504 A. staatsrechtiiehe Entscheidungen. IV. Abschnitt. Staatsverträge.

dem in Gemässheit dieses Gesetzes aufgestellten Formular zur
Konzessionierung von Versicherungsgesellschaften war im Kanten Bern
der Betrieb des Versicherungsgeschäftes aus allgemeinen öffentlichen
Jnteressen an eine behördliche Ermächtigung ( Konzession) geknüpft,
die nur beim Vorhandensein bestimmter durch das Gesetz aufgestellter
Garantien erteilt wurde. Hier gehörte die Bestellung einer Kaution
seitens des Versicherers als Sicherheit für die Erfüllung aller
im Kanton Bern eingegangenen Verbindlichkeiten In Bezug auf diese
Kaution hat die Behörde der Gesellschaft nicht privat-wirtschaftlich
gegenübergestanden auf dem Boden der Gleichheit der Rechtssubjekte,
sondern sie ist hiebei als der Träger der öffentlichen Gewalt aufgetreten
und hat kraft staatlicher Autorität der Gesellschaft die Kautionspflicht
einseitig aufgelegt. Und wenn nun auch die Kaution in erster Linie den
Ansprüchen der hernischen Versicherten eine gewisse Sicherheit verschaffen
sollte, so hat der Regierungsrat doch nicht etwa bloss als gesetzlicher
Vertreter der einzelnen Versicherten sich die Kaution leisten lassen; jene
Sicherstellung wurde als im allgemeinen Staatsinteresse liegend betrachtet
und daher in erster Linie um dieses Interesses willen und nicht wegen der
einzelnen Versicherten den auswärtigen Versicherern die Kautionspflicht
auferlegt. Hieraus folgt aber, dass das Rechtsverhältnis das in Bezug
auf die Kaution zwischen dem Regierungsrat und der Gesellschaft besteht,
dem öffentlichen Recht angehört und dass der erstere aus publizistischen
Gründen sich zur Zeit im Besitz der Kaution befindet. Auf dieses
öffentlichrechtliche Verhältnis kann der Gerichtsstandsvertrag mit
Frankreich nicht wirken, und der Regierungsrat kann die Herausgabe der
Kaution verweigern, ohne gegen den Staatsvertrag zu verstossen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird abgewiesen.

Vergl. auch Nr. Qt.B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs und
Konkurskammer.

Arrèts de la Chambre des poursuites et des faillites.

105. Entscheid vom 2. Oktober 1903 in Sachen Greutert, Peterelli & Eie.

Art. 40 Sch: u. K.-Ges. : Art der Beireib-zmg.

A. Am 11. März 1902 leitete Karl Naser in Winterthnr gegen die
Kommanditgesellschaft Greutert, Peterelli & Cie. für eine Forderung
von 5000 Fr. Betreibung ein, wogegen Rechtsvorschlag erfolgte. Durch
gerichtliches Urteil wurde die betriebene Forderung geschützt, und es
liess darauf Naser, in Fortsetzung der Betreibung, unterm 17. März 1903
der betriebenen Firma die Konkursandrohung zustellen. Hiegegen erhoben
Greutert, Peterelli & Cie. Beschwerde mit der Behauptung, die Firma
unterliege, da sie bereits unterm 2. April 1902 im Handelsregister
gestrichen worden sei, seit dem 2. Oktober 1902 der Konkursbetreibung
nicht mehr.

Die untere Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde gut und hob demgemäss
die erlassene Konkursandrohung auf. Dagegen schützte die kantonale
Aufsichtsbehörde einen gegen dieses Erkenntnis eingelegten Rekurs des
betreibenden Gläubigers Naser und erklärte

506 B. Entscheidungen der Schulijbeireidungss

die Konkursandrohung als zu Recht bestehend. Jhr am 8. Juli 1903
ergangener Entscheid geht davon aus dass die Gesellschaft unterm 2. April
1902 im Handelsregister gestrichen worden sei und insoweit gegen sie die
Zulässigkeit der Konkursbetreibung mit dem 2. Oktober 1902 aufgehört
habe, letzteres aber nur unterder Voraussetzung, dass die Streichung
im Handelsregister in zulässiger Weise, d. h. nach Durchführung einer
korrekten Liquidation erwirkt worden sei, An letzterem Erfordernisse,
wird sodann des nähern ausgeführt, fehle es aber hier. Im übrigen werde
es sich dann bei einer in gesetzlicher Weise vorzunehmenden Liquida:
tion ergeben, ob, wie der Reknrreni Naser behaupte, noch unverteilte
Gesellschafts-aktiven vorhanden seien.

B. Gegen diesen Entscheid richtet sich der vorliegende, von Peterelli
bezw. Grentert, Peterelli & Cie. dem Bundesgerichte rechtzeitig
eingereichte Rekurs, der um Aufhebung des genannten Entscheides und
Bestätigung desjenigen der erstinstauzlichen Aufsichtsbehörde nachsucht.

Die kantonale Aufsichtsbehörde beantragt, unter Berufung aufdie
Motivierung ihres Erkenntnisses, Schutz desselben.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Unbestrittenertnassen ist die nunmehr auf Konkurs betriebeneFirma
Greutert, Peterelli & Cie. unterm 2. April 1902 im Handelsregister
gestrichen worden. Nun bestimmt Art. 40 B.-G.-, dass Personen (und
darunter sind nach bundesrechtlicher Praxis nicht nur physische Personen,
sondern auch Gesellschaften, wie dievorliegende Kommanditgesellschaft,
zu verstehen ) nach ihrerStreichung im Handelsregister noch während
sechs Monaten, von der Publikation dieser Streichung an gerechnet, der
Konknrsbetreibung unterliegen. Dafür, ob die Konkursfäbigkeit dieser
Personen aufgehört habe oder nicht, ist also lediglich entscheidend,.
ob tatsächlich die Streichung im Handelsregister erfolgt und publiziert
und seither die gesetzliche sechsmonatliche Frist abgelaufen- fei, wogegen
es nicht darauf ankommen fami, ob die Streichung aus irgend einem Grunde
gesetzlich nicht hätte erfolgen sollen (vgl. Sllmtl. Samml., Sep.-Ausg.,
Bd. V, Nr. 48, S. 190, i. S. Vinetti*,

* Amt]. Samui, Bd. XXVIH, 1. Teil, Nr. 70, S. 293 ff.und Konkurskammer. N°
106. 507

und Nr. 71, i. S. Studer *). Danach gibt auch der von der Vorinsianz
angeführte Grund, dass die Liauidation der, aufgelösten Firma nicht
in korrekter Weise vor sich gegangen sei, kein stichhaltiges Motiv
ab, um die durch Art. 40 V.-G. vorgesehene Rechtsfolge (Aufhören
der Konkursfähigkeit) auszuschliessen Mit obigen Ausführungen soll
allerdings der Möglichkeit in keiner Weise Eintrag geschehen, dass die
Handelsregisterbehörden eine gesetzwidrig erfolgte Firtnalöschung, sei
es auf Betreiben einer interessierten Partei, sei es von Amtes-wegen,
wieder rückgängig machen. Dagegen haben die Betreibungsbehörden, so
lange kein neuer-, die Löschung widerrufender Registereintrag vorliegt,
unbedingt hierauf abzustellen und demnach bis dahin eine Konkursbetreibung
wegen Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses nicht zu bewilligen. ·

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konknrskammer

erkannt:

Der Rekurs wird begründet erklärt und damit die fragliche

Konkursandrohung aufgehoben '

106. Entscheid vom 2; Oktober 1903 in Sachen Egger-Bösch.

Art. is Sei-Tu. EC.-Ges. : Erferdernisse der Bekearserklämeeg und der
Hakan-schrift.

A. Der Rekurrent Egger-Void) in St. Gallen hatte gegen eine bei
ihm vorgenommene Pfändung, unter Berufung auf die Unpfändbarkeit
der betreffenden Gegenstände, Beschwerde geführt und wurde damit
mit Entscheid vom 27. Juli 1903 von der untern Aufsichtsbehörde
(Bezirksgerichtspräsidium St. (Saiten) abgewiesen. Daraufhin wandte er
sich mit einem undatierten Schreiben, dessen Couvert den Poststempel
des 6. August 1903 trägt, in folgender Weise an die kantonale
Aufsichtsbehörde-:

Gegen die Verfügung des Bezirksgerichtspräsidiums St. Gallen

* Bad., Nr. 402, S. 448 fl'.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 29 I 505
Datum : 02. Oktober 1903
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 29 I 505
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 504 A. staatsrechtiiehe Entscheidungen. IV. Abschnitt. Staatsverträge. dem in Gemässheit


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