644 Civilrechtspflege.

II. Fabrikund Handelsmarken. Marques de fabrique.

83. Urteil vom 8. Dezember 1900 in Sachen Gebrüder Schnyder & (Cie. gegen
Erste österreichische Seifensieder-Gewerk-Gesellschast Apollo in Wien.

Streit über die wahre Berechtigung an einer Marke. Uebereinlcunft
geniert-en der Schweiz und Oesterreich Ungarn zum wechselseitigen Schutze
von Fabrikund Handeismarken, vom 22. Juni 1885. Art. 5 Eidgenössisches
Markensclmtzgesetz. _ Wirkung des fruite-rn finis-ages der Marke im
Ausfemde, speziellen Oesterreich. Wiesenan des früher-n Gebrauch-98
daseäbst.

A. Durch Urteil vom 21. September 1900 hat der Appellationsund
Kassationshos des Kantons Bern erkannt:

1. Die Klägerin ist mit dem Rechtsbegehren ihrer Vorklage abgewiesen

2. Über das erste Widerklagsbegehren ist nicht zu urteilen.

3. Der Beklagten sind ihre Widerklagsbegehren Biff. 2 und 3 zugesprochen

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin und Widerbeklagte rechtzeitig
und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit
den Anträgen:

1. Die Rechts-begehren der Vorklage seien zuzusprechenz

2. Diejenigen der Widerklage seien abzuweisen.

C. In der heutigen Verhandlung beantragt der Vertreter der Klägerin
Gutheissung dieser Berufung, wobei er erklärt, dass die Vorklage nur
insoweit aufrecht erhalten werde, als das in der Replik geschehen sei
(s. unter Erw. 2 in fine).

Der Vertreter der Beklagten und Widerklägerin trägt auf Bestätigung des
angefochtenen Urteils an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Dem Prozesse liegt folgender Thatbestand zu Grundes Die Beklagte
und Widerklägerin, eine ossene Handelsgesellschaft-"ll. Fahrikund
Handelsmarken. N° 83. 645

besteht seit 9. Juni 1843 in Wien und betreibt daselbst die Fabrikation
von Kerzen, Seifen, Margarine, Glycerin und Parsümeriewaren. Jm
Jahre 1863 nahm sie als Firma an: Erste österreichische
Seifensieder-Gewerk-Gesellschaft, und am 12. Juni 1894 fügte sie
dieser Firma den Zusatz Apollo bei. Für ihre Seier und Kerzen hat sie
seit Jahrzehnten die Yezeichnung Apollo (Apolloseifen, Apollokerzen),
sei es alieni, sei es in Verbindung mit einer Leier, verwendet, indem
sie dieses Zeichen ihren Waren oder deren Verpackung ausgedrückt hat.
Apollokerzen" sind nachgewiesenermassen seit 1891 von ihr nach der Schweiz
geliefert worden; dagegen sind Appolloseisen erst seit 1897 von ihr in
die Schweiz eingeführt werden. Am 5. Oktober 1893 liess sie das Wort
Apollo nebst einer Leier als Marke im Markenregister der Handelsund
Gewerbekammer in Wien unter Nr. 3719 eintragen für ihre Seifert,
sodann ebenda am 18. September 1895 unter Nr. 5932 das Wort ,,Apollo,
von einem Rechteck eingesasst, für Kerzen, Seifert, Parsümeriewaren,
sowie für Schmalz und Butter. Die Marken ollten teils als Etiketten,
teils auf der Emballage, sowie auch eingepresst aus Kerzen und Seier
verwendet werden. Das der österreichischen Marke Nr. 3719 entsprechende
Zeichen liess ste alsdann am 14. September 1897 unter Nr. 9515, das blosse
Wort Apollo (ös1erreichische Marke Nr. 5932) am BODY: tober gl. Jahres
Unter Nr. 9617 als Marke beim etdgeuossischen Amt für geistiges Eigentum
registrieren Inzwischen, seit 1895, hatte die Klägerin und Widerbeklagte,
die Kommanditgesellschast Gebrüder Schnyder & Cie., die seit 1892 eine
Seitensabrtk m Madretsch bei Viel (Kanton Bern) betreibt, Seifen mit der
Bezeichnung Savon Apollo" hergestellt und vertriebensz Flut 27. April 1896
liess sie beim eidgenössischen Amt sur gjisttges Eigentum unter Nr. 8323
diese Worte (Savon Apollo ) sur ihre Toiletteund Haushaltungsseisen als
Marke emiragen, nachdem sie aus eine Ansrage vom 14. Februar 1898 beim
genannten Amte, ob der Name Apollo schon zur Bezeichnung einer Seite
im eidgenössischen Markenregister eingetragen sei;f eine verneinende
Antwort erhalten hatte. _ _

2. Nach diesen Ereignissen liess die Beklagte und Widerklagerm

646 Civilrechtspflege.

am 4. November 1897 der Klägerin und Widerbeklagten eine Notifikation
zugehen, worin sie diese aufforderte, aus die Fabrikation und den
Vertrieb von Seier mit der Bezeichnung Apollo gänzlich zu verzichten
und die bei ihren Abnehmern und Depositären befindlichen Vorräte an
Waren mit dieser Bezeichnung binnen 14 Tagen vom Tage der Anlegung der
Notisikation an gänzlich vom Markte zurückzuziehen; ferner ihr, der
Beklagten und Widerklägerin, ausschliessliches Recht auf die Verwendung
des Warenzeichens Apollo für Seier anzuerkennenund endlich die am
27. April 1896 eingetragene Marke löschen zu lassen, unter Vorbehalt
aller Ansprüche im Unterlassungsfalle Die Klägerin und Widerbeklagte hat
hierauf ani 10. Dezember 1897 Klage mit dem Rechtsbegehren erhoben, es
sei gerichtlich zu erkennen, die beiden von der Beklagten unter Nr. 9515
und 9817 im Markenregister des eidgenössischen Amtes für geistiges
Eigentum eingetragencn Marken "Apollo seien zu löschen. Die Beklagte
hat auf Abweifung der Klage ungetragen und Widerklage gestellt mit den
Rechtsbegehren: 1. Auf Anerkennung ihres ausschliesslichen Rechtes
auf die Verwendung des Wortes Apollo" als Fabrikmarke für Seifert;
2. auf Löschung der für die Klägerin und Widerbeklagie am 27. April
11896 erfolgten Eintragung des Wortes Apollo als Fabrikmarke bezw. als
Hauptbestandteil einer Fabrik-marke; 3. auf Verbot der Anbringung des
Wortes Apollo auf Seier oder deren Verpackung, sowie des Vertriebes
und des Feilhaltens von Seife, aus welcher oder auf deren Verpackung
das Wort Apollo" angebracht ist, unter Androhung der Folgen des § 390
bernische C.-P.-D. In der Replik schränkte der Vertreter der Klägerin
und Widerbeklagten das erste Rechtsbegehren der Klage dahin ein, dass
bezüglich der Marke Nr. 9617 der Beklagten und Widerklägerin nur verlangt
werde, dass diese kein Recht habe, auf ihren in die Schweiz einzuführenden
und in Vertrieb zu setz-enden Seifenprodukten, seien es Toilette: oder
Haushaltungsseiten, das Wort Apollo als Fabrikmarke oder als Teil einer
solchen zu führen. Sodann beantragte er Abweisnng der Widerklage Dabei
gab er zu Rechtsbegehren 1 und 3 derselben folgende Erklärung ab: Dass
die Klägerin ausser der SchweizIl. Fabrikund Handelsmarken. N° 83. 647

und namentlich in österreichisch-ungarischen Landen keine Seifen, an
welchen das Wort Apollo in dieser oder jener Form Verwendung findet,
weder sabrizieren noch in Vertrieb setzen lassen merde. Die rechtliche
Begründung dieser Parteianträge sowie des Urteils der Vorinstanz ist
aus den nachfolgenden Erwägungen ersichtlich.

Z. Im Streite liegt das Recht an der schweizerischen Marke Apollo für
Seifen. Beide Parteien erheben hierauf Anspruch, die Vorklägerin mit der
Begründung, sie habe diese Marke in der Schweiz vor der Widerklägerin
für sich eintragen lassen, sei also der erste Hinterleger, und weder die
frühere Eintragung, noch der frühere Gebrauch derselben in Osterreich
vermöge dagegen aufzukommen, ein früherer Gebrauch in der Schweiz aber
werde von der Widerklägerin nicht einmal behauptet; die Widerklägerin,
indem sie sich in erster Linie ans den Standpunkt stellt, der frühere
Gebrauch in Osterreich begründe gegenüber der späteren Eintragung durch
die Vorklägerin in der Schweiz die Priorität, und in zweiter Linie geltend
macht, die Eintragung der Marke Apollo" durch die Vorklägerin beruhe
auf böser Absicht, sie sei erfolgt im Bewusstsein, dass diese Marke in
Osterreich schon längst der Widerklägerin zugestanden habe und in der
Absicht, eine Täuschung herbeizuführen, sie qualifiziere sich also als
böswillige Aneignung. Die streitige Frage nun, wer der wahre Berechtigte
an der schweizerischen Marke Apollo sei, beurteilt sich ohne Zweifel nach
schweizerischem Recht, da es sich eben um eine in der Schweiz eingetragene
Marke handelt. Da feststeht, dass die Vorklägerin die Marke Apollo in der
Schweiz zuerst hinterlegt hat, muss nach Art. 5 schweiz. Markenges bis zum
Beweise des Gegenteils angenommen werden, dass sie die wahre Berechtigte
ist. Die Widerklägerin unternimmt den Gegenbeweis in der oben angegebenen
Weise. Für ihren Standpunkt hat sich die Widerklägerin mit Recht weder
auf die Internationale Konvention zum Schutze des gewerblichen Eigentums
vom 20. März 1883 noch auf die Übereinkunft betreffend die internationale
Eintragung der Fabrikund Handelsinarken vom 14. April 1891 gestützt,
aus dem einfachen Grande, weil Osterreich keiner dieser beider inter-

648 Civilrechtspflege.

nationalen Unionen beigetreten ist. Dagegen beruft sie sich auf
die Übereinkunft zwischen der Schweiz und Osterreich-Ungarn zum
wechselseitigen Schutze der Fabrikund Handelsmarken vom 22. Juni
1885 (Amtl. Samml., N. %., Bd. IX, S. 29). Hienach wird (in Art. i)
den Osterreichern und Ungarn in der Schweiz (und den Schweizern in
Osterreich-Ungarn) in Bezug auf die Fabrikund Handelsmarken der nämliche
Schutz zugesichert, wie den Einheimischen; Art. 2 setzt sodann fest, dass
die Angehörigen des einen der vertragschliessenden Teil-e, welche in den
Gebieten des andern Teils den Schutz ihrer Mai-fen geniessen wollen," nach
Massgabe der in den letztern Gebieten bestehenden Vorschriften ihre Marke
zu hinterlegen haben, und bezeichnet die Hinterlegungsstelle. Über die
Bedeutung dieser Übereinkunft ist zu bemerken: Als Staatsvertrag kann sie,
wie die Vorinstanz richtig ausführt, jedenfalls nicht angesehen werden,
da sie als solcher der Genehmigung der Bundesversammlung bedurft hätte
(Art. 85 Ziff. 5 B.-V.), und nun diese nicht eingeholt worden isi. Sie
stellt sich vielmehr lediglich dar als eine Gegenrechtserkltirung, wie
sie schon nach dem Bundesgefetz vom 19. Dezember 1879, Art. 7, Ziff. 2,
zulässig war und nach derselben Bestimmung des jetzigen Gesetzes wiederum
erfolgen farm: nach beiden Gesetzen ist nämlich der nicht in der Schweiz
wohnhafte Industrielle zur Hinterlegung seiner Marke in der Schweiz dann
berechtigt, wenn sein Wohnortsstaat der Schweiz Gegenrecht hält Sofern
er den Beweis erbringt, dass seine Marke in dem betreffenden Staate
geschützt isi); und nun soll die in Frage stehende Übereinkunft ein für
allemal feststellen, dass dieses Verhältnis des Gegenrechtes zwischen
der Schweiz und Osten-rich-

Ungarn besteht. Zu einem derartigen Abkommen war der Bau-.

desrat zweifellos befugt, wie denn auch mit einer ganzen Reihe anderer
Staaten solche Abkommen getroffen worden find, zum Teil auch das
Gegenrecht nur durch Notenaustausch zugesichert wurde (vgl. v. Salis,
Bundesrecht, Bd. I, Nr. 289; ferner die Zusammenstellung bei Mackenroth,
Nebengesetze zum schweizerischen Obligationenrecht, S. 203 ff.). Nach
dieser Über-

einkunft, in Verbindung mit Art. 7, Biff. 2 Bundesges be,siss'si treffend
Fabrikund Handelsmarken ze, steht fest, dass die Wider'll. Fabrik. und
Handelsmarken. N° 83. _ 649

klägerin, als österreichische Gesellschaft, in der Schweiz denselben
Schutz geniesst, wie ein Jnländer. Die Einwendung (vgl. das von der
Vorklägerin zu den Akten gebt-achte Gutachten Zeerleder), Art. 2
der Übereinkunft schränke den den Osterreichern in der Schweiz zu
gewährenden Schutz ein, indem danach die Hinterlegung der Marke
die unbedingte Voraussetzung des Schutzes derselben bilde, vor der
Hinterlegung also kein Schutz bestehe, ist von der Vorinstanz in
zutreffender Weise zurückgewiesen worden; sie erscheint denn auch
als gänzlich unhaltbar, da alsdann ja der in Art. 1 eod. aufgestellte
Grundsatz der Gleichstellung durchbrochen würde. Unter dem Schutz, von
dem Art. 2 leg. cit. spricht, ist vielmehr der spezielle markenrechtliche
Schutz zu verstehen, der auch nach Art. 4 des eidgenöfsischen Marken:
schutzgesetzes an die Förmlichkeiten der Hinterlegung und Eintragung
geknüpft ist. Nur diese Auslegung ergibt eine Ubere1nstimmung der
beiden genannten Bestimmungen der Ubereinkunft; sie passt aber auch
vollständig zum System des schweizerischen Markenschutzgesetzes Die
streitige Frage, wem das Markenrecht an dem Worte Apollo zustehe, ist
daher vom Standpunkte der völligen Gleichftellnng der Widerklägerin mit
einer schweizerischen Firma zu beantworten. _ 4. Da nun nach Art. 5
des schweizerischen Markenschutzgesetzes nicht erst die Hinterlegung
das Markenrecht schafft, sondern schon der frühere befugte Gebrauch
(ng. Entsch. des Bundesger., Amtl. Samui Bd. VII, S. 391; IX, S. 478), der
Hinterlegung und Eintragung somit nach schweizerischem Recht deklarative,
nicht konstitutive Wirkung zukommt; da ferner bon der Widerklägerin ein
früherer Gebrauch des Wortes Ap:ollo sur Seier -vor der Eintragung durch
die Vorklagertn ' In der Schweiz gar nicht einmal behauptet wird und
jedenfalls vnicht nachgewiesen ist, fragt es sich nur, ob entweder die
fruhere (Eintragung in Osterreich oder der frühere Gebrauch daselbst
der Widerklägerin die wahre Berechtigung-O das Recht auf die Marke,
also auch auf deren ausschliessliche Bsenutzung auch "in der Schweiz
verschafft hat. Diese Frage ist bezugltch der fruhern Eintragung zu
verneinen. Das Institut der Warkenregister ist zunächst und abgesehen
von internationalen Vereinbarungen -

650 Civilreehtspflege.

die in diesem Prozesse nach dem in Erwägung 3 ausgeführten von vornherein
nicht zur Anwendung gelangen rein territorial; daher wirkt auch die
Hinterlegung und (Eintragung, deren Förmlichkeiten von Land zu Land
wechseln, an sich nur territorial, im Staate der Eintrngung, und ebenso
der hieran geknüpfte spezielle markenrechtliche Schutz. Gerade zur
Beseitigung dieses Zustand-es und zur Schaffung eines internationalen
Markenrechtes ist die Madrider Übereinkunft vom -l4. April 1891
abgeschlossen worden, wonach die Eintragung beim internationalen Bureau
in Bern einer Marie internationalen Charakterund internationalen Schutz
verleiht, und gerade aus dieser Übereinkunft, in Verbindung mit Art. 2
der internationalen Union vom 20. März 1883 (wonach für den Schutz in
jedem Lande die internen Vorschriften dieses Landes zu erfüllen sind)
geht hervor, dass die blosse nationale Hinterlegung und Eintratragung
diesen Schutz nicht zu begründen vermag.

5. Was den frühem Gebrauch betrifft, so ist vorerst davon auszugehen, dass
der frühere befugte Gebrauch in der Schweiz zweifelsohne der Widerklägerin
die wahre Berechtigung verschaffen wurde. Da ein solcher Gebrauch, wie
bemerkt, nicht nachgewiesen, ja nicht einmal behauptet ist, so stellt
sich die Frage vorliegend so, ob der frühere befugte markenmässige
Gebrauch eines Zeichens (des Numeris Apollo) im Auslande, speziell in
Osterreich dem früheren Gebrauch im Julande gleichzustellen sei, ob mit
andern Worten auch dieser frühere Gebrauch im Auslande genüge, um die
Rechtsvermutung des Art. 5 schweiz. Markeuschutzges. zu zerstören. Nun
liegt dem schweizerischen Markenschutzgesetz, indem es das sogenannte
System der deklarativem nicht der konstitutiven Wirkung der Eintragung
aufgenommen hat, das Prinzip zu Grunde, dass die thatsächliche Verwendung
eines Zeichens als Marke ein Recht des Bezeichnenden an diesem Zeichen
begründe, und dieses Recht kann nicht anders denn als Jndividualrecht
aufgefasst werden; die Marfa (auch die nicht eingetragene) bezeichnet
eine Ware als von einer bestimmten Persönlichkeit bezw. einem bestimmten
Geschäftsinhaber

ausgehend, sie stellt äusserlich die Verbindung einer Ware mit-

einer bestimmten Persönlichkeit dar. Dieses Judividualrecht
aber;Il. Fabrikund Handelsmarken. N° 83. 651

das danach im Markenrecht enthalten ist, ist an sich nicht an ein
bestimmtes Territorium gebunden, es ist seiner Natur nach nicht
national, sondern universal; national, territorial ist nur der spezielle
Markenschutz, dessen Vorbedingungen die Erfüllung der Förmlichkeiten
des Staates, in dem der Schutz nachgesucht wird, ist, und der erst das
schon bestehende Jndividualrecht zu einem gesteigerten Jndividualrecht
weiteren Inhaltes erhebt. Eine territoriale Einschränkung dieses
Jndividualrechtes müsste daher speziell ausgesprochen sein, und das ist
nach dem schweizerischen Gesetz nicht der Fall. Diese universale Bedeutung
der Marke, der universale Charakter des Jndividualrechtes an ihr, ist um
so mehr anzuerkennen, als die Handelsthätigkeit dessen, der sich ihrer
bedient, nicht auf das Gebiet eines bestimmten Territoriums beschränkt
ist, gegenteils die Marke wie die Handelsthätigkeit ihrer Natur bei den
heutigen Verkehrsverhältnissen nach universalen Charakter tragen muss
(ng. das von der Vorklagerin eingelegte Gutachten von Dr. W. Burckhardt;
ferner ein bei Meili, die internationalen Unionen, S. 50, ohne nähere
Bezeichnung rittertes Urteil des Appellationsgerichtes Leipzig). Von
diesem Grundsatze ist denn auch das Bundesgericht ausgegangen, wenn es
in seinem Urteil vom 17. November 1899 i. S. Hediger Söhne gegen Union
(Amii. Samml., Bd. XXV, 2. Teil, S. 772 ff.) ausgesprochen hat, die
Thatsache, dass ein Zeichen im Auslande zum Gemeingut (Freizeichen)
geworden sei, genüge, um ihm diesen Charakter auch im Inlande zu
verleihen, auch wenn es an sich hier noch nicht Gemeingut geworden
sei. Die oben aufgeworfene Frage ist daher grundsätzlich zu bejahen,
und es könnte sich nur fragen, ob der Bejahung nicht etwa Rücksichten der
Billigkeit, oder sonstige-Gründe praktischer Art entgegensten {ng. das
Gutachten Burckhardt). Das ist jedoch jedenfalls im Verhältnis der Schweiz
zu Osterreich und unter den vorliegenden thatsächlichen Verhältnissen,
bei denen doch kaum anzunehmen ist, dass der Vorklägerin der Gebrauch
der Marke Apollo durch die Widerklägerin in Osterreich nicht bekannt
gewesen sei (vgl. die Zeugenaussagen, speziell diejenige des Dr. Deite,
ferner dessen Handbuch der Seifenfabrikation 1887, das auf Seite 310
die Apolloseife der Widerklägerin speziell erwähnt, und das Centxxw,
2. 1900 43

652 Civilrechtspflege.

fikat der Handelsund Gewerbekammer sur Qsterreich Unternder Cms, wonach
die Fabriken der quderyklagertn zu den grosten Etablissementen dieser Art
in Qsterreich-Ungarn geboren), zu verneinen. (Vgl. auch Dunant, Tralte
des marques de' fa.briques, pag. 139.) Von jenem Grundsatze aus aber
,muss die Widerklägerin als die wahre Berechtigte san der schweizerischen
Marke Apollo erklärt werden, und esnt daher Ihre Wkderklage begründet;
denn die Zulässigkeit einer Klage aus Loschung einer eingetragenen
Marke und Verbot des weiteren Gebrauche-Z ie t keinem nZweifel. '
unîîlfbga die Widkrklage somit schon von dem von der Widerklägerin in
erster Linie geltend gemachten Standpunkt aus gutzuheissen ist, braucht
auf ihre zweite, mehr nur nebensachlich herbeigezogene Begründung nicht
eingetreten zu werdens zuniat diese Begründung heute vom Vertreter der
Widerklagerin nicht

vorgetragen worden ist. Demnach hat das Bundesgericht erkannt: _ 'd ls ·
' der sera erin und Widerbeklagten wir a utikkgerünkxkuxgkaiesem
undg das Urteil des Appellationsugä Kassationshofes des
Kantons Bern vom 21. September 19 wird somit in allen Teilen
bestätigtIII. Ohligationenrecht. N° 84. 653

III. Obligationenrecht. _ Code des obligations.

84. Urteil vom 5. Oktober 1900 in Sachen Dodel gegen Grether & Cie.

Werkvertrag. (Ersxelhmg eines Hauses.) Heimscfilagsrecfet. Mängel des
aezgewe'esmen Baugrfmdes. Sckadenersaizpflickt des Bekannte-nehmers gemdss
Art. 358, ().-R., wer ihm. ze; verlangende Sorgfaèt. Tragweite. des
Art. 364, Abs. 3 Mi., Erhöhung des Werklohnes bei aussez'orclenllicfzen,
nicht voraussekbaren Umständen. flaumi-z'asammenîzang zwischen der
behaupteten verämgswidre'gen Baumesfülzrung und dem Schaden. Mass des
Schadenersatzes.

A. Durch Urteil vom 10. Mai 1900 hat die I. Appellationskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich erkannt:

Die Klägerin und Widerbeklagte wird verpflichtet, an den Beklagten
und Widerkläger 18,391 Fr. 80 Cfs. nebst 40/0 Zinsen von 5000 Fr. seit
28. August 1897, von 2000 Fr. seit 13. Oktober 1897 Und von 11,391 Fr. 30
Cis. seit 8. Oktober 1896 zu bezahlen. Die Mehrforderung des Beklagten
und Widerklägers wird abgewiesen

B. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Berufung an das
Bundesgericht erklärt-.

Der Beklagte und Widerkläger beantragt, dass allen in seiner Eingabe
an die Vorinstanz vom 31. Januar 1900 und in der mündlichen Verhandlung
vom 8. März gestellten Anträgen act. Nr. 269 und 277 in vollem Umsange
entsprochen werde, und dass daher das Urteil wie solgt abgeändert werde:

Die Klägerin und Wider-beklagte wird verpflichtet, an den Beklagten und
Widerkläger 36,305 Fr. nebst nachbezeichneten Zinsen zu bezahlen, nämlich:

a) Fr. 13,913 70 für die Kosten richtiger Fundamentpseiker (anstatt
bloss 7000 Fr.) nebst Zins à 4 0/0 von 5000 Fr. seit 20. August 1897
und von 8913 Fr. 70 (Cfs. seit 13. Oktober 1897z

Fr. 13,91Z 70 Übertrag.
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Dokument : 26 II 644
Datum : 08. Dezember 1900
Publiziert : 31. Dezember 1901
Quelle : Bundesgericht
Status : 26 II 644
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 644 Civilrechtspflege. II. Fabrikund Handelsmarken. Marques de fabrique. 83. Urteil


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