318 Civilrechtspfiege.

Instanz angenommen werben, dass der Klager als anerkannt tüchtiger und
gewissenhafter Arbeiter seit dem Austritt bei der Beklagten jedenfalls
mehr als 1400 Fr. per Jahr, wie er selbst angiebt, zu verdienen
im Stande war. Wird sodann berücksichtigt, dass den Kläger wegen
seiner unrichtigen Angaben, wenn dieselben auch nicht die Auslösung
des Vertrages rechtsertigten, immerhin ein Vorwurf trifft, der bei
der Ausmessung der Entschädigung in Anschlag gebracht werden muss,
so erscheint es angemessen, die Entschädigung, welche die Beklagte
dem Kläger zu bezahlen hat, aus den von der ersten kantonalen Instanz
gutgeheissenen Betrag von 1000 Fr., jedoch ohne Sins, anzusetzen. Demnach
hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Klägers wird in dem Sinne als begründet erklärt, dass die
Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger 1000 Fr., sohne Zins, zu bezahlen.

38. Urteil vom 22. April 1899 in Sachen Geismar gegen Moos und Picard.

L'ession. Abtretung eines allfällige-n Gewinnanteils an einer
Gesellschaft, Art. 542 Abs. 2 ().-R. Gampensafianseinrede gegenüber dem
Cessionar, Art; 13071. 189 Abs. 1 0.-R. Verrechnung mit grundversicherten
Forderungen; Abgrenzung des eidgenössischen und des kantonalen Rechts.

A. Durch Urteil vom 30. Januar hat das Appellationsgericht des Kantons
Baselstadt das erstinstanzliche Urteil, welches gelautet hatte: Beklagter
wird zur Zahlung von 54,816 Fr. 80 Cis. nebst Zins zu 50/O von 52,540
Fr. seit 10. Dezember 1897 an Kläger verurteilt, bestätigt.

B. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig und in richtiger Form
Berufung an das Bundesgericht eingelegt, mit dem Antrage auf Abweisung
der Klage.

C. In der heutigen Verhandlung wiederholt der Vertreter desWiss-Es

V. Obligationenrecht. N° 38. 319

Beklagten diesen Antrag. Der Vertreter der Kläger trägt aus Bestätigung
des angefochtenen Urteils an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Am 10. September 1896 acceptierte der Kläger W. Moos seine von Jacques
Geiger in Zürich aus-gestellte Dreimonatstratte für den Betrag von 50,000
Fr., zahlbar beim Basler und Zärcher Bankverein am 10. Dezember 1896, unb
laut Erklärung vom gleichen Tage war dieses Wechselacrept als Darlehen
zu verstehen, und sollte der Betrag bis 10. Dezember 1897 dem Geiger
zu belassen sein, zu einem Jahreszins von 44J9 Oszz der Verfall sollte
ohne Kündigung mit dem Verfallstage eintreten. Ferner wurde Geiger dem
Kläger Moos für ein von diesem am 30. Januar 1897 eingelöstes Accept
die Summe von 27,000 Fr. schuldig, wofür er ihm am 1. Februar 1897
einen Wechsel in diesem Betrag, zahlbar am 1. Mai 1897, acceptierte. An
beiden Forderungen war auch der Kläger M. Picard, der mit dem Kläger Moos
eine Anzahl gemeinsamer Spekulationsgeschäfte in Liegenschasten machte,
beteiligt. Zur Deckung ihrer Ansprüche stellte Geiger den Klägern am 3
Februar 1897 folgende Cession betitelte Urkunde aus: Der Unterzeichnete Dr
Jacques Geiger in Zurich IIIist gemein] schaftlich mit Hm Sal Geismar in
Basel an dem ;Geschäste Schiitzenmatte" dorten zu 16 2/3°/() beteiligt
und hat nach eigener Angabe laut Fertigung vom 1. Januar 1897 70,000
Fr. einbezahlt. Hr. Jacques Geiger tretet nun heut-e seine Einlage
nebst weiterem Gewinnanteil im Gesamtbetrage von 70,000 Fr. nebst Zinsen
bis zum Gesamtbetrage von 77,000 Fr. plus Zinsen in der Weise an die
Herren Moos und Picard . . . . ab, dass er den Hrn. Sal. Geismar in
Basel ,hiermit anweist, bei der s. 3, Abrechnung in erster Reihe diesen
,Betrag von siebenzigsieben Tausend an genannte Herren zu be.zahlen,
während der Restbetrag zwischen Geiger und Geismar ,zu verrechnen is .
(Folgt Unterschrift und Datum.) Im Anschlnsse hieran gab Geiger die
schriftliche Erklärung ah, dass er als Gegenwert für die abgetretene
Forderung 50,000 Fr. plus 127,000 Fr. erhalten habe, in der Meinung, dass
der letztere Betrag von der Cessionssumme wegfallen sollte, falls Geiger
den darauf bezüglichen Wechsel einlösen würdeLetzteres geschah nicht;

xxv, 2. 1899 21

320 civjkkechispiiege.

der Wechsel musste von den Klägern aus dem Regresswege eingelöst werden;
immerhin gab Geiger den Klägern nachträglich auf Rechnung dieses Betrages
eine Anweisung von 25,000 Fr. auf die Bank in Baden, Filiale Zurich,
die bei Verfall, 24. September 1897, auch bezahlt wurde. Ebenso wurden
die erwachsenen Protesispesen mit 112 Fr. 95 Cfs. bezahlt, nicht aber der
Sins. Dagegen wurde an die Forderung von 50,000 Fr. bei Verfall nichts
bezahlt, so dass die Kläger hieraus noch zu gut haben: an Kapital und
einem Jahreszins 52,250 Fr. nebst Verzugszins zu öMz vom 10. Dezember
1897 hinweg.

Von der Cession vom 3. Februar 1897 wurde dem debitor cessus, dem heutigen
Beklagteu Geismar, am 19. Februar 1897 amtliche Anzeige gemacht. Es hatte
mit dem in der Cessionsurkunde erwähnten Geschäfte folgende Bewandtnis:
Der Beklagte hatte gemeinsam mit einem Bartlin Bötsch und einem Gustav
Abt-Kunz den Ankan der Legrand'schen Liegenschaft zur Schützenmatie
in Basel zu Spekulationszwecken unternommen. Von dem auf 1,462,560
Fr. angesetzten Kaufpreise hatte jeder der Teilnehmer 4J3 zu tragen und
dafür 1/3 am Gewinn zu erhalten. Der Beklagte seinerseits beteiligte nun
den J. Geiger an seinem Anteil zur Hälfte, also zu % oder 16'3/3 0/0 des
Ganzen. Die Fertigung des Kauer fand am 31. Dezember 1896 statt. Vom
Kaufpreise waren 300,000 Fr. bezw. nach Abzug von 2 Fr. per mB für
das dem Verkäufer vorbehaltene Land, 296,740 Fr. auf 1. Januar 1897 zu
entrichten. Der Beklagte behauptet, seinen Drittel allein eingezahlt zu
haben, ohne dass Geiger dazu beigetragen hätte. Nach der Cession fand
zwischen Geiger und dem Beklagten ein reger Briefwechsel über dieselbe
fiati, wobei ersierer sie mehrfach als wertlos bezeichnete, und standen
Geiger und der Beklagte in lebhaftem Wechselverkehr. Am 15. März 1898
fand zwischen ihnen eine Abrechnung für ihre gegenseitigen Forderungen
aus allen Geschäften, die sie gemeinschaftlich betrieben, statt. Danach
erklärte der Beklagte, dem Geiger 70,000 Fr. zu schuldeuz von dieser Summe
wurden je 35,000 Fr. an Fordemugen des Beklagten an Geiger angerechnet,
jedoch geschah diese Verrechnung nur unter der Voraussetzung, dass die
Kläger nicht an ihrer Cession festhalten sollten. Die Forderung von 70,000
Fr. wurde aus folgende Weise ausgewiesem ., V. Ohligatîonenrechi. N°
38. 321 Baarzahlung auf Legrand'sche Matte . . Fr. 62,675.W. Gew1nnanteil
., . . 30,000

. 926 .S. . haben ab: Fr ' 75 UB Schuld lt. Eontocorrent Fr. 9,657. 80
Ets. Schuldschein 10,000. 19,657. 80

oder rund 70,000 Fr. Fr. 73,017. 20 Cis. Am 2. Juni 1898 liess der
Beklagte sodann dem Geiger wegen unrichtiger Verzinsung das ihm laut einer
Hypothekarobligation vom 29. April 1896 geschuldete Kapital von 500,000
Fr. auf drei Monate kündigen. Dieses Kapital war vom 1. Mai 1896 an bei
regelmässiger Verzinsung auf drei Jahre unkündbar, bei unregelmässiger
Verzinsung dagegen jederzeit auf drei Monate kündbar. 2. Im September 1898
erhoben nun die Kläger gegen den Beklagten Klage auf Bezahlung von 54,816
Fr. 80 Cis-. nebst JZinszu 59/0 von 52,540 Fr. seit 10. Dezember 1897,
indem sie sich auf die in Erwägung 1 wiedergegebene Cession stützten
und ihre Forderungen an Geiger folgendermassen berechneten: a. Darlehen
von 50,000 Fr.: Kapital . . . . Fr. 50,000. Cis. 1Zal)reszimià4'/2 %
2,250 Fr. 52,250.Cis. b. Darlehen von 27,000 Fr.: ursprüngliches- Betrag
val. 1. Mai 1897 Fr. ALDO, Cis. Verzugszins v. 1. Mai bis 24. Sept.1897
à 50/0 . . . . 540.

Fr. 27,540. Eee.

abzüglich Geig ers Zahlung Vom 24. September 1897 . . 25,000

Restguthaben val. 24. September 1897 . Fr. 2,540. Cis-. Zins zu 50/O
vom 24. Sept. bis 10. Dez.

1897 . . . 26.80 Fr. 2,566.80 Ets.

Fr. 54,816. 80 W.322 civilrechtsptlege.

Der Beklagte trug aus Abweisung der Klage an. In erster Linie nahm er den
Standpunkt ein, Geiger habe seine Einlage nicht gemacht und daher keine
Forderung an ihn gehabt, somit auch keine abtreten können, so dass die
Cession ungültig sei. Eventuell erhob er die Einrede der Kompensation,
indem er seine Forderung an Geiger von 500,000 Fr. nebst Zinsen (wofür
er im Oktober 1898 Betreibung aus Pfandverwertung eingeleitet hatte)
bis zum Betrage der klägerischen Forderung zur Verrechnung versteckte Die
Kläger bestritten die Zulässigkeii der Kündigung, eventuell diejenige der
Kompensation, sowie die Richtigkeit des Hauptstandpunktes des Beklagten.

3. Die Forderung der Kläger an Geiger ist im Grundsatz und im Masse nicht
bestritten; dagegen hält der Beklagte auch heute noch seine Behauptung,
dass Geiger an ihn keine Forderung habe und daher keine habe abtreten
können, und damit die Bestreitung der Gültigkeit der Cession aufrecht. Was
nun zunächst die Frage betrifft, welche Forderung an den Veklagten
Geiger den Klägern überhaupt abgetreten habe, so ist der Cessionsakt
vom Z. Februar 1897 mit den kantonalen Jnstanzen dahin auszulegen,
dass unter der "Vintage der Anteil Geigers an dem Ergebnisse der Siani:
dation der zwischen ihm und dem Beklagten bestehenden Gesellschaft
verstanden mar. Denn die Einlage selber stellt noch keinen Vermögenswert
des Gesellschafters dar, sondern sie erfolgt in Erfüllung einer aus dem
Gesellschaftsvertrage entspringenden Pflicht; dagegen entsteht aus ihr
ein Anspruch aus Rückerstattung bezwauf einen Anteil am dereinstigen
Liquidationsergebnisse. In Verbindung mit diesem Anspruche hat dann
Geiger weiterhin seinen allfälligen weiteren Gewinnanteil- aus der
Gelegenheitsgesellschaft abgetreten. Dass die Cession eines derartigen
Anteile-Z an der Gesellschaft gültig ist, geht aus Art. 542 Abs. 2 OHR
unmittelbar hervor; die einzige dort aufgestellte Beschränkung ist
die, dass der Cessionar durch die Cession nicht zum Gesellschafter
wird. Und auch die Argumentation, die übrigens vom Beklagten selber
ausdrücklich abgelehnt wird, die Cession sei ungültig gewesen, da ihr
noch kein gegenwärtiger Vermögens-wert zu Grunde gelegen habe, würde fehl
gehen. Abgesehen davon, dass fraglich erscheinen kann, ob der Anspruch
im Momente der Cession nicht schon einV. Obligationenrecht. N° 38. 323

gegenwärtiger war, ist nach der in der heutigen Doktrin und Praxis
unbestritten herrschenden Anschauung auch die Cession von zukünftigen
Forderungen insbesondere dann zulässig, wenn ein Rechtsverhältnis aus
dein eine bestimmte Forderung entstehen kann, besteht (ogl. Attenhoser
in Zeitschrift s. schweiz. Recht, N. F., IV S. 223 ff.). Dass nun Geiger
in der Folge seine Einlage wirklich gemacht hat und somit ein Anspruch
gegen den Beklagten für ihn entstand, ist von der ersten Instanz aus
der Anerkennung des letztern in der Abrechnung vom it"). März 1898
mit Recht gesolgert worden. Die Anfechtung dieser Abrechnung durch den
Beklagten entbehrt jeden Grundes-. Er hat sich dafür weder auf einen
der in den Art. 24 ff. O.-R. normierten Mängel des Vertragsabschlusses
noch aus Art. 16 O.-R. berufen, sondern lediglich geltend gemacht,
die Abrechnung sei ein rein sormater Akt, der darin vorkommende
Ausdruck die Einlage ist bar geleistet- ein rechnerischer Behelf im
Interesse des Resultates gewesen, sowie, Geiger wäre zur Abrechnung
nicht mehr legitimiert gewesen, nachdem er seinen Anteil den Klägern
cediert habe. Letzteres Argument fällt schon deshalb dahin, weil die
Cession nur bis zur Höhe der Forderung der Kläger erfolgte, während
der Anteil Geigers am Liquidationsergebnisse diesen Betrag übersteigen
konnte und auch thatsächlich, nach der Abrechnung, überstieg. Und
die erstere Behauptung ist durch nichts erwiesen; dagegen spricht in
schliissigster Weise für die Thatsache, die in der Abrechnung anerkannt
ist, der Umstand, dass der Beklagte den Geiger in der ganzen Zeit bis
zum 15. März 1898 nie um Einzahlung seiner Einlage gemahnt, sondern ihn
fortwährend als Gesellschafter behandelt hat. Nach dem Gesagten muss die
Cesston als rechtsgültig anerkannt werden, und es sei nur noch bemerkt,
dass selbstverständlich das äusserst eigentümliche Verhalten Geigers
dem Beklagten gegenüber und dessen Interpretation der Cessionsurkunde
rechtlich völlig bedeutungslos ist; die Einrede des Irrtums Geigers,
die der Beklagte daraus ursprünglich hergeleitet hatte, hat er mit Recht
schon in der ersten Instanz fallen gelassen.

4. Es kann sich sonach nur noch fragen, ob die vom Beklagten eventuell
erhobene Kompensationseinrede begründet sei. Diese Einrede stützt sich
auf die Forderung des Beklagten von 500,000 Fr.

324 Civilrechtspflege.

laut Hypothekarobligation vom 29. April 1896 gegen Geiger und auf die
Kündigung dieser Obligation durch den Beklagten vom 2. Juni 1898 aus den
2. September gl. Jahres. Da es sich somit um die Kompensation mit einer
grundversicherten Forderung handelt, bestimmt, nach den vom Bundesgericht
in seinem Entscheide vom 1. Juni 1895 in Sachen Beck gegen Heuer & (Cie.,
Amtl. Sig., Bd. XXI, S. 544 E. 2, ausgesprochenen Grundsätzen, gemäss
Art. 130 O.-R. das kantonale Recht, inwieweit die Verrechnung überhaupt
zulässig ist; dagegen wird, wenn diese Zulässigkeit einmal anerkannt
ist, die Frage, ob in einem gegebenen Falle eine nichtgrundversicherte
Forderung durch Verrechnung mit einer grundversicherten erlösche,
vom eidgenössischen Recht beherrscht und ist deshalb vom Bundesgericht
nachzuprüsen In casu haben nun die kantonalen Gerichte die einzig vom
kantonalen Rechte geregelte Frage der Zulässigkeit der Verrechnung
mit einer grundversicherten Forderung wenigstens implicite bejaht, so
dass Vom Bundesgericht zu untersuchen ist, ob die Kompensationseinrede
aus Gründen des eidgenössischen Rechts gutgeheissen werden muss. Das
schweiz. Obligationenrecht handelt von den Einreden, die der Schuldner
dem Cefsionar entgegenhalten kann, in Art. 189 Abs. 1, ohne dabei
die Einrede der Kompensation näher zu normieren. Letztere Einrede wird
wirksam mit dem Eintritte der Fälligkeit der zur Kompensation verstellten
Gegenforderung. Im vorliegenden Falle waren nun zur Zeit der Mitteilung
von der Abtretung an den Beklagten im Zeitpunkt, auf welchen Art. 189
les 1 abstellt weder die abgetretene Forderung noch die Gegenforderung
des Beklagten fällig; festgestellt ist ferner, dass die den Klägern
abgetretene Forderung vor der Gegenfordernng des Beklagten an Geiger
fällig wurde. Es fragt sich daher, ob in dem Falle, wo Forderung und
Gegensorderung erst nach Mitteilung der Abtretung an den Schuldner fällig
werden, die Fälltgkeit der abgetretenen Forderung jedoch vor derjenigen
der Gegenforderung eintritt, der Schuldner dem Cessionar die Einrede
der Kompensation wirksam entgegenhalten könne. Die Beantwortung dieser
Frage kann nicht unmittelbar aus Art. 189 Abs. 1 Q.-R. geschöpft werden,
da die hier gebrauchten Ausdrücke Einreden, welche ..... entgegenstanden
und vorhandenV. Ohligationenrecht. NO 38. 325

waren nicht ohne weiteres klar find; die Frage ist daher aus

dem Wesen der Cession und der Kompensation und gemäss den praktischen
Grundsätzen, die diese Institute beherrschen, sowie an Hand der
Wissenschaft zu lösen. Nun folgt zunächst aus dem Wesen der Cession als
einer Sondernachfolge in ein Vermögensrecht des Abtretenden, dass dieses
Vermögens-recht nur abgetreten werden kann mit allen ihm anhaftenden
Mängeln, dass der Cesfeonar daher auch nur mit diesen Mängeln Gläubiger
wird; und zwar ist für die Entstehung dieser Mängel massgebend der
Zeitpunkt der Anzeige an den Schuldner, da erst von diesem Momente an
die Cession dem Schuldner gegenüber wirksam wird. Es sind daher dem
Schuldner gegen den Cessionar jedenfalls alle Einreden zu gestatten,
die bis zu diesem Momente entstanden waren (ng. Windscheid, Vaud.,
7. Aufl II S. 240 f.). Allein die praktischen Bedürfnisse des Lebens und
die Rücksichtnahme auf den Schuldner nötigen, weiter zu gehen. Es ist
nämlich weiterhin als Rechtsgrundsatz anzuerkennen, dass die Lage des
Schuldners durch die Cession, diesen einseitigen Akt des Gläubigers,
nicht verschiechtert werden darf; eine solche Verschlechterung fände
nun aber nicht nur dann statt, wenn schon vor der Abtretung bezw. deren
Mitteilung entstandene Einreden gegen den Cedenten dem Cessionar nicht
entgegengehalten werden dürften, sondern auch dann, wenn der Schuldner
dies Aussicht hatte, dereinst, bei der Fälligkeit der Forderung, eine
Einrede erheben zu können, insbesondere also dann, wenn er selber zu
jener Zeit eine Gegenforderiing hat, die im Momente der Hauptforderung
fällig und daher kompensationsfähig ist. In solchen Fällen ist ihm daher
die Einrede der Kompensation auch gegen den Cessionar zu gestatten.
Der Wortlaut des Art. 189 ABM O.-R.steht dieser Auslegung keineswegs
entgegen. Allerdings ist richtig, dass die Einrede der Kompensation in
einem solchen Falle dem Schuldner zur Zeit der Anzeige von der Abtretung
noch nicht zusteht; allein die Gegenforderung hat er schon und damit die
Möglichkeit der dereinstigen Geltendmachung jener Einrede. Das Gesetz
kann aber unter entgegensiehen und vorhandensein sehr wohl auch diese
Möglichkeit verstehen. (Vgl. in diesem Sinne: Dernburg, Geschichte und
Theorie der Kompensationz Hafner, Kommentar z. O.-R.,

326 Civilrechtspfiege.

2. Aufl., Art. 189 Anm. 2; Schneider u. Fick, Komm Art.. 189 Anm. 1;
vgl. auch § 406 des deutschen B.-G.-B. gegenüber § 303 des I. Entm)
Dagegen verhält es sich anders da,. wo die Gegenforderung des
Schuldners erst nach der (abgetretenen) Hauptsorderung fällig wird:
hier konnte er niemals erwarten, die Einrede der Kompensation gegenüber
dem ursprünglichenGläubiger erheben zu können; er kann sie daher auch
dein Cessionar nicht entgegenstellen Die oben aufgeworfene Frage ist
sonach zu verneinen und die Einrede der Kompensation mithin abzuweisen.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und somit das Urteil des
Appellationsgerichts des Kantons Baselstadt vom 30. Januar 1899 in allen
Teilen bestätigt.

39. Urteil vom 28. April 1899 in Sachen Kreditanstalt St. Gallen gegen
Eckert.

Bereicherungsklage, Art. 70 )?". 0.-R. Sparkassebüchlem mir der
Legitimaiionsklausel; rechtliche Natur. Cession der-Sparîeasseguthaben?
Vea-pfdndung derselben; Art. 215 0.-R. Dem-steige Sparkassebe'ichlein
können nicht Gegenstand des Retentionsrechts (Art. 2.24 ().-R. ) sein.

A. Durch Urteil vom LL./27. Januar 1899 hat das Kantonsgericht des
Kantons St. Gallen erkannt:

Die Klage ist im Sinne der Erwägungen geschützt

B. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
erklärt und folgende Anträge gestellt:

1. Die Klage sei abzuweisen.

2. Es seien diejenigen Editionsakten, welche von den Parteien ins Recht
verlangt worden seien, jedoch nicht vorgelegen haben einzufordern,
speziell das Guthabenbüchtein Nr. 7523 der Hypothekenbank Basel, in
Kopie oder beglaubigtem Duplikat.V. Obligationenrecht. N° 39. 32?

3. Eventuell sei die Streitsache an die Vorinstanz zum Zweckeder
Aktenvervollständigung zurückzuweisen, und der Beklagten derZeugenbeweis
dafür abzunehmen, dass im Bankverkehr die kantonsgerichtliche Auslegung
des Art. 184 Abs. 2 D.M. nicht als richtig angesehen werde, derselbe
vielmehr annehme, dass in Fällen wie der vorliegende die schriftliche
Beurkundung der Cession von. Sparkassascheinen, Guthabenbüchlein,
durch den Hinterleger, aus dessen Namen sie nicht lauten, nicht nötig sei.

Jn der heutigen Hauptverhandlung erneuert der Anwalt derBerufungsklägerin
diese Anträge; der Anwalt der Berufungsbeklagten beantragt Abweisung
der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der fallite und flüchtig gewordene Pfarrer Eugsier trat am 5. Juli
1894 mit der beklagten Kreditansialt St. Gallen in Geschäftsverbindung
durch Erhebung eines Darlehens von 7000 Fr.. gegen Hinterlegung
von Wertpapieren, welchem bald weiteregleiche Geschäfte folgten. Am
23. August 1894 stellte er, aufj gedrucktem Formular der Beklagten,
für ein empfangen-es Darlehen ein Schuldanerkenntnis von 12,000 Fr. aus
mit der Vemerkung, er hinterlege ihr als Sicherheit für diese, sowie
allfälligs übrige Verbindlichkeiten in Faustpfandrechten diverse Papiere
laut Verzeichnis Am 24. August 1894 übergab Eugster der Beklagten als
Hinterlage 21 Werttitel im Nominalbetrage von 38,818 Fr. 65 Cis. und
sodann am 9. Oktober ein auf den Namen derKlägerin ausgestelltes
Depositenbüchlein Nr. 4997 der Hand-· werterbank Basel, und ein
Guthabenbiichlein Nr. 7523 der Hypothekenbank in Basel, ebenfalls
auf den Namen der Klägerin lautend. Das Depositenbüchlein wies per
1. Dezember 1897 ein Guthaben der Klägerin von 3210 Fr. 85 Cis und
das Guthabenbüchlein per Ende 1897 ein solches von 8871 Fr. auf.. Auf
dem Umschlag des Depositenbüchleins sind die für Annahmevon Depositen
bestehenden Bestimmungen abgedruckt, worunter folgende: Die Einleger
erhalten auf den Namen aus-gestellte mit der Unterschrift des Direktors
versehene Büchlein, worin alle Einoder Riickzahlungen eingetragen und mit
dem Visa des Kassiers versehen werden. Bei ganzen oder teilweisen Rückzah-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 25 II 318
Datum : 22. April 1899
Publiziert : 31. Dezember 1899
Quelle : Bundesgericht
Status : 25 II 318
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 318 Civilrechtspfiege. Instanz angenommen werben, dass der Klager als anerkannt


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • schuldner • bundesgericht • frage • darlehen • richtigkeit • zins • kantonales recht • kantonsgericht • zahl • monat • unterschrift • verzugszins • kaufpreis • erste instanz • hypothekenbank • zahlung • bewilligung oder genehmigung • kopie • angabe
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