544 Civilrechespflege.

einander in Einklang Zum selben Resultat einer Vereinigung beider
Teile der streitigen Klausel führt auch folgende Argumentation: Nach
dem Vertrag und den Statuten müssen die 400 Anteile der Klägerin früher
oder später notwendig einmal voll einbezahlt sein Spätestens im Momente
der Auslösung der Genossenschaft), damit das Genossenschaftskapital von
1,200,000 Fr. einmal erreicht ist; die Einzahlung darf aber successive
erfolgen, sowohl für die Anteile der Klägerin, wie für die übrigen. Diese
Auslegung bietet den Vorteil, dass Vertrag und Statuten völlig miteinander
übereinstimmen, da der Vertrag stipuliert, dass die Anteile den Betrag
von 400,000 Fr. ausmachen und jeder 1000 Fr. gelten soll, die Einzahlung
dieser Anteile aber suceessive sein solle, und die Statuten bestimmen,
das Genossenschaftskapital sei auf 1,200,000 Fr. festgesetzt, und sei
suceessive einzubezahlen. Diese beiden Auslegungen bieten gegenüber
der von der Beklagten vertretenen den Vorteil, dass Hauptund Nebensatz
der streitigen Klausel einander nicht widersprechen und sich aufheben,
sondern miteinander harmonierenz sie stehen im Einklang mit der Natur des
Vertrages und des ganzen Geschäfte-T und endlich auch mit dem Wortlaute
der Klausel selber.

7. Zur Unterstützung ihrer Auslegung der fraglichen Vertrag-sBestimmung
hat die Beklagte eine Reihe von Momenten geltend gemacht . . . (folgt
Widerlegung dieses Standpunktes).

8. Die im vorstehenden gegebene Auslegung der streitigen Vertragsklausel
führt zum Schlusse, dass die Klägerin berechtigt ist, ihre Anteile in
der Liquidation der beklagten Genossenschaft zum vollen Norninalwerte
geltend zu machen; m. a. Wsi die voll einbezahlten Anteile der Klägerin
sind mit den nur zu 300/O einbezahlten übrigen Anteilen aus gleichen
Fuss zu stellen. Das könnte entweder dadurch geschehen, dass auf die
letztern die fehlenden 70 0/0 einbezahlt und der Gesamtbetrag unter die
Genossenschafter gleichmässig verteilt würde, oder dadurch, dass den
Anteilen der Klägerin 70 00 zurückvergütet würden. Die Vorinstanz hat den
erstern Modus gewählt und da die Klägerin eine Abänderung nicht verlangt
hat, ist das vorinstanzliche Urteil in diesem Punkte einfach zu bestätigen

9. Was endlich den eventuellen Antrag der Beklagten
betrifft,H[. Obiigationenrecht. N° 58. 545

so kann derselbe nicht gehört werden, weil er ganz neu ist und weder
vor erster Instanz noch in der Berufungserklarung gestellt wurde. Er
erscheint übrigens auch materiell als unbegrundet, dla ies sich nicht
um eine Forderung handelt, die vor Verfall bezaht werden müsste, und
weil ferner die verlangte Herabsetzung sich auf keine Gesetzesbestimmung
stützen kann. Demnach hat das Bundesgericht erkannt: '

Die Berufung wird abgewiesen und somit dîs .Ilrtexl des Handelsgerichts
des Kantons Zürich vom 21. sum 1901 m aussen Teilen bestätigt.

58. Urteil vom 6. Dezember 1901 . äu Sachen Steiners Söhne & (Sie. gegen
Sirt-umrann

aftsverkauf' rechmche Natur dieses Rechtsgeschaflcs. Klg'ngverbmdme
;îbtretung von Forderungen an dee KunUden. ;Gewährleisiungsklage des
Cessionm's gegen diese Seelen-tenPferds der Gewdhrleistu ngspflioh-t des
Declan-ten, der dee Gar-einzig fur uf .Zahlngsfdhigkeeît des Schesldners
unternommen hat, mit amg & den Zeiipmcssîzt. Art.. 192 ().-R. Beweislast.

A. Durch Urteil vom 28. August 1901 hat das Handels-geweht ;.
ntons Aar au die Klage abgewiesen. . . . desBHEtjegen dies-eg Urteil
haben die Kläger rechtzeitig und ex; richtiger Form die Berufung an
das fBundesgericht ergriff-Im ?' den Anträgen: Es sei das angefochtene
Urteil hochstinsanzich aufzuheben und den Klägern der Schlug ihrer
Klage zuzigpkrlechkn Eventuell habe bezüglich der abgetretenen Guthaben
des e ag en Und den klägerischen Forderungen eine ptroportionale
·Verre;hänung an beiden Guthaben stattzufinden Jedenfalls aber let
der egress der Kläger gegen den Beklagten bezüglich der Ùafmieî Aven;
15. März per 1437 Fr. 65 Cis. und derjenigen vom . pet per 2601 Fr. 15
(its. berechtigt zu erklaren undH hcgbe letzxerer diese beiden Fakturen,
zusammen im Betrage von 4009 gr. 80 US.,

546 Civilrechtspflege.

eventuell den einen oder den andern der genannten-Beträge von 1437 Fr. 65
Cis-. oder 2601 Fr. 15 den Klägern zu vergüten.

G. In der heutigen Verhandlung erneuert der Vertreter derKläger diesen
Berufungsantrag _ Der Vertreter des Beklagten trägt auf Abweisung der
Berufung an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Durch Vertrag vom 8. März 1899 mit Nachtrag vom gleichen Monat
(ohne uäheres Datum) trat der Beklagie seineKundschast, welche er im
Kanton Luzern hatte, den Klägern ,al) und verpflichteten sich diese
zur Übernahme dieser Kundschaft auf 15. März 1899 und zur Zahlung Von
4000 Frals Gegenleistung Aus dem Vertrage find noch folgende Bedingungen
hervorzuheben: Ziffer 1, die im Nachtrage lautet wiefolgt: Hu Stirnimann
verpflichtet sich, nach Übergabe der Kundschaft den HS}. Steiners Söhne
& Cie. bei den abgetretenenx Kunden sowohl, als auch bei ihrer andern
Kundschaft keine.s?onkurrenz mehr zu machen und bezügliche Anfragen Und
Bestellungen den 6}6}. Steiners Söhne & Cie. zuzuweisen- Ziffer 3 hatte
ursprünglich gelautet: HH. Steiners Söhne & Eie. sind verpflichtet,
den Saldo, welchen Hin Stirnimann an den übergebenen Kunden noch zu
gut hat, und mit welchem die letzteren sich einverstanden erklären,
auf ihre Rechnung zu übernehmeus dagegen leistet Sgr. Stirnimann für den
richtigen Eingang diese; Saldo-Beträge, sowie auch für den weitern Credit,
den HH.. Steiners Söhne & Cie. den nachbenannten Abnehmern innert den
nächsten zwei Jahren noch geben, volle Garantie"; im Nachtrage wurde
jedoch diese Bestimmung dahin abgeändert, dass der Beklagte (nur) für
den richtigen Eingang der Saldobeträge holte Garantie leiste. Unter den
im Vertrage mit Namen aufgefuhrten Kunden befand sich auch Bäcker Haller
in Bremgarten. Die Forderung des Beklagten auf ihn betrug auf 13. März
1899 5849 Fr. 25 CIS. und wurde gemäss Vertrag den Klägern abgetreten,
nachdem Anerkennung derselben durch den Schuldner-, die der Vertrag
ebenfalls stipulierte, erfolgt war. Nach dein

13. März 1899 machten die Kläger dem Haller folgende Lieferungen :
HI. Ohligationenrecht. N° 58. 547

am 15. März 1899 für . . . . . Fr. 1437 85

14.Apri11899 . . . . . 260115 18. August 1899 . . . . . 116105

29. 1899 . . . . . 2512 50 8. Februar 1900 . . . . . 40 -Total,
Fr. 7752 55 Haller bezahlte:

am 16. April 1899 . . . . . . . Fr. 1500 14. Juni 1899
(Fakt. v. 14. April) 2601 15 18. August 1899 . . . 150 -

23. September 1899 . . . . . 1000 ,_, 14. Oktober 1899 . . . . . .
1100 12. Dezember 1899 . . . . . . 337 85 14. . 1899 . . . . . .
1150 15. 1899 . . . . . . 11 05

Total, Fr. 7850 05

Am 15. August 1899 übersandten die Kläger dem Beklagten Rechnungsauszug
für dieses Datum betreffend den Kunden Haller, wobei in dessen Soll der
Saldovortrag vom Conto des Beklagten, sowie die Fakturen der Kläger vom
15. März und 14. April 1899, in dessen Haben seine Zahlungen vom 16. April
und 14. Juni 1899 ohne weitere Bemerkungen angeführt waren, sich sonach
ein Saldo zu Gunsten der Kläger von 5787 Fr. 10 (its. ergab. Der Beklagte
schrieb den Klägern unterm 21. August 1899, er wolle nachschauen, wo der
Fehler stecke, und rate den Klägern eventuell, Betreibung gegen Haller
anzuheften Unterm 29. September 1899 teilten die Kläger dem Beklagten
mit, sie trauen dem Kunden Haller nicht gut, und wenn von ihm in den
nächsten Tagen keine grössere Zahlung eintreffe, somüssten sie den
Rechtsweg Betreten, selbstverständlich mit Regress auf den Beklagten,
es wäre denn, dass dieser den Kunden wieder zurücknehmen wollte. Der
Beklagte antwortete am 30. gl. Mti, die Sache werde sich schon machen;
Betreibung wäre unklug. Ferner schrieb er den Klägern am 27. Oktober 1899,
er werde die Angelegenheit, wenn möglich, zu beschwichtigen suchen." Am
2. November 1899 schrieben die Kläger dem Beklagten, Haller

548 Civilrechtspflcge.

habe erst 1000 Fr. bezahlt, und sie fragen ihn (den Beklagten) an,
welches Vorgehen sie hier einschlagen sollen. In seiner Antwort vom
4. gl. Mrs. ersuchte der Beklagte die Klager, ihm doch mitzuteilen,
wie viel Haller ihnen im ganzen schuldig sei, und wie viel er al conto,
fett seiner Übernahme, bezahlt habe, das müsse er (der Beklagte) doch
wissen, dann wolle er schauen, was zu machen sei· Die Kläger sandten
dem Beklagten umgehend einen Ausng ihres Conto-Correntes mit Haller,
worin im Soll der Übertrag vom Conto des Beklagten, sowie die Fakturen
der Kläger vom 15. März, 14. April, 18. August und 29. August 1899, im
Haben per ihre Zahlung die Zahlungen Hallers vom 16. April, 14. Juni,
18. August, 13. September und 14. Oktober 1899 aufgeführt waren. Der
Beklagte scheint hierauf nicht geantwortet zu haben. Mit Brief vom
7. Februar 1900 teilten die Kläger dem Beklagten mit, Haller schulde
ihnen von dem abgetretenen Saldo noch 4349 Fr. 25 W. (ohne Sins), sowie
auf ihre Fakturen noch circa 1400 Fr.; sie fragten den Beklagten an, ob
sie ihm die abgetretene Forderung rückcedieren, oder dafür Betreibung
anheben sollten. Der Beklagte antwortete am 10. gl. MB., die Kläger
mögen nach ihrem Gutfinden schalten, wenn sie Vetreibung anhebeu,
werde er sich sämtlichen Berpflichtungen in dieser Angelegenheit den
Klägern gegenüber entziehen, und sich in keiner Weise verantwortlich
machen lassen, wenn ein Defizit entstehen sollte; Betreff den Zahlungen
wird es sich dann schon zeigen, wenn es daraus abkommt, für was seine
Einzahlungen zu verwenden find. Am 14. Februar 1900 hoben die Kläger gegen
Haller Betreibung an für den Betrag von 4349 Fr. 25 Ets. plus 1102 Fr. 50
(Età., zusammen 5751 Fr. 75 Cis-. nebst Zins zu 5 % seit dem Datum der
Betreibung, indem sie zugleich dem Beklagten (mit Brief vom 16. Februar)
hievon Mitteilung machten und ihn für einen eventuellen Verlust für den
Rest seiner Abtretung von 4349 Fr. 25 Cts. samt Zins zu 50/0 haftbar
erklärten. Am 28. April 1900 wurde über Haller der Konkurs eröffnet. Die
von den Klägern eingegebene und vom. Gemeinschuldner anerkannte Forderung
von 5751 Fr. 75 (StB. kam laut Verlustschein vorn 22. Dezember 1900
gänzlich zu Verlust. Dagegen war den Klä-.... Obligaiionenrecht. N°
58. 549

gern in der Betreibung der Betrag von 380 Fr. 95 Cis-. ausbezahlt worden.

2. Mit Klageschrift vom 27. April 1901 forderten nun die Kläger vom
Beklagten den Betrag von 4097 Fr. 20 Cis-. samt Zins zu 50Xz seit
14. Februar 1900, sowie ihre Betreibungsund Konkurskosten im Betrage
von 84 Fr. 70 Cfs. Die Klage stützt sich darauf, der Beklagte habe als
Cedent der Forderung auf Haller für den Verlust, den die Kläger hier-an
erlitten, aufzukommen Dieser Verlust betrage:

Ursprüngliche Forderung . . Fr. 5849 25 Zahlung Haller-? unterm 16. April
1899 . . . . . . .Fr 1500Betresfnis der Betreibung . . . 252 05 1752
05 Fr. 4097 20

Der Beklagte, der auf Abweisung der Klage antrug, machte hiefür namentlich
geltend, die Kläger hätten die Zahlungen

Hallers zuerst auf der abgetretenen Forderung, und nicht auf

ihren eigenen Fakturen, in Abrechnung bringen sollen. Ferner habe sich
seine Garantie nur auf die Güte der Forderung an Haller im Momente der
Abtretung und der Fälligkeit, nicht auf die spätere Zeit, erstreckt. Die
Kläger erwiderten gegenüber dem erstern Standpunkte, der Beklagte habe
die Rechnungsweise der Kläger durch Unterlassung eines Protestes gegen
die ihm zugestellten Conto-Corrent-Auszt"tge über ihren Verkehr mit
Haller anerkannt.

Die Vorinstanz ist zur Abweisung der Klage gelangt, indem sie davon
ausging, der Beklagte habe eine Garantie für zukünftig den abgetretenen
Kunden zu gewährende Kredite ausdrücklich abgelehnt. Die Kläger hätten ihn
daher in ihren Rechnungsaufstellungen nicht haftbar machen dürfen; ihre
Handlungsweise widerspreche den Grundsätzen von Treu und Glauben. Vielmehr
seien die Kläger verpflichtet gewesen, die Zahlungen Hallers vorerst
am abgetretenen Saldo in Abrechnung zu Bringen; da sie das nicht gethan
und den Verkehr mit Haller unter Ausbeutung der Abtretung des Beklagten
fortgesetzt haben, stehe ihnen die Einrede der Arglist entgegen.

3. Die Vorinstanz hat den zwischen den Parteien abgeschlos-

550 Civilrechtspflege.

senen Vertrag rechtlich Hdahin definiert, es liege weder ein
reiner Kausvertrag noch ein reines Abtretungsgeschäst, sondern ein
Rechtsgeschäft eigener Art vor, ein Kundschastsverkaus, bei welchem
der Geschäftsverkehr zwischen dem Käufer und den abgetretenen Kunden
bestehen bleibt, bezw. fortgesetzt wird." In der That ist die von den
Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages alsAbtretung der Kundschaft
insofern juristisch ungenau, als weder ein Kauf, noch eine Abtretung im
juristisch-technischen Sinne vorliegt; jener nicht, weil die Kundschaft
eines Geschäfte-Z nicht ein Kaufgegenstand ist, der zu vollem Rechte
und Genusse übergeben werden kannz diese nicht, weil Gegenstand der
Abtretung in juristisch-techuischem Sinne nur Forderungen des Cedenten
im eigentlichen Sinne sein können, durch die Überlassung der Kundschaft
aber keine Forderung des Überlassenden übertragen wird, da diesem kein
Recht den Kunden gegenüber zusteht, ihren Bedarf bei ihm zu beziehen. Die
Abtretung der Kundschaft bedeutet vielmehr, dass der Abtretende sich
verpflichtet, die thatsächlichen Beziehungen, in denen er zur Kundschast
steht, seinem Vertragsgegner, so viel an ihm liegt, zu überlassen, und
hier gehört namentlich, dass er sich des Geschäftsverkehrs mit ihnen
für die Zukunft enthält, wie dies auch in Ziffer 1 des vorliegenden
Vertrages speziell stipuliert ist. Dagegen hat mit dem sog. Abtretungs-
vertrag auch eine wirkliche Abtretung im juristisch-technischen Sinne
stattgefunden, nämlich eine Abtretung von Forderungen, die dein Beklagten
aus dem Verkehr mit seinen Kunden, aus Warenlieferungen, zustanden. Mit
Bezug ans den Kunden Haltet-, der hier einzig in Frage kommt, wurde den
Klägern vom Beklagten abgetreten die Saldoforderung, die aus 13. März 1899
auf 5849 Fr. 25 Cfs. berechnet war; diese Forderung war in der Person
des Beklagten zur Zeit der Überlassung diesesKunden schon entstanden,
und ging auf die Kläger über in demjenigen Masse und Bestande, in dem
sie dem Beklagten zustand, so dass also mit Bezug auf diese Forderung
eine Cession im juristisch-technischen Sinne vorliegt. Dagegen konnte
sich dieCession nicht erstrecken auf die Forderungen, die ans der Zeit
nach dem 15. März 1899 dem Zeitpunkte der sog. Abtretung der Kundschaft
-gegenüber benKunden entstanden; denn diese Forderungen entstanden direkt
in der Person der Klagen NurIll. Ohligationenrecht. N° 58. 551

aus jener erstern Forderung wird denn auch die Gewähr-leistungsklage
der Kläger hergeleitet. Dass bezüglich dieser Forderung wirklich eine
Abtretung stattfand, wird nicht etwa dadurch altertert, dass der Kunde
und debitor cessus Haller die Saldoforderung anzuerkennen hatte; es fand
dadurch nicht etwa eine Novation statt, wie denn auch eine solche von
den Parteien gar nicht behauptet wird. .

é. Der Gewährleistungsklage nun, die sich, wie bemerkt, einng an die
Saldoforderung des Beklagten an Haller vom 13.. März 1899 bezieht,
hält der Beklagte in erster Linie entgegen, die Klager seien mit dieser
Forderung gar nicht zu Verlust gekommen, da Holler den Betrag dieser
Forderung schon längst bezahlt habe. In thatsächlicher Beziehung ist
richtig, dass Waller ausser den 1500 gr., die von den Klägern auf die
genannte Forderung angerechnet wurden, noch über 4800 Fr. an die Klager
bezahlt hat; dagegen machen die Kläger geltend, diese Zahlungen seien
zur Tilgung ihrer eigenen Forderungen erfolgt, der Beklagte habe sich
;rnit dieser Rechnungsweise einverstanden erklärt. Allein eg. kann den
Klägern darin nicht beigestimmt werden, dass dieses Einverständnis des
Beklagten mit ihrer Rechnungswetse aus der Korrespondenz zwischen den
Parteien hervorgeheszAus dem-EntoEorrent-Auszug pro 15. August 1899 war
nicht ersichtlich, dass die Kläger die von ihnen angewandte Rechnungswetse
befolgten, da dort einfach die Zahlungen Haller-B, ohne Unterschied, in
sein Haben aufgenommen waren. Sobald aber der Beklagte ersah, dass die
Kläger Zahlungen Hallers zunächst an ihren eigenen Forderungen abzogen
(Brief der Klager vom "I'. Februar 1900), hat er biegegen Einsprache
erhoben. (Brief des Beklagten vom 10. gl. Mrs.) Ebenso wenig aber findet
sich in der Hort-estimdenz ein Beleg für die Behauptung des Betlagten,
die Klager haben selber ihre Rechnungsweise als unzulassig anerkannt aes
ist daher davon auszugehen, dass weder ausdrucklich noch stillschweigend
eine Vereinbarung der Parteien uber die Anrechnungsweise der Zahlungen
Hallers stattgefunden hat.

5. Die Frage, in welcher Weise die Zahlungen anzurechnen seien, wäre
daher aus Grund allgemeiner Rechtsgrundsatze zu lösen, wenn sie für die
Entscheidung des Falles von Bedeutung ware. Sie kann jedoch dahingestellt
bleiben, da die Klage ohne-

552 Civilrechtspflege.

hin aus einem andern Gesichtspunkt abgewiesen werden muss. Der Beklagte
hält nämlich der Klage weiter entgegen, die Gewährleistungspflicht
des Cedenten falle dahin, wenn der Cessionar nicht zuerst die cedierte
Forderung eingetrieben habe, bevor er den Cedenten belangez dies folge aus
dem Grundsatze, dass der Cedent für die Einbringlichkeit der eedierten
Forderung nur im Zeitpunkt der Abtretung bezw. der Fälligkeit dieser
Forderung hafte. Obschon nun fraglich erscheint, ob jene Schlussfolgerung
wirklich gezogen werden kann, ob also der für die Güte der Forderung
haftende Cedent nur dann haftet, wenn der Cessionar vorerst die
eedierteForderung eingetrieben hat (vgl. § 1040 des alten zürcherischen
P.-G.-B.), so ist doch an der Argumentation des Beklagteu jedenfalls das
richtig, dass die Haftbarkeit des Cedenten für die Einbringlichkeit der
Forderung sich nur auf den Zeitpunkt der Abtretung resp. der Fälligkeit
der eedierten Forderung erstreckt, gegenteilige Parteivereinbarungen
vorbehalten. Dieser Satz ergibt sich aus Art. 192 O.-R., der von der
Gewährleistungspflicht desCedeuten handelt. Wenn auch Abs. 1 dieses
Artikels die Haftbarkeit des Cedenten nur für den Bestand der Forderung
auf dieZeit der Abtretung beschränkt, so muss doch diese Bestimmung
in aualoger Weise auch mit Bezug auf die Haftbarkeit für dieGüte der
eedierten Forderung Anwendung finden. Denn die rat-je legis ist hier
die gieiche wie dott, nämlich die, dass es als eine ungerechtfertigte
Härte bezeichnet werden müsste, wenn der Cedent in jntinitum für alle
künftigen Ereignisse sowohl mit Bezug auf den Bestand wie mit Bezug auf
die Einbringlichkeit der Forderung haften würde. Die neuere juristische
Litteratur ist denn auch hierüber einig; und diese Anschauung entspricht
auch der juristischen Konsequenz. Denn wenn der Cedent bei der Cession
für die Güte der Forderung Garantie leistet, so liegt hierin zugleich die
Zusage, dass dieselbe im Momente der Abtretung, und wenn die Fälligkeit
der Forderung hinausgeschobens wird, im Zeitpunkte der Fälligkeit sicher
bezw. eindringlich sein wird. Demgemäss liegt in bem späteren Eintritt der
Unsicherheit der eedierten Forderung ein Zufall, welchen der Cessionar
zu vertreten hat. Denn nach einer allgemein anerkannten Rechts regel,
welche auch in Art. 204 O.-R. Aufnahme gefunden, trägt von dem Zeitpunkte
an, wo eine Verpflichtung seitens desm. Obligationenrecht. N° 58. 553

Schuldners, z. B des Verkaufers zu Leistung einer Sache, entsteht, der
Gläubiger die Gefahr für den zufälligen Untergang und die Verschlechterung
derselben. Diese Rechtsregel farmnun auch Anwendung auf die Veräusserung
einer Forderung finden und zwar dann, wenn nach dem Zeitpunkte der
Abtretung-bezw Fälligkeit der eedierten Forderung die Zahlungsunfähigkeit
des Schuldners eintritt. Mit Recht sagt Schliemann (tn seiner Schrift,
Haftbarkeit des Cedenten), Wdass diese später eintretende ,,Jnsolvenz des
Schuldners als eine Deterioration der Forderung th betrachten fei/' (So
Attenhofer in Zeitschrift fur schweiz. Recht, N. F., Bd. IX, S. 312.) Jst
daher davon auszugehen, dass der Cedent für die Zahlungsfähigkeit des
Schuldners nur zur Zeit der Cessiou der Forderung und, wenn die Forderung
erst später fällig wird, im Zeitpunkte der Fälligkeit haftet, so folgt
hieraus, dass zum Fundameut der Gewährleistungsklage die Thatsache
gehört, dass zur Zeit der Abtretung bezw. Falligkeit der Forderung die
Zahlungsunfähigkeit des debitor cessus schon vorhanden war, so dass die
Beweislast hiefür den Cessionar trifft. Dieser Beweis wird allerdings
öfters dadurch überflüssig werden, dass aus dem Ausfall der Forderung
mit zwingend-er Notwendigkeit auf die Uneinbringlichkeit zur Zeit der
Cefsion bezw-der Fälligkeit zurückgeschlossen werden mug. Für einen
solchen Ruckschlusz fehlen aber vorliegend alle Anhaltspunkte Die Klager
haben nun die Jnsolvenz des debitor cessus im massgebenden Zeitpunkte
13. resp. 15. März 1899 -nicht einmal behauptet, und nach der Aktenlage
gewiss mit Liecht nnichh da· Ja Haller später noch grössere Zahlungen
an die Slaget geleistet hat. Die Gewährleistungsklage erscheint daher
von diesem Gesichtspunkte aus ais unbegründet, ohne dass es notwendig
ware, die Frage, ob den Klägern doloses Verhalten zur Last zu legen sei
(was wohl eher verneint werden dürfte), zu entscheiden. Demnach hat das
Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und somit das Urteil des Handelsgerichtes
des Kantons Aargau vom 26. August 1901 m. allen Teilen bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 27 II 545
Datum : 21. Januar 1901
Publiziert : 31. Dezember 1902
Quelle : Bundesgericht
Status : 27 II 545
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 544 Civilrechespflege. einander in Einklang Zum selben Resultat einer Vereinigung


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • kundschaft • richtigkeit • stein • schuldner • brief • weiler • vorinstanz • frage • genossenschaft • zins • bundesgericht • aufhebung • stichtag • handelsgericht • vorteil • beweislast • lieferung • aargau • vertragsklausel
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