200 1. Entscheidungen dcr Schuldbeîreihungs-
47. Entscheid vom 13. Mai 1902 in Sachen Vögiliw
Arrestlegung auf eine noch. nieht ervistierende KaufpreisrestanzFerdemng.
Aufhebung des Arrest-IF von Amtes wegen anlässlich einer Beschwerde wegen
Fristansetzemg nach Art. 106 Schuédb. %. KWD-Ges. za.-r Geltendmachung
des Recizäes auf die Forderung.
I. Auf Begehren des Hans Vögtlin in Brugg erliess die Arrestbehbrde
Willisau am 28. Dezember 1901 gegen Alois Zurkirch, gewesenen Bäcker
im Hübeli zu HergiswyL nun in Zofingen, an das Betreibungsamt
Hergiswyl einen Arrestbefehl, für eine Forderung von 365 Fr. "Fò
Cts.; als Arrestgegenstand wurde bezeichnet: Die Kaufrestanz ab
Liegenschafi Hintermühlebäckerei des Schuldners A. ankjrch betragend
laut Kaufbrief zwischen diesem als Verkaufer und Joh. Kneubühler im
Nachthns zu Hergiswyl als Käufer vom 16. Dezember 1901 mit Nutzen-sund
Schadensanfang den 15. November 1901 1970 Fr. 80 Cfs. Der Kausvertrag
zwischen Zurkirch und Kneubfthler war am 1. Oktober 1901 abgeschlossen
worden; danach sollte von der Kaufrestanz für einen Betrag von 1680
Fr. ein Zahlungsbrief errichtet, der Rest mit 2-90 Fr. 80 (it?. bar
bezahlt werden. Der Arrestbefehl wurde am 29. Dezember 1901 durch das
Betreibungsamt Hergisroyl ausgeführt, laut Protokoll in der Weise-,
dass dasselbe in der Getneindekanzlei die Kaufsrestanz ab HübeliBäckerei
1970 Fr. 80 (its. Verkliner A. Zurkirch, Kaufen Joh. Kneubühler, soweit
nötig für circa 400 mit Arrest belegte. Dem Gläubiger, dem Schuldner
und dem Drittschuldner Kneubühler wurden Abschriften der Arresturkunde
zugestellt. Der Zahlungsbrief von 1680 Fr. und der bar zu erlegende
Betrag von 280 Fr. 50 Ets. sind später -offenbar vom Käufer Knatbühler
auf der Gemeindekanzlei Hergiswyl deponiert worden.
H. Am Tage des Kaufsabschlusses zwischen Zurkirch und Kneubühler hatte der
Verkäufer Zurkirch die Kaufrestanz von 1970 Fr. 80 Cis. dem Peter gem),
Länghubel und dem Josef Warth, Hintersäge in Hergiswyh abgetreten. Die
Cessionare erhoben deshalb auf die verarrestierte Kanfrestanz
Auspruch,·und es setzte das Betreibungsamt Hergiswyl dem Gläubiger Hans
Vögtlin eine Frist nach Art. 109 des Betreibmigsgesetzes, um
una Konkurskammer. N° 47. 201
gegen die Ansprecher gerichtliche Klage einzuleiten Vögtlin beschwerie
sich hiegegen bei der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde, weil nach
Art.108 und 107 vorzngehen, das heisst den Ansprechern gemy und Watts)
die Klagefrist anzusetzen sei. Die Beschwerde wurde gutgeheissen und
das Betreibungsamt Hergiswyl angewiesen, im Sinne des Art. 106 des
Betreibungsgesetzes vorzugehen. Hiegegen beschtverien sich Zemp und
Warth ihrerseits beider obern kantonalen Aufsichtsbehörde Mit Entscheid
vom 3. April 1902 schätzte diese die Fristansetznng nach am. 106 des
Betreibungsgesetzes, soweit sie sich auf die Barschaft von 280 Fr. 90
Cis. bezog. Dagegen wurde ausgesprochen, dass eine Frisiansetzung für
den Zahlungsbrief von 1680 Fr. überhaupt nicht zu erfolgen habe. Die
Begründung geht im wesentlichen dahin: Die Fertigung der Liegenschaft
von Zurkirch auf Knatbühler habe noch nicht stattgefunden; aus dem für
einen Teil der Kaufrestanz errichteten Zahlungsbries könne daher noch
kein dinglicher Anspruch abgeleitet werden, es liege dies-bezüglich
nur ein bedingtes Forderungsrecht vor, und es müsse unter solchen
Umständen, solange der Verkauf nicht persekt sei, angenommen werden,
dass der Gemeinderat den Zahlungsbrief an Stelle des Verkänfers im
Gewahrsam hatte. Abgesehen hievon falle ein Zahlungsbrief nach der
bundesgerichtlichen Praxis gar nicht unter die in Art. 106 109 des
Betreibungsgesetzes erwähnten Sachen, es handle sich um eine Forderung,
auf die jene Bestimmungen keine Anwendung fänden. Bezüglich der
deponierten Kaussbarschaft gestalteten sich die Verhältnisse anders, indem
diese allerdings bedingungsweise, auf den Tag der Fertigung deponiert und
somit anzunehmen isf, dass der Gemeinderat von Hergiswyl den Gewahrsam
namens der Beschwerdesührer ausübt, überdies eine Barschaft als Sache im
Sinne von Art. 106 ff. BAB. aufAzufassen ist und somit die Festsetzung
einer Klagefrist hierorts ·gerechtfertigt erscheint."
III. Gegen diesen Entscheid hat Hans Vögilin den Rekurs an das
Bundesgericht ergriffen. Er beantragt, es sei jener Entscheid aufzuheben
und die Erkenntnis der untern kantonalen Aufsichtsbehörde im ganzen
Umfange zu beschützen; inzwischen sei die Fristansetzung zu sistieren.
xxvm, i. i902 U-
202 I. Entscheidungen der Schulddetreibungs--
Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Nach dem Arrestbefehl vom 28. Dezember 1991 bildete den Arrestgegenstand
die Kaufrestanz ab Liegenschaft HintermijhleBäckerei des Schuldnets
A. Zurkirch, betragend laut Kausbries zwischen diesem und Johann
Kneubühier 1970 %s; 80 @@} und nach der Arresturkunde ist in der Tat
diese Kaufrestanz unt Veschlag belegt worden Unter derselben kann nichts
anderes verstanden werden, als die restanzliche Kaufpreisforderung
des Verkäufers der Liegenschaft, A. Zurkirch, an den Kauser, Johann
Kneubühler. Eine solche Forderung war nun aber im Zeitpunkt des Erlasses
des Arrestbefehls und der Ausführung des Arrestes noch gar nicht zur
Entstehung gelangt. Die Vorinstanz stelltfest, dass der Kaufvertrag,
selbst zur Beit, als sie ihren Entschetd Îaflte, noch nicht gefertigt
war. Nach luzernischem Rechte erwirbt nun der Erwerber einer Liegenschaft
das Eigentum derselben erst durch die behördliche Fertigung (vgl. §§
291 und 292 des bürgerlichen Gesetzbuches des Kantons Luzern und
gg 8 und 9 des luzermschen Gesetzbuches über das Handänderungsund
Hypothekarwesen).. Erst mit dieser entsteht anderseits die Forderung des
Verkaufers aus den ausbedungenen Kaufpreis Vor der Fertigung besteht
eine solche Forderung als greifbarer präsenter Vermögens-wert nicht,
sondern nur die Möglichkeit, dass eine solche zur Entstehung gelange. Der
Kaufverttag verpflichtet den Käuser, so lange er nicht gefertigt ist,
bloss dazu, zu der behördlichen Fertigung Hand zu bieten und eventuell,
wenn er sich dessen weigert, zu Schadensersatz. Ob der Kaufvertrag
perfekt und damit die Kaufpreissordernng existent merde, liegt also in
diesem Stadium noch völlig im Belieben der Parteien, insbesondere auch
des Käufers. Eine Forderung aber, deren Entstehung noch derart unsicher
und vom Willen des Schuldners selbst abhängig ist, kann nicht als ein
pfändund arrestierbares Vermögensobjekt betrachtet werden. Beschlug
aber hienach der am 29. Dezember 1901 ausgeführte Art-est ein hier
untaugliches Objekt, so ist derselbe, weil ohne Gegenstand und ohne
Wirkung, aufzuheben, womit auch der Streit darüber dahinsiillt, ob mit
Rücksicht auf den Anspruch, den Zemp
und Warth als Eefsionare auf die Kaufrestanz erhoben haben,und
Konkurskammer. N° 48. 203
Art. 106 und 107 oder Art. 109 zur Anwendung zu kommen hätten. Der
Aufhebung des Arresies steht es nicht entgegen, dass daran von keiner
Partei angetragen wurde. Denn es liegt im allgemeinen Interesse, dass eine
Verwertung unterbleibe, die eine noch nicht existente, nicht psändbare
Forderung zum Gegenstand hatte.
Demnach hat die Schnldbetreibungsund Konkurskammer
erkannt:
Der am 29. Dezember 1901 für den Rekurrenten gegen A. Zurkirch ausgeführte
Arrest auf die dem letztern an Johann Kneubühler zustehende Kaufrestanz
wird von Amtes wegen auf-
gehoben; demgemäss fallen die Rekursbegehren als gegenstandslos dahin.
48. Auszug aus dem Entscheid vom 23. Mai 1902 in Sachen Konkursamt
Rorschach
Verzicht auf die Geltendmachung der Kompetenzqualität gepfändeter
Gegenstände, ausgesprochen nicht durch den Schuldner, sondern durch, eine
der Pfändemg beiwoknende dritte Person (i. c. die Bhe/mez des Schuldners)
für den Sebald-ner verbindlich ?
Aus den Gründen:
Ob die Beschlagnahme der Kompetenzstücke aufrecht zu erhalten sei, hängt
einzig davon ab, ob ein rechtsgültiger Verzicht auf Geltendmachung der
Kompetenzqualität vorliege. Die kantonale Aufsichtsbehörde verneint dies,
weil die Ehefrau des Schuldners, die einen solchen Verzicht erklärt
hatte, nach st. gallischem ehelichen Güterrecht handlungsunfähig und
zur Vertretung ihres Ehemannes nicht befugt sei. Hier ist zu bemerken:
Die Frage stellt sich allgemein so, ob und inwieweit eine Person, die
statt des Schuldners einer Pfändung beiwohntz in einer für letzteren
verbindlichen Weise Kompetenzstücke in die Pfändung geben könne. Dabei
ist zu beachten, dass hierin ein Verzicht auf bestimmte Rechte liegt,
die dem Schuldner gegenüber den betreibenden Gläubigern oder im Falle
des Konkurses gegenüber der Gesamtheit