226 l. Entscheidungen der Schuldbetreibungs

etwa, wie Reknrrent behauptet, erforderlich, dass vom Drittschuldner
bereits eine fällige Rate des gepfändeten Lohnes in Abzug hätte gebracht
werden sollen. In dieser Vorkehr läge eine Handlung, die nicht mehr zum
Pfändungsakte selbst als integrierender Bestandteil gehört, sondern die
als Folge und in Nachachtung desselben vorgenommen wird.

Die Frage ist also die, ob der Gläubiger, nachdem die für ihn
vollzogene Pfändung auf sein Begehren aufgehoben worden ist, in
der gleichen Betreibung die Vornahme einer neuen Pfändung verlangen
könne, oder ob nicht durch ein solches Begehren um Rückgängigmachung
der Pfändung die Betreibung überhaupt dahinfalle. Mit Recht hat die
Vorinstanz im Sinne der letztern Alternative entschieden. Man hat es
eben hier nicht mit der blossen Zurückziehung des Antrages um Vornahme
einer Betretbungshandlung zu thun (wie beim Rückng des Pfändungs-,
Verwertungs- oder Konkursbegehrens), sondern mit der Aufhebung der
vorgenommenen Betreibungshandlung selbst. Die Befugnis, eine solche
Aufhebung nach Belieben zu verlangen, um dann später die Dienste der
Behörde für die nämliche Vetreibungshandlung neuerdings in Anspruch
zu nehmen (fofern dieselbe überhaupt noch möglich isf), kann zum
mindesten im Falle der Pfanduug dem Gläubiger nicht zustehen Weder aus
dem Wortlaute, noch aus dem Sinne und Zwecke des Gesetzes, und speziell
dessen Art. 88 lässt sich eine solche Befugnis ableiten. Sie würde auch
in der Praxis zu Jnkonvenienzen, wie ungerechtfertigter Inanspruchnahme
der Betreibungsämter, Schädigung der Interessen dritter Gläubiger ze,
führen. So wäre es z. B aus diese Weise möglich, die Frist, während der
allein gesetzlich eine Pfändung Bestand haben soll, durch Verzicht auf
diese und nachheriges neues Pfändungsbegehren illusorisch zu machen.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammers

erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.mdsiKonkux-skammer. N° 56. 227

58. Entscheid vom 28. JuniZHiJOL in Sachen Oschwald und Genosse

Aufnahme einer Retentionsurkunde. Beschwerde der Aftermieter
dcegegenjdfws elmen gehörende Gegenstände in, das Verzeichnis aufgenommen
wurden. Anwendbarkeit des Verfahrens nach Art. 106-109 und 155 Sch.ee.
K .-Ges.

I. J. Knecht hat in einer dem Moses Picard gehörenden Liegenschaft in
Zürich eine Wohnung gemietet und einen Teil derselben den Rekurrenten
Oschwald und Moser in Aftermiete gegeben. Die letzteren brachten eigenen
Hausrat in die untergemieteten Lokale. In der Folge liess der Eigentümer
Picard für eine Mietrate von 235 Fr., die ihm Knecht schuldet, durch das
Betreibungsamt Zürich III eine Retentionsurkunde ausnehmen, die sämtliche
in der fraglichen Wohnung befindlichen Jllaten mit Einschluss derjenigen
der Aftermieter umfasst.

Daraufhin erhoben Oschwald und Moser Beschwerde gegen die Retention der
von ihnen eingebracht-en Objekte-, indem sie geltend machten, dass sie
ihre vertraglichen Verpflichtungen gegen den Aftermieter bis auf den
letzten Tag erfüllt hätten, was sie auch urkundlich nachwiesen.

H. Mit diesem Nachweise, führte die untere Aufsichtsbehörde in ihrem
abweisenden Entscheide aus, sei es noch nicht getan. Vielmehr hafte das
eingebrachte Gut mit Ausnahme der in Art. 92 des Betreibungsgesetzes
ausgeführten Gegenstände dem Obervermieter stets dann, wenn der
Aftervermieter nicht beweise, dass sein Eigentumsrecht an den betreffenden
Jllaten dem Obervermieter habe bekannt sein müssen.

Die kantonale Aufsichtsbehörde, an die Oschwald und Moser rekurrierten,
hiess mit Entscheid vom 8. März 1902 unter näherer Begründung die
ersiinstanzliche Rechtsaufsafsung gut, wobei sie noch bemerkte, dass
übrigens nach § 72 Ziff. 2 des kantonalen Einsiihrungsgesetzes über die
streitige Frage der Richter im beschleunigten Verfahren zu entscheiden
babe.

III. Gegen das obergerichtliche Erkenntnis erfolgte rechtzeitig die
Weiterziehung an das Bundesgericht.

228 I. Entscheidungen der Schuldbetreihungsund Konkurskammer.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Die Retentionsurkunde wurde aufgenommen gegen den Mieter Knecht als
Schuldner einer von ihm eingeforderten Mietzinsrate Die Reknrrenten
als Astermieter stehen somit diesem Akte provisorischer Beschlagnahme,
der sich lediglich gegen ihren Vermieter richtet, in der Stellung
von Drittparteien gegenüber-. Jhr Begehren, die fraglichen Objekte
aus der Retention zu entlassen, gründet sich nicht darauf, dass
es an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme einer
Retentionsurkunde fehle, sondern darauf, dass genannte Objekte,
weil ihr Eigentum, nicht in die Urkunde einbezogen werden können. Es
handelt sich also um Drittansprüche in dem gegen Knecht eröffneten
Exekntionsverfahren, über welche Ansprüche die Gerichte und nicht die
Ans- sichtsbehörden zu entscheiden befugt sind (Art. 106 109 und 155
des Betreibungsgesetzes). Erstere werden also gegebenen Falls darüber zu
befinden haben, ob die streitigen Jllaten Eigentum der Rekurrenten seien,
und wenn ja, ob nicht dennoch ein entgegenstehendes Retentionsrecht des
Obervermieters Picard diesem gegenüber deren Vindikation ausschliesse.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Retan
wird abgewiesen.Laus-inne Imp. Georges Bridei & Ci!A. STAATSREGHTLIGHE
ENTSGHEIDUNGEN ARRÈTS DE DROIT PUBLIC

WiErster Abschnitt. Première section. Bundesverfassung. -Constitutjon
fédérale. I. Rechtsverweigerung und Gleichheit vor dem Gesetze.

Déni de justice et égalité devant. la. loi.

57. Urteil vom 26. September 1902 in Sachen Golliez gegen Bern.

Nichtanwendbarkeét des Grundsatzes des rechtlichen Gehò'rs im
Adminisimtiv-Verfahren. Beschwerden über ungleiche Behandlung mit Bezug
auf ekle Handelsmed Gewerbefreiieeét Sind vom Bundesrate, m'a/Lt vom,
Bundesgericht zu beurteilen. Art. 189 Ziff. 3 Org.Ges.

A. Am 2-2. Juni 1887 ist dem Apotheker F. Golliez in Murten von der
Sanitätsdirektion des Kantons Bern die gestützt auf Art. 8 des bernisrhen
Gesetzes über die Ausübung der medizinischen Berufsarten vom M. März
1865 nachgesuchte Bewilligung erteilt worden, nebst andern Präparaten
den von ihm erstellten Eisencognac in beruischen Zeitungen und Kalendern
als Arznei-

xxvm, l. 4902 16
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 28 I 227
Datum : 08. März 1902
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 28 I 227
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 226 l. Entscheidungen der Schuldbetreibungs etwa, wie Reknrrent behauptet, erforderlich,


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