186 Givilrechtspflege.

ners, sie durch die angefochtenen Einzahlungen an die Aargauische
Bank zu begünstigen, Kenntnis gehabt haben oder wenigstens bei einiger
Aufmerksamkeit diese fraudulöse Absicht haben erkennen können. Daneben
führt sie allerdings aus, wenn der Biirge SchürchMarti an der
Gläubigerversammlung erklärt habe, man habe gedacht, es sei am Platze,
dassS . Schneider vom Erlös aus dem Verkauf seines Geschaftes an die
Forderung der Aargauischen Bank Zahlung leiste, so werde man ohne fehl
zu geben, sagen müssen, dass dieser Gedanke auch dem Schuldner geäussert
und dieser von den mit Verlust bedrohten Bürgen ersucht worden sei, den
von ihnen verbürgten Kredit aus jenem Erlös in erster Linie zu tilgen
und sie vor Verlust zu schützen. Allein diese Ausführung kann doch
nur in dem Sinne verstanden werden, dass der Vorinstanz, mit Rücksicht
auf die Erklärungen Schürchs, eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür zu
sprechen scheint, dass sowohl Schiirch als auch die andern Bürgen den
Gemeinschuldner zur Leistung jener Einzahlungen veranlasst haben. Denn
einerseits ist klar, dass die bezeichneten allgemeinen Erklärungen
Schürchs einen direkten Beweis sür die letztere Annahme nicht bilden,
sondern in dieser Richtung bloss eine Vermutung begründen, und anderseits
ist umsoweniger anzunehmen, dass dieselbe als Feststellung eines
Beweisergebnisses im Sinne von Art. 81 des OrganisationsGesetzes gemeint
gewesen sei, als eine solche Feststellung von dem von der Vorinstanz
eingenommenen rechtlichen Standpunkt aus überhaupt nicht notwendig
war. Kann daher nicht als feststehend angenommen werden, dass sich die
beklagten Burgen bei der in Frage stehenden Begünstigungshandlung des
Gemeinschuldners wirklich beteiligt haben, so muss die Anfechtungsklage
ihnen gegenfiber ebenfalls abgewiesen werden Demnach hat das Bundesgericht
erkannt:

Die Berufung der klägerischen Konkursmasse wird abgewiesen, dagegen
die Berufung der beklagten Bürgen gutgeheissen und demgemäss die Klage
der Masse gegenüber allen Beklagten abgewiesen.VI. Organisation der
Bundesrechtspflege. N° %. 18?

VI. Organisation der Bundesrechtspfiege. Organisation judiciaire fédérale.

25. Urteil vom 25. Januar 1899 in Sachen Müller gegen Ebersold.

Art. 58 Org. -Ges.-. Hauptusirteil. Gegen Entscheide über die
Exe-que'erbaesskeit einer Forderung ist die Ber ufung nicht siatfieaft.
Art. 85 Beten-Ges.

Durch Urteil des Appellationsund Kassationshofes des Kantons Bern
vom 11. Juni 1897 war Friedrich Ebersold, Redaktor und Verleger des
Jntelligenzblattes in Bern, verurteilt worden, dem Dr. Franz Müller
in Frankfurt a. M. für geleistete Anzahlnngen einen Betrag von 9045
Fr. zurückzuerstatten ec. Durch Entscheidung des Bundesgerichts vom
10. Dezember 1897 wurde dieses Urteil mit der Massgabe bestätigt, dass die
Klagesumme vom Tage der Klage hinweg zu verzinsen sei ze. (Kosten). Müller
leitete

' nunmehr für die ihm zugesprochenen Beträge Betreibung ein, Eber-

sold erhob indes Rechtsvorschlag mit der Begründung: Die Forderungen
seien durch Gegenleistungen gemäss Notifikation des Ebersold an
Müller getilgt; zudem seien dieselben noch gepfändet und es sei dem
Ebersold untersagt, an Müller Zahlung zu leisten. Müller verlangte und
erwirkte nun definitive Rechtsössnung und setzte die Betreibung bis zum
Konkursbegehren fort. Daraufhin deponierte Ebersold die geforderte Summe
beim Richeramte Bern und stellte, indem er gleichzeitig um provisorische
Sistierung der Betreibung nachsuchte, bei der genannten Gerichtsstelle
das Rechtsbegehrent Es sei die von Dr. Franz Müller gegen Friedrich
Ebersold gestützt auf Urteil vom 10. Dezember 1897 eingeleitete Betreibung
für den Hauptbetrag von 9045 Fr. samt Zins seit 24. Dezember 1894 und
Prozesskosten von 950 Fr, nebst Verzugszinsen und Betreibungskosten,
welche Beträge am 26. Februar und 18. März 1898 beim Richteramt Bei-n
deponiert wurden, aufzuheben Zur Begründung dieses Rechtsbegehrens führte
Ebersold im wesentlichen aus: Witwe

188 Civilrechtspflege.

Salomon in Koblenz habe die Forderung des Müller an Ebersold für eine
ihr an Müller zuftehende Ansprache im April und Mai 1896 in Stuttgart,
dem damaligen Wohnsitze des Müller, pfänden und sich zur Einziehung
überweisen lassen. Hievon sei ihm (Cherie-id) Kenntnis gegeben und ihm
untersagt worden, soweit der Anspruch gepfändet sei (für 8000 Mark), an
Müller Zahlung zu leisten. Witwe Salomon habe im fernem die Forderung
des Müller an ihn auch in der Schweiz mit Arrest belegen und später
im ordentlichen Betreibungswege pfänden lassen und es sei ihm hievon
durch Notisikation des Betreibungsamtes Berti-Stadt vom 24. Januar
1898 Kenntnis gegeben und ihm untersagt worden, an Müller Zahlung zu
leisten. Desgleichen habe später auch Dr. R. Fecht in Freiburg i. Br. auf
den fraglichen Betrag Anspruch erhoben. Unter diesen Umständen habe
er nicht rechtsgültig an Müller bezahlen können, sondern habe die
schuldige Leistung gemäss Art. 188 und 196 O.-R. hinterlegen müssen,
wodurch er sich von der Schuldpflicht befreit habe. Dr. Müller trug auf
Abweisung des gestellten Rechtsbegehrens an, indem er bestritt, dass die
von Ebersold angerufenen Gesetzesbestimmungen zutreffen. Im Hinblick auf
die Notifikation des Betreibungsamtes Berti-Stadt vom 24. Januar 1898
habe Zahlung gemäss Art. 99 Schuldbetr.und Konk.-Ges. gültig nur noch an
das Betreibungsamt geleistet werden dürfen und habe sich Ebersold durch
Hinterlegung der Schuldsumme beim Richteraml nicht mehr liberieren
können. Der Gerichtspräsident von Bem hiess durch Entscheidung vom
22. März 1898 das von Ebersold gestellte Rechts-begehren gut, und
es wurde diese Entscheidung, auf Appellation des Dr. Müller hin, vom
Appellationsund Kassationshofe des Kantons Bern durch Erkenntnis vom
23. September 1898 bestätigt, im wesentlichen ans folgenden Gründen:
Die Art. 196 und 188 O.:Jè. treffen zwar nicht zu; dagegen sei Art. 107
dieses Gesetzes anwendbar. Denn zufolge des auf die Forderung gelegten
Arrestes habe der Schuldner allerdings weder an den Gläubiger noch an
einen Vertreter desselben zahlen können und sei daher berechtigt gewesen,
sich durch Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit zu befreien. Art. 99
Schuldbetr.und Konk.-Ges. ändere hieran nichts. Derselbe schränke
die Befugnis des Schuldners, zu dem Erfüllungs-VI. Organisation der
Bundesrechtspflege. N° 25. 189

surrogat der Hinterleguug zu greifen, nicht ein. Die Schuld, für welche
die angefochtene Betreibung angehoben worden sei, müsse also als durch
die erfolgte gerichtliche Hinterlegung getilgt angesehen und daher
diese Betreibung gemäss Art. 85 Schuldbetk.und Konk.-Ges. aufgehoben
werden. Gegen dieses Urteil ergriff Dr. Müller rechtzeitig die Berufung an
das Bundesgericht, mit dem Antrage: Es sei in Abänderung des angefochtenen
Urteils der Berufungsbeklagte mit seinem Begehren um Aufhebung der
gegen ihn gestützt auf bundesgerichtliches Urteil vom 10. Dezember 1897
eingeleiteten Betretbung für 9045 Fr. nebst Zins und Folgen abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Zulässigkeit der Berufung hängt davon ah, ob die angefochtene
Entscheidung des Appellationsund Kassationshofes des Kantons Bern
sich als Haupturteil im Sinne des Art. 58 OrgGes. qualifiziert. Als
Haupturteil nun erscheint, wie das Bundesgericht stets festgehalten hat,
nur eine Entscheidung, welche über den streitigen Privatrechtsanspruch
materiell endgültig entscheidet, nicht dagegen erscheinen als Haupturteile
prozessrechtliche Entscheidungen, welche, ohne Über den Bestand eines
Privatrechtsanspruchs endgültig zu urteilen, die Vollstreckung, die
Durchführung der Betreibung für denselben auf Grund summarischer Prüfung
zulassen oder verweigern. Demgemäss hat das Bundesgericht in konstanter
Praxis ausgesprochen, dass gegen Entscheidungen im Rechtsöffnungsverfahren
die Berufung unstatthaft sei, da dieselben sich nicht als Haupturteile
qualifizieren Danach erscheint aber auch die angefochtene Entscheidung des
Appellationsund Kassationshofes des Kantons Bern, obschon sie in der Form
eines Civilurteils erlassen ist, nicht als Haupturteil Dieselbe geht in
ihrem dispositiven Teile einfach dahin, es sei die vom Berufungskläger
gegen den Berufungsbeklagten eingeleitete Betreibung aufgehoben; sie
stellt nicht etwa fest, es sei der den Gegenstand der Betreibung bildende
Anspruch erloschen, sondern sie erklärt lediglich die Betreibung als
aufgehoben; sie betrifft also nicht den materiellrechtlichen Bestand
des vom Berufungskläger geltend gemachten Anspruchs, sondern bloss die
prozessrechtliche Frage, ob die BetretHung aufzuheben sei oder aber zu
Ende geführt werden könne.

190 Givürechtspflege.

Wenn auch allerdings in den Entscheidungsgründen der Ansicht Ausdruck
gegeben ist, es sei der Schuldner infolge Hinterlegung der geschuldeten
Leistung befreit worden, so ist hierüber doch nicht rechtskräftig
entschieden worden und konnte in dem eingeleiteten Verfahren auch nicht
rechtskräftig entschieden werden. Denn die angefochtene Entscheidung
ist in Gemässheit des Art. 85 des Schuldbetreibungs und Konkursgesetzes
erlassen worden, welcher bestimmt, dass ein Schuldner, welcher durch
Urkunden beweist, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder
gestundet sei, jederzeit beim (Bericht, im erstern Falle die Aufhebung,
im letztern Falle die Einstellung der Betreibung bewirken könne. Durch
Art. 85 cit. wird danach dem Gerichte (und zwar offenbar dem Gerichte
des Betreibungsortes) die Aufgabe gestellt, auf Grund summarischer,
auf bestimmte Beweismittel (Urkunden) beschränkter Prüfung, nicht über
den Bestand des geltend gemachten Anspruchs, sondern über Aufhebung
oder Einstellung der BetretBang, über eine rein prozessrechtliche Frage
zu entscheiden Eine Entscheidung, durch welche auf Grund des Art. 85
cit. die Aufhebung der Betreibung angeordnet ist, steht also einer spätern
Geltendmachung des betreffenden Anspruchs im ordentlichen Verfahren
(im Wege der Feststellungsklage oder gegebenenfalls der actio judicati)
nicht entgegen; es kann auf eine solche Entscheidung, welcher materiell
nicht die Natur eines Urteils, sondern eines blossen Beschlusses zukommt,
die Einrede der abgeurteilten Sache nicht gestützt werden.

2. Qualisiziert sich aber demgemäss die angefochtene Entscheidung nicht
als Haupturleil, so kann auf die Berufung nicht eingetreten werden.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Auf die Berufung wird nicht eingetretenVi. Organisation der
Bundesrechtspflege. N° 26. 191

26. Urteil vom 18. Februar 1899 in Sachen Konkursmasse Festner gegen
Festner.

Frist zur Befflfung om das Bundesgericht in Kollokationsstreitigkee'ten.
Art. 250 Abs. 4 Bair,-Gea, Art. 65 Abs. 2 Org.-Ges.

A. Die Klägerin meldete in dem im Jahre 1897 ausgebrochenen Konkurse
ihres Ehemannes Hannibal Festner eine Weibergutsforderung im Betrage
von 38,500 Fr. an, wofür sie das gesetzliche Privilegium gemäss Art. 219
Schuldbetr. u. KonkGes. beanspruchte. Ausserdem sprach sie eine Anzahl
Fahrhabegegenstande des Aktivetats als ihr Eigentum an. Das Konkursamt
anerkannte die angemeldete Weibergutssorderung im Betrage von 20,000 Fr.,
bestritt jedoch die Mehrforderung samt dem beanspruchten Privilegium
(für die ganze Forderung), sowie auch die Fahrhabevindikation. Durch
Urteil vom 4. Oktober 1898 hiess der Einzelrichter des Bezirksgerichtes
Winterthur die Weiberguisforderung im Betrage von weitern 7000 Fr. (ausser
den anerkannten 20,000 Fr.) gut, ebenso die Vindikation bezüglich
der Mehrzahl der angesprochenen Gegenstände, die weitern Ansprüche
der Klägerin, insbesondere auch bezüglich des Weibergutsprivilegiums,
wurden dagegen abgewiesen

B. Auf den von der Klägerin hiegegen ergriffenen Reims, der die Anträge
enthielt, es sei der Klägerin das gesetzliche Privilegium für den
gutgeheissenen Betrag ihrer Weibergutsforderung (27,000 Fr.) zuzusprechen
und überdies ihre Vindikation bezüglich einiger (näher bezeichneten)
weiteren Fahrhabegegenstände nach Abnahme der anerbotenen Beweise
gutzuheissen, hat dieAppellationskammer des Qbergerichtes des Kantons
Bedrich unterm 31. Dezember 1898 erkannt: Der Klägerin werde das
gesetzliche Vorzugsrecht im Sinne des Art 219 Schuldbetru Konk. -.Ges
(IV Klasse) für die Halfte ihrer Weibergutsforderung von 27 000 Fr
zugesprochen; im ubrigen werde der Rekurs abgemieten. Dieses Erkenntnis
ist dem Konkursamt Wülslingen laut

Cmpfangschein am 28 Januar 1899 zugestellt worden
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 25 II 187
Datum : 25. Januar 1899
Publiziert : 31. Dezember 1899
Quelle : Bundesgericht
Status : 25 II 187
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 186 Givilrechtspflege. ners, sie durch die angefochtenen Einzahlungen an die Aargauische


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
bundesgericht • schuldner • kassationshof • kenntnis • frage • beklagter • betreibungsamt • zins • rechtsbegehren • zahl • vorinstanz • konkursamt • aargau • konkursmasse • salomonen • witwe • entscheid • kantonales rechtsmittel • gerichtliche hinterlegung • zahlung
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