326 Civilrechtspflege.

2. Aufl., Art. 189 Anm. 2; Schneider u. Fick, Komm., Art.. 189
Anm. 1; vgl. auch § 406 des deutschen B.-G.-B. gegenüber § 303 des
I. Entw.) Dagegen verhält es sich anders da wo die Gegeuforderung des
Schuldner-Z erst nach der (abgetretenen) Hauptsorderung fällig wird:
hier konnte er niemals erwarten, die Einrede der Kompensation gegenüber
dem ursprünglichenGläubiger erheben zu können; er kann sie daher auch dem
Cessionar nicht entgegenstellen Die oben aufgeworfene Frage ist sonach
zu verneinen und die Einrede der Kompensation mithin abzuweisen Demnach
hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und somit dassUrteil des
Appellationsgerichts des Kantons Baselstadt vom30. Januar 1899 in allen
Teilen bestätigt.

39. Urteil vom 28. April 1899 in Sachen Kreditanstalt St. Gallen gegen
Eckert.

Bereicheîeungsklage, Art. 70 ff. C).-R. Sparkassebüchäem
mit der Legitimationsklausel; rechtliche Natur. Cession der
Sparkasseguthaben? Vee-pflt'ndung der-seiden ; Art. 215 O.-R. Dem'r'ée'ge
Sparkassebüchlein können nicht Gegenst-mai des: Retem-ionsrechts (Art. 224
0. R. ) sein.

A. Durch Urteil vom 12.X2'?. Januar 1899 hat das Kan:tonsgericht des
Kantons St. Gallen erkannt:

Die Klage ist im Sinne der Erwägungen geschützt

B. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an dasBundesgericht
erklärt und folgende Anträge gestellt:

1. Die Klage sei abzuweisen

2. Es seien diejenigen Editionsakten, welche von den Parteien ins Recht
verlangt worden seien, jedoch nicht vorgelegen haben,. einzufordern,
speziell das Guthabenbüchlein Nr. 7523 der Hypothekenbank Basel, in
Kopie oder beglaubigtem Duplikat.V. Obligationenrecht. N° 39. 327

3. Eventuell sei die Streitsache an die Vorinstanz zum Zwecke der
Aktenvervollständigung zurückzuweisen, und der Beklagten ber Zeugenbeweis
dafür abzunehmen, dass im Bankverkehr die kantonsgerichtliche Auslegung
des Art. 184 Abs. 2 DAK. nicht als richtig angesehen werde, derselbe
vielmehr annehme, dass in Fällen wie der vorliegende die schriftliche
Benrkundung der Cession von Sparkassascheinen, Guthabenbüchlein, durch
den Hinterleger, auf dessen Namen sie nicht lauten, nicht nötig sei.

Jn der heutigen Hauptverhandlung erneuert der Anwalt der Berufungsklägerin
diese Anträge; der Anwalt der Berufung-Dabeklagten beantragt Abweisung
der Berufung und Bestätigung desangefochtenen Entscheides.

Das Bundesgericht zieht in Erw ägung:

1. Der fallite und flüchtig gewordene Pfarrer Eugster trat amsiss 5. Juli
1894 mit der beklagten Kreditanstalt St. Gallen in Geschäftsverbindung
durch Erhebung eines Darlehens von 7000 Fr.. gegen Hinterlegung von
Wertpapieren, welchem bald weitere gleiche Geschäfte folgten. Am
23. August 1894 stellte er, aufgedrucktem Formular der Beklagten,
für ein empfangenes Darlehen ein Schaldanerkenntnis von 12,000 Fr. aus
mit der Bemerkung, er hinterlege ihr als Sicherheit für diese, sowie
allfällig übrige Verbindlichkeiten in Faustpsandrechien diverse
Papiere laut Verzeichnis. Am 24. August 1894 übergab Eugster der
Beklagten als Hinterlage 21 Werttitel im Nominalbetrage von 38,818 Fr.
65 (été. und sodann am 9. Oktober ein aus den Namen der Klägerin
ausgestelltes Depositenbüchlein Nr. 4997 der Handwerterbank Basel, und
ein Guthabenbüchlein art. 7523 der Hypothekenbank in Basel, ebenfalls
auf den Namen der Klägerin lautend. Das Depositenbüchlein wies per
1. Dezember 1897 einGuthaben der Klägerin von 3210 Fr. 85 Cis- und
das Guthabenbüchlein per Ende 1897 ein solches von 6871 Fr. auf.. Auf
dem Umschlag des Depositenbüchleins sind die für Annahmevon Depositen
bestehenden Bestimmungen abgedruckt, worunter folgende: Die Einieger
erhalten aus den Namen ans-gestellte mitder Unterschrift des Direktors
versehene Büchlein, worin alle Einoder Rückzahlungen eingetragen und mit
dem Visa desKassiers versehen werden. Bei ganzen oder teilweisen Rückzah-

c328 Civilrechtspflege.

.lungen ist die Verwaltung berechtigt, den Vorweiser eines Büchletns als
von dem rechtmässigen Eigentümer zum Rückng des Guthabens bevollmächtigt
zu betrachten, und entschlägt sich somit der Verantwortlichkeit
für allfälligen Missbrauch dieses Büchleins. Das Original des
Guthabenbüchleius am. 7523 ist nicht zu den Akten gebracht worden. Die
Vorinstanz stellt aber thatsächlich fest, dass die Klägerin in ihrem
mündlichen Vortrage behauptet habe, dasselbe enthalte die gleiche
Bestimmung, wie das andere, und dass diese Behauptung von der Beklagten
nicht bestritten und daher gemäss § 132 der st. gall. C.-P.-O. als wahr
anzunehmen sei. Am 2. November 1894 gab die Beklagte der Hypothekenbank
Basel und am 3. Dezember gl. J. der Handwerkerbank in Basel von der
Verpfändung der beiden Büchlein Kenntnis. Ende Mai 1897 wurde über
Pfr. Eugster der Konkurs eröffnet In demselben meldete die Beklagte
eine Forderung von 21,625 Fr. an und machte dafür u. a. auch ein
Faustpfandrecht an den beiden Büchlein geltend. Dieselben wurden
von der Konkursverwaltung durch Jukasso vom 1. und 3. Dezember
1897 liquidiert und ergaben einen Vorerlös von 695 Fr. 75 Cts.,
welcher der Klägerin in bar behändigt wurde. Die Klägerin hatte im
Konkurse Eugster das Eigentum an den beiden Büchlein resp. an dem
einkassierten Betrag angesprochen, und das Pfandrecht der Beklagten
bestritten, war aber vom Konkursgericht wegen Jnkompetenz abgewiesen
worden, weil der Gerichtsstand da begründet sei, wo das Psandrecht
konstituiert worden. Die Klägerin erhob hieraus in St. Gallen gegen
die Kreditanstalt St. Gallen Klage mit dem Rechts-begehren: Es sei
gerichtlich zu erkennen, die Klägerin sei "Eigentünrerin der beiden aus
ihren Namen lautenden Guthabensbüchlein Nr. 7523 der Hypothekenbank in
Basel und Nr. 4997 der Handwerkerbank in Basel, die Beklagte sei daher
pflichtig, die genannten Guthabenbüchlein oder deren Wert unbeschwert
an die Klägerin herauszugeben Zur Begründung dieser Klage führte sie cm:
Sie sei im Sommer 1894 in der Kneippschen Anstalt in Dussnang als Kurgast
gewesen. Eugster müsse von ihren Vermögensverhälnissen Kenntnis bekommen
haben, und habe sie damals sersucht, ihm durch Übergabe von Effekten
auszuhelfen, welchem Ansinnen sie jedoch nicht entsprochen habe. Darauf
sei Eugsterg.I-,'.V. Obligafionenrecht. N° 39. 829

im Oktober 1894 nach Basel gekommen und habe sie veranlasst, ihm damals
das Büchlein Nr. 7523, und nach circa 4 Wochen auch dasjenige auf die
Handwerkerbank zu überlassen, gegen das Versprechen, ihr diese Büchlein
binnen kurzem wieder zurückgeben zu wollen. Sie sei Eigentümerin dieser
Sparhefte, welche keine Jnhaberpapiere seien. Für deren Verpfändung gelte
Art. 215 O.-R.; eine schriftliche Verpfändung liege weder von ihrer Seite
noch seitens des Debitors Eugster vor. Die Beklagte trug auf Abweisung
der Klage an und machte im wesentlichen geltend: Die beiden Büchlein
seien dem Eugster übergeben worden zum Zwecke der Geldbeschasfung. Eine
besondere Form sei hiefür nicht notwendig gewesen. Es seianzunehmen,
dass die Klägerin die beiden Titel dem Eugster zu Eigentum übergeben
habe. Aber auch wenn sie dieselben nur zur Verpfändung übergeben, so sei
dieselbe doch rechts-gültig erfolgt, und zwar auch nach Art. 215 Q-R.
Der Schuldner sei von der Verpfändung benachrichtigt und die beiden
Schuldscheine seien dem Psandgläubiger übergeben worden. Auch die
schriftliche Beurkundung sei erfolgt: In dieser Beziehung handle es sich
um eine Frage der Interpretation des Obligo vom 23. August 1894. Dieses
bedeute eine generelle Verpfändung in dem Sinne, dass der Unterzeichner
des Obligo für seine sowohl im Zeitpunkt der Unterzeichnung, als später
vorhandenen Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten dieser diverse
Papiere laut Verzeichnis-, d. h. diejenigen Papiere, welche auf einem
zu erstellenden und sortzusührenden Verzeichnis notiert werden, in
Faustpfandrechten hinterlegt werden. Eventuell mache die Beklagte ein
Retentionsrecht an den beiden streitigen Kassabüchlein, bezw. deren
Erlös geltend nach Art. 224 O.-R.

2. Zu der von der Berufungsklägerin beantragten Aktenvervollständigung
ist keine Veranlassung vorhanden (was des näheren ausgeführt wird).

3. In der Sache selbst ist zu bemerken: Die vorliegende Klage stellt
sich als condietio sine causa, Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung
dar. Denn die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückerstattung der
von dieser bei der Handwerkerbank und der Hypothekenbank Basel erhobenen
Beträge, weil die Beklagte zu diesem Bezuge nicht berechtigt gewesen sei,
und ihr kein Rechts-

330 cirilrecbtspilege·

grund, wonach sie die bezogenen Beträge behalten dürfe, zur Seite stehe,
die Beklagte also durch Rückhaltung jener Beträge ohne Grund bereichert
wäre, und zwar auf Kosten der Klägerin, da dieselben ihr gehören. Frägt es
sich nun, ob die Beklagte die zurückgeforderte Summe ohne rechtfertigenden
Grund bei den beiden Geldinftituten bezogen habe, so ist davon auszugehen,
dass die beiden Sparkassabüchlein, welche die Klägerin dem Pfr. Eugster
übergeben, und dieser bei der Beklagten hinterlegt hat, nicht Träger
der darin verurkundeten Forderungsrechte, also keine Wertpapiere,
sondern lediglich Legitimationspapiere, Beweisurkunden, find. Denn
nach dem klaren Inhalt der denselben aufgedruckten Bestimmungen hat der
Inhaber als solcher kein Recht auf Zahlung gegen den Schuldner, sondern
bloss der Schuldner ein Recht auf Zahlung an den Inhaber-. Allerdings
ist in den Bedingungen der Handwerkerbank Basel (weIchen diejenigen der
Hypothekenbank nach der Feststellung der Vorinstanz gleichlauten) nicht
ausdrücklich gesagt, dass die Schuldnerin sich die Legitimationsprüfung
vorbehalte. Allein ein solcher ausdrücklicher Vorbehalt war auch
nicht notwendig, vielmehr folgt die Berechtigung derselben zur
Legitimationsprüfung schon daraus, dass sie sich lediglich das Recht
wahrte, an den Vorweiser des Büchleins Zahlung zu leisten, dagegen überall
keine solche Pflicht übernahm, und nach dem Wortlaut der Bestimmungen
offenbar auch nicht übernehmen wollte. Wie das Bundesgericht in seinen
Entscheidungen in Sachen Appenzeller gegen Brand und Hofmann gegen
Wüthrich (Amtl. Samml. der bundesgerichtl. Entscheide Bd. XXIII,
S. r?86 E. 2 u. S· 1650 E. 3) ausgeführt hat, verkörpern aber solche
Urkunden das Forderungsrecht nicht derart, dass es in seinem Inhalt,
seiner Anslibung und Übertragung an dieselben gebunden wäre, sondern sie
sind, wie einfache Schuldscheine, bloss Beweisurkunden, auf welche die
besondern Bestimmungen über Jnhaberpapiere und indossable Papiere (welche
das leigationenrecht einzig als eigentliche Wertpapiere anerkennt) keine
Anwendung finden, insbesondere nicht die sachenrechtlichen Bestimmungen
über Abtretung (Übertragung) und Verpfändung der beweglichen Sachen und
Jnhaberpapiere. Vielmehr kommen für die Übertragung und Verpfändung der
in solchen Heften oder Büchern verurkundeten Forderungsrechte ein-s "Î;
J r r ·. e

..' ;

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..

,{?. Obligationenrecht. N° 39. 331

sach die Bestimmungen über Abtretung und Verpfändung gewöhnlicher
Schuldforderungen zur Anwendung, und ist daher zu untersuchen, ob
denselben in casa Genüge geleistet sei.

4. Was nun zunächst die von der Beklagten behauptete Cesston der beiden
Sparkassaguthaben an Eugster anbetrifft, so ist der Vorinftanz darin
beizutreten, dass der Beweis dafür-, dass eine solche Cession erfolgt sei,
nicht erbracht worden ist. Denn es liegt nichts weiteres vor, als dass die
Klägerin dem Eugster die beiden Hefte mit der Erklärung und zu dem Zwecke
übergeben hat, damit er sich durch dieselben Geld verschaffe. Die Übergabe
erfolgte also allerdings, wie die Klägerin anerkannt hat, zum Zwecke
der Geldbeschaffung durch Eugster. Tie Klägerin hat aber ausdrücklich
bestritten, dass sie demselben das Recht eingeräumt habe, die beiden
Guthaben bei der Handwerker-baut und der Hypothekenbank einzuziehen,
wozu er selbstverständlich im Falle einer wirklichen Abtretung ohne
weiteres berechtigt gewesen wäre. Es ist auch die Annahme unbedenklich,
dass Eugfter, wenn ihm die beiden Guthaben wirklich cediert worden wären,
nicht unterlassen hätte, dieselben zu realisieren, statt sich durch deren
Verpfändung teureres Geld zu verschaffen, so dass auch das Verhalten
Eugsters für

Richtigkeit der Behauptung der Klägerin spricht, dass eine Abtre-

tung nicht stattgefunden habe. Damit steht in Übereinstimmung, dass
auch die Konkursmasse Eugfter die beiden Guthaben nicht für sich, als
Aktivum Eugsters, in Anspruch genommen, sondern den Überschuss Über die
Pfandforderung der Beklagten hinaus, der Klägerin zugestellt hat. Es kann
auch nicht etwa gesagt werden, dass der Zweck, zu dem die beiden Büchlein
dem Eugster übergeben worden find, nämlich die Geldbeschaffung, nur durch
Abtretung habe erreicht werden können, und daher die Klägerin wegen dieses
Zweckes die Abtretung habe wollen müssen. War, wie mit der Vorinstanz
angenommen werden muss, der Zweck der Übergabe der beiden Büchlein, dem
Eugfter die Beschaffung von Geld durch Verpfändung derselben, bezw. der
darin verurkundeten Forderungen zu ermöglichen, so konnte dieser Zweck
ohne Zweifel dadurch erreicht werden, dass die Klägerin den Eugster
bevollmächtigte, die Forderungen in ihrem Namen, als ihr Stellvertreter,
zu verpfänden. Gewiss können gewöhnliche Schuldforderun-

332 Civilrechtspflege.

gen nicht wie Wertpapiere, speziell Jnhaberpapiere, und bewegliche Sachen
zum Zwecke der Verpfändung verliehen, sondern nur vom Gläubiger selbst
Verpfändet werden, und ist eine andere Person, als der Gläubiger-, nicht
in der Lage, ein Pfandrecht an solchen Forderungen zu bestellen. Allein
der Gläubiger braucht die Verpfändung nicht persönlich vorzunehmen,
sondern er kann eineandere Person ermächtigen, dieselbe als sein
Stellvertreter zu bewerkstelligen. Im Gegensatz zu der Annahme der
Vorinstanz muss in der Übergabe der beiden Sparkassabüchlein zu dem
von derKlägerin (wie sie anerkannt) dem Eugster gegenüber erklärten
Zweck eine solche Ermächtigung gefunden werden, indem nur bei dieser
Auslegung der Erklärung der Klägerin ein vernünftiger Sinn zukommt. Zwar
ist nicht unwahrscheinlich, dass sowohl Eugster, als die Klägerin, die
Sparkassebüchlein als Wertpapiere angesehen haben und davon ausgegangen
seien, dass die Verpfändung der darin verurkundeten Forderungen durch
blosse Übergabe der Urkunden erfolgen könne; allein völlig sicher ist
dies doch nicht, und es darf daher aus dem Verhalten der Klägerin
nicht gesolgert werden, dass sie den Eugster bloss zur Verpfändung
der Forderungen in seinem eigenen Namen, nicht aber auf ihren Namen,
als ihr Stellvertreter habe ermächtigen wollen. Es frägt sich daher,
ob Eugster von der ihm erteilten Vollmacht Gebrauch gemacht und die in
den beiden Büchlein verurkundeten Forderungen wirklich der Beklagten
rechts-gültig verpfändet habe.

5. Diese Frage muss jedoch verneint werden. Für die Beantworlung derselben
ist Art. 215 O.-R massgebend, und nun ist allerdings zwei Erfordernissen,
welche diese Gesetzesbestimmung aufstellt, Genüge geleistet, nämlich der
Benachrichtigung desSchuldners und der Übergabe der Schuldurkunde an den
Pfandgläubiger, dagen ist das dritte Erfordernis, die schriftliche Beur-

, kundnng der Verfändung, nicht erfüllt. Die Beklagte beruft sichfür ihre
gegenteilige Behauptung auf die Pfandklausel des Obligos vom 23. August
1894, indem sie in derselben eine generelle Ver-

pfändung erblickt, welche sich auf alle diejenigen Papiere erstrecke,.

welche ihr damals oder später von Eugster übergeben, und von ihr auf
das Hinterlagenverzeichnis aufgetragen worden seien. Für

diese Interpretation stellt sie namentlich ab aus ihren Verkehr
mit-.V. Obligationenrecht. N° 39. 3337

Eugster, wie derselbe sich nach der Ansstellung des Obligo thatsächlich
gestaltet hat. Allein diese Beweisführung geht fehl, indem-. sie einfach
darauf hinausläuft, dass die Psandklausel in dem Obligo vom 23. August
1894 deshalb auf die Verpfändung derbeiden Guthaben bezogen werden
müsse, weil die Parteien versäumt haben, deren Verpfändung besonders
schriftlich zu bekunden. Nach ihrem klaren Wortlaut bezieht sich
nämlich die erwähntePsandklausel nur auf die damals der Beklagten
übergebenen diversen Papiere, welche allerdings nicht bloss für das
damals von Eugster erhobene Darlehen, sondern auch für dessen übrigeohne
Zweifel auch später entstehenden Verbindlichkeiten als Sicherheit haften
sollten, und nun steht fest, dass die Übergabe und Verpfändung der beiden
Büchlein erst viel später, im Oktober und November 1894, erfolgt ist,
Eugster die Büchlein am 24. August noch gar nicht besessen, und damals
keine Partei an deren Verpfändung gedacht hat Wollte man übrigens die
Pfandderschreibung vom 23. August 1894 nicht bloss auf die damalsder
Beklagten übergebenen Papiere beschränken, sondern auch auf solche Papiere
beziehen, welche später mit dem Willen Eugsterss in den Gewahrsam der
Beklagten gelangen würden, so wäre esgleichwohl unmöglich, darin auch
eine rechtsgültige Verpfändung der beiden Gnthaben der Klägerin auf die
Hypothekenbank und- Handwerkerbank in Basel zu erblicken, indem die diese
Guthaben verurkundenden Büchlein keine Wertpapiere, sondern lediglich
Legitimationspapiere sind, welche, abgesehen von der Legitimationsklausel,
die rechtliche Natur gewöhnlicher Schuldscheine haben, die- Verpfändung
solcher Forderungen, welche nicht in Urkunden derkörpert sind, aber
unbedingt die Errichtung einer Verpfändungsurkunde voraussetzt, in
welcher die verpfändete Forderung deutlich bezeichnet isf, zumal die
Benachrichtigung des Drittschuldners nach Obligationenrecht nicht vom
Verpfänder ausgehen muss, sondern auch vom Pfandgläubiger geschehen
farm. Dass die Abschrift desHinterlegungsverzeichnisses, welches die
Beklagte dem Eugster zugestellt hat, die Verpfändungsurkunde nicht zu
ersetzen vermag,. liegt auf der Hand, da dasselbe der Unterschrift
Eugsters entbehrt.

6. Nicht verständlich ist, wie die Beklagte daraus, dass
diePfandrechtsansprache im Konkurse Eugster anerkannt worden ist

334 Civilrechtspflege.

gegen die Klägerin etwas für sich herleiten will. Die Konkursmasse hat
sich ausdrücklich auf den Standpunkt gestellt, dass die beiden Sparhefte,
resp. die darin verurkundeten Forderungen, nicht dem Gemeinschuldner
Eugster gehören, und das Konkursgericht hat aus die von der Klägerin
erhobene Klage hin es abgelehnt, die Frage zu entscheiden, ob der
Beklagten ein gültiges Pfandrecht an den Forderungen bestellt worden sei,
weil nur der Richter am Orte der Begründung des Pfandrechts zum Entscheid
dieser Frage zuständig sei. Den Rechten der Klägerin ist daher durch die
Vorgänge im Konkurse Eugster in keiner Weise präjndiziert, indem die
Konkursmasse sich einfach aus den Boden gestellt hat, dass die Frage,
ob der Beklagten ein Pfandrecht an den beiden Forderungen zustehe,
nicht sie, sondern lediglich die Parteien dieses Prozesses angehe und
daher zwischen ihnen zum gerichtlichen Austrag zu bringen sei.

'T. Ebenso ist Har, dass die blosse Möglichkeit der Einkassierung der
beiden Gnthaben aus Seite der Beklagten für den Entscheid des vorliegenden
Prozesses ganz ohne Einfluss sein musz. Daraus, dass sich die Schuldner
der Gnthaben das Recht vorbehielten, an den Vor-weiser des Büchleins
zu leisten, können nur sie Rechte zgegen den Gläubiger herleiten,
dagegen kann ein Dritter, welcher die Forderung eingezogen hat, sich
daraus gegenüber dem wahren Gläubiger nicht berufen. Sein Bezngsrecht
kann sich vielmehr nur daraus ergeben, dass ihm an der betreffenden
Forderung ein solches Recht eingeräumt worden ist, welches ihn zum Bezuge
rechtlich befugt erscheinen lässt, also entweder ein Glänbigerrecht,
oder ein Pfandrecht mit der Befugnis zur Einkassierung der Forderung,
oder ein Mandat, eine Anweisung, wonach der Dritte, sei es im Jnteresse
des Gläubigers, sei es im eigenen Interesse-, zum Einzug bevollmächtigt
wurde. Von alledem ist in casu keine Rede; vielmehr hat die Beklagte
die Forderungen lediglich als vermeintlich er Pfandgläubiger eingezogen,
während ihr in That und Wahrheit ein solches Psandrecht nicht zustand. Sie
hat daher die von der Klägerin zurückgesorderte Summe ohne Rechtsgrund
er: halten und ist durch dieselbe ohne rechtfertigenden Grund auf Kosten
der Klägerin bereichert.

8, Was schliesslich das von der Beklagten eventnell geltend

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V. Obhgationenrecht. N° 48. 335

gemachte Retentionsrecht anbetrifft, so ist dasselbe von der
Vorinstanz mit Recht verworfen worden. Denn Art. 224 O.-R. kennt
nur ein Retentionsrecht an beweglichen Sachen und Wertpapieren,
und zu den letzteren gehören nun eben die beiden Sparkassabüchlein
nicht. Allerdings sind dieselben bewegliche Sachen aber sie haben, da
sie blosse Beweisurkunden sind, keinen Ver-, mögenswert, weshalb sie
nicht Gegenstand des Retentionsrechts im Sinne des Art. 224 Q.-R. sein
können. (Vrgl. bundesger. Entsch. Bd. XI, S. 384 (&). 6 u. Bd. XX,
S. 876 E. 8.)

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Die Berufung der Beklagten wird
als unbegründet abgewiesen, und daher das Urteil des Kantonsgerichts
von St. Gallen vom LL./27. Januar 1899 in allen Teilen bestätigt.

40. Urteil vom 29. April 1899 in Sachen Brunner

gegen Unfall versicherungs Gesellschaft Zürich.

{fan/,(versicherung Durch Tremkenhee'eî heròeigefùhmer Unfall;
Beweislast. Thatsächliche Feststelöung. Verletzung der Anzeigepflicht.

A. Durch Urteil vom 17. Januar 1899 hat der Appellationsmb Kassationshof
des Kantons Bern erkannt:

1. Die Klägerin, Witwe Brunner, ist mit ihrem Nichteintretensschlusse
gegenüber der Beweisbeschwerde der Beklagten, Transport: und
Unsallversicherungsaktiengesellschaft state), abgewiesen.

2. Die Beklagte ist mit ihrer Beweisbeschwerde abgewiesen.

3 .....

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig die Berufung an
das Bundesgericht ergriffen, mit dem Antrage: Es sei in Abänderung des
angefochtenen Urteilsgdie Klage zuzusprechen.

C. In der heutigen Verhandlung erneuert der Vertreter der Klägerin
diesen Bernsungsantrag.

XXV, 2. 1899 22
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Dokument : 25 II 326
Datum : 01. Januar 1898
Publiziert : 31. Dezember 1899
Quelle : Bundesgericht
Status : 25 II 326
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 326 Civilrechtspflege. 2. Aufl., Art. 189 Anm. 2; Schneider u. Fick, Komm., Art..


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • hypothekenbank • wertpapier • vorinstanz • frage • schuldner • bundesgericht • weiler • retentionsrecht • bewegliche sache • geld • konkursmasse • darlehen • bezogener • kenntnis • unterschrift • kantonsgericht • kopie • bewilligung oder genehmigung • verhalten
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