112 B. Strafrechtspflege.

Demnach hat der Kassationshof erkannt:

Die Kassationsbeschwerde wird als begründet erklärt, und demgemäss
das Urteil des Obergerichtes desKantons Luzern vom 26. September
1899 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an diese Behörde
zurückgewiesen.1]. Entscheidungen der Schuldbetreihungs-

und Konkurskammer.

Arrèts de la Chambre des poursuites et des faillites.

0--

18. Entscheid vom 23. Januar 1900 in Sachen Kaufmann-Burgen

Stellung des Singularsuccessors (zahlenden Barge-n des Gemeinschuldmrs)
gegem'éèer dem ursprùîegle'chen Gääubiger, dem Gemeimchuldner und der
Kankursmasse. Verspdtete Konkurseingaben , Art. 251 Betr.-Ges.

I. Im Konkurse der Firma Adolf Kaufmann & Cie. in Basel Hatte Frau
Kanfmann-Burger, Ehefrau des Adolf Kaufmann, seine Forderung von 20,00()
Fr. für eine dem Bankhause Vest Ecke-l & (Sie. geleistete Bürgschaft
angemeldet, wurde aber mit dieser Forderung durch den Kollokationsplan vom
11. März 1899 abgewiesen-, weil Vest Eckel & Cie. sie direkt eingegeben
hätten.

Mit Schreiben vom 13. November 1899 stellte Dr. P. Wolf als Vormund der
Frau Kaufmann beim Konkursamte Baselstadt das Begehren, fie sei für den
Betrag von 20,000 Fr. sowohl im Gesetlschaftskonkurse als in dem über
Adolf Kaufmann erkannten Privatkonkurse zuzulassen und es seien ihr die
auf diesen Betrag entfallenden Dividenden auszuzahlen Zur Begründung

XXV], ]. 1900 8

114 C. Entscheidungen der Schuldbetreihungs-

wurde ausgeführt, dass der Vater der Frau Kaufmann infolge Zahlung
der Bürgschaftsschuld durch Subrogation an Stelle von Vest Eckel & Cie
getreten sei, Hund dass er seine Rechte der Frau Kaufmann abgetreten habe.

Das Konkursamt wies das Begehren ab, einerseits, weil der
Privatkonkurs abgerechnet sei, anderseits aber, weil Frau Kaufmann
für ihre Bürgschaftsforderung von 20,000 Fr. rechtskräftig durch den
Kollokationsplan tm Gesellschaftskonkurse abgewiesen sei und Veft chel &
(Sie. durchsden rechtskräftigen Kollokationsplan einen Anspruch auf
Auszahlung der Dividende erworben hätten.

II. Gegen diese Verfügung deschwerte sich Dr. Wolf namens der Frau
Kaufmann bei der kantonalen Aufsichtsbehörde mit dem Antrage: Es sei die
Ehefrau Kaufmann an Stelle von Vest Eckel & (Sie. in beiden Konkursen
zu kollozieren, eventuell: es seien bis zum gerichtlichen Entscheide
die entsprechenden Konknrsdividenden gerichtlich zu deponieren. Die
Aufsichtsbehörde erklärte am 9. November 1899 die Beschwerde insofern
für begründet, als das Konkursamt gehalten sei, die im Konkurse Adolf
Kausmann & Eie. auf die von Best Eckel & Cie. angemeldete Forderung von
20,000 Fr. entfallende Dividende bei der Gerichtskasse zu deponieren. Jm
übrigen wies sie die Beschwerde als unbegründet ab.

Jn den Erwägungen des Entscheides wird vorgebracht:

Die auf den Privatkonkurs bezüglichen Begehren seien schon deshalb
abzuweisen, weil dieser Konkurs liquidiert sei.

Nachdem Rekurrentin die Abweisung ihrer Eingabe im Gesellschaftskonkurse
gerichtlich nicht angefochten habe, könne sie auf diesen Anspruch nicht
zurückkommen. Sie möge zwar infolge Zahlung der Bürgschaftsschuld
in die Rechte der befriedigten Gläubiger eingetreten fein. Aber das
Konkursamt sei nicht berechtigt, einen einmal admittierten Gläubiger bei
der Verteilung in der Weise zu kürzen, dass es gegen seinen Willen eine
Subrogation eintreten lasse. Der rechtskräftig gewordene Kollokationsplan
stelle gleich einem Urteile die Höhe der Forderung eines jeden Gläubigers
an der Konkursmasse fest und dieser Betrag sei der Verteilung zu Grunde
zu legen. Eine nachträgliche Prüfung des

Bestandes der rechtskräftig festgestellten Forderungen und allfälligund
Konkurskammer. N° 18. 115

eingetretener Subrogationen sehe das Gesetz nicht vor und sie würde
auch dem Wesen des Kollokationsplanes völlig widersprechen Dagegen
erscheine unter den vorliegenden Umständen die Deposition des fraglichen
Betreffnisses in Anwendung von Art 188 O. -.R als ratsam.

III. Gegen diesen Entscheid rekurrierte Dr. P. Wolf namens der Frau
KaufmannBurger rechtzeitig an das Bundesgericht, indem er auf Zuspruch
der erstinstanzlich gestellten Begehren antrug und zur Begrundung
geltend machte:

Laut Art. 251 B.-G. seien verspätete Konkurseingaben bis zum Schlusse
des Konkursverfahrens, nicht nur bis zur erfolgten Liquidation,
zuzulafsen. Ein Interesse an der Zulassung noch nach der Verteilung
befiehe in Rücksicht auf die Möglichkeit nachträglicher Verteilungen im
Sinne von Art. 269 B.-G.

Solange Rekurrentin nicht bezahlt hätte, habe sie auch nicht

Kollokation an Stelle von Vest Eckel & Eie. verlangen könnenUbrigens
sei dies auch nicht nötig gewesen, da nach Art 217, Abs 3 B -.G die
Forderung des regressberechtigten Mitverpflicly teten mit der Forderung
des Gläubiger-s eo ipso angemeldet sei. Den Art. 217, Abs. 3 unter
Berufung auf Abs. 1 eod. nur auf den Fall teilweiser Befriedigung des
Gläubiger-s durch den Mitverpflichteten anzuwenden, gehe nicht an,
da im Falle gänzlicher Befriedigung die gleichen Gründe a fortiori für
Anwendung des Abs. 3 sprechen. Von der Rechtskraft des Kollokationsplanes
gebe es eben Ausnahmen, wie aus den Art. 216 und 217 B.-G. zur Evidenz
hervorgehe. Im Interesse sämtlicher Gläubiger seien nachträglich
eintretende Erlöschungsgründe einer kollozierten Forderung vom Amte zu
berücksichtigen, wenn sie unzweifelhaft nachgewiesen seien. Trete ein
Mitverpslichteter an die Stelle des kollozierien Gläubigers, so sei wohl
nach Art. 251 B.-G. zu Verfahren. , IV. Die kantonale Aufsichtsbehörde
hebt in ihrer Vernehmlassung noch hervor, dass zwar die gerichtliche
Schlusserklärung im Privatkonkurse Kaufmann noch nicht erfolgt, dagegen
die Verteilungsliste am 12. August 1899 aufgelegt und innert nützlicher
Frist nicht angefochten worden sei. Vest (chel & (Cie. tragen unter
Verweisung auf die rechtlichen Ausführungen des Bot-entscheides auf
Abweisung der Beschwerde an.

116 C.. Entscheidungen der Schuldbetreihungs-

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Rekurrentin scheint nunmehr selbst zuzugeben, dass sie zur Zeit der
Eröffnung der Konkurse über die Firma Adolf Kaufmann & Cie. und über
Adolf Kaufmann eine Forderung gegen die beiden Gemeinschuldner nicht
besessen habe, sondern einzig als regresspflichtig zur Anmeldung
der Forderung von Vest Eckel & (Cie. mitberechtigt gewesen sei. Jhr
Standpunkt ist aber der, dass sie infolge nachträglicher Zahlung ein
Recht auf selbständige Geltendmachung der letztern Forderung erworben
habe. Von diesem Standpunkte aus ist es aber unrichtig, die Forderung
nunmehr mit nachträglicher Konkurseingabe gemäss Art. 251 B.-G. geltend
machen zu wollen. Dieser Artikel bezieht sich nur auf solche Forderungen,
die bereits bei Eröffnung des Konkurses selbständig bestanden haben,
aber nicht angemeldet worden sind. Eine solche Ansprache besass aber
Reimrentin, wie schon bemerkt, damals nicht, sondern es bestand nur
diejenige der ursprünglichen Gläubiger, und diese ist denn auch von
den letztern selber mit allen Folgen, die einer Anmeldung zukommen,
eingegeben worden. Die Zahlung seitens der regressverpflichteten
Rekurrentin hat demgemäss keineswegs den Untergang der Forderung,
sondern den Übergang derselben auf die Zahlende bewirkt (Art. 504
und 168 D.M.). Deshalb .kann die letztere unmöglich Kollokation einer
nachträglichen neuen Forderungseingabe verlangen, sondern es wird sich
höchstens fragen, inwiefern die Masse auf die inzwischen eingetretene
Cession Rücksicht zu nehmen habe. In dieser Beziehung ist aber
anzunehmen, dass das Rechtsverhältnis zwischen dem im Kollokationsplan
zugelassenen ursprünglichen Gläubiger und seinem Cessionar die Masse nicht
berühre. Ihr Interesse und ihre gesetzliche Verpflichtung beschränkt
sich darauf, bei Aufstellung des Kollokationsplanes zu prüfen, ob die
Forderung dem Gläubiger gegenüber, der sie anmeldet bezw. durcheinen
Regressverpslichteten anmelden lässt, als Masseschuld anzuerkennen
sei. Wer aber später der eigentliche zum Bezuge der Dividende berechtigte
Gläubiger sei, kann die Masse den interessierten Parteien zur Ausfechtung
überlassen, so gut es der Schuldner selbst nach Art. 188 O.-R. hätte
thun können. Dasund Konkurskammer. N° 19. 117

Konkursamt hatte sich hiebei zunächst an die unbestrittene Thatsache zu
halten, dass Rekurrentin ursprünglich nicht Gläubigerin, sondern bloss
Regresspslichtige war. Nachdem ihm aber anderseits ' die angebliche
Cession mitgeteilt und sogar durch Belege glaubhaft gemacht worden war,
erschien eine Zahlung an den kollozierten Gläubiger angesichts des damit
verbundenen Risiko-Z nicht mehr als thnnlich, sondern rechtfertigte
es sich völlig, von der durch Art. 188 cit. vorgesehenen Möglichkeit
der gerichtlichen Hinterlegung der Streitsumme Gebrauch zu machen. si
Demnach hat die Schuldbetreibuugsund Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.

19. Entscheid vom 23. Januar 1900 in Sachen Knecht-Kunz

Betre-iòbarlceit de: Ehefraee. StaR-Lang des Betrez'bungsòeamien und
der Aufsichtsbehörde. Ari. 173 Abs. 2 Benn-Ges.

]. Auf Begehren des E. Knecht-Kunz in Zurich erliess das Betreibungsamt
St. Gallenkappel unterm 5. Juni 1899 an Frau Bürke, Ehefrau des Lehrers
Gebhard Bürke, in Walde, für eine Mietzinsforderung und für Weisseln der
Küche einen Zahlung-Zbefehl im Betrage von 95 Fr. nebst Zins zu 50X0 seit
1. April 1898. Für die nämliche Forderung war im Jahre 1898 der Ehemann
Bürke betrieben, die Betreibung war jedoch nicht zu Ende geführt worden,
weil die gepsändeten Objekte von der Ehefrau vindiziert wurden. Der
Zahlungsbefehl gegen Frau Bürke vom 5. Juni 1899 wurde dem Ehemann
zugestellt. Derselbe blieb unwidersprochen, und am 1. Juli sand, nachdem
der Gläubiger das Fortsetzungsbegehren gestellt hatte, die .Pfändung auf
die nämlichen Gegenstände statt, die schon in der Betreibung gegen den
Ehemann gepsändet worden waren. Am 18. August verlangte der Gläubiger
die Verwertung. Diesem Begehren gab das Betreibungsamt St. Gallenkappel,
auch nachdem ein der Betriebenen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 26 I 113
Datum : 23. Januar 1900
Publiziert : 31. Dezember 1901
Quelle : Bundesgericht
Status : 26 I 113
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 112 B. Strafrechtspflege. Demnach hat der Kassationshof erkannt: Die Kassationsbeschwerde


Stichwortregister
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