874 B, Entscheidungen dcr Schuldbelreibungs-

andern Glänbigern zur Erekution milderfalleii seien und dass dieser
einmal begründete Rechtszustand nicht nachträglich wieder beseitigt
werden könne, indem man dein betreibenden Gläubiger die Fortsetzung
der angehobenen Betreibiing und damit die Verwertung der Pfandobjekie
ausschliesslich zu seinen Gunsten gestatte. Für die hier in Frage
stehende Betreibungsart aus Psandverwertung trifft diese Erwägung
aber nicht zu, da ja das Psandrecht dem Gläubiger auch im Konknrse
in Form eines Konkursprivilegs gewahrt bleibt. Anderseits würde
es zu grossen Unbilligkeiten gegenüber dein Pfandgläubiger führen,
wenn man auch nach erfolgter Einstellung des Verfahrens im Sinne von
Art. 230 B.-G. die Betreibung als definitiv erloschen betrachten würde:
Derselbe würde damit ohne zu rechtsertigenden Grund seine durch die
frühem Betreibungshaudlungen erlangte Nechtsstellung wieder einbüssen
Es könnten namentlich zu seinen Ungunfien die Steigerung-sBedingungen
uiid das Lastenoerzeichnis neuerdings in Frage gezogen werden,
wie denn auch hier die Beschwerde zugestandenermassen dahin geht,
die unterlassene Anmeldung einer pfandversicherten Zinsenansprache
unschädlich zu machen. Sodann würde auch aus der Notwendigkeit, siir
die neu einzuleitende Betreibung die langen gesetzlichen Fristen des
Verfahrens auf Pfandverwertung neuerdings innehalten zu müssen, dem
Gläubiger ein ungebürlicher Zeitverlust und unter Umständen eine damit
verbundene Schädigung erwachsen. Alle diese Gründe lassen es deshalb
als geboten und dein Willen des Gesetzes entsprechend erscheinen, dem
Cinstellungsbeschlusse nach Ari. 280 B.-G. gleich einem Erkenntnisse
auf Widerruf der Konkurses (vergl. B.-E., XXII, Nr. 115) die Wirkung
beizulegen, dass Kraft seiner die durch das Konkursdekret aufgehobeuen
Grundpsandbetreibungen wieder aufleben Und fortgesetzt werden können.

3. Auf die Frage der Legitimation der Reknrrentiu zur Beschwerde braucht
nach den vorstehenden, die Sache materiell erledigenden Ausführungen
nicht eingetreten zu werden.

Demnach hat die Schuldbetreibuugsund Konkurskamnier erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen. und Konkurskammet'. N° . 375

61. Entscheid vom 11. Juli 190i in Sachen Solothurner Hülsskasse

Komperzsaiiousrechà der Masse mit der Dividende der erllozierien
ForderungDer Eeetsclzeid über die Einleitung eines Gegenfflwpîuohes
und des Kompensalionsrecfuîes steht nicht den Aufisachèîsbehorden,
Weider-*eden Gerichten zu.

I. Im Konkurse der Firma J. Cattin & Cie. in cSoloihurn machte Eduard
Cattin daselbst, gestützt auf mehrere Eigeiiwechsel, eine Forderung von
zusammen 1200 Fr. 15 Cis geltend, zu deren Gunsten er Faustpfandrecht an
einer Partie ihm von genannter Firma übergebener Uhren beanspruchte. Die
Forderung wurde in der anbegehrteu Weise unter Faustpsandrecht kolloziern
Nun hatte aber Eduard Carlin die fraglichen Uhren seinerseits 'wann jst
aus den Akten nicht genau ersichtlich -sur-eine persönliche Schuld von
3200 Fr. der Spar: und Vorschutzkasfe in Solothurn weiterverpfändet. Die
Konkursverwaltung ersuchte diese Bank um Herausgabe der Uhren zum
Zwecke ihrer Verwertung, welchem Begehren dieselbe Unter der Bedingung
Folge leistete, dass sie auf den Erlös der Faustpsänder angewiesen
merde. Die Versteigerung der Uhren, welche am 13. Januar 1900 und zwar
laut Angabe des Konkursamtes Solothurnaim Einverstandnisse mit Edu-ard
Cattin erfolgte, ergab einen Erlos von 2839 Fr. Am 27. Juni 1900 ordnete
der Gläubigerausschuss die Aus-zahlung dieser Summe an die Spar: und
Vorschusskasse an. Gleichzeitig beschloss er, es habe Eduard Cattin den
genannten Betrag der Masse zu vergüten, in der Weise, da]; 1200 Fr. 15
Ets. mit dessen oberwähnter Konkurssorderung zur Verrechnung gebracht, der
Rest von 1638 Fr. 85 Cis. aber von ihm einbezahlt würde. Laut bezüglichem
Protokoll wurden diese Beschlusse dem Eduard Cattiu in der Sitzung selbst
mündlich eröffnet Nachher teilte sie ihm die Konkursverwaltung noch
schriftlich durch Chargebrief vom 3. Juli 1900 mit unter Aufforderung
zur Einzahlung des beanspruchten Restanzbetrages . _

Am 9. Februar 1901 erhielt (Eduard Cattin eine Auzeige ge-

376 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

mäss Art. 263 des Betreibungsgesetzes betreffend Auslegung der'
Verteilungsliste und der Schlussrechnung Darin war bemerkt, dass seine
Forderung in Faustpfandrecht kolloziert sei und für ihren Gesamtbetrag
von j1200 Fr. 15 Ets. Zuteilnng erhalte, welcher Betrag seinerzeit an
die Spar: und Vorschusskasse ausbezahlt worden sei.

II. Darauf verlangte Eduard Cattin vom Konkursamte,. es seider nach
Koilokatiousplam Verteilungsliste und Schlussrechnung ihm zukommende
Betrag von 1200 Fr. 15 Ets. an ihn auszurichten, und erhob aus die
Weigerung, dies zu thun, unterm 19. Februar 1901 Beschwerde. Dem
Konkursamte, brachte error, siehe ohne Weisung des Gläubigers ein Recht
nicht zu, die zur Verteilung gelangenden Beträge anderweitig zu verwenden,
bezw. seine privilegierte Konkursforderung in der angegebenen Weise zu
verrechnen. '

Dieser Beschwerde schloss sich die Solothurner Hülsskasse in Solothurn
an mit der Begründung: Eduard Caltin habe ihr seine Forderung von
1200 Fr. 15 Cis. faustpsändlich versetzt; die Fausipsandanzeige an die
Konkursverwaltung sei bereits am 28. Dezember 1899 erfolgt.

HI. Die kantonale Aufsichtsbehörde gelangte in ihrem Entscheide vom
2. März 1901 zur Abweisung der Beschwerde, zunächst wegen Verspätung, dann
aber auch materiell, weil die Spar: und Vorschusskasse zur Versteigerung
nur unter der Bedingung eingewilligr habe, dass der Erlös aus Rechnung
ihrer Forderung an Cattin zu verwenden sei, und weil die Versteigerung
im Einverständnisse mit diesem stattgefunden habe.

IV. Gegen diesen Entscheid erklärte die Solothnrner Hülsskasse innert
nützlicher Frist den Rekurs an das Bundesgericht mit dem Begehren, dahin
zu wirken, dass zu ihren Ungunsten eine Zurückhaltung der 1200 Fr. 15
(été. durch das Konkursamt nicht stattfinden dürfe.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Die Rekurrentin gründet ihr Rekursbegehren auf das ihran der fraglichen
Konkurssorderung Cattins zustehende Faust-und Konkurskammer. N° 61. 377

îpfandrecht. Nun können ihre im Beschwerdeversahren zu schützenden
Befugnisse aus alle Fälle keine weitergehenden sein, als diejenigen des
Konkursgläubigers selbst, von dem sie ihre Rechte ableitet. Man hat also
vor allem dessen Rechtsstellung zur Masse sich klar zu machen.

2. In dieser Beziehung braucht zunächst nicht untersucht zu werden,
ob Eduard Cattin die fraglichen Uhren ohne Wissen und Wollen der Firma
J. Cattin & Cie., bezw. deren Konkursmasse, für seine persönliche Schuld
weiterverpsändet habe und ob damit die Konknrsverwaltnng berechtigt
gewesen wäre, sein Vorzugsrecht im Sinne des Art. 232, Ziff. 4, des
Schuldbetreibnngsund Konkursgesetzes als verwirkt anzusehen. Denn
die Masse hat sich nicht auf diesen Standpunkt gestellt, sondern die
seitens des Cattin angemeldete Konkursforderung ohne weiteres in der
verlangten Weise als pfandrechtlich privilegiert anerkannt und in den
Kollokationsplan ausgenommen Dagegen weigert sie sich, das Betreffnis,
welches auf diese Forderung bei der Verteilung an sich entfallen würde,
dem Cattin als Konkursgläubiger auszuzahlen, mit der Begründung, sie
habe durch die Einlösnng der Uhren bei der Spar: und Vorschusskasse,
bezw. durch die Zahlung des Steige-rungserlöses von 2839 Fr. an diese
Bank, eine kompensierbare Gegenforderung gegenüber Cattin erworben. Nun
lässt sich jeden-· falls vorerst nicht sagen, dass der Konkursgläubiger
nach besonsdern betreibungsrechtlichen Grundsätzen über die Verteilung
einen gesetzlichen Anspruch auf Barauszahlung eines auf seine
Konkursforderung entfallenden Verteilungsbetressnisses habe, unabhängig
davon, ob er zur Zeit aus anderweitigen Rechtsverhältnissen Schuldner
der Masse sei oder nicht. Vielmehr kann sich die letztere gegenüber
dem Begehren des Gläubiger-s auf Auszahlung seiner Konkursdividende wie
jeder Dritte auf eine ihr zustehende Gegensorderung berufen und unter
den allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen die Verrechnung geltend
machen. Ob nun aber eine derartige Gegenforderung wirklich bestehe und ob
das Kompensationsrecht, und zwar auch einem Faustpfandgläubiger gegenüber,
gesetzlich begründet sei, haben, da es sich hiebei um rein civilrechtliche
Fragen handelt, im Streitsalle nicht die Aufsichtsbehörden, sondern die
Gerichte zu entscheiden. Das Begehren der

378 B Entscheidungen der Schuidbeireibungs-

Reknrrentin, eine Zurückbehaitung der 1200 Fr. 15 Cis. als unstatthaft
zu erklären, greift also der der richterlichen Kognition unterstehenden
Frage, ob eine Konkurssorderung Cattins in diesem Betrage gegenwärtig
existiert, vor und ist aus diesem Grunde abzuweisen

3. Mit dem Gesagten verlieren die Ausführungen der Vor' instanz,
dass die Beschwerdesührung verspätet erfolgt sei, ohne weiteres ihre
Bedeutung. Anderseits lässt sich nach obigen Erwägungen auch nicht
behaupten, die Rekurrentin habe dadurch, dasssie nach Kenntnisnahme der
Verfügungen des Gläubigerausschusses vom 27. Juni 1900 nichts in der Sache
vorkehrte, die Befugnis der Geltendmachung ihres Rechtsstandpunktes vor
dem Richterf verwirkt. Betreibungsrechtliche Gründe hiefür sind keine
vorhanden, sondern die Masse steht der Rekurrentin in dieser Beziehung
wie irgend eine andere Drittpartei gegenüber-.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird wegen Unzuständigkeit der Aufsichtsbehörden

abgewiesen

62. Entscheid vom 22. Juli 1901 in Sachen Bächler.. Beiree'òu-nysorl,
Art. 45 Beha-Ges.

I. Jnfolge Prosequierung eines in Eschenbach auf ein Bankguthaben oder
Depot des in Montreux wohuhasten Candid Bächler im Betrage von 4220 Fr. 95
W. gelegten Arrestes hatte sich in Eschenbach eine Psändungsgruppe mit
Teilnahmefrist bis 21. März 1901 gebildet. Vor Ablan dieser Frist steliten
die Rekurrenten, welche in Montreux Betreibung eingeleitet hatten,
beim Betreibungsamt Montreux das Pfändnngsbegehren. Letzteres Amt nahm
am 28. Februar 1900 eine Pfändungsnrkunde auf, worin als Psänduugsobjekt
figurierte: Une _somme de 4220 fr. 95 en mains de la Caisse dépositale
d'Eschenbach, représentant la part du débiteur à 1a sue cession de son
père. und Konkm'skammer. N° 62. 379

Mit Schreiben vom Li./22. März 1901 machten die Rekurrenten das
Betreibungsamt Eschenbach daraus aufmerksam, das;sie ebenfalls zu der in
Eschenbach gebildeten Gruppe gehörten, und ersuchten um Berücksichtigung
dieser Thatsache. Das Betreibungsamt Eschenbach erklärte, ihrem Gesuche
nicht entsprechen zu können, da einerseits ihr Begehren einen Tag zu spät
in Eschenbach eingetroffen Und anderseits die durch das Betreibungsamt
Montreux vollzogene Psändung ungültig sei.

II. Auf ergangene Beschwerde der Rekurrenten hin billigten sowohl die
obere als die untere Aufsichtsbehörde den abschlägigen Bescheid des
Betreibungsamtes Eschenbach

III. Witwe Bächler und Kaspar Bächler beantragen in rechtzeitig
eingelegtem Refin-fe, es sei unter Aufhebung der vorinstanzlichen
Entscheide ihre Zulassung zur ersten Gruppe zu versägen..

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Es braucht nicht untersucht zu werden, ob es sich im vorliegenden
Falle um die Pfändung einer Forderung oder eines in Eschenbach liegenden
Vermögensstückes handelt und ob daher (ogl. Jäger, Anmerkung 5 zu Art. 89)
die vom Betretbungsami Montreux vollzogene Pfändung gültig isf. Wie
immer diese Frage beantwortet werden könnte, so käme es nach Art. 110
bezüglich der Teilnahme an der ersten Gruppe einzig und allein aus die
Stellung des Psändungsbegehrens an.

2. Bezüglich der Frage, bei welchem Betreibungsamt dass Pfändungsbegehren
zu stellen gewesen sei, ist von dem in Art. 46 des Betreibungsgesetzes
niedergelegten Grundsatz auszugehen, wonach der Schuldner an seinem
Wohnorte zu betreiben isf. Da dabei unter betreiben nicht nur die
Anhedung, sondern auch die Durchführung der Betreibung verstanden
werden mug, so sind alle beim Betreibungsamte des schuldnerischen
Wohnortes angebrachten Begehren des Gläubigers entgegenzutiehmen,
sofern nicht bezüglich der betriebenen Forderung eine der in Ari. 48 52
des Betreibungsgesetzes festgesetzten Ausnahmen zutrifft Jerelevant ist
dabei, an welchem Orte die Psändung vollzogen werden muss. Art. 89 des
Betreibungsgesetzes, welcher den Fall einer auswärts zu bollziehenden
Pfändnng behandelt, geht auch da-
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 27 I 375
Date : 09. Februar 1901
Published : 31. Dezember 1902
Source : Bundesgericht
Status : 27 I 375
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 874 B, Entscheidungen dcr Schuldbelreibungs- andern Glänbigern zur Erekution milderfalleii


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