichtsverhältnisse der Ware
enthalten, so dass danach die Marke Hehden in Deutschland zweifellos
schutzfähig ist.

4. War nach dem Gesagten die streitige Markeneintragung an sich
statthaft, so ist auf eine Prüfung der Rechtsgültigkeit der Marke
selbst einzutreten. In Hinsicht auf deren 3 usamtnensetzung und äussere
Gestaltung nun ist, gemäss dem ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 des
schweizerisch-deutschen Übereinkommens vom 13. April 1892, das deutsche
Recht massgebend, welches ihr, wie bereits in der vorausgehenden Erwägung
in fine ausgeführt, nicht entgegensteht. Im übrigen ist sie, gemäss der
allgemeinen Bestimmung des Art. 1 ibidem, nach schweizerischem Recht zu
beurteilen. Nach diesem aber kann es sich lediglich fragen, ob sie dem
weiteren Nichtigkeitseinwand des Kassationsklägers entsprechend -.--
als ersonnene nachgeahmte oder nachgemachte Firma zu be-

xxx, i. 1904. 9

130 B, Strafrechtspflege.

trachten sei und daher gegen Art. 14 Ziff. 4 des Markenschutzgesetzes
verstosse. Nun kann von einer nachgeahmten ssodersi nachgemachten Firma
jedenfalls nicht die Rede sein, da hiefnr uberhaupt seine Anhaltspunkte
gegeben find. Allein auch eine ersonnene Firma liegt deswegen, ioeil
die Marke nicht die volle Firma der Kassationsbeklagten, sondern nur
einen Teil derselben wiedergiebt, nicht vor, wie auch die Vorinstanz
zutreffend annimmt. Einmal spricht schon die wörtliche Interpretation
dagegen, einen Ramen, welcher einen Bestandteil einer wirklichen,
eristierenden Firma darstellt, als ersonnen oder erdacht zu bezeichnen,
besonders wenn es sich gerade um den wichtigsten,· hervorstechendstew
Teil jener Firma handelt, wie dies unzweifelhaft hier _.. wie allgemein
bei Aktiengesellschaften mit dem in ihre Sachsirma aufgenommenen Namen,
bezw. der persönlichen Firma ihres Rechtsvow gängers der Fall ist Sodann
lässt es auch der vernunftige Sinn, welcher der fraglichen Bezeichnung des
Art. 14.Ziff. 4 zu Grunde liegt, nicht zu, vorliegend eine erfonnene Firma
anzunehmen. Art. 14 Ziff. 4 will nämlich offensichtlich die tauschenden
Marken, die marques mensongères, wie die franzosische Praxis sie nennt,
verbieten, d. h. diejenigen Marken,durch welche der Markeninhaber
sich gegenüber dem Publikum furueinen andern auszugeben beabsichtigt,
als er wirklich ist. Diese Tauschungsabsicht aber liegt hier nicht
vor. Die Marke !,Hehden kann unmöglich eine Täuschung des Publikums
über die Pechtspersom lichkeit der Kassationsbeklagten bezwecken, da sie
i... nichts anderesals den wichtigsten Teil von deren Firma enthalt. Von
der an; saminengesetzteii Sachfirma Chemische Fabrik von HeydenCl A.-G.

ist offenbar gerade der Name Heyden das sie individualisierende,
beim Publikum geläufige Stichwort. Dieses ist-daher gewiss an sich
auch nicht geeignet, eine Täuschung hinsichtlichn des Tragers der
Marke herbeizuführen Der vom Kafsationsklager angerufene Entscheid
des Bunde-states vom 4. September 1900 in Sachen Blankenhorn &
Cie. (Bundesblatt MUD,-IV, S. l5 ff.) trifft, wie das Obergericht
mit Recht bemerkt, nn Hinblick auf seinen abweichenden Tatbestand
hier nicht zu, indem die dort zurückgewiefene Marke aus einem mit der
Firma Blankenhorn & Cie. äusserlich in keinem Zusammenhang stehenden
NamenPolizeigesetze. I. Markenrecht. N° 17. 131

(Strub) bestand. In seiner Begründung allerdings ist der Entscheid
scheinbar weiter gefasst, indem er die Auffassung vertritt, dass als
Marien nur die Namen legendarischer oder geschichtlicher Persönlichkeiten,
nicht dagegen Familieniiamen, welche zur Bildung einer Personenfirina
tauglich seien, verwendet werden dürften, da diese letztern die Gefahr
einer Täuschung des Publikums begründen könnten. Allein dies ist doch wohl
nur in dem beschränkten Sinne zu verstehen, dass lediglich Familiennamen,
welche in der Firma des Markeninhabers nicht figurieren dürfen, als Marken
ausgeschlossen sein sollen, indem der Bundesrat selbst ausführt, dass die
Entscheidung darüber, ob im einzelnen Fall die Täuschungsgefahr wirklich
bestehe, nach Massgabe des Firmenrechts zu treffen sei, und ausdrücklich
zugibt, dass ausländische Marken bei Abweichung des zugehörigen
Firmenrechts von dein des Jnlandes (hinsichtlich der Ausdehnung des
Prinzips der Firmenwahrheit) diesem entsprechend anders zu beurteilen
seien, als die inländischen. Danach ist die hier streitige Marke, weil
der unzweifelhaft rechtsgültigen Firma der Kassationsbeklagten entnommen,
offenbar auch nach Aiificht des Bundesrates nicht zu beanstanden.

5. Der Kafsationskläger bestreitei heute nicht mehr, dass, sofern die
Marke der Kassationsbeklagten zu Recht besteht was nach dem Vorstehenden
der Fall ist in seinem Verhalten eine an sich rechtswidrige, strafbare
Nachahmung derselben liege. Und in der Tat erscheint diese von den
Vorinftanzen vertretene Auffassung keineswegs ais rechtsirrtümlich; denn
zweifellos sind nicht mir die vom Kassationskläger, bezw. von der Firma
.Heyden & (Sie/', tatsächlich verwendeten Bezeichnungen Heyden und Heyden
& Cie., sondern auch die von ihr eingetragene Marie Süssftoff Heydenit
der Marke H,Heydeii der Kassationsbeklagten derart ähnlich, dass das
Publikum irregeführt wird (Art. 24 litt. a des Markenschutzgesetzes),
indem auch bei der letztgenannten Wortverbindung doch das Wort Het)den"
als das prävalierende, in der Erinnerung der Warenkonsumenten haftende,
zu betrachten ist. Auch haben die Vorinstanzen diese Markennachahmuiig
durchaus zutreffend als vorsätzlich und daher laut Art. 25 Al. î
leg. cit. strafbar erachtet. Die Akten lassen nämlich darü-

-132 B. Strafrechtspflege.

ber keinen Zweifel zu, dass der Kassationskläger das Warenzeichen
Heyden der Kassationsbeklagten kannte, indem er schon vor Gründung der
Gesellschaft Heyden & Eie. bei seinem Handel mit Süssstoffen in Dresden
speziell den Produkten der Kassationsbeklagten Konkurrenz gemacht hat und
überdies seine, d. I). der Kollektivgesellschaft Heyden & Cie. Prospekte
völlig, selbst in den Detailbezeichnungen der einzelnen Warensorten,
denjenigen der Kassationsbeklagten nachbildete, wie überhaupt die Gründung
dieser Kollektivgesellschaft lediglich zum Zwecke der Ausbeuiung des
fraglichen Warenzeichens erfolgt ist (vgl. Erwägung 6 unten). Wenn der
Kassationskläger nun auch, wie er behauptet, ursprünglich keine Kenntnis
davon gehabt haben sollte, dass jenes Warenzeicheu in der Schweiz als
Marke eingetragen sei, so vermag ihn dies nicht zu entlasten; denn sein
Vorsa g im Sinne des Art 25 leg cit. ware nach feststehender Praxis
nur dann ausgeschlossen, wenn er bei seinem Handeln die redliche,
gewissenhaer Überzeugung gehegt hätte und hatte hegen dürfen, dass
das nachgeahmte Zeichen nicht gesetzlich geschützt, d. h gar nicht
eingetragen oder nicht schutzfahig sei Für die Annahme und Berechtigung
solcher Überzeugung aber liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Soweit aus
den Akten ersichtlich ist, hat sich der Kassationsklager ursprünglich
darüber, ob der Name Heyden eingetragen sei, nicht durch Ansrage an der
kompetenten Stelle, beim eidgenössischen Amte für geistiges (Eigentum,
Aufklärung verschafft, und nachher, als er unbestrittenermassen von der
Existenz jener Marke Kenntnis hatte, führte er, bezw. die Gesellschaft
Heyden & Cie., laut dem Brief ihres Anwalts an die Kassationsbeklagte
vom 17. Juni 1903, gegen die Rechtsgtiltigkeit derselben lediglich die
Tatsache des Bestehens der gleichlautenden Firma Heyden & (Sie. ins Feld,
auf welche Tatsache er sich nach dem in Erwägung 6 unten Gesagten in
guten Treuen nicht berufen konnte.

6. Eine strafbare Handlung würde in der festgestellten Marken: verletzung
von Seiten des Kassationsklägers immerhin nicht liegen, sofern diese,
wie er in letzter Linie geltend macht, bezw. die Kollektivgesellschaft
Hayden & Cie., zur Verwendung der Bezeichnung Heyden auf Grund ihrer
gleichlautenden eingetragenen Firma berechtigt waren. Nun ist allerdings
davon auszugehen,Polizeigesetze. ]. Markenrecht. N(! 17. 133

dass eine Namenmarke gegenüber dem gewerblichen Gebrauch diefes
Namens durch homonyme Personen oder Firmen der Natur der Sache
nach (ng. übrigens die positive Bestimmung in § 13 des deutschen
Reichsgesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894)
grundsätzlich keinen Schutz gewährt, da das Recht jener Personen oder
Firmen an ihrem Namen als ebensoftarkes Judividualrecht erscheint, wie
das Recht an einer eingetragenen Marke; dass eine Ausnahme nur insoweit
besteht, als der Markenträgerf kraft Firmenrecht die Verwendung der
(mit seiner Marke übereinstimmenden) Firma durch gleichnamige Personen
verhindern kann. Demnach darf der Name Spendere, da die Firma der
Kassationsbeklagten als solche in der Schweiz nicht geschützt ist,
hier von jeder gleichnamigen Person oder Firma gewerblich Verwendet
werden. Allein dem Kassationskläger, bezw. der Kollektivgesellschaft
Heyden & Cie., steht ein solches Namenrecht nicht zu. Die Vorinstanzen
haben durchaus zutreffend angenommen, dass der Kassationskläger die
formell einwandfreie Firma dolose geschafer hat. Denn die Akten
lassen mit aller Deutlichkeit erkennen, dass die Bildung seiner
Kollektivgesellschaft mit Frau Heyden nur den Zweck hatte, den Namen
Heuden als Firma zu gewinnen, um so scheinbar berechtigter Weise das
Markenrecht der Kassationsbeklagten verletzen und ihr Renommee ausbeuten
zu können. Dies ergibt sich namentlich aus dem im Verlauf des Prozesses
abgegebenen Geständnis der Gesellschaften-in und Mitangeklagten,
Frau Heyden, in Verbindungmit dem Umstand, dass der Kassationskläger,
welcher schon früher den Süsssiofffabriken unerlaubte Konkurrenz zu machen
versucht hat, nach der internen Regelung des Gesellschaftsverhältnisses
laut seinem Schreiben an Frau Heyden vom 22. Mai 1903, tatsächlich am
Geschäft der Firma allein beteiligt war. Die vom Kassationskläger erst in
der bundesgerichtlichen Instanz produzierten Akten, welche die effektive
Mitbeteiliguug der Frau Heyden dartun sollen, können als prozessualisch
verspätet nicht berücksichtigt werden, beweisen übrigens nichts für die
Stellung der Frau Hehden als Gesellschafterin. Es handelt sich demnach
hier um einen typischen Fall doloser Homouyrnie, wie er z. B. dem
Entscheid des deutschen Reichsgerichts i. S. Blüthner (Bolze:

134 B. Strasrechtspflege.

Bd. XVIII, Nr. 114) zu Grunde liegt. Nun kann in dem streiilgen
Gesellschasts-Vertragsabschluss allerdings nicht mit der Vormstauz ein
bloss simuliertes, ein Scheingeschäft, erblickt werden, das als solches
der gesetzlichen Wirkungen des Gesellschaftsvertrages, speziell des
Rechts auf die Firma, entbehre; denn die Parteien hatten doch wohl
den tatsächlich zum Ausdruck gebrachten Willen, wenigstens für ihre
Stellung nach aussen, wirklich ein Gesellschaftsverhältnis einzugehen,
und dies muss für die formelle Rechtsgültigkeit desselben genügen,
da die interne Stellung der Gesellschaften weil beliebiger Regelung
fähig, hiefür ausser Betracht fallt. Allein dieser Gesellschaftsvertrag
sollte, wie gerade das interne Abkommen der Parteien zeigt, nicht den
gewöhnlichem gesetzlich vorgesehenen Zwecken einer Sozietät, sondern
ausschliesslich oder doch in erster Linie dem mit der Rechtsordnung im
Widerspruch stehenden, verbotenen Zweck der Verletzung des Markenrechts
der Kassationsbeklagten dienen und kann aus diesem Grunde, jedenfalls
soweit die Verwirklichung jenes unerlaubten Zweckes in Frage kommt,
auf Rechtsgültigkeit nicht Anspruch erheben. Es kann also das Recht zur
Führung des Namens He-Wen & Cie.", wenn es auch im übrigen bestehen
sollte, doch der Kassationsbeklagten nicht wirksam entgegengehalten,
sondern von dieser mit der Einrede der Arglist beseitigt werden.

Somit hat sich der Kassationskläger nach dem früher Gesagten zweifellos
der vorsätzlichen Markenrechtsverletzung schuldig gemacht Und erscheint
daher seine Bestrafung gemäss Art. 24 und 25 des Merkenschutzgesetzee
keineswegs ers eechtsiisktümtich

Demnach hat der Kassationshof erkannt: Die Kassationsbeschwerde wird
abgewiesen.Polizeigesetze. ll. Urheberrecht an Werken der Literatur
u. Kunst. N° 18, 135

II. Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst. Droit d'auteur pour
oeuvres cle Littérature et d'art.

18. guten des Fassationshofes vom 29. glliirz 1905c Ein Sachen
Gebrüdet @egcmf, Privatstraka u. Kass.-Kl., gegen Hehweizeriscye
Yàhmascfiinenfavrisz, StrafbekL u. Kass.-Betl.

Strafbare Putentdertetzungx Vorsatz? Art. 25 Abs. 1 Pat.-Ges.

Der Kassationshof hat,

gestützt auf den Tatbestand, welcher dem bundesgerichtlichen
Kassationsentscheid vom 16. März 1900 (Amtl. Samml., Bd. XXVI, 1. Teil,
Nr. 17, S. 107 ff.) zu Grunde liegt, mit folgenden Zusätzen:

A. Nachdem die vorliegende Strafsache durch den bundesgerichtlichen
Kassationsentscheid vom 16. März 1900 in Aufhebung des vorausgegangenem
die Strafbeklagte freisprechenden Urteils des luzernischen Obergrrichts
zu neuer Entscheidung an diese Instanz zurückgewiesen worden war,
nahm das Obergericht, im Sinne des dundesgerichtlichen Eutscheides,
zunächst eine Aktenvervollständigung vor und sistierte sodann das
Strafverfahren einstweilen, indem es der Strasbeklagten eine peremtorische
Frist setzte zur vorgängigen Geltendmachung auf dem Civilwege der von
ihr im Strafprozesz gegen die Gültigkeit des Patentes Nr. 11,674 der
Privatstrafklägerin erhobenen Einreden. Der in der Folge durchgeführte
Civilprozess fand seinen Abschluss durch Urteil des Bundesgerichts vom
2. Mai 1903, welches die Patentnichtigkeitsklage der Strafbeklagten in
allen Teilen abwies.

B. Auf Grund dieser Aktenlage hat das Obergericht des Kantons Luzern in
Wiederaufnahme des Strafversahrens durch Urteil vom 15. Juli 1903 die
Strafbeklagte, die schweizerische Nähmaschinenfabrik, neuerdings von
Schuld und Strafe freigesprochen, diesmal gestützt auf die Annahme, dass
derselben nicht vorsätzliche, sondern bloss sahrlässige, strafrechtlich
irrelevante Patentrechtsverletzung zur Last falle.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 30 I 123
Datum : 01. Januar 1903
Publiziert : 31. Dezember 1904
Quelle : Bundesgericht
Status : 30 I 123
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 122 B. Strafrechtspflege. Polizeigesetze. l. Markenrecht. Na i'}. 123 schuldig erklärt,


Gesetzesregister
MSchG: 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
OG: 172
Stichwortregister
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