372 Civilrechtspflege.

Vin. Schuldbetreibung und Konkurs. Poursuite pour dettes et faillite.

44. glrteil vom 15. anni 1903 in Sachen Heime-tm & Cie., Kl. u. Ber.-Kl.,
gegen cKaufmann & {entworfen, Bekl. u. Ver-Bett

Verantwortlichkeit von Mitgäiedem einer Gemeindebehärde, die
bei der Fertigemg von Liegenschaften mitzuwirken haben, wegen
Zulu-Hung der Fertigung ohne gen-iègende Sicherheiten gegenüber einem
be-treibenden Gläubiger. (g 9 Setzer-n. ngothekan-Ges.) Kompetenz des
Beendesgericiets. Erlöschen der Betreîbung, Art. 88 Sch. u. K.-Ges.

A. Durch Urteil vom 6. Dezember 1902 hat das Qbergericht des Kantons
Luzern die Klage abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil haben die Kläger rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit den Anträgen:
Der Zahlungsbefehl der Kläger sei nicht als erloschen zu erklären die
Beklagten seien demnach solidarisch gehalten, den Klagern ausser dem
anerkannten Betrag von 1500 Fr. nebst Zins zu 5% seit 11. August 1896
zu bezahlen 5000 Fr. nebst Zins zu 50/0 seit 27. Dezember 1894, und
4000 Fr. nebst Zins zu 5 Ü/0 seit 12. November 1894. Eventuell sei das
angefochtene Urteil aufzuheben und der Prozess zu nochmaliger Beurteilung
an das Obergericht zurückzuweisen, im Sinne des Art. 83 Org.-Ges.

C. In der heutigen Verhandlung stellt der Vertreter der Kläger

den Antrag auf Gutheissung der Klage. Der Vertreter der Beklagten stellt
die Anträge: Aus die Be-

rufung sei, soweit es sich um die Klage gegen den Gemeinderat
handle, wegen Jnkompetenz des Gerichte-Z, und soweit die Klagev gegen
Gemeindeammann Heer in Frage stehe, weil es sich um kein Haupturteil
handle, nicht einzutreten, in der Sache selbst sei die Berufung
abzuweisen.VIII. Schuldhetreihung und Konkurs. N° 114. 373

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Ju tatsächlicher Beziehung ist aus den Akten hervorzuheben: Am
12. August 1896 liessen die Kläger E. Heimann & Eie in Frankfurt am
Main und Mailand, dem Xaver Metz damals Seifenfabrikant in Horw,
einen Zahlungsbefehl für eine Forderung von 20,000 Fr. nebst Zins
zu 5°]0 seit 10. August 1896 zustellen; als Grund der Forderung war
angegeben: Schadenersatz nebst Verzugszins seit heute. Der Betriebene
schlug am 17. August 1896 Recht vor. Am 21. September 1896 erwirkte
er beim Gerichtspräsidenten von Kriens und Malters eine Provokation
gegen die Kläger und erhob, als diese bestritten wurde, im November
1896 Provokationsklage mit dem Begehren, die Provokationsbektagten
seien gehalten, ihre vermeintlichen Ansprüche aus ihrer Betreibung
vom 11. August 1896 an den Kläger binnen Frist von zwei Monaten beim
Bezirksgericht Kriens und Malters einzuklagen, bei Verlust aller Ansprüche
gegen den Kläger im Unterlassungsfalle. Schon am 26. Dezember 1894 hatten
die Klagengegen den Beklagten eine Jnjurienund Entschädigungsklage, mit
der sie 5000 Fr. wegen Kreditschädigung verlangten, beim Bezirksgericht
Luzern eingereichtz eine weitere derartige Klage, in der sie ihre
Entschädigungsforderung auf 10,000 Fr. bezifferten, leiteten sie am
12. März 1897 beim Bezirksgericht von Kriens und Malters ein. Endlich
war zu dieser Zeit gegen Xaver Meg ein Strafprozess wegen Meineides
und Urkundenfälschung anhängig, in dem die Kläger als Denunzianten
aufgetreten waren, nachdem ein Prozess zwischen ihnen und dem Beklagten
durch ein schiedsgerichtliches Urteil vom 18. November 1896 teilweise
zu ihren Ungunsten entschieden worden war. Während der Pendenz
aller dieser Prozesse, im Frühjahr und Sommer 1897, schloss Meg zwei
Liegenschaftenkäufe ab, einen um die chemische Fabrik in bjorw, die er an
die Aktiengesellschaft Seifenund chemische Fabrik Horw net-äusserte, und
einen um eine Parzelle Kirchmätteliland in Horn), abgeschlossen mit Alois
Bucheli, Vater, in Kriens. Die amtliche Visierung des ersten Kaufvertrages
dessen Abschlussdatum nicht aktenkundig ist fand am 17. Juli 1897 fiati,
die Fertigung der veräusserten Liegenschaften am 28. Oktober 1897. Vor
der Fertigung hatten die Kläger wiederholt das Betreibungsamt Horw

374 Cévilrechtspflege.

ungefragt, ob Meg zur Erwirkung eines Botenfreischeins den

Betrag von 20,000 Fr., für den sie Betreibung angehvbeu,

deponiert habe (im Sinne des § 9 des luzermschen Hypotheken-

gesetzes), worauf der Betreibungsbeamte, Speer, unter dem 10. August

1897 erwiderte, Metz habe für die Betreibung Sicherheit geleistet,

während die Kläger wiederum, mit Zuschrift vorn 12. August 1897,

den Gemeinderat von Horw verantwortlich erklart hatten, sur den

Fall, dass die Sicherheit nicht genügend. sei· und der Schuldner unzahlbar
würde. Metz hatte ursprünglich in der Tat eine Gult

von 20,000 Fr., haftend auf der Fabrik, depoiiiertz an deren

Stelle wurden jedoch in der Folge zwei Gülten von Je 5000 Fr. ab Chalet
und Villa Waldegg hinterlegt. Am 29. Oktober 1897 wurde über Metz der
Konkurs eröffnet, gestützt auf Art. 191 Sch.: u. K.-Ges. Die Kläger
machten in diesem Konkurse folgende Eingaben: Eine Rechtsoerwahrung
hinsichtlich desStrafsdrozesses und eine solche hinsichtlich der Revision
des schiedsgerichtlichen Urteils, die sich die Kläger vorzubehalten
erklärten-; sodann eine Forderung von 10,000 Fr. nebst Verzugszins
seit 11 August 1896 als Entschädigung, worüber beim Bezirksgericht
Kriens und Malters Prozess anhängig sei; weiter eine Forderung von 5000
Fr. nebst Zins zu 50/0 seit 11. August 1896, anhangig beim Bezirksgericht
Luzern; schliesslich eine Rechtsverwahrung hinsichtlich der Kosten des
Provokationsprozesses Der Prozess betreffend die Entschädigung von 5000
Fr. wurde durchvurteil des Bezirksgerichts Luzern vorn 14. Mai 1898
als erledigt erklartzf da die Konkursmasse und sämtliche Gläubiger des
Metz aus Fortsührung des Prozesse-Z verzichtet hatten. Dagegen nahm
derheutige Beklagte, Gemeindeammann Heer-, den Prozess betreffend
die Entschädigung von 10,000 Fr. aus; in diesem Prozesse sprach das
Obergericht des Kantons Luzern den Klagern durch Urteil vom 26. Oktober
1899 Fr. 1500 nebst Zins zu 50/0 seit 11. Fluguft 1896 zu. Endlich
wurde durch obergerichtliches Urteil vom b. Mai 1899, gestützt auf den
Strasprozess, die Revision des schiedsgerichtlichen Urteils bewilligt,
und nachher von der lKonkursmasse die klägerische Forderung von 4000
Fr. nebst Zins 311.50/0 seit 12. November 1894 anerkannt. Jin Konkurse
des Xaver Metz wurden die beiden früher für die Betreibung der Kläger
beimVIH. Schuldbetreihung und Konkurs. N° 414. 375

Betreibungsamt Horw hinterlegten Gülten um zusammen 1070 Fr. verwertet;
die ursprünglich deponierte, aus der Metz'schen Fabrikiiegenschaft
haftende, Gült kam bei Verwertung des Unterpfandes gänzlich zu
Verlust. Für die Gläubiger der V. Klasse, also auch für die Kläger, ist
im Konkurse des Metz nichts erhälilich. Mit Klage vom April 1901 haben
nun die Kläger die Beklagten als Mitglieder des im Jahre 1897 aintenden
Gemeinde-states von Horw solidarisch auf Ersatz der im Konkurfe des
Metz anerkannten, aber gänzlich zu Verlust gekommenen Ansprüche gegen
den Gemeinschuldner belangt, indem sie folgende Begehren stellten: Die
Beklagten seien solidarisch gehalten, den Klägern ausser dem anerkannten
Betrage von 1500 Fr. nebst Zins zu 5 0/0 seit 11. August 1896 zu bezahlen:
1. Fr. 5000 nebst Zins zu ò 0/0 seit 27. Dezember 1894; 2. Fr. 4000
nebst Zins zu 5 0X0 seit 12. November 1894. Die Klage wird gestützt
aus § 9 des luzernischen Hypothekargesetzes von 1861, der lautet: Die
Fertigung darf erst dann erfolgen, wenn der Verkänfcr sich aus-gewiesen
hat, dass zur Seit der Visierung des Aufsatzes (die vom Präsidenten
des Gemeinderates vorzunehmen ist) aus ihm keine Schuldbetreibung
hasteke, oder dass, wenn dieses der Fall, entweder dafür Bezahlung oder
genügende Sicherheit geleistet worden, oder die Betreibungsfi·ihrer
ihre Einwilligung zur Fertigung gegeben haben. Würde die Fertigung ohne
diese Sicherung oder Einwilligung der Betreibungssührer vorgenommen,
so erlangt dieselbe zwar Bollkraft, der Gemeinderat wird aber demselben
für ihre Ansprachen, so lange die Betreibung nicht erlischt, und wenn
der Schuldner unzahlbar würde, verantwortlich, und damit begründet:
Nach dieser Gesetzesbestiminung komme die bestellte Sicherheit von 20,000
Fr. ausschliesslich den Betreibungsführern, zu deren Gunsten sie depouiert
worden sei, zu; dieselbe, bezw. deren Erlös, falle daher nicht in die
Konkursmasse, sondern sei den Klägern ausznhändigen; und sosern nun das
Devositum zur Deckung der klägerischen Forderung nicht hinreiche, haften
die Beklagten, deren Pflicht es gewesen, für genügende Sicherstellung
zu sorgen, gemäss der genannten Gesetzesstelle. Diese Haftung tresse
auch zu, wenn die Beklagten vor der Fertigung der Verkäufe durch Metz
Sicherstellung überhaupt nicht verlangt haben sollten. Der Berlagte

376 Civilrechtspflege.

Heer wird ferner eventuell gestützt auf Art. 5 Sch. u. K.-Ges., Art. 50
ff. O.-R. und die Bestimmungen des kantonalen Verxantworllichkeitsgesetzes
sowie auf Grund der von ihm entgegen- genommenen Sicherung verantwortlich
gemacht. Die Beklagten haben ihre Verantwortlichkeit bestritten und
dabei u. a. vorab den Standpunkt eingenommen, ihre Hastbarkeit sei schon
deshalb nicht vorhanden, weil zur Zeit der fraglichen Fertigung die
Betreibung der Kläger gemäss Art. 88 Sch. u. K.-Ges. erloschen gewesen
sei; betreffend die Klage gegen Heer wurde sodann noch die Einrede
ungenügender Substanziierung erhoben. Die Kläger machen gegenfiber
dem ersten Einwaude geltend, die Betreibung sei nicht nach Art. 88
Sch. u. K.-Ges. erloschen, da die in Betreibung gesetzte Forderung
schon vorher von ihnen eingeklagt gewesen sei. Demgegenüber vertreten
die Beklagten den Standpunkt, eine Einklagnng vor der Betreibnng vermöge
das Erlöschen der Verjährung der Betreibung nicht zu hindern, übrigens
sei es tatsächlich unrichtig, dass die in Betreibnng gesetzte Forderung
schon vor der Betreibung vom 11. August 1896 eingeklagt gewesen sei.

2. Über die erste Frage: das Erlöschen der klägerischen Betreibung
gemäss Art. 88 Sch. u. K.-Ges., haben beide kantonalen Justanzen
(das Bezirksgericht Luzern und das Obergericht in seinem eingangs
mitgeteilten Urteil) ausgeführt, die Betreibung sei in der Tat
erloschen und somit die Verantwortlichkeit des Gemeinderates gemäss § 9,
Abs. 2, luz. Hyp.-Ges. dahingesallen. Die Kläger haben vom Momente des
Rechtsvorschlages an keine Klage eingeleitet. Allerdings sei es an sich
richtig, dass die in Betreibnng gesetzte Forderung schon vor Anhebung
der Betreibung rechtshängig gewesen sei; allein durch eine solche,
vor der Anhebung der Betreibung liegende Tatsache könne das Erlöschen
der Betreibnng gemäss Art. 88 Sch. u. K.-Ges. nicht alteriert werden,
indem zur Unterbrechung der dort aufgestellten Frist eine Handlung
erforderlich sei, die während des betreffenden rechtlichen Verfahrens
selbst eintrete. Aus die Frage der speziellen Hastbarkeit des Beklagten
Heer sodann ist die Vortnstanz wegen ungenügender Substanziierung des
bezüglichen Standpunktes und mangels eines besonderen Rechtsbegehrens
nach dieser Richtung nicht eingetreten.

3, Wie sich aus der Berufnngserklärung (Fakt. B)
ergiebt-.vm. schuldbare-iqu und Konkurs. N° 44. 377

richtet sich die Berufung gegen das vorin·tanli·e '

soweit, als dieses den Präjudizialpunkt desl EIlöcshchenTrthr $?
rrestng zu Ungunsten der Klager entschieden hai. Aus die er: weiterte
Begründung der Berufung, wie sie im heutigen Vortra e sdes Vertreters
der Kläger gegeben worden ist, kann daher nîn Erornheretn nicht
eingetreten werden, insbesondere ist die eventuelle Begrundung der
Klage gegenüber dem Beklagten Heer nicht u prufen. Auf diese könnte
übrigens auch deswegen nicht eingetretkn werden, weil die Vorinstanz
auf sie mangels genügender Substanznerung und zwar ausschliesslich
auf Grund kantonalen Prozessrechtes, nicht eingetreten ist. Dagegen
ist allerdings ans die Berufung, soweit sie jenen Punkt betrifft,
einzutreten, und ist die imm Bertreter der Beklagten erhobene Einreoe der
Jnkompeten insoweit abzuweisen. Denn: Es ist zwar richtig, dass der Vet-Î
santwortlichkeitsanspruch den die Kläger gegen die Beklagten erheben,
sich aus eine Bestimmung des kantonalen Rechtes g 9 des luzernischen
Hypothekargesetzes -stützt, und auf Grund dieser Bestimmung zu beurteilen
isf. Allein nach dieser Bestimmung besteht die gedachte Verantwortlichkeit
der Beklagten als Mitglieder Edes Gemeinderates, bezw. als Visierungsund
Fertigungsbehörde nur so lange, als die Betreibung nicht erlischtszOb
aber eine Be: treibnng erloschen ist oder noch zu Recht besteht, richtet
sich nunmehr, seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung
und Konfurs, nach diesem Gesetze, also nach eidgenössischem Recht das in,
dieser Hinsicht an die Stelle des kantonalen Rechtes ge; treten ist. Jst
aber danach dieser Präjudizialpunkt vom eidgenössischen Rechte beherrscht
und nach eidgenössischein Rechte zu entscheiden, so ist das Bundesgericht
zu dessen Beurteilung zuständig obschon der klägerische Anspruch selbst
aus dem kantonalen Rechte hergeleitet wird, (Vgl. Bundesger. Entsch. XXV,
2, S. 862 u.

-897, Crw. 5, u. ferner von Salis, in Zeitschr-. f. schweiz. Recht,

R. F., Bd. 12, S. MB.) Wenn auch diese Praxis dem Satze, den man als
allgemeinen Prozessgrundsatz hinstellen mag, dass die

in der Hauptsache zuständige Behörde in der Regel auch zuständig

sei für die Beurteilung der Präjudizialsragen, nicht entspricht, so

fällt eben in Betracht, dass es sich hier um die Ausscheidung der

Kompetenzen zwischen den kantonalen Gerichten und dem Bundesxxxx,
2. 1903 25

878 cirilrechtsptlege.

gerichte handelt und dass der Zweck des Rechts-mittels der Berufung
:die einheitliche Wahrung des eidgenossischen Rechtes, erforderndass
auch Präjudizialpunkte eidgenössis chen Rechts vom etdgenossiseheu
Richter beurteilt werden. Auch handelt es sich nicht etwa nur
um die Anwendung einer prozessrechtlichen Norm, sondern umaeines
Civilrechisstreitigkeit. Dagegen hat sich dann-allerdings die Uberprüfung
des Bundesgerichts auf diesen Praxudizialpunkt zu beschränken und ist im
übrigen die Auslegung, welche der kantonale Richter dem kantonalen Recht
gegeben hat, sur das Bundesgericht: MEPng dem in Erw. i reproduzierten
·§ 9 des luzernischen Hypothekargesetzes muss sich img-en, ob die
Beklagten dceFertigung vornehmen durften ohne genugende Sicherstellung,
obs also zu jenem Zeitpunkte die von den Klagern am 11L21ugust 1896
angehobene Betreibung erloschen war. Dass Jener Zeitpunktmassgebend
ist, und § 9 leg. cit. überhaupt in diesem Sinne auszulegen sei, ist
von der Vorinstanz ausgesprochen, und zwarnach dem Gesagten in für das
Bundesgerilcht verdindlicher Weise- Nun steht tatsächlich fest, dciss die
Betreibung am 17. August 1896 durch Rechtsvorschlag gehemmt worden ist
und dass dies Kläger nichts zur Beseitigung des Rechtsvorschlages getan,
bezw. die in Betreibung gesetzte Forderung nach dem Rechtsoorschlage nicht
eingeklagt haben. Gemäss Art. 88 Sch. u. K.-Ges. erlöschen die Rechte
des Betreidenden aus dein Zahlungsbefehl-, d. h. zunächst das Recht,
Fortsetzng der Betretbung zu vergangen bezw. das Psändungsbegehren zu
stellen, mit Ablauf eines Jahresseit Zustellting des Zahlungsbesehles
Und zwar lauft diese Frist auch, wenn vom Betriebenen Rechtsvorschlag
erhoben wird, nur wird in diesem Falle die Zeit zwischen der Anhebung und
der gerichtlichen Erledigung der Klage nicht in Berechnung gezogen Können
somit auch die Betreibungsrechte aus einem TZahlungsx befehle, gegen den
Rechtsvorschlag erhoben tii, binnen Jahresfrks seit Zustellung erlöschen
(ng, Archiufur Schuldbetr. u. Kondu; Bd. IV, Nr. 88, S. 228 f.), so muss
im vorliegenden Falle te Betreibung der Kläger als erloschen gelten,
ja sie festgestellten massen hinnen Jahresfrist nichts im gedachten
Sinne vorgenommetn haben, sofern nicht der klägerische Rechtsstandpunkt
zu schutzeu is rVIII. Schuldhetreibung und Konkurs. N°44. 379

bei vorheriger Einklagung der nachher in Betreibung gesetzten Forderung
erlösche die Vetreibung nicht bezw. nicht vor Erledigung des betreffenden
Prozesses, und wenn zudem, bei Gutheissung dieses Rechtsstandpunktes-,
tatsächlich richtig ist, dass die Kläger die Forderung Von 20,000 Fr. zur
Zeit der Betreibung schon eingeklagt hatten. Wird nun zunächst diese
letztere Frage, die tatsächlicher Natur isf, geprüft, so kann vorab die
Bemerkung derVorinstanz, die Behauptung der Klager, die in Betreibung
gesetzte Forderung sei schon vor Anhebung der Betreibung, teils beim
Bezirksgerichte Luzern, teils bei einem Schiedsgerichte, anhängig gewesen,
sei richtig, nicht als tatsächliche Feststellung angesehen werben;
sie ist zu unbestimmt dazu und nicht genügend umschrieben. Jst somit
vom Bundesgerichte frei zu prùfen, ob die Kläger den ihnen obliegenden
Beweis ihrer Behauptung, dass die in Betreibung gesetzte Forderung von
20,000 Fr. gegen Metz schon vor Anhebung der Betreibung rechtshängig
gewesen sei, geleistet haben, so ergibt sich folgendes: Vor Anhebung der
Betreibnng war einzig rechtshängig die ersie, am 26. Dezember 1894 beim
Bezirksgerichte Luzern eingeleitete Jnjurienund Entschädigungsklage,
mit der die Kläger eine Entschädigung von 5000 Fr. verlangten,
und die schiedsgerichtliche Forderung, mit der die Kläger gegen Meg
Vertragsaufhebung Schadenersatz von 1000 Fr. und Konventionalstrafe von
3000 Fr. forderten. Diese vor Schiedsgericht hängige Forderung fällt
ohne weiteres ausser Betracht, da die in Betreibung gesetzte Forderung
sich als Schadenersatz bezeichnet und schon ihrer Höhe nach nicht mit
der vor Schiedsgericht erhobenen Forderung identisch sein kann. Aber auch
die Rechtshängigkeit der Entschädigungssorderung von 5000 Fr. kann nicht
dazu führenanzunehmen, die in Vetreibung gesetzte Forderung von 20,000
Fr. sei schon rechtshängig gem-fen; die Jdentität dieser Forderungen
würde ja nur sür einen relativ geringen Betrag zutreffen. Die weitere
Entschädigung von t0,000 Fr. endlich ist erst nach Anhebung der Betreibung
rechtshängig gemacht worden (mit Klage vom 12. März 1897), und kann daher
von vornherein für die Behauptung der Kläger keine Stütze bilden. Würde
übrigens diese Forderung in Betracht gezogen, so wäre zu beachten, einmal,
dass sie-durch obergerichtliches Urteil vom 26. Oktober 1899 endgültig

380 civilechtsptiege.

erledigt wurde, die Verwirkungsfrist des Art. 88 Sch. u. K.-Ges. also
von da an wieder lief, und weiter, dass die erste Entschädigungsforderung
(von 5000 Fr.) auf ganz dieselben Tatsachen und Rechtsgrunde gestützt wird
wie die zweite; auch hieraus aber kann wieder ein Schluss darauf gezogen
werden, dass die Forderung von 5000 Fr. mit jener von 20,000 Fr. nicht
identisch ist. Gebricht es aber sonach in tatsächlicher Beziehung an dem
den Klägern obliegenden Beweise der Jdentität der vor der Betreibung
eingeklagten Forderungen mit der in Betreibung gesetzten Forderung,
so braucht die oben aufgeworfene grundsätzliche Frage: welche Wirkung
diese Tatsache auf das Erlöschen der Betreibung hätte, nicht erörtert
zu werden. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und es ist somit das Urteilgdes Obergerichts
des Kantons Luzern vom 6. Dezember 1902 in allen Teilen bestätigt.

45. Eli-steil vom 22. guai 1903 in Sachen gmhomm, Kl. u. Ber.-Kl.,
gegen genaue-malte geringres Veil. u. Ver-Bett

Kssollokatioresstreitigkeit. Art. 250 Sch.u. K.-Ges. Verwie'kung der
Klage wegen Nicàtanfechtueeg des Koléokationspiaiwsie innert Frist.

A. Durch Urteil vom N. Februar 1903 hat das Obergericht des Kantons
Schafshausen die Klage abgewiesen. B. Gegen dieses Urteil hat der Klager
rechtzeitig und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht
eingelegt, mit dem Antrage: In Aufhebung des angefochtenen Urteils sei
die Klage zuzulassen. ss

C. Der Vertreter der Beklagten hat in seiner Antwort auf die
Berufungsschrift oie Ausführungen dieser letztern bestritten, ohn
indessen einen bestimmten Antrag zu stellen. ss -VIII. Schuldbetreibung
und Konkurs. N° 45. 381

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1..Der Kläger A. Neukomm hatte namens seiner Ehefrau Hortensia
geb. Bringolf in dem über den Nachlass seines Schwiegervaters eröffneten
Schuldenrufe eine Forderung aus unverteiltem Ytuttergut im Betrage von
3062 Fr. 50 Cfs. angemeldet Diese Forderung wurde in dem hierauf über
den Nachlass eröffnete-n Konkurs vom Konkursamt, das die zum Inventar
gemachten Anmeldungen ohne weiteres als Konkurseingaben behandelte,
mangels genügender Belege nicht anerkannt. Eine Anfechtung des vom
11. bis 21. November 1902 ausgelegten Kollokatiousplanes durch den Kläger
fand nicht statt. Dagegen reichte dieser am 22. Dezember 1902 eine
Konkurseingabe ein, in welcher er dieselbe Forderung wiederum geltend
machte. Das Konkursamt teilte dem Vertreter des Klägers mit Schreiben
vom gleichen Tage mit: Es betrachte die Eingabe als verspätet im Sinne
des Art. 251 Schuldbetr.u. Konk.-Ges.; es weise sie jedoch aus demselben
Grunde, wie die erste Eingabe, d. I}. mangels eines strikten Beweises,
ab, und setzte dem Kläger eine Frist von 10 Tagen vom 22. Dezember 1902
an zur Anfechtung des Kollokationsplanes (bezw. dieser Abweisung). Jnnert
dieser Frist hat sodann der Kläger Klage eingereicht auf Anerkennung einer
Forderung von 3000 Fr. und Kollokation in 11., edentuell in V. Klasse. Die
beklagte Konkursmasse trug auf Abweisung der Klage an und erhob hiebei in
erster Linie die Einrede der Verwirkung der Klage Während die I. Instanz
(der Bezirksgerichtspräsident von UnterkiettgauJ mit Vorentscheid vom
5. Januar 1903 diese Einrede abwies und demgemäss die Klage zuliess, mit
der Begründung, die Beklagte könne sich, nachdem das Konkursamt selber
dem Kläger Frist zur Klage angesetzt habe, nicht mehr auf den Standpunkt
der Verwirkuug stellen, ist die II. Instanz, an welche die Beklagie
appellierte, zu ihrem eingangs mitgeteilten, die Klage abweiseuden
Entscheid gelangt aus folgenden Gründen: Die einzige FMge fet die, ob
die Klage auf Anfechtung des Kollokationsplanes ver-wirkt sei. Hiebei
könne die Beklagte alle Einwendungen geltend machen, namentlich auch
die, die Verfügung des Konkursamtes, auf welche sich der Kläger stütze,
sei ungültig. Nun sei der Kollokationsplan durch Nichtanfechtung innert
nützlicher Frist
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 29 II 372
Datum : 15. Januar 1903
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 29 II 372
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 372 Civilrechtspflege. Vin. Schuldbetreibung und Konkurs. Poursuite pour dettes


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • zins • bundesgericht • frist • richtigkeit • gemeinderat • heer • rechtsvorschlag • stelle • frage • konkursamt • kantonales recht • kollokationsplan • schadenersatz • zahlungsbefehl • fabrik • konkursmasse • weiler • verzugszins • betreibungsamt
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