M A. Staatsrechtl. Entscheidungen. IV. Abschnitt. _I. Internat.
Konventionen.

und die Frage der Verjährung ist daher nach tessinischem Gesetz zu
prüfen. Hienach ergibt sich aber, dass die erkannte Strafe nicht verjährt
ist, da die Verjährungsfrist zehn Jahre beträgt.

4. Da die vom Requirierten geltend gemachten Einsprachsgründe nicht
stichhaltig sind und auch sonstige Gründe der Auslieferung nicht
entgegenstehen, ist diese zu bewilligen

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die nachgesuchte Auslieferung des ©. Dreger aus Potsdam wird bewilligt.

Il. Internationale Konventionen.

Conventions internationales.Uber Civilprozessrecht. En matière de
procédure civile.

89. Urteil vom 3. Oktober 1900 in Sachen Herz gegen Baselstadt.

Dem-it Art. M der internationale}; Ueber-einkauft über CieilprozessTeaM
ist mer die Sog. Ausländeré'autioe? abgeschafft, nicht dagegen die aus
andern Gründen und auch Inld'ndern gegenüber geforderte Prozesska-ze tion.

A. Der in Metz wohnhafte Kaufmann Adolf Herz reichte am 3. September 1900
durch Rechtsanwalt Dr. E. in Bern beim Civilgericht Baselftadt Klage ein
gegen die Konkursverwaltung der Konkursmasse Edgar von Smirnoff-La Roche
gegen La RocheRingwald, gegen Levaillant & (Sie. und gegen Frau Julie
von Smirnoff-La Reche. In der Klage war bemerkt, der Kläger seiUeber
Givilprozessrecht. N° 89. . 481

auf Grund des Art. 11 der internationalen Übereinkunft über
Civilprozessrecht vom 25. Juni 1899 von der Kantionspflicht
befreit. Nichtsdestoweniger lud die Civilgerichtsschreiberei Basel durch
Zuschrift vom 6. September 1900 den Anwalt des Herz ein, gemäss Verfügung
des Civilgerichtspräsidenten, für die ordentlichen Gerichtskosten einen
Vorschuss von 200 Fr. zu hinterlegen. Diese Verfügung ist durch Zuschrift
des Präsidiutns des Civilgerichtes, I. Abteilung, vom 11. gl. Mis. an
Dr. Cz, entgegen der Bestreitung des letztern ausdrücklich bestätigt
worden. Der Civilgerichispräsident führt hier aus: Der Sinn des am. 11
des eitierten Übereinkommens sei der, die Ausländer den Landeskindern
gleichzustellen, nicht aber, sie besser als diese zu stellen. § 44
Abs. 1 der Basler C.-P.-O., wonach jeder Kläger, auch der einheimische,
in Basel domizilierte, den mutmasslichen Betrag für alle durch die Klage
veranlassten erfiinstanzlichen Gerichts-kosten sofort zu erlegen babe,
sei daher durch jene Übereinkunft nicht aufgehoben; aufgehoben sei nur
§ 44 Abs. 2 eoci., welcher vom Ausländer überdies die Stellung einer
Kantion für die erfänstanzlichen Kosten der Gegenpartei verlange. Eine
solche Kaution sei aber von Herz bezw. von Dr. E. nie verlangt worden.

B. Nunmehr ergreift Dr. E. namens des Ad. Herz gegen die Verfügung des
Civilgerichtspräsidenten betreffend Kautionsleistung den staatsrechtlichen
Reknrs an das Bundesgericht, mit dem Antrage auf Aufhebung dieser
Verfügung Die Begründung geht dahin, durch die angefochtene Verfügung
werde am. ii der oben citierten Übereinkunft verletzt: § 44 Abi. 'l
der Basler C.-P.-O. bestimme nur, Kaution sei nur auf Begehren- zu
stellen; dieses Begehren dürfe nach der internationalen Übereinkunft
einem Ausländer gegenüber nicht mehr gestellt werden, sofern es auch nur
einem Bürger des Kantons Baselstadt gegenüber nicht gestellt werde. Es
sei nun aber Thatsache, dass fast alle von Basler AnWiilten vertretenen
deutschen Kläger von Kautionen befreit seien.

C. Der Präsident des Civilgerichts I. Abteilung des Kantons Baselftadt
verweist in seiner Vernehmlassung auf die Begründung seiner Verfügung
in der Zuschrift an den Anwalt des Rekurrenten

' vom 11. September 1900 und fügt bei: Der in § 44 Abs. i

Basler C.-P.-D. enthaltene Ausdruck Auf Begehren bedeute nichtwie der
Reknrrent anzunehmen scheine, auf Begehren der Gegen-

482 A. Staatsrechtl. Entscheidungen. IV. Abschnitt. -2.
Internat. Konventionen.

partei, sondern auf Begehren des Jnstruktionsrichtersz es sei in
das Ermessen des instruierenden Gerichtspräsidenten gestellt, ob er
die Personalhaftung des die Klage einreichenden Advokaten für genügend
erachte oder ob er für besser finde, sofortige Erlegung des mutmasslichen
Betrages der erstinsianzlichen Gerichtskosten zu begehren. Nach der Praxis
des Civilgerichtes I. Abteilung des Kantons Baselstadt haben sämmtliche
in Basel donnzilierten Klager, welche sich keines Advokaten bedienen,
Barkaution für die mutmasslichen erstinstanzlichen Gerichtskosten
zu leisten; das gleiche gelte für Anfänger im Advokatenberuse, deren
Verhältnisse und Verwaltungs-weise noch unbekannt seien, ferner für
Anwälte, deren Solvabilität dem Präsidenten nicht über alle Zweifel
erhaben erscheine oder die zu chikanösem Verhalten leicht geneigt
seien. Der Anwalt des Rekurrenten sei nun dem Nektarsbeklagten absolut
nicht bekannt. Zwingende Vorschriften darüber ob die Kaution in Var oder
durch Personalhast zu leisten sei, lassen sich nicht aufstellen.

Das Bundesgerichi zieht in Erwägung:

Nach dem vom Rekurrenten angerufenen Art. 11 der internationalen
tjbereinkunst betreffend Civilprozessrecht darf Angehörigen der
Vertragsstaaten wozu das deutsche Reich gehört die in einem andern dieser
Staaten als Kläger austreten wegen ihrer Eigenschaft als Auslande-r oder
deswegen, weil sie keinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Jnlande haben, eine
Sicherheitsleisiung oder eine Hinterlegung nicht auferlegt werden. Damit
ist also die sog. Ausländerkaution, die speziell dafür verlangt
wird, dass der Kläger im Auslande wohnt, und darauf beruht, dass ihm
gegenüber die Vollstreckung allfälliger Kostenbestimmungen mit grösseren
Schwierigkeiten verbunden ist, als gegenüber einem im Jnlande wohnenden
Klager, für die Angehörigen der Vertragsftaaten abgeschafft. Weiter
wollte die internationale Übereinkunft nicht gehen; insbesondere konnte
sie an den Bestimmungen der kantonalen Prozessordnungen, wonach jedem
Kläger ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit und des Wohnsitzes die
Sicherstellung der mutmasslichen Gerichtskosten auferlegt werden farm,

nichts ändern. § 44 Abs. d der Basler C.-P.-O., ans den sich '

die angesochtene Verfügung stützt, ist daher nicht aufgehoben, auch
nicht gegenüber Ausländern. Nach den vom GerichtspräsidentenUeber
Civilprozessrecht. N° 90. . 488

abgegebenen Erklärungen, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln ist,
wird diese Bestimmung durchgeführt ohne Rücksicht darauf, ob es sich um
Ausländer oder Inlander handelt-. In welcher Weise die Kaution zu leisten
ist ob durch Barhinterlegung, oder durch Personalhaft des den Kläger
vertretenden Anwaltes ist gleichgültig für die Frage, ob die Kaution
überhaupt ohne Rücksicht aus die Ausländerqualität Verlangi werde; es
muss naturgemäss dem Gerichtspräsidenten überlassen werden, ob er sich
mit einer Personalkaution des Anwaltes begnügen oder ob er eine Barkaution
verlangen wifi. Handelt es sich sonach nicht um eine Auslerkaution, so
ist die Berufung auf Art. 11 der inter: nationalen Übereinkunft betreffend
Civilprozessrecht hinfällig und muss daher der Rekurs abgewiesen werden.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird als unbegründet
abgewiesen.

90. Urteil vom 20. und AS. Dezember 1900 in Sachen Hof gegen Turuvani. si

Das Bundesgericht kann die Verfassungsmàlssigkeét des oben Gitter-ten
Uebereinkunft nicht überprüfen-. Art. 113, Abs. 3 B.-V. und Ari. 17'5,
Abs. 3, Org.-Ges. Bedeutung und Tragweite des Art. rietUeàereink
unfîbeffa Prozesskaution.

A. Der heutige Rekursbeklagte P.Turuvani, italienischer Staatsangehöriger,
wohnhast in Olten, Kanton Solothurn, leitete gegen Eduard Hof in Aarau
vor Bezirksgericht Aarau Civilklage ein. Dieser Klage gegenüber stellte
der Beklagte und heutige Rekuw rent Hof die Einrede, der Kläger habe
ihm gemäss § 390,Zisf. i der aarg. C.-P.-O. wonach der ausserhalb des
KantonswAare gau wohnende Kläger Prozesskaution zu leisten hat -sur die
Kosten Sicherheit zu leisten. Der Kläger und Rekursbeklagte widersetzte
sich dieser fristlichen Einrede, und durch Urteil vom BQ. Juni 1900
hat das Bezirksgericht Aarau dieselbe abgewiesen und den Beklagten und
Rekurrenten schuldig erklärt,s1ch auf die Klage
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 26 I 480
Datum : 03. Oktober 1900
Publiziert : 31. Dezember 1901
Quelle : Bundesgericht
Status : 26 I 480
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : M A. Staatsrechtl. Entscheidungen. IV. Abschnitt. _I. Internat. Konventionen. und


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