48 Civilrechtspflege.

2. Wenn der Kläger die Anwendbarkeit von Art. 2 des erweiterten
Haftpflichtgesetzes zunächst damit begründet, dass der Beklagte ein
mit dem Baugewerbe im Sinne von Art. 1 Ziff. 2 a ibidem im Zusammenhang
stehende-s Geschäft betreibe und ans diesem Grunde für den Arbeiter seines
Unterakkordanten hafte, so kann seine Argumentation nach Lage des Falles
nicht durchschlagen, Wie folgende Erwägung zeigt: Der angerufene Art. 1
statuiert die Ausdehnung der durch das Bundesgesetz von 1881 geordneten
Haftpflicht aus bestimmte Unternehmungen, die gemäss der bisherigen
Gesetzgebung nicht hastpflichtig waren. Daher kann er sich logischerweise
nicht aus diejenigen industriellen Etablissemente bezieher welche als
Fabriken im Sinne des Bundesgesetzes vom 23. März 1877 schon in den
Geltungsbereich des Haftpflichtgesetzes vorn Jahre 1881 fallen. Dies
trifft nun aber für das Geschäft des Beklagten zu, da es, wie aus
den Akten hervorgeht, im Jahre 1889 der Fabrikhastpflicht unterstellt
wurde. Fällt somit vorliegend Art. 1 des erweiterten Haftpflichtgesetzes
grundsätzlich ausser Betracht, so bedarf die Frage keiner Erörterung,
ob überhaupt der streitige Betrieb seiner Natur nach im Zusammenhang mit
dem Baugewerbe stehe; es ergibt sich vielmehr ohne weiteres, dass die
auf Art. 1 des erweiterten Hastpflichtgesetzes basierte Schlussfolgerung
als unzutreffend zu verwersen ist.

Z. Der Kläger beruft sich aber ferner darauf, dass der eitierte Art. 2
nicht nur auf die Inhaber der in Art. 1 ibidem genannten Betriebe,
sondern auch aus die nach dem Gesetz von 1881 haftpflichtigen Fabrikanten
anwendbar und der Beklagte daher auch in dieser Eigenschaft aus jenem
Artikel haftbar sei. Dieser Rechtsaussassung kann jedoch mit Rücksicht
aus den klaren Wortlaut der angerufenen Gesetzes-stelle nicht beigetreten
werden. Art. 2 bezieht sich ausdrücklich nur aus den ihm vorangehenden
Art. 1 und lässt als Ansnahmebestimmung gegenüber der Normalhaftung aus
Fabrikbetrieb die geltend gemachte extensive Auslegung nicht zu, da eine
ihr entsprechende Absicht des Gesetzgebers in keiner Weise erkennbar ist;
daher auch die bisherige Praxis des Bundesgerichtes; vergl. Entscheid
in Sachen Bollinger, Amtl. Samml., Bd. XVII, S. 332 Erw. 2; ebenso S
clean,!V. Obiigationenrecht. N° 8. 49

Responsabilité des fabrica...nts, S. 19; Mackenroth, Commentat, S. 97,
Anm. 3.

4. Erweist sich nach dein Gesagten die Berufung auf Art. 2 des
erweiterten Haftpflichtgesetzes in jeder Hinsicht als rechtsirrtümlich,
so ist die Klage grundsätzlich abzuweisen. Der Kläger selbst stützt sich
ausdrücklich auf keine weitere Gesetzesbestimmung. In der Tat erscheint
die Anwendbarkeit des Haftpflichtgesetzes von 1881 oder der dasselbe
ausdehnenden Art. 3 und 4 des Gesetzes von 1887, welche Vorschriften
einzig noch in Frage kommen könnten, schon deswegen ausgeschlossen,
weil jene ein direktes Dienstverhältnis zwischen dem Verunglückten und
dem Haftpflichtigen voraussetzen, während der Kläger im vorliegenden
Fall unbestrittenermassen nicht Arbeiter des Beklagten, sondern des
selbständigen Fuhrhalters Hanbensack gewesen ist.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Klägers wird abgewiesen Und demgemäss das angefochtene
Urteil des zürcherischen Obergerichtes in allen Teilen bestätigt.

IV. Obligationenrecht. Code des obligations.

8. gettar veut 25. Januar 1902 in Sachen gernpfiachet-gztieseumann,
Kl. u. Ber.-Kl., gegen gewinnt-main Yearbachenzingg Bett. u. Ver-Bett

Verkauf eines Geschäftes und nachkerige Abtretung der Kaufpreisforderemg.
Geltendmachung derselben im Koeeku-rse des Käufers. Eeîm'ecîe
der Simulation, Art. 16 ().-R. Texts oder Rechtsfrage? Art. 81
Org. Ges. We'lrdigemg dieser Einrede. Beweislaseî.

A. Durch Urteil vom 14. September 1901 hat die I. Appellationskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich die Klage abgewiesen , B. Gegen dieses
Urteil hat die Klägerin rechtzeitig und in

xxvm, 2. 190! 4

50 Giviirechispflege.

richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit den
Anträgen:

Der im Konkurse des Ernst Heinrich Brupbacher von der Klägerin angemeldete
Anspruch von 140,000 Fr. sei gutzuheissen, moÈei das beanspruchte
Pfandrecht fallen gelassen werde.

D, Der Vertreter der Beklagten hat auf Abweisung der Bernfung angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Mit Vertrag vom 30. September 1897 übernahm Brustbacher-Zingg,
der Sohn der heutigen Klägerin, das bisher von ihm und seinem Vater
Brupbacher-Briesenmann betriebene Weisswarengeschäft ©. Brupbacher und
Sohn käuflich. Die Aktiven wurden nach gezogener Bilanz und Ausscheidung-
festgesetzt aus 276,770 Fr. 10 Cts., die Passiven auf 267,963 Fr. 40 Cts.;
unter den Aktiven sollten die sämtlichen Heurekaund andern Patente, als
deren Eigentümer laut Schenkungsurkunde vom 6. Februar 1897 der Käufer
Brupbacher-Zingg bezeichnet wurde, nicht inbegriffen sein. Kundfame,
Firma ze. blieben ausser Ansatz; die Festsetzung der Aktiven beruhte
auf folgender Berechnung:

L Warenlager . . . . . . . . . Fr. 123,230 20

II. Kommissionslager . . . . 251 10

III. Rückbezahltes Kapital, verwendet für Einführung und Betrieb der
Patente, Mehrwert derselben . . . . . . . . . . 90,000 --

IV. Buchforderungen . . . . . . . 47,901 80

(worunter eine Forderung an den Käufer Brupbacher von 40,285 Fr.)

V. Mobiliar . . . . . . . . . 15,000 --

VI. Zwischenverkanf . . . . . . . NO --

VII. Kassenbestand . .si . . . 217 --

Der Kaufpreis wurde auf 240,000 Fr. festgesetzt, in der Meimmg, dass von
dieser Summe ein Betrag von 140,000 Fr. aus das Guthaben des BerkäUfers
entfalle, der es auf diesen Betrag reduzierte, und weitere 100,000
Fr. mit einer Forderung des schweizerischen Bankvereins an das Geschäft
verrechnet werdenIV. Obligationenrecht. N8. 51

sollten, welch letztere Summe durch zwei solidare Bürgen sicher zu
stellen war. Die Bürgschaft wurde in der Folge geleistet von dem
VerkäUfer Bruvbacher-Briesenmann und dessen Vater Bravbacher-Hotz. Am
13. Dezember 1897 übertrug der Vater des Verkaufers und Schwiegervater
der Klägerin, Brupbacher-Hotz, dieser seine sämtlichen Aktiven. Am
1. März 1898 trat Brustbacher-Briesenmann sein Guthaben von 140,000
Fr. aus dem Geschäftsverkaufe der Klägerin ab, worüber eine schriftliche
Beurkundung aufgenommen und wovon dem Käufer BrupbacherZingg Mitteilung
gemacht wurde. Laut der Abtretungsurkunde erfolgte die Abtretung in
teilweiser Bezahlung der Weibergutsforderung der Klägerin von 184,419
Fr. Unterm 5. Juni 1899 wurde über Brupbacher-Zingg (den Käufer)
der Konkurs eröffnet. In diesem Konkurse meldete die Klägerin die ihr
am 1. März 1898 abgetretene Forderung von 140,000 Fr. an, wofür sie
überdies ein Faustpfandrecht an 20 Patenten nebst den dazu gehörigen
Schutzmarken beanspruchte, welch letzterer Anspruch indessen heute
nicht mehr in Frage steht, da er von der Klägerin fallen gelassen wurde
(s. Fakt. B). Die Konkursverwaltung bestritt den Anspruch, und die
Klägerin erhob deshalb die vorliegende Mage, die auf Anerkennung der
Forderung von 140,000 Fr. und Zulassung im Kollokationsplan im Konkurse
des BrombacherZingg geht. Ferner hatte die Klägerin sich den von der
schweizerischen Volksbank und vom schweizerischen Bankverein gegen
Brupbacher-Briefenmann gerichteten Betreibungen angeschlossen für ihr
Weiber-gut von angeblich 184,419 Fr. Über dieses Weibergut hat sich
ebenfalls ein Prozess entsponnen zwischen der heutigen Klägerin als
Klägerin und den genannten beiden Banken als Beklagten. Dieser Prozess
ist durch rechtskräftig gewordenes Urteil der I. Appellationskammer
des Obergerichts des Kantons Zürich dahin entschieden worden, dass
die Weibergutsansprache im Betrage von 40,900 Fr. gutgeheissen, im
übrigen aber abgewiesen worden ist. Zu diesem Urteil ist das Obergericht
dadurch gelangt, dass es die Beweiskraft der Privatbücher des Ehernannes
BrnpbacherBriesenmann, auf welche die Klägerin sich zum Beweise der
Grösse ihres Weibergutes berufen hatte, verneinte, mit der Ausführung,
es handle sich um Bücher, die offensichtlich zum Zwecke angefertigt

52 Civilrechtspflege.

worden seien, um der Klägerin den Beweis für ein zum Teil fiktives
Weibergut zu verschaffen.

2. Der vorliegenden Klage gegenüber hat die Beklagte die Konkursmasse
des Ernst Brupbacher-Zingg die Einwendung erhoben, die Forderung von
140,000 Fr. sei eine fiktive, da das abgetretene Weisswarengeschäft zur
Zeit des Geschäftsverkauses keinen Aktivenüberschuss, oder jedenfalls
nur einen geringen, gehabt habe. Die erste Instanz (der Einzel-richtet
des Bezirksgerichts Zurich) wies die Klage ohne vorherige Beweisabnahme
ab. Sie stützte sich hiebei hauptsächlich auf die Akten des in Erw. 1
i. f. erwähnten Weibergutsprozesses. In diesem Prozesse war, ausser
der mangelnden Beweiskraft der Privaibücher des Ehemanns der Klägerin,
auch festgestellt worden, dass der Ehemann der Klägerin und dessen Vater
offenbar in Voraussicht des kommenden Zusamtnenbruchs des an den Sohn
verkauften Geschäftes für dessen Geschäftsschuld von 100,000 Fr. sie sich
beim schweizerischen Bankverein verbürgt hatten eine Reihe von Aktiven
auf die Klägerin und deren Tochter übertragen hatten. Auf Grund dieser
Tatsachen, sowie des Umstandes, dass bei Konkursausbruch nur noch Waren
im Werte von 25,000 Fr. vorhanden gewesen seien, zog der Einzelrichier
den Schluss, dass schon beim Verkauf des Geschäfte-s die Passiven die
Aktiven um ein bedeutendes überstiegen hätten und von einer Forderung des
Verkäufers Brudbacher-Briesenmann keine Rede sein könne, sondern dass
in dem Verkaufe des Geschäftes und in der Anerkennung der angeblichen
Forderung von 140,000 Fr. von Seite des Käufers nur ein Manöver zu
erblicken sei, das den Zweck gehabt habe, von langer Hand den Konkurs
vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass die Klägerin so viel als möglich
von den Aktiven erhalten werde. Die Anerkennung der Schuld von 140,000
Fr. von Seite des Kridaren erscheine als ein siktives Rechtsgeschäft,
dessen Verbindlichkeit von der Konkursmasse mit Recht bestritten werde.

Die zweite Instanz die I. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons
Zürich hat dagegen zunächst eine Expertise angeordnet über die Frage:
OB am 30. September 1897 das von Sg. Brupbacher-Briesenmann an seinen
Sohn Ernst veräusserte Geschäft einen Aktivenüberschuss von 240,000 Fr.,
bezw.IV. Obiîgationenrecht. N° 8, 53

140,000 Fr. aufgewiefen habe; ferner hat sie einige der von der
Klägerin angerufenen Zeugen für den Stand des Geschäftes zur Zeit der
Geschäftsübergabe abgehört. Die Expertisegelangte zu dem Resultate, dass
in sraglichem Zeitpunkte ein Uberschusz der Aktiven über die Passiven
im Betrage von 18,277 Fr. 65 Cts. bestanden habe, und zwar, indem sie
folgende Rektifikationen bei den Aktiven vornahm:

I. Warenlager . . . . . . . . . Fr. 72,758 -(II.
Kommissionslager. . . . . . . 251 10) III. Patentwert . . . . . . . .
5.900 IV. Debitoren (ErnstBrupbacher 25,050 Fr.) 32,150 95 V. Mobiliar
. . . . . . . . 6,000 (VI. Zwischenverkauf . . . . . . . 170 )
(VII. Kassenbestand . . . . . . . 217 -)Summe der Aktiven, Fr. 11?,447
05 statt 276,770 10

Die zweite Instanz geht im allgemeinen mit Bezug auf die Wertung
der Aktiven von den Ansätzen der (Experten aus, wobei sie indessen
die Forderung von Ernst Brupbacher völlig streicht; sie gelangt
so zu einem Passivenüberschuss von circa 12,000 Fr. zur Zeit der
Geschäftsübergabe. Aber auch bei Zugrundelegung eines von der Klägerin
produzierten Privatgutachtens würde führt sie aus -der Aktiventiberschuss
nur eirca 20,000 Fr. betragen haben. Sie stellt sodann fest, dass
es sich nicht um eine Anfechtung des Kaufes wegen Irrtums oder wegen
Mängel handeln könne und dass eine Anfechtungsklage (a(:tj0 Pauiinna)
nicht erhoben sei. Dagegen handle es sich um ein fiktives Geschäft Das
ergebe sich, wenn man die gesamten Verhältnisse zwischen den Parteien,
wie sie in den übrigen Prozessen zu Tage getreten, berücksichtige:
die Verbürgung der Schuld des Käufers an den Bankverein von 100,000
Fr. durch Vater und Grossvater Brupbacherz die Übertragung der Aktiven
des Grossvaters Brupdacher-Hotz an die Klägerin im Dezember 1897z die
Abtretung des angeblichen Guthabens an die Klägerin für ein angebliches
Weibergut derselben von 184,419 Fr. ergeben, dass es sich überall darum
gehandelt habe, die Aktiven der Klägerin zuzuführen und die Bürg-

54 Civilrechls pflege.

schaft illusorisch zu machen, und zwar im Hinblick auf den bevorstehenden
Zusammenbruch des Geschäfts. Dass diese Kenntnis und diese Absicht
schon bei der Geschäftsübergabe vorhanden gewesen Rien, seta hienach
anzunehmen, besonders auch, da keineswegs aussergewohnliche Ereignisse
nach dem Geschäftsverkause den cZusammenbruch des Geschäftes herbeigeführt
haben. Eine Prüfung der Bilanz, auch wenn man sie so nehme, wie sie von
den Kontrahenten aufgestellt worden, ergebe, dass das Geschäft schon
zur kritischen Zeit jeder Betriebsmittel ermangelt und aus schlechten
Augen gestanden habe. Der Käufer habe Passiven im Betrage von ungefähr
100,000 Fr. zu übernehmen gehabt, in der Hauptsache in ganz erschöpften
Bankkrediten bestehend; diesen Pasiiven gegenubetz die jederzeit zur
Rückzahlung haben gekündet werden fonnen, habe als Aktivum von Belang
einzig das aus 123,000 Fr. gewertete Warenlager gegenübergestanden,
daneben Guthaben im Betrage von 5800 Fr. und Barschaft von 217 Fr. Ein
Bankguthaben in erheblichem Umfange sei nicht vorhanden gewesen; auch
habe es gänzlich an irgend welchen Aktiven (Liegenschafien, Wertpapieren)
gefehlt, mit denen ein Kredit hätte erhältlich gemacht werden können. Dazu
komme, dass aus den andern Prozessen hervorgehe, dass auch der Vater
Brupbacher irgendwelche Mittel nicht mehr besessen habe; rechne man
dazu, dass das Warenlager, ganz abgesehen davon, dass es nicht auf
123,000 Fr. tartert werden könne, mit unverkäuslichen Artikeln überladen
gewesen sei, sou müsse gesagt werden, dass das Geschäft im ZeitPunkte
der Ubernahme durch den Sohn Brupbacher aller und Jeder Betriebsmittel
entbehrte und finanziell in den allerungünstigsien Verhältnissen
stand. Esset nicht glaubhaft, dass der Sohn Brupbacher ernsthaft habe
den Willen haben können, für ein in so schlimmer Lage befindliches
Geschäft einen Kauf-preis von 140,000 Fr. zu bezahlen. Werden diese
Verhältnisse gewürdigt so dürft- unbedenklich angenommen werden, dass die
Aktiven in der der Ubernahme zu Grunde liegenden Bilanz absichtlich und
wissentlich zu hoch gestellt worden seien, um einen möglichst grossen
Aktivenüberschuss zu zeigen und damit das Manöder möglich zu machen,
das bezweckte, zunächst dem Vater Brupbacher eine fiktive Forderung von
140,000 Fr. zu verschaffen, die durch CessionIV. Obligationenreeht. N°
8. ' 55

an die Klägerin ein ebenfalls fiktives Weibergut von 180,000 Fr. decken
sollte Die zu hohe Bewertung zeige sich namentlich bei den Patenten:
die für diese gemachten grossen Auslagen seien gerade die Ursachen
des Geschäftsrückganges gewesen; daher hätte doch der Sohn Brupbacher
unmöglich im Ernste für sie 90,000 Fr. bezahlen wollen. Übrigens seien ihm
die Patente nicht einmal übertragen worden. Aus alledem sei zu folgern,
dass zwar die Übertragung der Aktiven an den Sohn Brupbacher und die
Übernahme der Passiven an Dritte durch ihn nicht singiert gewesen sei,
wohl aber die Eingehung einer Schuld von 140,000 Fr. gegenüber dem
Vater Brupbacher.

3. Wie die Vorinstanz richtig hervorhebt, macht die Beklagte nicht
geltend, die Geschäftsübertragung vom 30. September 1897 oder die
Cession der aus diesem Rechtsgeschäfte dem Vater Brudbacher-Briesenmann
zugekommenen Forderung von 14i),000 Fr. an die Klägerin, oder diese beiden
Rechtsgeschäfte seien nach Art. 285 ff. Schuldbetr.und Konk·-Ges. mit
der sogenannten Anfechtungsklage anfechtbar. Ebensowenig nimmt die
Beklagte den Standpunkt ein, die Geschäftsübergabe sei wegen Betruges
oder wesentlichen Jrrtnms für den Gemeinschuldner unverbindlich.
Sondern sie erhebt gegenüber der Klage aus Zulassung der der Klägerin
abgetretenen Forderung von 140,000 Fr., Guthaben aus dem Geschäftsverkauf,
nur die Einrede, es handle sich bei diesen Geschäften, speziell beim
Geschäftsverkauf, soweit dadurch eine Forderung des Vaters und Ehemannes
Brupbacher-Briesenmann begründet worden, um ein siktives Geschäft
Auf diese Einwendung hat sich die Überprüfung der Sache durch das
Bundesgericht zu beschränken. Rechtlich stellt sich diese Einwendung
als Einrede der Simulation dar (vgl. am. 16 D.M.): es wird behauptet,
ein Kanfpreis für die Geschäftsübergabe sei nur zum Schein ausgesprochen
worden; dem im schriftlichen Ver-trage erklärten Willen habe der wirkliche
innere Willen der Vertragsparteien nicht entsprochen, insofern dadurch
eine Forderung des Vaters Brupbacher-Briesenmann begründet worden fei;
der innere Wille sei nur dahin gegangen, das Geschäft dem Sohne Brudbacher
gegen Übernahme der Passiven, und ohne weitern Kaufpreis, zu tiberlassenz
eine Forderung des Bruvbacher-Briesemnann

56 Civilrechtspflege.

sei nur scheinbar begründet worden, um sie nachher der Klägerin
abtreten zu können und so das Geschäftsvermögen und das Vermögen des
Brupbacher-Briesenmann dem Zugrisse der Gläubiger zu entziehenz in Tat
und Wahrheit habe also eine Schuldverpflichkuug des Sohnes Brupbacher
nicht begründet werden wollen-

4. Bei Prüfung der Frage nun, ob die Einrede der Simulation materiell
begründet sei, ist vorerst festzustellen, dass die Beweislast dafür,
dass das mit der Einrede der Simulation angefochtene Rechtsgeschäft
ein simuliertes sei, den, der diese Einrede erhebt, in casa also die
Beklagte, trifft. Die Klägerin hat ihreKlage genügend substanziiert
durch die Behauptung der erfolgten Abtretung, der schriftlichen
Benrkundung derselben und der Anzeige an den Schuldner (welch letzterer
Umstand übrigens nicht zur Konstituierung der Wirksamkeit der Abtretung
erforderlich ist), und ihrer Beweispslicht genügt durch Produktion der
Abtretungsurkunde. Die Vorinstanz scheint diese Verteilung der Beweislast
verkannt zu haben, wie namentlich aus ihrem Beweisbeschluss und daraus,
dass sie im Urteile sagt, der Klägerin sei der Beweis dafür abzunehmen
gewesen, dass zur Zeit des Verlaufs des Geschäfte-s ein Aktivenüberschuss
im Betrage von 140,0t)0 Fr. vorhanden gewesen, hervorgeht. Zwar könnte
auch angenommen werden, die Borinstanz habe die Verteilung der Beweislast
in dieser Weise geordnet, weil die Klägerin selber den Beweis für jene
Tatsache anerboten hat. Allein letzteres ist zwar richtig, nicht aber
das, dass die Klägerin mit ihrem Beweisanerbieten eine Umkehrung der
nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu verlegenden Beweislast zu ihren
Ungunsten hätte bewirken wollen. Es ist daher an dem oben ausgesprochenen
Grundsatz über die Verteilung der Beweislast festzuhalten.

5. Im weitern erhebt sich die Frage, ob der Entscheid der Vorinstanz,
die Begründetheit der Einrede der Simulation ergehe sich ans den von
ihr angenommenen Tatsachen, vom Bundesgericht überhaupt überprüft werden
kann, oder ob hierin rein tatsächliche Feststellungen liegen, an welche
das Bundesgericht gemäss Art. 81 Org.-Ges., sofern sie nicht aktenwidrig
sind, gebunden ist; es fragt sich mit andern Worten, ist die Frage, ob
aus gewissen Handlungen, Worten und konkludenten Taten darauf geschlossen
werden könne, dass der von den Parteien bei einem IV. Ohligationenrecht,
N° 8. 57

Rechtsgeschäft erklärte Wille nicht der wirkliche, innere Wille
der Parteien gewesen sei, vielmehr die Parteien in Wirklichkeit
übereinstimmend eine andere Absicht gehabt haben, als der erklärte
Wille ausdrückt, Tatoder Rechtsfrage? Hierüber ist zu bewerfen:
Wie Danz (Auslegung der Rechtsgeschäfte, S. 110} sich richtig
ausdrückt, besteht das Wesen des simulierten Vertrages darin, dass die
Kontrahenten bezwecken, nach aussen hin den Schein zu erwecken, als
hätten sie einen ernstlichen Vertrag abgeschlossen, während sie einig
sind, dass unter ihnen eine obligatorische Bindung nicht entstehen
soll. Bei der Frage, ob eine Willenserklärung simuliert sei, handelt
es sich nicht um eine Auslegung der betreffenden, nach aussen, Dritten
gegenüber, kundgegebenen Willenserklärung, sondern darüber, ob diese
Willenserklärung dem wirklichen Willen der Parteien entspreche, ob der
wahre Übereinstimmende Parteiwille nicht vielmehr dahin gegangen sei, dass
die Erklärung keinerlei oder doch nicht die ihrem Inhalte entsprechende
Rechtswirkung hervorbringen solle. Ein derartiger Parteiwillej dass das
Dritten gegenüber kundgegebene Geschäftnicht oder nicht in der erklärten
Weise gelten solle, der Simula: tionswille, muss natürlich, um rechtlich
erheblich zu sein, unter den Parteien geäussert, in irgend welcher
Weise, durch Worte oder konkludente Handlungen gegenseitig erklärt worden
sein. Bei der Simulationseinrede handelt es sich also in Tat und Wahrheit
darum, ob nicht neben der nach aussen kundgegebenen Erklärung zwischen den
Parteien durch Worte oder konkludentes Verhalten eine andere Vereinbarung
getroffen worden sei, wodurch dem nach aussen erklärten Geschäfte die ihm
scheinbar beigelegte rechtliche Geltung entzogen wird. Die Frage nun,
welche Erklärungen oder thatsächiichen Verhältnisse vorliegen, die den
Schluss auf eine derartige Vereinbarung, den Simulationswillen, gestatten,
ist Tatsrage, Frage der Beweiswürdigung, und als solche der Tiberprüfung
durch das Bundesgericht entzogen; die weitere Frage aber, ob sich aus den
so festgestellten Erklärungen, Verhältnissen u. s. w. der Simulationswille
ergebe, ist Rechtssrage. (A. A. allerdings Dan z a. a. D.) In letzterer
Hinsicht ist das Bundesgericht in der Überprüfung des vorinstanzlichen
Urteils frei, und auf diese Überprüfung ist nunmehr einzutreten.

6. Nach dem Gesagten hatte die Beklagte zu beweisen und

58 Civilrechtspflege.

müsste nachgewiesen sein, dass Tatumstände vorliegen, aus denen sich
der Wille der Vertragsparteien ergäbe, dass der Kauspreis von 140,000
Fr. vom Käufer Brupbacher-Zingg in Wirklichkeit nicht geschuldet werde,
sondern nur deshalb vereinbart worden sei, damit das betreffende Vermögen
den Gläubigern des Känfers und denen des Verkäusers entzogen werde. Und
zwar müsste nachgeWiefen sein, dass derartige Tatumstände, aus denen
ein Schluss auf eine solche, dem erklärten Willen nicht entsprechende
Vereinbarung gezogen werden müsste, vorhanden gewesen sind im Momente des
Vertragsabschlussesz auf alle späteren Vorgänge kann für die einzig zu
entscheidende Frage nichts ankommen. Die Beklagte und die Vorinftanz
stellen freilich nicht allein auf das Missverhältnis zwischen dem
wirklichen Werte des Geschäftes und dem Kaufpreise, sowie auf die von
ihnen behauptete absichtliche und wissentliche Höherschätzung der Aktiven
in der Übergangsbilanz ab, sondern auch auf die späteren Vorgänge:
die Schenfangen des Schwiegervaters der Klägerin an diese im Dezember
1897, die Schaffung und Geltendmachung eines fiktiven Weibergutes,
und die Abtretung der heute streitigen Forderung an die Klägerin. Sie
beurteilen die Geschäftsübertragung im Zusammenhang mit allen diesen
später-n Vorgängen und ziehen daraus den Schluss, dass die Festsetzung
des Kanfpreises von 140,000 Fr. nicht ernstlich gemeint gewesen,
sondern in Kenntnis der schlechten Lage des Geschäftes und mit der
Absicht, diese Summe dem Geschäfte und so den Gläubigern zu entziehen,
erfolgt sei. Nun ist gewiss richtig, und der Beklagten zuzugeben, dass
jene spätern Rechtsgeschäfte erfolgt sind in fraudem creditorum. Es
muss denn auch speziell den Gläubigern des Ehemannes der Klägerin das
Recht gewahrt bleiben, die Abtretung der Forderung von 140,000 Fr. an die
Klägerin mit der Anfechtungsklage im Sinne der Art. 285 ff. Schuldbetr.und
Konk.-Ges. anzugreifen. Allein für die Entscheidung des vorliegenden
Prozesses sind jene spätern Vorgänge von keiner Bedeutung. Die hier
einzig streitige Frage:

Ob in der Geschäftsubergabe vom 30. September 1897, insoweit '

darin eine Forderung des Verkäufers Brupbacher-Briesenmann an den
Übernehmer Brupbacher-Zingg im Betrage von 140,000 Fr. begründet wird,
ein fiktives, simuliertes Rechtsgeschäft fei, kannIV. Obligationenrecht N°
8. 59

nicht ohne weiteres schon deshalb bejaht werden, weil jene späteren
Geschäfte offenbar in fraudem legis und in fraudem creditorum gehen. Der
Nachweis, dass das heute streitige Rechts-geschäft, im Hinblick auf
jene spätern Geschäfte, zur Vorbereitung derselben geschaffen worden
und deshalb simuliert sei, müsste ftrikte erbracht sein. Hierüber
enthält aber das Urteil der Vorinstanz keine positiven Feststellungen
Jnsbesondere schliesst der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin
die Absicht hatte, ihr ein siktives Weibergut zu schaffen, nicht aus,
dass der Kaufpreis für die Geschäftsabtretung ernst gemeint und nicht
simuliert sein sollte. Von diesem Standpunkte der Schaffnng eines
fiktiven Weiberguts aus erscheint sogar die vorherige Abtretung des
Geschäftes und die Abtretung einer Kaufpreisforderung an die Klägerin
als ein unzweckmässiges Manöver zur Benachteiligung der Gläubiger-:
dieser Zweck wäre viel einfacher dadurch erreicht worden, dass der
Ehemann der Klägerin das Geschäft behalten und sie im Konkurse der
Gesellschaft das Weibergut hätte geltend machen lassen, wobei die Hälfte
privilegiert gewesen wäre, während die Forderung der Klägerin im Konkurse
des Sohnes nicht privilegia-t ist. Endlich erscheint geradezu aurh nach
den Aunahmen der Vorinstanz und der Expertise als ausgeschlossen, dass
das Geschäft etwa bei der Übergabe unter pari stand, überschuldet war,
woraus allerdings der stillschweigende Wille der Vertragsparteien, dass
der Verkäufer in Wirklichkeit nichts zu fordern haben sollte, zu folgern
wäre, vorausgesetzt, jener Thatumstand sei dem Käufer bekannt gewesen.

7. Als Tatumstand, der einzig in Betracht gezogen werden kann, weil er
im Momente des Vertragsabschlusses vorhanden gewesen wäre, kann vielmehr
nur der von der Vorinstanz angenommene der absichtlichen Höherschätzung
des Kaufpreises durch die Parteien angesehen werden. Ein Missverhältnis
zwischen dem wirklichen Wert des verkauften Geschäftes und dem Kauspreis
allein könnte nicht als derartiger Tatumftand angesehen werden; denn
der höhere Kaufpreis kann auf einer subjektiven Schätzung des Käufers
über den Wert des Geschäftes beruhen Nachgewiefen müsste vielmehr sein,
dass der Käuser wusste, dass das Geschäft auf schlimmen Füssen oder vor
dem Ruine stand, denn es könnte

60 Civileechtspflege.

nicht angenommen werden, dass der Käufer bei Kenntnis dieser Tatsachen
einen den wahren Wert des Geschäfte-Z übersteigenden Kaufpreis hätte
zahlen wollen, etwa um eine Schenkung zu machen. Die Beklagte hat nun
aber in erster Linie auf das Missverhältnis zwischen dem wahren Werte
des Geschäftes und dem Kaufpreis abgestellt und die Vorinstanz ist
ihr hierin, zum Teil wenigstens-, gestützt auf die Expertise, gefolgt;
schon das Beweisthema, das sie der Expertise aufgegeben hat, geht von der
unrichtigen Auffassung aus, es handle sich wesentlich um die Feststellung
des wirklichen Wertes des Geschäftes zur Zeit des Geschäftsverkauses
bezw. des Missverhältnisse-Z zwischen diesem Wert und dem Kaufpreis Diese
Feststellung könnte relevant sein bei einer Anfechtung des Kaufes wegen
Betruges (wie denn auch die Experten, nach verschiedenen Aus-drücken in
ihrem Gutachten zu schliessen, diesen Fall im Auge zu haben scheinen);
sie ist aber wie bemerkt, für sich allein nicht ausschlaggebend für die
Entscheidung der Frage, ob die Vereinbarung eines Kauspreises von 140,
000 Fr simuliert gewesen sei Von entscheidender Bedeutung ist dann aber
die weitere Annahme der Voiinstanz, die Schatzung der Aktiven in der
Ubergangsbilanz sei ab ichtlich und wissentlich eine zu hohe gewesen,
um den Wert des Geschäftes künstlich in die Höhe zu treiben und so zum
singierten Kaufpreise zu gelangen. Aber auch in dieser Beziehung fehlt es
an bestimmten tatsächlichen Feststellungen der Vorinftanzz die Vorinstanz
zieht lediglich Schlüsse auf den bösen Glauben der Kontrahenten aus
den Differenzen zwischen der Übergangsbilanz und der von den Experten
aufgestellten rektifizierten Bilanz. (Folgt eine Prüfung der Differenzen
im einzelnen. Nach derselben fährt das Urteil fort):

Kann sonach aus keiner einzelnen der eben behandelten Differenzen der
Schluss auf den Simulationswillen gezogen werden, so ist im weitern
auch zu sagen, dass auch bei der Gesamtbetrachtung des Verhältnisses
des vereinbarten Kaufpreises zum wahren Werte des Geschäfte-s nicht als
erwiesen angesehen werden kann, dass die Vertragsparteien in Wirklichkeit
den Kaufpreis von 140, 000 Fr nicht hatten festsetzen wollen, dass
eine absichtliche Höherschatzung stattgefunden habe Überall bleibt
die Möglichkeit einer derartigen Festsetzung des Preises in bona fide
offen auch

'. Obligationenrecht. N° 9. 61

wenn ein grosses Missverhältnis angenommen werden müsste. Nun ist es aber
mit dein Beweise der Simulation streng zu nehmen, da dieser Beweis sich
gegen den erklärten Willen der Vertragsparteien richtet, und da zudem
das Recht noch andere Mittel zur Anfechtung von Rechtsgeschäften gewährt,
die es an bestimmte Fristen und teilweise auch an weitere Voraussetzungen
zu knüpfen p egt.

ft8. Kann sonach der der Beklagten obliegende Beweis der Simulation
nicht als erbracht angesehen werden, so ist die Klage gutzuheissen,
soweit sie heute noch aufrecht erhalten wird (d. h. unter Verzicht auf
das Pfandrecht), da der Forderung der Klagerin eine andere Einwendung
nicht entgegengehalten wird. Aus die Frage, ob die Einrede der Simulation
der Klägerin überhaupt entgegengehalien werden könne, braucht nicht
eingetreten zu werden, da die Frage der Simulation zwischen den
Hauptparteien verneint werden musste.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung der Klägerin wird als begründet erklärt und demgemäss, in
Aufhebung des Urteils der I. Appellationskammer des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 14. September 1901, die Klage gutgeheissen, wobei
davon Vor-merk genommen wird, dass die Klägerin ihren Faustpfandanspruch
an den Patenten nicht mehr aufrecht hält.

9. Arrèt du 7 février 1902, dans la. cause Hufschmid, défss dem. reco-nn.,
free., contre Lloyd & C'e, elem., de'f. No., int.

Vente à distance. _ Droit applicable. Qui supports les ris-

ques du transport? Art. 204 CO. Conditions du contrat. Moment de la
perfection de la vente.

A. Le 25 septembre 1899, R. Hufschmid, négociant en fers et métaux
à Genève, & commandé par l'entremise d'un sieur Panchaud, à. Genève,
7500 kg. de tòie piombée à.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 28 II 49
Datum : 25. Januar 1902
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 28 II 49
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 48 Civilrechtspflege. 2. Wenn der Kläger die Anwendbarkeit von Art. 2 des erweiterten


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