108 Givih'echcspflege.

Überweisung der Därliger Aceepte an gewisse Mitglieder der Verwaltung
erfolgte zur Deckung der von diesen für die Gesellschaft gleichzeitig
eingegangenen Jntercessionen, und sodann, dass überhaupt nicht erwiesen
ist, dass dem Beklagten eine derartige Deckung zugekommen mare.

12. Erscheint sonach die Klage nach allen Richtungen materiell als
unbegründet, und können die von der Klägerin angetragenen Beweise
an diesem Resultate nichts ändern, braucht aus die (in Erw. 6 offen
gelassene) Frage der Verjährung des Anspruches aus Art. 671 O.-R., sowie
auf die Frage der Konsumtion der Klage mit Bezug aus die Kompensation
der 100,000 Fr. durch Ernst durch deren frühere Erhebung seitens der
Konkursmasse der Aktiengesellschaft nicht eingetreten zu werden.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und somit das Urteil des Handelsgerichts
des Kantons Zürich vom 18. Oktober 1901 in allen Teilen bestätigt.

V. Erfindungspatente. Brevets d'invention.

13. get-teil vom 28. Februar 1902 in Sachen Meisterin-, Kl. u. Ber.-Kl.,
gegen Enver-Hellas Erben-g Bekl. u. Ver-Bett

Wassers-vertrug Dienszverirag, oder Verkauf einer Erfindung und
eines Erfindungspatentes? Umfang der Gewährleistungspflicht des
Verkäufers. Gelemdmachung der Kaufpreis Foe'deo'u-ng. Be'-Mede. dee"
Ne'chtneuheizî der Erfindung, bezw. eier Nichtigkeit des
Erfindungsprozesses. Stellungdes Bee-ndesgersiichts gegmüber Expertism
in Patentstreitigkeiten.

A. Durch Urteil vom N. November 1901 hat die II. Apellationskammer des
Obergerichtes des Kantons Zürich die Klage abgewiesen

V. Erfindungspatente. N° 13. _ 109

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig und in richtiger Form
die Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit den Anträgen:

1. Die Beklagten seien zu verpflichten, die Forderung des Klägers
gegenüber dem Nachlasse Greuels-Zeller im Betrage von 20,000 Fr. nebst
Zins zu 5 O... von 10,000 Fr. seit Ende Februar 1899 und von 10,000
Fr. seit Ende August 1899, anzuerkennen und den ihrer Erbquote
entsprechenden Teil derselben zu bezahlen.

2. Eventuell seien die Beklagten zu verpflichten, eine Forderung des
Klägers an den Nachlass Gauner-Zeller in einem gerichtlich festzusetzenden
Betrage unter 20,000 Fr. nebst Zins anzuerkennen und davon den ihren
Erbguoten entsprechenden Betrag zu bezahlen.

Z. Weiter edentuell sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die
Sache zur Aktenvervollständigung an die Vorinstanz zurückzumeisen,
speziell durch Anordung einer Oberexpertise und Einvernahme der Zeugen
Schmid und Rinderknecht darüber, dass bei den Unterhandlungen mit
Guher-Zeller der Betrag von 20,000 Fr. nicht für die Patentfähigkeit
des zu konstruierenden Regulators versprochen worden sei, sondern für
die Herstellung eines Regulators zu dem ganz speziellen Zweck, bei dem
Guyet-Zeller gehörenden Aerogengasapparat ein gleichmässiges ruhiges
Brennen des Aerogengases zu bewirken.

G. In der heutigen Verhandlung wiederholt und begründet der Vertreter
des Klägers diese Berufungsanträge.

Der Vertreter der Beklagten trägt auf Abweisung der Berufung an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Erblasser der Beklagten, A. Gnyer-Zeller, der für einen
Aerogengasapparat Patente in der Schweiz und in Italien erworben
hatte und Ende des Jahres 1898 praktische Versuche mit einer solchen
Aerogengas-Einrichtung machte, trat zu dieser Zeit mit Maschineningenieur
Schmid in Zürich, bei dem der Kläger als Werksiihrer angestellt ist, in
Verbindung, zur Konstruktion einer Vorrichtung, durch welche der Zufluss
von Gasolin zum Apparat reguliert werden sollte. Das Resultat der Bespre-

110 Civilrechtspflege.

chungen zwischen Guyer-Zeller und dem Kläger war, dass am 21. November
1898 von ihnen eine vorläusiger Vertrag" überschriebene Urkunde
unterzeichnet wurde, deren essentielle Bestimmungen lauten;

1. Für die Konstruktionskosten eines Apparates für Regulierung des
Quantums Gasolin oder einer verwandten Flüssigkeit zur Erstellung von
Aerogengas (vide Schweizerbahuen vom 3. Aug. 1898), das, welches auch
immer die Anzahl der Flammen unter der vorgesehenen Maximalzahl sei,
immer den nämlichen Höhestand im Carburatum Compresseur haben soll,
macht Herr Guyer Hm Grossweiler einen Vorschuss von 1000 Fr. wovon er
500 Fr. sofort, den Rest Ende Dezember 1898 erhält; von diesem Betrage ist
nichts mehr zurückzuerstatten, auch wenn die Versuche misslingen sollten.

2. Falls der neue Regulateur sich nach allen Richtungen als oöllig
leistungsfähig erweist, hat Herr Grossweiler denselben um die Summe von
20,000 Fr. zwanzigtausend Franken an Herrn Guyer-Zeller abzutreten und
für denselben die Patente in Vern, eventuell auch in andern Landa-n,
aber auf dessen alleinige Kosten zu lösen, um sie später nach Wunsch
des Hm Guyet an ihn überzutragen.

3. Nach Vollendung des Apparates und Eintragung des schweizerischen
Patentes hat Hin GuyetHm Grossweilers 10,000 Fr. zehntausend -zu bezahlen,
den Rest sechs Monate später.

4. Sofern die Sache nicht reussieren sollte, allein später mit
Hülfe Anderer und unter Benutzung der Grundidee Grossweilers der
Regulateur dennoch zum richtigen Funktionieren käme und sich praktisch
vollkommen bewährte, so erhielte Hin Grossweiler nachträglich 15,000
Fr. -fünfzehntausend Franken durch Hm Guyer-Zeller ausbezahlt.

Der Kläger erhielt den vertraglich vorgesehenen Vorschuss von 1000
Fr. und konstruierte dann einen Regulator, der im Februar 1899 von
Guyer-Zeller mit der Aerogengas-Einrichtung im Bahnhof Wiedikon in
Verbindung gebracht wurde. Da dieser Apparat sich als leistungsfähig
erwies, liess Guyer-Zeller in der

Folge weitere derartige Apparate bei Schmid bestellen
InzwischenV. Erfindungspatente. N° 13. ' Il].

unter dem 24. Dezember 1899 hatte der Kläger für seinen Apparat das
provisorische, und unterm 29. gl. Mis. dasdefinitive schweizerische
Patent, letzteres mit der Nr. 16,976, erworhen. Patentiert ist nach
diesem Patent eine Vorrichtung zur automatischen Regulierung des Niveaus
eines entsprechend dem Konsum mit Flüssigkeit zu speisenden Gefässes
Die Patentansprüche sind in der Patentschrift folgendermassen formuliert:

1. Vorrichtung zur automatischen Regulierung des Niveaus eines
entsprechend dem Konsum mit Flüssigkeit zu speisenden Gefäsfes,
gekennzeichnet durch ein besonderes Gefäss mit obererund unter-er
Kammer-, welche beide Kammern durch eine, hermetischeu Abschluss
gewährende Zwischenwand von einander getrenut sind, wobei in der
untern Kammer, in welcher das gleiche Niveau wie im zu speisenden
Gefäss erzielt werden soll, ein Schwimmer vorgesehen ist, welcher mit
einem Abschlussorgan füreine in oben erwähnter Zwischenwand befindliche
Offnung für den Durchfluss der Flüssigkeit versehen ist, und zwischen
der untern Kammer und dem obersten Raum der oberen Kammer ein Luftrohr
zur Druckausgleichung in den beiden Räumen angeordnet ist, also derart,
dass das Rohr über das höchste Niveau derobern Vorratskammer hinausragt.

2. An einer Vorrichtung nach Anspruch 1, ein mit dem Schwimmer direkt
verbundenes Abschlussorgan, gekennzeichnetdurch eine geführie Konusspitze,
welche von unten in die Durchflussösfnung eintreten und je nach dem Stand
der Flüssigkeit in der unter-n Kammer die Offnung mehr oder weniger frei
geben farm."

Neben dem schweizerischen erwirkte der Kläger noch anderePatente.
Dagegen wurde ihm die Erteilung des deutschen Patentes durch Beschluss
der Anmeldeabteilung II des kaiserlichen deutschen Patentamtes vom
6. Juni 1899, bestätigt durch Beschluss der Beschwerdeabteilung vom
2. Januar 1900, verweigert, mit der Begründung, Gefäss o, Kammer p und
Schwimmerventil l seien als in der Einrichtung nach dem deutschen Patent
15,129 bereits vorhanden nachgewiesen; die Hinzufügung des Gefässes a
könne als patentbegründend nicht angesehen werden, da hiedurch irgendein
neuer Erfolg nicht erzielt {made, denn das Niveau in diesem Gefässe
könne kaum anders sein als das in der Kammer p.

112 Civilrechtspflege.

2. Nach dem am 3. April 1899 erfolgten Tode Guyer-Zellers machte
der Kläger gegenüber dessen Erben den Anspruch auf Bezahlung der im
Vertrage vom 21. November 1898 festgesetzten 20,000 Fr. geltend und
erhob, da die genannten Erben die Forderung nicht anerkannten und eine
Einigung nicht zu stande kam, gegen dieselben die gegenwärtige Klage,
die ursprünglich das Rechtsbegehren enthielt, die Beklagten seien
zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von 20,000 Fr. zu bezahlen,
und zwar 10,000 Fr. mit Zins von Ende Februar 1899 an, weitere 10,000
Fr. mit Zins von Ende August 1899 hinweg. Die Begründung der Klage geht
dahin: Die Erfordernisse, an welche laut Vertrag die Bezahlung der 20,000
Fr. geknüpft worden fei, seien alle erfüllt: Der vom Kläger laut Vertrag
zu erstellende Apparat sei vollendet und als leistungsfähig befunden und
angenommen worden; die Eintragung des schweizerischen Patente-s für die
Erfindung sei erfolgt. Die Beklagten stellten sich auf den Standpunkt,
es habe sich beim Vertrage, auf den sich die Klage stütze, um den Kauf
einer Erfindung gehandelt, nun stelle sich aber der Apparat des Klägers
weder als Erfindung noch als etwas neues im Sinne des Patentgesetzes dar;
die Leistungsfähigkeit des Apparates geben sie zu. Der Kläger bestritt
die Richtigkext der gegen seine Patente gerichteten Angriffe.

Z. Die erste Instanz, das Bezirksgericht Zürich I. Abteilung, holte eine
Expertise ein über die Fragen:

a.) ob sich der Inhalt des in dem vom Kläger unterm 24. Dezember 1898
erwirkten Patente Nr. 16,976 enthaltenen Patentanspruches Nr. 1 für sich
allein oder der Inhalt des dort enthaltenen Patentanfpruches Nr. 2 für
sich allein oder die patentierte Kombinierung des Inhaltes dieser beiden
Ansprüche als gewerblich verwertbare Erfindung qualifiziert, d. h. als ein
sei es nun bedeutsamer oder weniger bedeutsamer schöpferischer Gedanke,
durch welchen ein neues technisches Ergebnis, eine von dem bisher
bekannten abweichende technische Wirkung, m. a. W. ein im Vergleich zum
bisherigen Stand der Technik neuer technischer Nutzeffekt erzielt wird,
oder ob dies nicht der Fall sei.

b) bei gänzlicher oder teilweiser Bejahung der ersten Fragen:

ob der jeweilige Inhalt des Patentanspruches Nr. 1 oder
desV. Erfindungspatente. N° 13. 113

Anspruches Nr. 2 oder die Kombinierung des Jnhaltss der beiden Ansprüche,
wie sie Kläger patentieren liess, am Li. Dezember 1898 in der Schweiz
so offenkundig gewesen seien, dass die Ausführung oder Benutzung der
Erfindung einein Sachverständigen auf Grund der bereits offen betriebenen
Benutzung oder. Darstellung möglich gewesen sei, oder ob dies nicht der
Fall sei;

Das eingehend begründete Gutachten der von der ersten Jnstanz ernannten
Experten ging davon aus, der Begriff der Erfindung sei im schweizerischen
Patentgesetz nichtgenan derselbe wie im deutschen. Nach letzterem könne
der Begriff der Erfindung mit -Kohler, Patentrecht (1878), S. 32, etwa
dahin denntert werden, Erfindung sei eine aus einer neuen Kombination
der Naturkrafte beruhende eigenartige Schöpfung des Menschengeistes
zur Erreichung eines bestimmten Resultatesz diese Definition konne
sich ganz gut mit der Beurteilung einer Erfindng nach der Arbeits1weise
decken. Das schweizerische Patentgesetz dagegen, das das Verfahren von
der Patentierung ausschliesse, grunde die Patenterteilung nicht auf
die Arbeitsweise des die Erfindung bildenden Gegenstandes, sondern auf
die gewerbliche Verwertbarkeit und die Darstellbarkeit des Gegenstandes
durch Modelle; der Begriff der Erfindung könne nach dem schweizerischen
Patengesetz etwa folgendermassen desiniert werden: Ersindung ist die
schopferische Kombination von Elementen, zu einem durch dieselben
hervorgerufenen Ganzeu, das als Modell dargestellt werden kann
undagewerblich ,verwertbar ist. Das Erfordernis der eigenartigen
Schopfung besteht darin, dass diese Maschinen-. (oder andere)
Elemente nicht in bisher bekannter Art und Weise zur Erreichung einer
gleichen oder ähnlichen technischen Wirkung zusammengestellt wurden.
Von diesem Standpunkte aus gelangen die erstinstanzlichens Experteci
dazu, der Nichtpatentierbarkeit des Apparates des Klagers in Deutschland
keine entscheidende Bedeutung beizumessen Die ihnen vorgelegten Fragen
beantworteten sie wie folgt :a Der A11spruch 1, schweizerisches Patent
Nr: 16,976 enthalt eine Erfindung, durch welche eine von dem bisher
Bekannten abweichende technische Wirkung oder auch ein im Vergleich
zum bisherigen Stand der Technik neuer technischer Nutzeffekt erzielt
wird. Die uns gestellte Frage mug also mit Bezug auf

xxvm, 2. 1902 8

114 Givilrechlspsiege.

Anspruch 2 Patent schweiz Nr. 16,976 an und für sich verneint werden. Was
hingegen die Kombination der beiden Anspriiche 1 und 2 mit einander
anbelangt, so hat dieselbe ihren Wert eben dadurch, dass Hauptanspruch
1 gut ist und kannsoinit die Frage für die Kombination beider nicht
verneint werden.

Die erste Instanz legte den Vertrag vom 21. November 1898 dahin aus,
es handle sich um den Kan einer Erfindung und zwar einer patentfähigen
Erfindung Rechtlich sei der Vertrag zu desinieren als Kauf eines
Patentes. Zu untersuchen sei weiter ob der Klager, als Ver-kaufen seiner
vertraglichen Verpflichtung, eine patentfähige Erfindung zu übertragen,
genügt habe; bestritten seien der Erfinduiigscharakter und die Neuheit. An
Hand des Expertengutachtens gelangte die erste Instanz zur Bejahung
dieser Frage. Betreffend die vom Kläger erhobene Replik der Genehmigung
führte die erste Jnstanz aus, die Rügefrist des Art. 246 O.-R. habe nie
zu laufen Begonnen, da eine Übertragung des Patentes nie stattgefunden
habe. Die erste Instanz hiess aus diesen Gründen die Klage gut, jedoch
mit der Modifikation, dass sie dieBeklagten nur verpflichtete, einen
ihren Erbquoten entsprechenden Betrag zu bezahlen.

Die zweite Instanz, an welche die Beklagten appellierten, ordnete
zunächst, in Entsprechung eines Antrages der Beklagten, eine-
Oberexpertise an. Das sehr kurzgefasste Gutachten der zweitinstanzlichen
Erperten beantwortete die vorgelegte Frage: Ob durch den von Grosswyler
konstruierten Regulator ein im Vergleiche zum bisherigen Stand der Technik
neuer Nutzeffekt erzielt werde, der als Ausfluss einer schöpserischen
Idee erscheine? mit Rein. Zu diesem Resultate gelangt das Gutachten
wesentlich durch Heranziehung und Vergleichung eines am 11. November
1887 unter Nr. 44,522 im deutschen Reiche patentierten Mischventils,
bei dem das Reservoir mit Doppelboden und Schwimmer, weil schon dazumal
nichts neues-, nicht patentiert wurde; ferner verweist dasGutachten auf
die deutsche Patentschrift Nr. 15,129.

Jn ihrem eingangs mitgeteilten, die Klage abweisenden Urteile stimmt die
Vorinstanz zunächst den Ausführungen der ersten Jnstanz hinsichtlich der
Auslegung des Vertrages vom 21. NovemberV. Erfindungspatente. N° 13. 115

1898 bei. Den vom Kläger für feine Auslegung des Vertrages osferierten
Zeugenbeweis lehnt sie ab, weil die einzelnen Thatsachen, für welche
die Zeugen angerufen werden, für das eigentliche Beweisthema keineswegs
schlüssig seien. Zur entscheidenden Frage: ob anzunehmen sei, dass das
vom Kläger für seine Konstruktion ausgewirkte Patent ein wirkliches
Ersindungsrecht repräsentiert habe, führt die Vorinstanz aus, die
Ausführungen des ersten Gutachtens erscheinen nicht als überzeugend:
dieses Gutachten gehe vor allem von einer unrichtigen Auffassung
der schweizerischen Patentgesetzgebung aus. Auch vom schweizerischen
Standpunkt aus könne ein Patent nur in Frage kommen, wenn nicht nur eine
neue konstruktive Anordnung, sondern ein im Vergleiche zum bisherigen
Stand der Technik neuer Nutzeffekt gegeben sei. Die Thatsache, dass
das deutsche Patentamt s. Z. dem Kläger das nachgesuchte Patent für
seinen Apparat nicht erteilt habe, weil er gegenüber der mit Patent
15,129 geschätzten Vorrichtung keine neue Erfindung darstelle, lasse
sich also nicht, wie die erstinstanzlichen Erperten meinen, durch den
Hinweis aus eine prinzipielle Verschiedenheit der schweizerischen und
deutschen Patentgesetzgebung beseitigen. Vielmehr set davon auszugehen,
dass, wenn der Entscheid des deutschen Patentamtes richtig war, das
erteilte schweizerische Patent materiell nicht zu Recht bestehe; denn
dass die Ossenkundigkeit des Art. 10 Biffi des Patentgesetzes auch
durch die Publikation ausländischer Patentschristen begründet merde,
stehe in der Gerichtspraris durchaus fest. Die (erstinsianzlichen)
Experten erklären nun allerdings, dass sie den Entscheid der deutschen
Behörde auch deswegen nicht als massgebend betrachten, weil nach ihrer
Ansicht zwischen der Vorrichtung des deutschen Patentes 15,129 und dem
klägerischen Apparat wesentliche, einen neuen Nutzeffekt begründende
Unterschiede vorhanden seien. Indessen könne die Rechtfertigung
dieses Standpunktes nicht als eine genügende angesehen werden (was des
nähern ausgeführt wird). Dem Antrage der Beklagten um Anordnung einer
Oberexpertise habe daher stattgegeben werden müssen. Die Oberexpertise
gelange nun unter Heranziehung der deutsche-n Patentschrift 15,129 und
unter Hinweis auf eine andere Konstruktion mit aller Entschiedenheit zu
dem Resultat, dass der klägerische Apparat

116 Givilrechtspflege.

im Vergleiche zum bisherigen Stand der Technik alt sei. Allerdings könnte
die Begründung dieses zweiten Gutachtens eine eingehendere sein. Allein
der Bericht erscheine immerhin in Verbindung mit dem Inhalt der Akten und
namentlich bei Berücksichtigung des Entscheides des deutschen Patentamtes
als genügend, um dem Urteile nunmehr zu Grunde gelegt zu werden. Alsdann
folge daraus die Abweisung der Klage.

4. Streitig ist auch heute noch in erster Linie der Sinn und die
rechtliche Natur des zwischen dem Kläger und dem Rechtsvorfahren
der Vettagten abgeschlossenen sogenannten vorläufigen Vertrages
vom 21. November 1898. Während die Beklagten und ihnen folgend die
kantonalen Jnstanzen das Wesen dieses Vertrages darin erblicken, dass
er aus die entgeltliche Übertragung einer Erfindung, und eines Patentes
für diese Erfindung, gerichtet sei, vertritt der Kläger auch heute noch
die Auffassung, nicht das Patent sals solches, sondern lediglich der
Apparat sei der eigentliche Gegenstand des Vertrages gewesen; es habe sich
entweder um den Kauf des Apparates also einer körperlichen Sacheoder um
einen Werkvertrag oder einen Dienstvertrag mit Bezug auf diesen Apparat
gehandelt. Wird nun der Sinn und die rechtliche Natur des Vertrages an
Hand von dessen Wortlaut und der begleitenden Umstände geprüft, so ergiebt
sich folgendes: Nach Art. 1 des Vertrages erhält der Kläger vom Erblasser
der Beklagten den Auftrag, einen Apparat für Regulierung der näher
genannten Flüssigkeit herzustellen; die Kosten der Konstruktion werden
vom Auftraggeber (oder Besteller) vorgeschossen. In dieser Bestimmung
für sich kann also wohl ein Werkvertrag oder ein Dienstvertrag erblickt
werden. Damit ist aber der Inhalt des Vertrages keineswegs erschöpft:
Art. 2 stellt die weitern Verpflichtungen auf, dass der Apparat, falls
er sich als leistungsfähig erweise, an Eimer-Zeller für den Betrag von
20,000 Fr. abgetreten werden solle, und dass der Kläger die .Patente zu
lösen und auf Wunsch Gnyer-Zellers auf diesen zu übertragen habe. Art. 3
trifft alsdann nähere Bestimmungen über die Fälligkeit des Betrages
von 20,000 Fr. Art. 4 endlich sieht den Fall des nicht vollständigen
Gelingens der Sache vor. Nach diesen Vertragsbestimmungen ist allerdings
der weitere Jn-V. Erfindungspatente. N° 13. ' 11?

halt des Vertrages nicht ohne weiteres klar und unzweideutig. Allein es
ergiebt sich daraus doch, dass der Erwerb und die Übertragung von Patenten
an Gui)er-Zeller in Aussicht genommen war. In Berücksichtigung nun des
speziell von der ersten Instanz hervorgehobenen wirtschaftlichen Zweckes,
den die Vertragsparteien mit dein Vertrage verfolgten; in Anbetracht des
hohen Preises, der die Konstruktionskosten bei weitem itberstieg und auch
für einen Arbeitsoder Werklohn unverhältnissmässig hoch erscheint; endlich
in Erwägung des Umstandes-, dass der ' Vertrag von einem neuen Regulator
und der Grundidee des Klägers spricht, erscheint die dem Vertrage von
den Beklagten Und den kantonalen Jnstanzen gegebene Auslegng als die
richtige. Danach war das Wesentliche des Vertrages die Verschaffung
des Erfinderrechts am neuen Regulator gegen Entgelt. Die Herstellung
des ersten Apparates erscheint diesem Hauptzweck des Vertrages gegenüber
nicht etwa als ein mit ihm auf gleiche Linie zu stellender Vertragszweck,
so dass der Vertrag zwei Bestandteile: einen Dienstoder Werkvertrag oder
Kan über den Apparat, und die entgeltliche Übertragung des Erfinderrechts,
in sich schliessen würde; vielmehr erscheint die Herstellung des Apparates
gegenüber dem Hauptzweck nur als Aecessorium; es sollte damit das Modell
für den zu patentierenden Gegenstand geschaffen werben; nicht sollte eine
selbständige Forderung auf Arbeitsoder Werklohn (oder Kaufpreis) für den
Apparat entstehen. Und zwar sollte nach dem Inhalte des Vertrages jene
Ubertragung eine vollständige, unbeschränkte sein. Ergiebt sich aber
dieser Sinn des Vertrages aus den angeführten Umständen, so ist der
vom Klager beantragte Zeugenbeweis mit der Vorinstanz als unerheblich
zu erklären.

5. Danach ergiebt sich als die rechtliche Natur des mehrgedachten
Vertrages die entgeliliche, unbeschränkte Ubertragung des Er-
sinderrechts an dem im Vertrage erwähnten Apparat und zwar speziell
des ein Erfinderrecht enthaltenen Rechtes auf etnuPatenL Gegenstand des
Vertrages war danach nicht eine korperltche Sache, sondern ein Recht,
und zwar das Ersmderrecht, vor allem das aus diesem fliessende Recht
auf ein Patent: Diese entgeltliche Übertragung des Patentrechts ist zu
qualifizieren als

118 Civilrechtspflege.

Kauf, nicht etwa als Cession (vergl. Mani, Patentrechtliche Lieenz, S. 10
f.; Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, § 57, S. 887 ff., speziell
S. 888 Anm. 8); letzteres nicht, weil das Patentrecht sich nicht als
Forderungsrecht darstellt; wohl aber liegt ein Kauf vor, weil der gesamte
vermögensrechtliche Inhalt des Patentes aus dem Vermögen des Eigentümers
ausgeschieden und in jenes des Erwerbers aufgenommen wird (Munk, a.a.O.).
Die Klage stellt sich demgemäss dar als Klage des Verkäufers des Patentes
auf Zahlung des Kaufpreises. Dieser Klage gegenüber wenden die Beklagten
ein, der Kläger habe den Vertrag nicht gehörig erfüllt, bezw. könne ihn
nicht gehörig erfüllen, da die abgetretene sogenannte Erfindung weder
eine Erfindung noch neu sei. Mit der Feststellung der juristischen Natur
des Vertrages fällt vorab die Einwendung des Klägers bahia, die darin
besteht, der Erblafser der Beklagten habe den Apparat stillschweigend
angenommen und genehmigt, die Mängelrüge also verwirkt: da es sich nicht
um den Kauf einer körperlichen Sache, sondern um den Kauf eines Rechtes
handelt, kommen die Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechtes
über Mängelrüge beim Kan überhaupt nicht zur Anwendung Im weitern fragt es
sich nunmehr, gemäss der Stellungnahme der Beklagten, wie weit bei einer
entgeltlichen Patentveräusserung (einem Patentverkauf) die gesetzliche
Gewährleistungspflicht des Verkäufers geht, ob der Verkäufer, wie
der Kläger behauptet, nur für die formelle Patentierung haftet, oder
ob die Gewährleistung sich auf den Bestand des Patentrechtes und auf
dessen Unanfechtbarkeit erstreckt. Diese Frage ist im letzteren Sinne zu
beantworten. Das folgt daraus, dass der Verkäufer eines Rechts dem Käufer
den Bestand des Rechts zu gewährleisten hat (vergl. Art. 235 O.-R.). Zum
Bestande des Patentrechtes gehört aber, dass das Patent nicht aus den in
Art. 10 des Patentgesetzes angeführten Gründen mit der Richtigkeitsklage
anfechtbar sei; der Bestand des Patentrechles setzt danach unter anderm
voraus, dass es sich wirklich um eine Erfindung handle, und dass die
Erfindung neu sei; der Verkänfer des Patentrechtes hat also dem Käufer
für das Vorhandensein dieser Erfordernisse einzustehen. Diese Haftung
kann nun aller-. dings vertraglich wegbeduugen werden, und ein weiterer
Stand-V. Ersindungspatente. N° 13. 119

Punkt des Klägers ist der, das sei im Vertrage vom 21.Novemher 1898
geschehen; nach dessen Bestimmungen habe er, der Kläger, nur dafür
einzustehen, dass das Patent, und zwar das schweizerische Patent, wirklich
erworben worden sei; diese vertragliche Pflicht habe er erfüllt. Allein
nichts berechtigt dazu, den Vertrag in diesem Sinne auszulegen. Das
Wegbedingen der gesetzlichen Haftung müsste ausdrücklich geschehen,
und das ist hier nicht der Fall. Muss der Vertrag so, wie geschehen,
ausgeglegt werden, ist vielmehr ohne weiteres auch die gesetzliche
Gewährleistungspflicht des Verkäufers als darin enthalten anzunehmen.
Eine andere Frage wäre sodann die, ob nicht, da der Verkäufer seiner
Gewährleistungspslicht insoweit genügt hat, als das Patent erworben
ist und formell zu Recht besteht, die Einrrebe, es bestehe materiell
wegen Richtigkeit nicht zu Recht, in besonderem Prozesse, mit der
Richtigkeitsklage, durchzuführen set (wie denn auch die Beklagten
ursprünglich Frist zur Anstellung der Richtigkeitsklage und Sistirung des
gegenwärtigen Prozesses bis nach deren Durchführung verlangt hatten). Auch
dieses Bedenken gegen die Zulässigteit der von den Beklagten erhobenen
Einwendung im vorliegenden Prozesse ist jedoch unbegründet. Wie
iim Prozesse, wenigstens unzweifelhaft im Civilprozesse, betreffend
Patentnachahmung, die Richtigkeit des Patentes des Nachahmungsj klägers
einredeweise geltend gemacht werden kann (vergl. Urteil des Bundesgerichts
vom 15. Mai 1896 i. S. Salquin gegen Bund, Uniti. Samml., Bd. XXII,
S. 639, und vom 16. März 1900 i. S. Gegan gegen Nähmaschinenfabrik,
Bd. XXVI, i. Teil, S. 109 Erw. 2), so muss auch der Käufer eines Patentes,
der auf die Zahlung des Kaufpreises belangt wird, dem VerkäUfer in diesem
Prozesse die Einrede der Richtigkeit des Patentes entgegensetzen können;
eine Abweichung von diesem aus allgemeinen Gründen folgenden Grundsatz
müsste gesetzlich Vorgeschrieben sein, und das ist nicht der Fall.

6. Die Entscheidung des Prozesses hängt daher davon siah, ob sdie
Von den Beklagten erhobene Cinwenduug des Nichtbestandes des Patentes
wegen Mangels einer Erfindung undmangelndee Neuheit degründe sei oder
nicht. Für die Entscheidung dieser Frage sind die Gerichte wesentlich
auf die eingeholten Expertis en an-

120 Civürechtspflege.

gewiesen. Nun hat das Obergericht seinem Urteile die zweite vom ihm
bestellte Expertise zu Grunde gelegt, und es könnte sich fragen, ob nicht
darin, welche Expertise dorzuziehen sei, eine reine- Beweiswürdigung
liege, so dass das Bundesgericht von vornherein die Erpertisen nicht
mehr zu überprüfen hätte. Diese Auffassung würde jedoch den Begriff der
Beweiswürdigung zu weit ziehen und dem Bundesgericht in der Beurteilung
von Vaterttstreitig'fei: ten eine zu enge Stellung einräumen Das
Bundesgericht musz: vielmehr über-prüfen können, ob die Gründe,
welche die (Experten, zu ihren Schlüssen geführt haben, auf richtigen
Rechtsgrundsätzen beruhen (vergl. das Urteil des Bundesgerichts in Sachen
Heitergegen Schatz vom 15. Dezember 1899, Ath Samml., Bd. XXV,

2. Teil, S. 991 ff.); es hat ferner namentlich zu prüfen, ob die-

Gründe, welche die Vorinstanz zur Annahme des einen (in casu des
oberinstanzlichenJ Gutachtens und zur Ablehnung des andern geführt
haben, stichhaltig und rechtlich begründet seien. Nun istder Vorinfianz
vor allem darin beizusiimmen, dass die rechtliche Auffassung der
erstinstanzlichen Experten Von dem Begriffe der Erfindung nach dem
schweizerischeu Patentgesetze und über dessen Verschiedenheit vom
Begriffe des deutschen Patentgesetzes rechtsirrtümlich isf; es genügt,
hierfür auf die durchaus zutreffenden Ausführungen der Vorinsianz zu
verweisen. Sodann ist weiter rich:tig, dass gerade diese unrichtige
Rechtsansicht die erstinstanzlichen Experten (deren Gutachten im
übrigen allerdings weit eingehender und überzeugender begründet ist
als dasjenige der zweitinstanzlichen (experten) dazu geführt hai,
der Abweisung des klägerischen Patentgesuches durch das deutsche
Patentamt nicht dieentscheidende Bedeutung beizumessen, die ihr zukommen
musz. Diese Abweisung namentlich, die durch die Heranziehung der deutschen
Patentschrift 15,129 überzeugeud begründet ist, muss dazu führen, der
zweiten Instanz beizutreten, während allerdings das sehr knapp gehaltene
Gutachten der zweitinstanzlichen Experten für sichallein diesen Schluss
kaum gerechtfertigt hatte.

?. Aus diesen Ausführungen ergiebt sich die Abweisuug derKlage. Davon,
dass etwa dem Kläger die in Art. 4 des Vertrages vorgesehene Summe von
15,000 Fr. zu zahlen fei, kann keine Rede sein, wie auch der Kläger
selbst das nicht beansprucht-

VI. Fahrikund Handelsmarken. N° 14. 121

Ebensowenig kann ihm, nach den Ausführungen in Erw. 4 oben, neben der
Abweisung der Klage in der Hauptsache ein Betrag für den gelieferten
Apparat (oder die gelieferten Apparate) zugesprochen werden, da eben durch
den Vertrag nicht zwei separate Forderungen, eine aus Patentverkaus, eine
andere aus Kauspreis, Werkoder Arbeitslohn für den Apparat, begründet
wurden. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und somit das Urteil der
II. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons game vom 27. November
1901 in allen Teilen bestätigt.

VI. Fabrikund Handelsmarken.

Marques de fabrique.

14. Arrèt du 21 février 1902, dans la cause Klein, def., elem., reco-ne.,
rec., contre Ohuit, Naef & G, diam., déf. eccome., im).

Imitation d'une marque de fabrique (mal-que litterale}. Prétendue vente
de la marque. Validité de la marque Vanillette . Art. 24, litt. a 1,
ch. 2 Loi féd. sur les marques de fabrique, etc. Goncurrence déloyale,
art.. 50 SS. 00.

A. MM. Chuit et Neef, fabricants de produits chimiques à Genève, ont
déposé au Bureau fédéral de la propriété intenectuelle, le 16 octobre
1897, sous N° 9597, une marque de fabrique qui n été transmise le 8
janvier 1901, sonsN° 12 840, 5. leurs successeurs Chuit, Naef & Cie. Cette
mal-que est destinée à du sucre à la vanilline et se compose uniquement
du mot Vanillette imprimé en. cemetères qui ne se distinguent que peu
des caractères erdlnalres.

sur le recto des enveloppes dans lesquelles Chini et Naef,
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 28 II 108
Datum : 28. Februar 1902
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 28 II 108
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 108 Givih'echcspflege. Überweisung der Därliger Aceepte an gewisse Mitglieder der


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
erfinder • beklagter • frage • zelle • bundesgericht • richtigkeit • erfindungspatent • weiler • vorinstanz • stand der technik • erste instanz • kaufpreis • zins • schwimmen • erbe • benutzung • werkvertrag • zeuge • zahl • patentanspruch
... Alle anzeigen