238 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

4.0. Entscheid vom 11. Mai 1901 in Sachen Kantonalbank Bern gegen
Baselsiadt.

Pfandverwertwng, Art. 98, 155 Schuldòetrss u. Kunlu Ges. Befugnis
der Betreibungsbehörden zur selbständigen Besitzergreifmeg der zu
verwerten-ten Pfänder. Stellung zu den Rechten Dritter.

I. Am 20. September 1898 verpfändete Frau von Stiilpnagel in Bern
für eine Schuld der Frau von Smirnoff geh. La Noche in Oberried bei
Belp der Kantonalbank Bern einen Hypothekartitel von 40,000 Fr. auf J
U. D'Aujourd'hui in Basel. Am 11. Oktober 1900 hob die Kantonalbank für
ihre Forderung gegen Frau von Smirnoff Betreibung auf Pfandverwertung
an-. Der Zahlungsbefehl trägt den Vermerk, dass der verpfändete Titel
in der Verwahrung der Herren Dr. Scherrer & Dr, Fischer, Sachwalter
in Basel, liege und gegenwärtig wegen Rechtsstreitigkeiten auf der
Civilgerichtsschreiberei in Basel deponiert· fei. Der Zahlungsbefehl blieb
ohne Rechtsvorschlag. Frau von Stülpnagek erhielt am 19. Oktober 1900
als Faustpfandgeberin die durch Art. 153 Abs. 2 des Betreibungsgesetzes
vorgesehene Ausfertigung des Befehles zugestellt.

Am 15. November 1900 verlangte die Kantonalbank die Verwertung, worauf
das Betreibungsamt Berti-Stadt von der (Civil: gerichtsschreiberei
Basel die Herausgabe des Titels anbegehrte. Diese Amtsstelle erwiderte
indessen unterm 28. November 1900, dass der Titel nur mit ausdrücklicher
Ermächtigung des Deponenten, Advokaten Dr. Fischer in Basel, herausgegeben
merde. Als das Vetreibungsamt sich nun direkt an Dr. Fischer wandte,
erklärte dieser nach verschiedenen Unterhandlungen unterm 12. Dezember
1900: der Aushingabe könne er nur dann zustimmen-, wenn das Betreibungsamt
die schriftliche, mit beglaubigter Unterschrift versehene Einwilligung
folgender Personen oder tm deren Stelle ein rechtskräftiges Urteil
gegen dieselbe vorlege: 1. des Louis La Roche-Ringwald in Basel, 2. der
Ehegatten von Streitnosf-La Roche, 3. eines allfälligen Vormundes der
Frau von Smirnosf, 4. der Frau von Stülpnagel und 5. der Kantonalbank
von Bern. und Konkurskammer. N° 40. 2394

Darauf erliess das Betreibungsamt Pera-Stadt durch Verfügung vom
21. Januar 1901 an die Civilgerichtsschreiberei Basel, Dr. Fischer,
Louis La Roche-Ringwald und die Konkursmasse desEhemannes von Smirnoff
die Aufforderung, sich innert zehn Tagen bestimmt darüber auszusprechen,
ob der fragliche Titel von ihnen als Eigentum oder Pfand beansprucht
werde, wobei dasAmt bei Stillschweigen der Aufgeforderten annehme, es
werde ein derartiges Recht nicht beansprucht. Eine Antwort erfolgte nur
von Seiten der Konkursmasse von Smirnoff, dahin lautend: sie beanspruche,
jedoch unter Anerkennung des Faustpfandrechts derKantonalbank und ihrer
Befugnis, den Titel vom Betreibungsamte zu Hunden zu nehmen und verwerten
zu lassen, an ihm Eigentum und zwar aus dem Grunde, weil die Cession,
laut welcher Frau von Stülpnagel den Titel von Frau von Smtrnoff erworben
habe, als ungültig wieder dahingefallen sei.

A11120. Februar 1901 ersuchte sodann das Betreibungsamt Bern-Stadt
dasjenige von Basel-Stadt, auf dem Requisitionswege um Rechtshülfe,
in der Weise, dass es (letzteres Amt) denTitel, notwendigenfalls mit
Hülfe der Polizeigewalt, auf der Civilgerichtsschreiberei Basel erheben
und unter Nachnahme der ergangenen Kosten ihm (dem requirierenden Amte)
einsenden solle. Aus dies hin forderte das Betreibungsamt Basel die
Civilgerichtsschreiberei zur Herausgabe des Titels zwecks Verwertung
desselbenauf, erhielt aber den gleichen abschlägigen Bescheid wie früher
dasBetreibungsamt Bern selbst, mit der Beifügung, dass eigene Rechte
von der Civilgerichtsschreiberei an dem Titel nicht erhoben werden.
Nunmehr erklärte das Betreibungsamt Basel, keine weitern Schrittein der
Sache thun zu können.

II. Infolgedessen erhob die Kantonalbank Bern gegen dieses Amt
Beschwerde mit dem Antrag, dasselbe zu verhalten, dem obenerwähnten
Rechtshülfe-Begehren des Betreibungsamtes Berti-Stadt vom 20. Februar
1901 nachzukommen

Die kantonale Aufsichtsbehörde gelangte in ihrem Entscheide vom 16. März
1901 im wesentlichen aus folgenden Gründen zur Abweisung der Beschwerde:

Grundsätzlich könne ein Betreibungsamt nicht mit Gewalt in den Gewahrsam
eines Dritten eingreifen. Die durch am. 98 des

240 B Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

Betreibungsgesetzes vorgesehene atntliche Verwahrung beziehe sich
selbstverständlich nur auf die Fälle, wo der Drittbesitzer weder
in feinem, noch eines andern Namen dingliche Ansprüche (Eigentum,
Pfandrecht, Niessbrauch) auf die gepfändete Sache erhebe, oder wo
solche Ansprüche durch richterliches Urteil beseitigt seien. Hievon
abgesehen könne gegen ihn nur auf dem Wege der gerichtlichen Klage
vorgegangen werden. Nach allgemein anerkanntem Rechtssatze stehen eben
dem Pfändungsgläubiger nicht mehr Rechte zu, als dem Pfändungsschulvner
zugestanden haben, welch letzterer vor der Pfändung ebenfalls nur auf
Grund eines gerichtlichen Urteils die Herausgabe des Psäudnngsobjektes
hätte erzwingen können. Die vom Betreibungsamte Berti-Stadt gesetzte
Cinsprachefrist sodann habe auf die Rechte der Drittansprecher einen
Einfluss nicht auszuüben vermocht, da Art. 109 des Betreibungsgesetzes
im Gegensatze zu Art. 107 Abs. 3 einen Verlust solcher Ansprüche mangels
rechtzeitiger Geltendmachung derselben nicht vorsehe. Endlich stehe
auch nichts entgegen, den fraglichen Titel, selbst wenn er sich als eine
einfache Beweisurtunde darstelle, als Sache im Sinne des Art. 106 ff des
Betreibungsgesetzes zu betrachten. III. Gegen diesen Entscher erklärte die
Kantonalbank Bern rechtzeitig unter Erneuerung ihres Beschwerdebegehrens
die Weiterziehung an das Bundesgericht. Dabei führte sie des nähern aus:
Es sei freilich richtig, dass ein Dritter, der an dem Pfand-angsvbjekte
einen dinglichen Anspruch geltend mache, gerichtlich anzusuchen sei,
wobei übrigens nach Art. 98 Abs. 4 des Betreibungsgesetzes der Fall
der Beanspruchung eines Pfandrechtes eine Ausnahme bilde. Hier nun aber
seien derartige der Pfändung entgegenstehende dingliche Ansprüche gar
nicht erhoben werden. Dr. Fischer, der allein der amtlichen Verwahrung
des Titels sich widersetzt habe, habe nie geltend gemacht, dass La Roche
oder einer andern Person ein solches Recht zustehe. Dies lasse sich auch
nach den gegebenen Verumständungem dein unzweifelhaft feststehenden
Eigentums-rechte der Frau von Stülpnagel, der resultatlos verlaufenen
Aufforderung des Amtes zur Anmeldung ze, nicht annehmen. Der Satz
sodann, dass dem Pfändungsgläubiger nicht mehr Rechte zustehen als dem
sBfanduugéischuldner, werde vom Betreibungsgesetz nicht aufgestellt oder
anerkannt Vielmehr ge-und Konkurskammer. N° 40. _ 241

statte dessen Art. 98 innert den oben erwähnten Schranken eine
Besitzergreifung durch das Amt ohne gerichtliches Urteil und nötigenfalls
mit Anwendung von Zwang. Eine solche Besitzergreisung sei ja nach Art. 98
Abs. 4 cit. schon möglich gegenüber einem vorhandenen Pfandrechte,
umsomehr also, wenn keine entgegenstehende dingliche Ansprüche behauptet
werden bezw. existieren.

IV. Zur Vernehmlassung in Sachen eingeladen, erklärte das Betreibungsamt
Basel-Stadt, es habe dem angefochtenen Entscheide nichts beizufügen. Die
kantonale Aufsichtsbehörde lässt durch ihren Präsidenten bemerken,
dass die Ansprüche des La Roche-Ringwald sowohl dein Betreibungsamte
Berti-Stadt im Briefe des Dr. Fischer vom 12. Dezember 1900 mitgeteilt
worden, als auch, wie Dr. Fischer ihr, der Aufsichtsbehörde, mündlich
zur Kenntnis gebracht habe, dem Vertreter der Rekurrentin aus mündlicher
Verhandlung mit Dr. Fischer bekannt gewesen seien.

V. Zur nähern Aufhellung dieses Punktes ersuchte der Jnstruktionsrichter
die Vorinstanz, eine Erhebung darüber zu machen, von wem eigentlich der
streitige Titel deponiert worden sei und wann und unter welchen Umständen
La Roche bei Dr. Fischer Eigentumsansprüche an demselben geltend gemacht
habe. Dies führte zu folgender Erklärung Dr. Fischers1 Der fragliche Titel
sei ihm mit andern solchen im April 1897 von La Roche-Ringwald auf Grund
eines zwischen diesem und den Eheleuten von Smirnoff am 20. (27. '?) März
1897 abgeschlossenen Vergleiche-Z übergeben worden, Es sei vereinbart
worden, dass die Frage, wem das Eigentum an diesen Titeln zustehe, bis
zum 26. August 1901 in suspenso bleiben und die Ehegatten über sie nicht
verfügen sollten. Diese hätten aber durch Vornahme von Cessionen und
Verpfändungen ihrem Versprechen zuwider gehandelt, weshalb Dr. Fischer
die Titel auf der Civilgerichtsschreiberei zu Hunden wess Rechtens
deponiert habe. Eigene Rechte mache er an denselben nicht geltend,
sondern nur diejenigen seiner Mandanten. Mit welchem Rechte sich La
Roche der Aushändigung des Titels widersetze, zeige die zu den Akten
gegebene Vergleichsurkunde (aus der sich ergibt, dass die Eheleute von
Smirnoff mit Louis La Roche am 27. März 1897 sich dahin vereinbart haben,
dass das durch

242 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

sie von letzterem gerichtlich vindizierte Vermögen der Julie von
Smirnoff geb. La Roche während fünf Jahren in die Verwaltung der Herren
Dr. Scherrer und Dr. Fischer gelegt werden solle und dass die Klage auf
Herausgabe desselben gegen La Roche nichtvor dem 26. August 1901 wieder
eingeführt werden dürfe). Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht
in Erwägung:

1. Der Artikel 98 des Betreibungsgesetzes, auf welchen sich die-

Rekurrentin hauptsächlich stützt, wird in am. 155 leg. cit. nicht als
auch für die Betreibung auf Pfandverwertung anwendbar er-

klärt. Er passt denn auch nicht auf diese Betreibungsart, da er-

sich auf den Pfändungsvollzug, auf die Sicherung der durch denselben
vom Gläubiger erlangten Rechte auf Exekution in die gepfändeten Sachen
bezieht. Beim Pfandverwertungsverfahren kommen derartige konservatorische
Massnahmen nicht in Frage, sondern es kann sich hier wesentlich nur um die
Berechtigung bezw. die Verpflichtung des Betreibungsamtes handeln, das
Pfand behufs Vornahme der Verwertung zu Handen zu nehmen. Grundsätzlich
muss nun freilich dem Amte die Kompetenz zuerkannt werden, diese
Anhandnahme von sich aus ohne vorherige Ermächtigung durch richterliches
Urteil, und zwar nötigenfalls mit Anwendung von Zwangsmitteln, anzuordnen
und zu vollziehen. Wenn der Gesetzgeber das auch nirgends ausdrücklich
ausgesprochen hat, so ergibt es sich doch aus dem Wesen und Zwecke
der Zwangsvollstreckung und der Natur der Amtsgewalt, mit der die damit
betrauten Behörden zur richtigen Erfüllung ihrer Aufgabe ausgestattet sein
müssen. Zu Unrecht macht die Vorinstanz geltend, der Pfändungsgläubiger
könne nicht mehr Rechte haben, als demPfändungsschuldner zustanden, welch
letzterer auch nur auf Grund eines gerichtlichen Urteils die Herausgabe
des Psändungsobjektes erzwingen könne. Es handelt sich ja nicht um eine
Pfändungssondern um eine Pfandverwertungs-Betreibung. Bei einer solchen
lässt sich übrigens nicht sagen, dass die sofortige Besitznahme des
Pfandobjektes zu Gunsten des betreibenden Gläubigers schon deshalb nicht
möglich sei, weil auch der Pfanddargeber selbst, von welcher er seine
Rechte herleite, nur auf gerichtlichem Wege die Herausgabe von einem
Drittbesitzer hätte erlangen können. Dennund Konkurskammer. N° 40. , 243

einmal ist es nicht der betreibende Gläubiger selbst, in Ausübung seines
materiellen Rechts, sondern die auf sein Ansuchen thätige Behörde in
Ausübung ihrer amtlichen Funktionen, welche auf ihr Befinden hin die
Anhandnahme vollzieht; und sodann erfolgt diese gestützt auf die schon
durchgeführten Betreibungshandlungen, namentlich den in Kraft erwachsenen
Zahlungsbefehl und die Benachrichtigung des Dritteigentümers gemäss
Art. 153 Abs. 2.

2. Jst also grundsätzlich den Betreibungsbehörden die Befugnis zur
selbständigen Besitzergreifung der zu verwertenden Pfandund folgerichtig
auch Pfändungsgegenstände einzuräumen, so bleibt immerhin noch die Frage
offen, ob nicht unter Umständen diese Befugnis an entgegenstehenden
Rechten Dritter bezw. der Jnanspruchnahme solcher Rechte ihre Schranke
zu finden habe.

Jn dieser Hinsicht hat für den vorliegenden Fall in Betracht zu kommen:

Der fragliche Titel befindet sich zur Zeit auf der
Civilgerichtsschreiberei Basel. Diese Amtsstelle erklärt ausdrücklich,
dass sie an ihm eigene Rechte nicht erhebe, sondern sich lediglich als
Depositatin betrachte und hinsichtlich der Herausgabe des Titels sich
ausschliesslich an die Weisungen ihres Deponenten, Dr. Fischer, halte. Es
fragt sich also zunächst, mit welchem Rechte dieser die Auslieferung
des Titels verweigeru dürfte. Denn jedenfalls geht es nicht an, dass,
wenn er als Besitzer des Pfandes an sich zur Aushändigung desselben
zwecks Verwertung verpflichtet wäre, er diese Aushändiguug durch
dessen Hinterlegung bei einem Dritten werunmöglichen oder erschweren
könnte. Vielmehr muss, da ja der Depositar sein Recht vom Deponenten
ableitet, sobald dem letztern gegenüber ein Anspruch der öffentlichen
Organe besteht, dass der Besitz an sie übertragen werde, dieser Anspruch
auch dem Depositar gegenüber in gleicher Weise gegeben und erequierbar
sein. Und der letztere anderseits erscheint dem Deponenten gegenüber
zur Herausgabe als genügend legitimiert, sobald durch Entscheid der
zuständigen Organe feststeht, dass auch der Deponent zu derselben
verpflichtet ware.

Nun hat aber Dr. Fischer die Hinterlegung bei der Civil:
gerichtsschreiberei selbst wieder in der Eigenschaft eines Deposttars
aufgenommen, und man gelangt also nach dem Gesagten zu der

244 B. Entscheidungen der schuldhetreibungs-

weitern Frage, ob seinem bezw. seinen Disponenten eine Pflicht zur
sofortigen Aushändigung des Titels obläge. Dabei kann es sich auf
alle Fälle nur um diejenigen Personen handeln, von deren Einwilligung
Dr. Fischer in seinem Schreiben vom 12. Dezember 1900 die Herausgabe
abhängig gemacht hatte.

Von diesen kommen zum vornherein ausser Betracht die Kantonalbank
Bem als hierortige Rekurrentin und ein allfiilliger Vormund der Frau
von Smirnoss, da die Bestellung eines solchen weder behauptet, noch
aus den Akten ersichtlich ist. Jni fernem ist ohne weiteres klar,
dass auch Frau von Smirnoff als betriebene Schuldnerin, nachdem
der Zahlungsbesehl gegen sie in Rechtskraft erwachsen ist, sich der
sofortigen Herausgabe des Psandes nicht widersetzen fami. Dafür sodann,
dass ihrem Ehemanne ein Einspruchsrecht zustehen würde, fehlt es in
den Akten an jeglichem Anhaltspunkte Auf eine solche Befugnis kann sich
auch nicht die Pfandgläubigerin, Frau von Stülpnagel, berufen, nachdem
sie trotz der gemäss Art. 153 Abssi 2 erfolgten Mitteilung sich zu
einer Bestreitung des Pfandrechtes der betreibenden Gläubigerirr nicht
veranlasst gesehen hat. In einem solchen Falle kann es nicht angehen,
dass der Dritteigentümer bloss aus Gründen des Besitzesschutzes den Laus
der Verwertung zu hemmen vermag. Dr. Fischerscheint sich übrigens nach
seinen Erklärungen vor Bundesgericht zur Begründung seiner Weigerung nur
noch auf die Eheleute vonSmirnosf einerseits und L. La Roche-Ringwald
anderseits alsseine Devositare zu berufen.

3. Hinsichtlich dieses letztern nun nimmt die Vorinstanz ent-· gegen
der Behauptung der Rekurrentin an, er habe auf die Ausforderung des
Betreibungsamtes Berti-Stadt hin Eigentum am

streitigen Titel geltend gemacht Ausdrücklich ist freilich eine solche-

Erklärung, soweit aus den Akten ersichtlich, nicht erfolgt; wenig-

stens findet sie sich in dem Briefe Dr. Fischers an das genannte

Betretbungsamt vom 12. Dezember 1900, worin man sie zunächst erwarten
würde, nicht vor. Dagegen erscheint die Annahme als zulässig und nicht
aktenwidrig, dass das Amt aus dem genannten Briefe und den sonstigen
Verumständungen aus die Erhebung einer Eigentumsansprache seitens des La
Rsoche-Ringwald habe schliessen müssen, und es ist durch die nachträgliche
Erklärung des Dr..und Konkurskammer. N° 40. _ 245 -

Fischer in der bundesgerichtlichen Instanz jeder Zweifel darüber
ausgeschlossen worden. Wenn sodann La Roche der unter derAndrohung des
Verlustes der betreffenden Rechte erlassenen Aufforderung des Amtes vom
21. Januar 1901 zur ausdrücklichen Erklärung darüber, ob er Eigentum
beanspruche, keine Folge-leistete, so kann sein Eigentumsrecht deshalb
nicht als verwirkt angesehen werben. Einen solchen Rechtsoerlust vermag
in der That ein Betreibungsamt ausserhalb den im Gesetze vorgesehenen
Fällen von denen vorliegend keiner zutrifft, in rechtswirksamer Weisenicht
anzudrohen

Jm weitern ist aber davon auszugehen, dass eine dritte, durch
das Betreibungsverfahren nicht Betroffene Person, welche an dem zu
verwertenden Pfandgegenstaude Eigentum anspricht und die ihn, sei es
selbst, sei es durch einen Stellvertreter, im Besitze hat ... nicht in
der angegebenen Weise zur sofortigen Herausgabe an das Amt, wenn auch
unter Wahrung ihres Eigentumsansprnches verhalten werden darf. Vielmehr
kann sich hier das betreibungs:rechtliche Verwertungsversahren erst
dann gegen das betreffende Objekt richten, wenn die Unbegründetheit des
behaupteten Dritt anspruches durch gerichtliches Urteil dargethan ist. Das
Bestreibungsamt hat also vorerst gemäss Art. 155 des Betreibnngsgesetzes
das Einspruchsrersahren und zwar im Sinne des Art. 109 cit. zu aeröffnen
und erst aus Grund eines von der Rekurrentin als Klagerin erwirkten
gerichtlichen Urteils dem Verwertungsbegehren weitere Folge zu geben.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konknrskammer erkannt: ,

Der Rekurs wird in dem Sinne abgewiesen, dass das Betretbungsamt
Basel-Stadt solange zur Anwendung von Gewaltmassnahmen gegenüber der
Cinilgerichtsschreiberei Basel als nicht vervslichtet erklärt wird, als
nicht die Ansprache des L. La Noche auf dem Wege der Klage gemäss Art. 109
des Betretbungsgesetzes durch die Rekurrentin beseitigt worden ist.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 27 I 238
Datum : 11. Mai 1901
Publiziert : 31. Dezember 1902
Quelle : Bundesgericht
Status : 27 I 238
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 238 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs- 4.0. Entscheid vom 11. Mai 1901 in


Stichwortregister
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