526 B. Entscheidungen der Schuldhetreibungs-

oder der Gläubiger zweifellos nicht Eigentümer oder Besitzer des
Mietobjektes ist (vgl. Entscheid des Bundesrates i. S. Schadau, Archiv
I, 72). Vor-liegenden Falles wird aber die Existenz keiner dieser
Voraussetzungen verneint, sondern lediglich darauf abgestellt, dass die
Mietzinsforderung, für welche die Retention erwirkt worden ist, mangels
eines Mietvertrages zwischen den Rekurrenten und den Retentionsgläubigern
nicht existiere. Ob diese Auffassung in tatsächlicher und rechtlicher
Beziehung begründet sei, ist leineFrage, die des gänzlichen der
materiellen Prüfung des ftreitigen Verhältnisses durch den Richter
vorbehalten bleiben muss und die für die Exekutionsbehörden keinen Anlass
geben kann, ihre amtliche Hilfe auf die Gefahr hin zu verweigern, ein
wirklich bestehendes und bedrohtes Recht schutzlos zu lassen. Demnach
hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.

112 Entscheid vom 2. November 1903 in Sachen L. Meyer-Hartmann.

Pfändungsverfahren: Beschwerde; Steigung der Aufsiuhtsòehòrden.

I. Auf Begehren des J Meyer als betreibenden Gläubigers pfändete das
Betretbungsamt Ruswil am 2. Januar 1903 einen am 2. Februar verfallenden
Gültzins von 90 Fr den der betriebene Schuldner Egli-Bächler an Bättig
zu fordern hat. Am li./14. Februar zeigte der Rekurrent L. Meyer dem
Amte an, dass er auf diesen Gültzins Anspruch erhebe, da ihm derselbe
vom betriebenen Schuldner schon am 2. Juni 1902 abgetreten worden sei,
von welcher Cession der Drittschuldner Bättig am 31. Januar 1903 Anzeige
erhalten habe.

Daneben erhob der Rekurrent gleichzeitig am 13. Februar Beschwerde mit
dem Begehren auf Aufhebung der -Pfändung, wobei er geltend machte: zur
Zeit der Pfändung habe eine pfändbare Forderung gar noch nicht existiert,
sondern sei bloss die Möglich-und Konkurskammer. N° 112. 527

feit eines Rechtserwerbes gegeben gewesen, welche nicht Gegenstand einer
Zwangserekution bilden könne.

H. Am 29. April 1903 erledigte die untere Aufsichtsbehörde die Beschwerde
in dem Sinne, dass sie dieselbe für gegenstandslos geworden erklärte;
dies mit der Begründung: Bättig habe den fraglichen Zins längst an das
Betreibungsamt zu Handen des Pfändungsgläubigers J. Meyer einbezahlt.

HI. Hiegegen ergriff L. Meyer Rekurs an die kantonale Anfsichtsbehörde.
Diese führte in ihrem Entscheide aus: Im Vorgehen des Amtes liege zwar
eine gewisse Unkorrektheit, da es das Verfahren nach Art. iOS/109
hätte anordnen sollen. Indessen könne nach erfolgter Aushändigung
des gepfändeten Zinses die Psändung als solche nicht mehr aufgehoben
werden und sei somit die Beschwerde als gegenstandslos zu betrachten,
wobei dem Beschwerdeführer für allfällige Entschädigungsansprüche gegen
den Betretbungsführer, eventuell das Betreibungsamt der Civilprozeszweg
offen stehe. Das auf diese Erwägungen gestützte Dispositiv lautet: Auf
vorliegende Beschwerde sei nicht einzutreten, bezw. es sei dieselbe im
Sinne der Motive gegenstandslos erklärt-

Den nach Deckung des betriebenen Gläubigers verbleibenden Rest des
bezahlten Zinses (30 Fr. 15 CBB.) händigte das Amt, nachdem der Entscheid
der kantonalen Aufsichtsbehörde ergangen war, dem heutigen Rekurrenten
aus. --

IV. In seinem nunmehrigen innert Frist eingereichten Rekurse an das
Bundesgericht stellt dieser die Begehren:

1. Die angefochtene Pfändung sei aufzuheben, die erfolgte Aushändigung
von 59 Fr. 85 Ets. an den Pfändungsgläubiger sei ungültig zu erklären
und das Betreibungsamt Ruswil sei anzuhalten, den genannten Geldbetrag
wieder herzuschaffen und dann die Betreibung nach gesetzlicher Vorschrift
zu Ende zu führen.

2. Eventuetl sei die Beschwerde zu materieller Behandlung an sdie
kantonalen Aufsichtsbehörden zurückzuweisen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung: Es ist
unbestritten, dass das Betreibungsamt den eingezogenen Zinsbetrag,
soweit er nicht zur Bezahlung des betreibenden Gläubiger-s verwendet
worden war dem Rekurrenten aus-gebändigt

528 B. Entscheidungen der Schuldbetreibnngs-

B'unter diesen Umständen kann von der beantragten Anfhebung des
Pfändungsaktes vom 2. Januar 1903 keine Rede fem. Penn nach den
ekfoxgten zwei Zahlungen ist dieser Akt nicht mehr Yahtg, künftig
betreibungsrechtliche Wirkungen zu entfalten und liegt nlso keine
Möglichkeit vor, durch eine Anordnung der Auffichtsbehorde gemäss am. 21
des Betreibungsgesetzes dem Eintritt solcher Rechts-

wirkungen vermittelst Aufhebung des Aktes vorzubeugen. Lediglich '

aber festzustellen, dass die fragliche Pfändung gesetzwidrig erfolgt sei,
gehört nach ständiger Praxis nicht zu den Funktionen der Aufsichtsbehörden
und zwar auch dann nicht, wenn der Beschwerdeführer bezweckt, auf
eine solche Feststellung sich in einem bevorstehenden gerichtlichen
Verfahren zu berufen, in welchem er mit der betreffenden Betreibung
zusammenhängende Civilansprüche zur Geltung zu bringen sucht. Sodann
kann es auch nicht angehen, wie Rekurrent meint, das Betreibungsamt
anzuhalten, den (an den betreibenden Gläubiger bezahlten und damit
in sein Eigentum übergegangenen _) Geldbetrag wieder herzuschaffen
und dann die Betreibung nach gesetzlicher Vorschrift zu Ende zu
führen. Denn es lässt sich nicht einfeheu, kraft welcher gesetzlicher
Bestimmung der Betreibungsbeamte in Ausübung seiner Amtstätigkeit
diese Herbeischafsung des @eldbetrages, d. h. die Rückgängigmachung des
erfolgten Eigentumserwerbes zu bewerkstelligen vermöchte Aus all' dem
erhellt, dass die Beschwerde mit der nach ihrer Einreichung erfolgten
Auszahlung der vom Amte bezogenen Summe in der Tat gegenstandslos
geworden und der Vorentscheid also richtig isf. Jst aber die Beschwerde
nunmehr ohne Gegenstand, so kann sie auch nicht, wie Rekurrent eventuell
beantragt, zur materiellen Behandlung an die kantonalen Aufsichtsbehörden
zurückgewiesen, werden. Die Geltendmachung allsälliger Ansprüche im
Civilprozessverfahren hat bereits der Vorentscheid dem Rekurrenien
vorbehalten. Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:
Der Rekurs wird abgewiesen. und Konkurskammer. N° 113. 529

113. Arrét du 2 novembre 1903 dans la cause Etat et Ville de Fribourg.

Art. 106 à 109 LP. Saisie de parts de copropriété.

I. Georges-Félix, Jules-Victor, Marie-Lucie et SophieThérèse Cantin,
étaient copropriétaires indivis de différents immeubles situés les uns à
Fribourg, les autres sur le territoire de la commune de Posieux, immeubles
qu'ils auraient recueillis dans la snccession de leur père Jacques-Antoine
Cantin et dont la veuve de ce dernier a. l'usufruit sa vie durant.

Jules-Victor Cantin étant décédé, sa succession beste-menWire fut acceptée
par la Ville de Lucerne qui, par transaction du 4 avril 1902, eéda sa part
comme héritière de Jules Victor Cantin aux immeubles susindiqués aux frère
et seeurs du défunt Georges-Félix, Marie-Lucie et Sophie-Therese Centin.

Malgré l'acceptat-ion de la. succession de Jules-Victor Centin per la,
Ville de Lucerne et la transaction du 4 avril 1902, ni la Ville de Lucerne
ni les enfants Cantin ne peuvent obtenir des autorités fribourgeoises
de mutations dans I'intitulé du chapitre sous lequel les immeubles
susrappelés figurent an cadastre; cet intitulé est demeuré le meme qu'au
temps de Jules-Victor Cantin.

II. L'Etat et la Ville de Fribourg poursuivirent la Ville de Lucerne
comme héritière de Jules-Victor Cantin ensuite d'impòts dont ce dernier
eurait frustré le fisc fribourgeois, au paiement, le premier, d'une somme
de 177,060 fr. 77 c., la seconde, d'une somme de 4053 fr. 22 c. Dans
ces deux poursuites, N° 26 838 et 25 763, série N° 149, l'office de
Fribourg ssisit, les 21 et 26 mars 1903, après d'autres biens: la part
à la maison, soit la part 51. l'art. 323 de la, Ville de Fribourg , et
a la part aux immeubles suivants mentionnés au cadastre de Ia commune
de Posieux sous les art. N"B ..... (suit l'indication détaillée de
ces articles).

Ces immeubles sont précisément ceux dont il a été ques-

. tien sous Chiffre 1 ei-dessus.

III. Dame veuve Cantin et ses enfants Georges-Félix,
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 29 I 526
Datum : 02. November 1903
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 29 I 526
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 526 B. Entscheidungen der Schuldhetreibungs- oder der Gläubiger zweifellos nicht


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • schuldner • zahlung • dauer • begründung des entscheids • richterliche behörde • kantonales rechtsmittel • weisung • richtlinie • archiv • frist • funktion • bundesrat • deckung • serie • sucht • bezogener • zins • eigentumserwerb • bundesgericht
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