366 Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

mittleramt ohne einschränkenden Zusatz stehen gelassen worden mar, so dass
sie von der Empfängerin notwendiger Weise auch aus den Weibergutsanspruch
bezw. die Anschlusspfändung bezogen werden musste. Wenn nun bei dieser
Sachlage Frau HelerBerger die Klage auf Schutz ihres Weibergutsanspruches
und der Anschlusspfändung innert zehn Tagen beim Vermittleramt,
statt beim Bezirksgericht, anbrachte, so kann daran nicht die schwere
Folge des Dahinfallens ihrer Teilnahme geknüpft werden. Nachdem die
Ansprecherin vom Betreibungsamt selbst mit ihrem Anspruche vor einen
inkompetenten Richter gewiesen worden ist, so geht es nicht an, dass
die Betreibungsbehörden die innert der Frist erfolgte Anrufung dieses
allerdings inkotnpetenten Richter? ignorieren und erklären, es falle die
Anschlusspfändung wegen Versäumung der Klagefrist dahin; vielmehr ist zu
sagen, dass unter solchen Umständen Frau Helfenberger durch die Ladung
vor Vermittleramt das nötige gethan hat, um ihre Rechte zu wahren und
ihre Teilnahme aufrecht zu erhalten. Sobald hievon ausgegangen wird,
kann darin, dass die kantonale Aufsichtsbehörde auf Ansuchen der Frau
Helfenberger verfügte, es sei eine neue Anzeige und Fristanfetzung
zu erlassen, nichts gesetzwidriges erblickt werden; sondern es liegt
darin einfach eine Massnahme der Zweckmässigkeit, die dazu diente,
das Verfahren auch formell in die richtige Bahn zu leiten. Demnach
hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Rekurs wird
abgewiesen. und Konkurskammer. N° 73. 367

73. Entscheid vom 20. Juli 1899 in Sachen Kopp.

Art. 92 Z-iff. 10 Beton-Ges. Entschädigung für Körperverletzung. Der
für Heilungskosten zugesprochene Betrag ist grundsätzlich pfcîndbmss.

I. Z. G. Kopp, alt Lehrer, früher in Bern, jetzt in Ried bei Schlosswyl,
erhielt von der schweizerischen Centralbahngesellschaft für einen schweren
Unfall, der ihn betroffen hatte, eine Haftpflichtentschädigung von 13,258
Fr. 52 Cts. ausbezahlt In dieser Summe war ein Posten von 1138 Fr. 12
Cts. für Krankheitsund Heilungskosten inbegriffen, wovon 198 Fr. auf eine
Rechnung des Juselspitals Bern (Jnselund Armenkrankenhauskorporation)
entfielen. Kopp liess diese Rechnung unbezahltz er wurde daher vom
Jnselspital für den freiwillig auf 132 Fr. herabgesetzten Betrag derselben
Betrieben. Als gepfändet werden sollte, erklärte das Betreibungsamt
Bern-Stadt, der Schuldner besitze dermalen kein pfändbares Vermögen;
die von ihm bezogene Unfallentschädigung sei nach Art. 92 Ziff. 10 des
Betreibungsgesetzes unpfändbar. Hiegegen beschwerte sich die Gläubigerin
bei der bernischen kantonalen Aufsichtsbehörde mit dem Antrage, es
sei die dem Schuldner Kopp verabfolgte Entschädigung, soweit sie für
Krankheits-: und Heilungskosien zugesprochen wurde, als pfändbar zu
erklären und das Betreibungsamt anzuweisen, die verlangte Pfändung
vorzunehmen. Es wurde angebracht, dass nach dem bundesgerichtlichen
Entscheide in Sachen Bovet und Kaufmann (Archiv V, Nr. 52) die dem Kopp
zugesprochene Entschädigung nur insoweit unpfändbar sei, als sie ein
Ersatz für den Ausfall von Arbeitskraft bilde; sie sei daher, soweit die
Heilungsund Pflegekosten betreffend, pfändbar. Der Schuldner wendete ein,
es können die Krankheitsund Heilungskosten von der Unfallentschädigung
nicht ausgeschieden und gepfändet werden. Wären sie pfändbar, müssten sie
für jeden Gläubiger gepfändet werden dürfen. Zudem sei die Entschädigung
für die Spitalkosten nicht mehr vorhanden.

II. Die kantonale Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde des

368 Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

Jnselspitals mit Entscheid vom 9. Juni 1899 gut und. wies das
Betreibungsamt Bau-Stadt an, die von demselben verlangte Pfändung
vorzunehmen Hiegegen beschwert sich der Schuldner beim Bundesgericht.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht

1 in Erwägung:

2. Nach Art. 92 Ziff. 10 des Betreibungsgefetzes find unpfändbar
die Pensionen und Kapitalbetrage, welche als Entschädigung für
Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung dem Betroffenen oder seiner
Familie geschuldet werden oder ausbezahlt worden find. Die Bestimmung
bezieht sich ihrem Wortlaute nachnur aus die Entschädigungsbeträge,
die das Äquivalent der verloren gegangenen Arbeitskraft und körperlichen
(oder geistigen) Jutegrität bilden, Umfasst aber nicht auch den Ersatz
der Kosten, welche auf die Heilung und die Wiederherstellung der
Gesundheit verwendet wurden. Diese Beträge sind gerade dazu bestimmt,
aus dem Vermögen des Verletzten wieder auszuscheiden, und es darf gewiss
nicht als Wille des Gesetzgebers angesehen werden, dasshieraus von den
Gläubigern desselben nicht solle gegriffen werden können. Kann aber auch
die ratio legis nicht für die Auffassung des Rekurrenten angerufen werden,
so darf um so weniger derAusnahmebestimmung von Art. 92, Ziff. 1.0
eine über ihren Wortlaut hinaus-gehende Tragweite beigelegt werden
(vergl. hierAmit. Samml., Bd. XXII, S. 335). Was somit der Rekurrent
als Ersatz für Heilungsund Verpflegungskosten während derHeilungsperiode
erhalten hat, ist dem Zugriff der Gläubiger nicht entzogen und musste vom
Betreibungsamt auch für die Forderung des Jnselspitals gepfändet werden,
sofern die fraglichen Werte in. dieser oder jener Form noch vorhanden
waren. Jst nun eine Un fallenischädigung, von der ein Teil pfändbar,
der andere unpfändbar ist, in einer einheitlichen Summe ausbezahlt
worden, so geht es nicht an, dass der Schuldner-, was er zuerst daraus
verbraucht, einfach auf Rechnung der pfändbaren Quote der Entschädigung
setze. Vielmehr kann falls nicht etwa von vornherein der unpfändbare
Teil in erkennbarer Weise zu besonderer Verwaltung und Zweckbestimmung
ausgeschieden worden ist, in welchem Falleund Konkurskammer. N° 74. 369

die. Frage vielleicht anders zu lösen wäre der Teil, der auf Heilung-Zund
Verpflegungskvsten entfällt, so lange für die Schulden. des Verletzten,
speziell für die Schulden, zu deren Deckung ihm die Entschädigung
geleistet wurde, gepfändet werden als nicht dar-gethan ist, dass
der gepfändete Betrag nicht aus deni pfandbaren Teile herstammt. Ein
solcher Nachweis ist im vorliegenden Falle nicht einmal versucht worden.
Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen74. Entscheid vom 20.Ju1i 1899 in Sachen Ren

Art.' 265 Abs. 2 und 3 Bair,-Ges. Die Einrede, der Schuh-Ineossee mem
zu neuem Vermögen gekommen, ist nach Art. 69 Ziff 3 Beha-Ges. als
Besssreitung der Betree'bbarkee'é eine-r Wandern-by eins-erfassen
ums daher gemäss Amt. 74 906! innert der zehn tagegen Frist für den
Recktsuorschiag geltend Zu machen.

A. Jakob Ret), Viehändler in Luzern, betrieb laut Zahlungsbefehl vom
15. Dezember 1898 den Franz Hug in Ennetmoos bei Stan? für einen Betrag
von 4869 Fr. 85 Cts., wovon 4418 Fr. 88 Cis. fich auf einen Verlustschein
in dem vorangegangenen Konkurse des Hug stützten Letzterer erhob gegen die
Betreibung Rechtsvorschlag für 8 Fr., weil die Forderung laut Geltenroddel
nur 4410 Fr. 88 Cfs. betrage. Am 16. Januar 1899 wurde für den anerkannten
Betrag von 4861 Fr. 85 Ets. ein dem Schuldner zugefallenes Erbbetresfnis
gepsändet. Mit Zuschrift vom 4. Februar 1899 bestritt nunmehr der
Schuldner, im Sinne von Art. 265 B.-G., zu neuem Vermögen gekommen zu
sein. Hierauf versiigte das Betreibungsamt Starts, dass die Betreibung
bis zur Hebung dieser Bestreitung nicht weiter zu führen sei.

B. Eine vom Gläubiger gegen diese Verfügung eingelegte Beschwerde wies die
kautonale Aufsichtsbehörde am 29. Mai 1899 als unbegründet ad, erwägend:
dass Art. 265 B.-G. für die
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 25 I 367
Datum : 20. Juli 1899
Publiziert : 31. Dezember 1899
Quelle : Bundesgericht
Status : 25 I 367
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 366 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-- mittleramt ohne einschränkenden Zusatz


Stichwortregister
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