370 Entscheidungen der Schuldbeireihungs-

Einrede, Schuldner sei zu keinem neuen Vermögen· gekommen, feine Frist
für das Anbringen dieser Einrede festsetzt, wohl aber sagt, dass auf Grund
des Verlustscheines eine neue Betreibung nur dann angehoben werden könne,
wenn der Schuldner zu einem Vermögen gekommen sei, welche Frage von den
Gerichten zu beurteilen ist

C. Gegen diesen Entscheid rekurrierte Rey rechtzeitig an das Bundesgericht
mit dem Antrage aus Aufhebung desselben und Fortsetzung der Betreibung.

Zur Begründung führt er im wesentlichen aus: Nach den Art. 69, Abs. 3,
und 74 B.-G. könne der Schuldner das Recht, die Forderung aus dem
Betreibungswege geltend zu machen, nur innert10 Tagen seit der Zustellung
des Zahlungsbesehles bestreiten. In casu habe der Schuldner abgesehen von
dem Teilbetrage von 8 Fr. die Forderung sogar ausdrücklich anerkannt. Es
gehe nun nicht an, 14/2 Monate seit Zustellung des Zahlungsbesehls und
nach erfolgter Pfäudung auf die Einrede des mangelnden Vermögens bei der
Betreibung noch Ritcksicht zu nehmen. Ein verspäteter Rechtsvorschlag
sei, da sich die Verhältnisse seit Anhebung der Betreibung nicht
geändert hätten, unstatthaft. Jnnert welcher Frist die Bestreitung zu
geschehen habe, sei freilich nicht in Art. 265, wohl aber in Art. 74
V.-G. ausdrücklich gesagt. Eventuell müsste wenigstens für den erst
nach dem Konkurse entstandenen Teil der Forderung die Fortsetzung der
Betretbung zulässig sein.

D. In ihrer Vernehmlassung trägt die kantonale Aufsichtsbehörde auf
Abweisung des Rekurses an, indem sie den Erwägungen ihres Entscheides
noch beifügt:

si Mit dem Entscheide des Betreibungsamtes sei nicht ausgesprochen,
dass die Forderung des Reh nicht aus dem Betreibungswege geltend zu
machen resp. fortzusetzen, sondern nur, dass dieselbe bis nach dem
gerichtlichen Entscheide über die Frage des neuen Vermögens gehemmt
sei. Das Bundesgesetz wolle die Zulässigkeit dieser Einrede unmöglich auf
die zehntägige Frist des Art. 74 beschränken So könnten z. B. bei einem
Erbsalle die für die Frage des neuen Vermögens erheblichen Umstände
sich nachträglich in ganz unerwarteter Weise gestalten, so wenn etwa
sich herausstelle,und Konkurskammer. N° 35. 371

dass der Schuldner seinen Anteil auf Erbe hin bereits bezogen oder dass
er das geerbte Vermögen bereits verbraucht habe.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht . in Erwägung:

Es handelt sich vorliegenden Falles lediglich um die Rechtsfrage, ob
die durch den Art. 265 B.-G. vorgesehene Einrede des mangelnden neuen
Vermögens innert der zehntägigen Frist des Art. 74 B.-G. vom Schuldner
geltend zu machen ist oder nicht.

Nun hat der Bundesrat in seinem Entscheide in Sachen Laurer (Archiv V,
Nr. 80) diese Frage bereits in ersterm Sinne entschieden und damit
erkannt, dass in der Erhebung der genannten Einrede eine Bestreitung
des Rechtes, die Forderung auf dem Betreibungswege geltend zu machen
(Art. 69, Biff. 3, B.-G.) zu erblicken sei. Von diesem Entscheide,
auf dessen Erwägungen hierorts verwiesen wird, abzukommen, hält das
Bundesgericht nicht für gerechtfertigt und kann deshalb der Auffassung
der Vorinstanz in dieser Frage nicht beistimmen.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird begründet erklärt und der angesochtene Entscheid der
kantonalen Aufsichtsbehörde von Nidwalden aufgehoben.75. Entscheid vom
25. Juli 1899 in Sachen Schärer.

Lohnpfändung und nachherige Konkurseröfi'nung. Der zur Zeiä der
Konkurseröfinung noch nicht verdiente Lolm fällt nicht in die
Konkurs-masse. Art. 197 und 199 Abs. 1 Betr Ges. .

I. Am 14. März 1899 wurde über Jakob Schärer, Angestellten der
Hypothekarkasse des Kantons Bern, auf eigenes Begehren der Konkurs
eròffnet. Im Januar gleichen Jahres hatte das Betreibungsamt Pera-Stadt
für mehrere Gläubiger des Schärer von der Besoldung desselben einen Betrag
von 30 Fr. per Monat aus ein Jahr gepsändet. Nach der Konkurserösfnung

XXV, i. 1899 25

3 72 Entscheidungen der Schuidbetremungs-

verlangte Schärer die Aufhebung dieser Pfändung,· wurde aber vom
Konkursamte Eltern-Stadt unterm 25. April 1899 mit seinem Begehren
abgewiesen, mit der Erklärung, die Lohnpfändung sei allerdings für die
Pfändungsgläubiger dahingefallen, bestehe aber fttr die Konkursmasse
fort. Gegen diese Verfügung beschwerte sich Schärer bei der bernischen
kantonalen Aufsichtsbehörde, die ihn jedoch mit Entscheid vom 16. Juni
1899 unter Berufung auf Art. 199 abwies.

II. Nun wandte sich Schärer an das Bundesgericht, um vor diesem seinen
Antrag auf Aufhebung der fraglichen Verfügung des Konkursamtes Berti-Stadt
zu wiederholen. Er ist der Ansicht, dass der Arbeitsverdienst nicht zu
dem nach Art. 197 des Betreibungsgesetzes in die Konkursmasse fallenden
Vermögen gehöre und dass sich auch Art. 199 auf gepfändeten Lohn nicht
beziehe.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

i. Die durch die Praxis in gewissem Umfange als zulässig anerkannte
Pfandung noch nicht verdienten Lohnes ist ereeptioneller Natur
insofern, als das Objekt der Pfändung, das Lohnguthaben, im Zeitpunkte
des Vollzugs, als präsenter Vermögenswert noch gar nicht existiert,
vielmehr nur eine Möglichkeit vorhanden ist, dass dasselbe zur Entstehung
gelangen werde. Man hat es somit eigentlich mit einer antieipierten
Pfändung zu thun, die erst einen Inhalt empfängt und erst perfekt
wird, wenn der beschlagnahmte Lohn thatsächlich verdient ist. Da
nun das Betreibungsgesetz durchwegs, wo es von der Pfändung und ihren
Wirkungen handelt, die Pfändung vorhandener, existenter Vermögensobjekte
voraussetzt, so können die betreffenden Vorschriften nicht ohne weiteres
auch auf die Pfändung noch nicht verdienten Lohnes angewendet werden,
vielmehr wird es sich, wenn man es mit einer derartigen Psändung zu thun
hat, bei jeder einzelnen rechtlichen Folge, die das Gesetz an die Pfändung
knüpft, fragen müssen, ob darunter der Pfändungsakt zu verstehen fei,
oder ob das Existentwerden der Lohnforderung dazu gekommen sein müsse.

2. Hieraus folgt, dass die Bestimmung in Art. 199, Abs. 1 des
Betreibungsgesetzes, wonach gepfändete Vermögensstücke, derenund
Konkurskammer. N° 75. 373

Verwertung im Zeitpunkte der Konkurserössnung noch nicht stattgefunden
that, in die Konkursmasse fallen, den vorliegenden Fall nicht entscheidet
Au sich bezieht sich auch diese Vorschrift offenbar nur auf solche
Vermögensstücke, die im Zeitpunkte der Konkurseröffnung als einen
reellen Wert repräsentierend vorhanden sind. Sie trifft daher wohl
zu für denjenigen Teil gepfäm beten Lohnes, der im Zeitpunkte der
Konkurseröffnung verdient war. Ob sie aber auch denjenigen gepfändeten
Lohn erfasse der in jenem Zeitpunkte noch nicht verdient war, ist eine
Frage, für sich, die nur unter Beiziehung der allgemeinen Vorschriften
über die Bildung der Konkursmasse und Unter Berücksichtigung der Eigenart
einer solchen Lohnvfändung gelöst werden kann.

vZ. Nach Art. 197 gehört zur Konkursmasse sämtliches Vermugen, das dem
Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung angehört; ferner fällt in
die Masse dasjenige Vermögen das dem Gemeinschuldner vor Schluss des
Konkursverfahrens anfällt Der Arbeitsoder Dienstlohn, den der Kridar
nach der Konkurs; eroffnung verdient, kann nun weder unter die eine,
noch unter die andere dieser Kategorien eingereiht werden. Der Konkurs
bezweckt nur die Liquidation des vorhandenen Vermögens zu Gunsten der
Gesamtheit der Gläubiger, die Arbeitskraft des Gemeinschuldners dagegen
und das Produkt derselben, der Lohn soll ihm nicht entzogen werden. Einmal
bedarf er desselben zu seinem und seiner Familie Unterhalt, anderseits
ist sein persönlicher Verdienst in der Regel das einzige Mittel, das
ihm die Grundung einer neuen wirtschaftlichen Existenz ermöglicht Es
ist denn auch die Admassierung des Lohnes, den der Schuldner während der
Dauer des Verfahrens bezieht, in den konkursrechtlichen Bestimmungen des
Betreibungsgesetzes nirgends vorgesehen oder auch nur erwähnt; während
beim Pfändungsverfahren ausdrücklich von der Pfändung von Lohnguthaben
die Rede ist (Net. 93 des Betreibungsgesetzes), Dass der Konkursit
in dieser Weise in gewissem Sinne vor dem auf Pfändung Betriebenen
privilegiert werden wollte, ergiebt sich auch aus der Verschiedenheit
der Rechte aus dem Verlustschein im Pfändungsverfahren und derjenigen
aus dem Konkursverlustscheine Letzterer berechtigt nämlich zur Anhebung
einer neuen Betreibung nur wenn der

374 Entscheidungen der Schuldhetreibungs--

Schuldner zu neuem Vermögen gekommen ist (Art. 265, Abs. 2 des
Betreibungsgesetzes), eine Beschränkung, die bei der Normierung
der Rechte ans dem Verlustschein im Pfändungsversahren (Art. 149 des
Betreibungsgesetzes) fehlt. Unter neuem Vermögen im Sinne von Art. 265,
Abs. 2 kann aber der Arbeitsverdienst des Schuldners so lange nicht
verstanden werden, als er nicht kapitalisiert und so zu eigentlichem
Vermögen geworden ist So wenig nun als die Konkursgläubiger nach
Durchführung des Konkurs es auf den Arbeitslohn des Kridars greifen
könnenso wenig ist ihnen der Lohn verfangen, den derselbe während der
Dauer des Verfahrens verdient. Hier wie dort erfordert die Rücksicht auf
die Erhaltung der Arbeitskraft des Schuldners, die ihm seine und seiner
Familie materielle Lebensbedürfnisse sichern und die Schaffnng einer
neuen Lebensstellung ermöglichen soll, dass ihm der Arbeitslohn belassen
werde. Gehört aber dieser grundsätzlich nicht zu den Vermögensobjekten,
die nach Art. 197 des Betreibungsgesetzes in die Konkursmasse fallen, so
kann hieran auch der Umstand, dass der Lohn vor der Konkurseröffnung auf
eine gewisse Zeit gepfändet war, nichts ändern. Sonst würde in dieser
Richtung der Schuldner, welcher der Konkursbetreibung unterliegt, von
vornherein besser dastehen, als derjenige, gegen den die Betreibung
ans dem Wege der Psändung zu führen isi. Vielmehr ist zu sagen, dass
eine Lohnpfändung mit der Konknrseröffnung dahinfällt, soweit sie
sich auf noch nicht verdienten Lohn bezieht und dass Art. 199, Abs. 1
des Betreibungsgesetzes auf gepfändeten Lohn, der im Zeitpunkte der
Konkurseröfsnung noch nicht verdient war, nicht zutrifft.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen für begründet erklärt Und
demgemäss die angesochtene Verfügung des Kontrasamtes Bern-Stadt
aufgehoben, soweit sie sich auf Lohn bezieht, der im Zeitpunkte der
Konkurseröffnung noch nicht verfallen war.und Konkurskammer. N° 76. 375

76. Awét du 25 juillet 1899, dans la cause Wien-nennt et cozworts.

Art. 250 LP., spéc. al. 3 eod.

I. Par jugement du 26 juillet, 1897, le Präsident du tribuna] du
district de Port-antraf a prononcé la faillite d'Emile Girardin, alors
aubergiste à Corno]. Farmi les creanciers inscrits au passif figurent
Henri Grenouillet, marchand de Vin à. Porrentruy, pour une somme de
3170 fr. ei; Albert Husson, notaire à. Porrentruy, pour une somme de
4506 fr. 05 c. En garantie de ces créances, Girardin avait consentî
deux hypothèques sur divers immeubles qu'il avait vendus ensuite, le
16 novembre 1896, à Jules Berdat, aubergiste à Corno]. En ver-tu de
l'état de collocation, doni: le dépòt aété publié le 3 novembre 1897,
et ensnite d'un ache de répartition ou délégation du 27 octobre 1897,
les dits créanciers ont obtenu chacun une délégation sur J. Berdat comme
acquéreur des dits immeubles, savoir:

Grenouiilet pour le montani; total de son inseription de 3170 fr. (d'après
une rectification ultérieure sa créance ne s'éleve qu'à 3148 fr. 60 c.),
et Husson jusqu'à concurrence de 2807 fr. 25 c. Pour le surplus de sa,
créance, soit 1698 fr. 80 c., ce dernier & été colloqué en 5° classe.

II. Par citation notifiée le 13 novembre 1897, Joseph Theuvenat et Joseph
Frossard, les deux admis au passif comme créanciers chirograsipheires,
le premier pour 1710 fr.

20 c., le second pour 699 fr. 40 c., ont intenté conjointement,

à Grenouillet et à Husson, deux actions distinctes concluant chacune à,
ce qu'il plaise à la. Cour:

1. Prononcer la nullité des obligations hypothécaires (du 24 juillet 1894
en faveur de Grenouillet et du 30 septembre 1896 en faveur de Husson)
consenties par le fajlli Girardin et partant la nullité des inscriptions
hypothécaires prises en vertu de ces actes au bureau des hypothèques
(le 6 aoüt 1894 et le 9 octobre 1896), soit la nullité des hypo-
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Dokument : 25 I 371
Datum : 25. Juli 1899
Publiziert : 31. Dezember 1899
Quelle : Bundesgericht
Status : 25 I 371
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 370 Entscheidungen der Schuldbeireihungs- Einrede, Schuldner sei zu keinem neuen


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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