32 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. II. Abschnitt. Bundesgesetzen

II. Civilrechtliche Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalt-,er.

Rapports de droit civil des citoyens établis' on an séjour.

?. Auszug aus dem Urteil vom 5. Februar 1903 ' in Sachen Schmidlin gegen
Regierungsstatthalteramt Laufen.

Der Grundsafiz, dass bei Verletzung des Art. 59 B.V. eine Erschöpfung des
kantonalen fnstanzenzuges nor Ergreifnng des staatsrechtlichen Zelt-erstes
nicht stattznflnden hat, ist auch anzuwenden, wenn Verletzung der
Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend civilreehtliche Verhcîitnisse
dee" Niedergelassenen und Aufenîhalter über den Wohnsitz, die Kompetenzen
der Wohnsitzbehörden, u. 5. w., beieaupt-et wird.

Die Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die civilrechtlichen
Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter statuieren,
in Ausführung des allgemeinen Grundsatzes in Art.. 46 Al. 1 der
B.-V., dass für das Institut der Vormundschaft bei interkantonalen
Verhältnissen Recht und Gerichtsstand des Wohnsitzes der zu bevormundenden
Person zur Anwendung kommen. Sie verleihen dem einzelnen Bürger ein
Jndividualrecht darauf, gegebenenfalls nach jenem Rechte und vor der
dort zuständigen Behörde beurteilt zu werden, und entsprechen somit der
Bestimmung des Art. 59 der B.-V., welcher für Forderungsstreitsachen,
sogenannte persönliche Ansprachen, ebenfalls den Gerichtsstand des
Wohnortes garantiert. Tatsächlich stellt das citierte Bundesgesetz in
seinem Geltungsbereich für die Vormundschaftsbehörden genau dieselbe
Kompetenzabgrenzung anf, wie Art. 59 der B.-V. für die ordentlichen
Civilgerichte, und macht jenen die Prüfung ihrer Zuständigkeit in
gleicher Weise zur amtlichen Pflicht. In beiden Fällen bietet sich,
als Voraussetzung desIll, Organisation der Bundesrechtspflege. N° 8. 33

staatsrechtlichen Rekurses, die Einrede des mangelnden Domizils, deren
Entscheidung zu identischen Untersuchungen Anlass gibt. Aus diesen
Gründen aber erscheint eine analoge Behandlung der in Rede stehenden
zwei Fälle des staatsrechtlichen Rekurses durchaus geboten. Da nun das
Bundesgericht die in Art. 59 der B.-V ausgesprochene Garantie stets
dahin interpretiert hat, dass danach Beschwerden wegen jeder behaupteten
Verletzung des fraglichen Gerichtsstandes, sogar wegen blosser Vorladung
bor das angeblich unzuständige Gericht, und zwar wegen Verletzung durch
irgendwelche kantonalen Gerichtsinstanzen direkt, ohne dass der Tanto:
nale Instanzenng zuerst erschöpft werden müsste, vor das Bundesgericht
gebracht werden können (nergl. besonders Entscheide. des Bundesgerichtes,
Ath Samml., Bd. XIV, Nr. 80; Bd. XVII, Nr. 58), so rechtfertigt es sich,
diese weitgehende.Auslegung auch auf die eitierten Gesetzesbestimmungen
anzuwenden und demnach auf Rekurse vorliegender Art in jedem Stadium
des betreffenden Prozessverfahrens materiell einzutreten.

III. Organisation der Bundesrechtspflege. Organisation judiciaire
fédéralessss -

8. Urteil vom 18. März 1903 _ in Sachen Käsermann und Konsorten gegen
Appellationsund Kassationshof Bern.

Art. 178 Zifl'. 3 Org.-Ges.: Beginn der Frist für den staatsreckt-lick-en
Rekurs an das Bundesgericht. Das kantonale Beck; ist dafür massgebend.

Das Bundesgericht hat, nachdem sich ergeben: . A. Der Rekurs richtet
sich gegen ein Urteil des bernischen Appellationsund Kassationshofes,
das diese Behörde in einem Civilprozesse, welchen Marianne Schluep
in Leuzigen und Konjorten gegen die Rekurrenten angehoben hatten, am
18. September xx1x, l. 1903 3
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 29 I 32
Datum : 05. Februar 1903
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 29 I 32
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 32 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. II. Abschnitt. Bundesgesetzen II. Civilrechtliche


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