Entscheidungen der Schuldhetreibungsund Konkurskammer.

Arréts de la Chambre des poursuites

et des faillites.135. Entscheid vom 8. Oktober 1898 in Sachen Fritschi.

Bech-tsvarscklag, innert der lotdgigen Frist durch die Post einer
unzustcîndigen Amtsstetle eingereicht und erst nach Ablauf der Frist an
die zuständige Amtsstellg gelcmgt ; Verspätung ?

I. Am 26. Mai 1898 wurde für eine Forderung von Brunner, Sohn,
Christoffefgasse 5 in Bern, cm die Finita Fritschi & Cie. in Basel,
vertreten durch (Emil Fritschi in Winterthur durch das Betreibungsamt
Berti-Stadt in Ausführung eines Arrestbefehles des Gerichtspräsidenten
von Bern ein Betrag Von 400 Fr der sich auf dem genannten Betreibungsamt
befand, mit Arrest belegt.

Mit Zahlungsbefehl Vom 8. Juni (Nr. 56,643) leitete Brunner Sohn
gegen die Firma Gebrüder Fritschi & Cie. in Basel, vertreten durch
Fritschi, Emil, Neu-Allschwylerftrasse in Basel Betreibung ein. Der
Zahlungsbefehl wurde am 9. Juni der Ehefrau des Emil Fritschi durch den
Postboten zugestellt. Am 21. Juni erhielt das Betreibungsamt Beim-Stadt
durch VermittLung des Betreibungsamtes Arlesheim ein an das letztere
gerichtetes, vom 17. Juni datiertes Schreiben des Emil Fritschi, worin
dieser gegen die mit Zahlungsbefehl vom 8./9. Juni gegen ihn

708 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

angehobene Betreibung Rechtsvorschlag erhob. Am 27. Juni erklärte das
Betreibnngsamt non Berti-Stadt dem Anwalte des Emil Fritschi auf seine
Erkundigung hin, der Rechtsvorschlag sei verspätet.

II. Emil Fritschi stellte hierauf bei der bemischen Aufsichtsbehörde das
Begehren: 1. Das Betreibungsaint Berti-Stadt sei anzuweisen, den erwähnten
gegen seinen Zahlungsbesehl Nr. 56,643 gerichteten Rechtsvorschlag als
gültigen Rechtsdorschlag zu behandeln. 2. Es sei das vom Betreibungsamt
Berti-Stadt allfällig weitergeführte Betreibungsverfahren Nr. 56,643
als gesetzwidrig

aufzuheben. Rekurrent führte im wesentlichen aus: Er sei seit '

10. März in Neu-Allschwyl, Kantons Baselland, domiziliert. Den seiner
Ehefrau am 9. Juni vom Postboten zugestellten Zahlungsbefehl des
Betreibungsamtes Berti-Stadt vom 8. Juni habe Rekurrent am 17. Juni mit
einein Rechtsvorschlag versehen und mit brieslichem Rechtsvorschlag
am 18. Juni 1898 an das Betreibungsanit Arlesheini, d. h. an das für
Neu-Allschwyl zuständige Betreibungsamt gesandt. Letzteres habe aber den
Rechts-vorschlag inerkwürdigerweise an das Betreibungsaint Basel-Stadt
gesandt. Am 20. Juni habe dieses Betreibungsaint den fraglichen
Rechtsvorschlag an das Betreibungsamt Arles-heim zurückgeschickt mit
der Bemerkung, dieser Rechtsvorschlag gehe nicht das Betretbungsanit
Basel-Stadt, sondern das Betreibungsamt Bein-Stadt an. Arn 21. Juni sodann
habe das Betreibungsamt Arlesheim den mehrerwähnten Rechtsvorschlag
dem Betretbungsamte BernStadt zugesandt, bei welchem derselbe noch am
gleichen Tage eingelangt sei. Nun sei allerdings die Rechtsvorschlagsfrist
Montag den 20. Juni 1898 ausgelaufen gewesen. Allein gleichwohl halte
der Beschwerdeführer dafür, dass er gegen den Zahlungsbefehl Nr. 56,643
rechtzeitig Rechtsvorschlag erhoben habe. Dadurch nämlich, dass es den
erhaltenen Rechtsvorschlag weiterbefördert, habe das Betreibungsamt
Arlesheiin die Verpflichtung anerkannt, den Rechtsvorschlag an das
betreibende Betreibungsamt ohne Verzug weiterzuleiten. Es werde
festgestellt, dass der Rechtsvorschlag diesem Betreibungsanit durch
Emil Fritschi so rechtzeitig übermittelt worden sei, dass dasselbe
solchen spätestens am 20. Juni 1898 vor 6 Uhr abends der Post zur
Weiterbeförderung an dasund Konkurskammer. N° 135. 709

Betreibungsamt Beim-Stadt hätte übergeben können. 'ES müsse aber auch
genügen, wenn ein Schuldner, der von einem auswärtigen Betreibungsanit
betrieben merde, seinen Rechtsvorschlag rechtzeitig demjenigen
Betreibungsaint zustelle, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz habe.

III. Die Aufsichtsbehörde wies den Rekurs als unbegrundet ab: Sie habe in
einem frühem Falle erkannt, dass die Rechtsvorschlagserklärung gegenüber
demjenigen Betreibungsanit abgegeben werden niüsse, das den Zahlungsbefehl
erlassen, und nicht gegenüber demjenigen, durch dessen Vermittlung das
die Betretbung durchführende Betreibungsatnt den Zahlungsbefehl habe
zustellen lassen. Im vorliegenden Falle, wo keine solche Konkurrenz
zwischen requirierendem und ausführendem Betreibungsath bestanden, wo
das Betreibungsamt, dein der Rechtsvorschlag eingereicht wurde, mit der
betreffenden Betreibung gar nichts zu thun gehabt habe, habe unzweifelhaft
der Betriebene den Rechtsvorschlag nur entweder bei der Zustellung des
Zahlungsbesehls dem Briefträger (siehe Art. 2 und 7 des Bundesbeschlusses
vom 18. Dezember 1891 betreffend Abänderung der Transportordnung für die
schweizerischen Postens oder dann dem Betreibungsamt erklären können. Ob
das Betreibungsamt Arlesheim ein Verschulden treffe, habe die bernische
Aufsichtsbehörde nicht zu untersuchen. Wäre dies der Fall, so würde
das anadem Schicksal der vorliegenden Beschwerde nichts zu ändern bewegen.

IV. Emil Fritschi hat die Verfügung der Aufsichtsbehorde des Kantons
Bern unter Berufung auf die Begründung seiner fruhern Beschwerde an das
Bundesgericht weitergezogen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Rekurrent anerkennt, dass er gegen den seiner Ehefrau am 9. Juni
vom Postangesiellten übergebenen Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes
Bau-Stadt vom 8. Juni axa 18. Juni Rechtsvorschlag erhoben habe, dass
aber dieser beim ketreibungsamt Arlesheim erhobene Rechtsvorschlag erst
am 21. Juni dein Betreibungsamt Berti-Stadt übermittelt worden ist. '

2. Ob ein betriebener Schuldner gemäss Art. 74 des Betretbungsgesetzes
nicht nur bei dein Betreibungsamt, welches den

710 Entscheidungen der Schuldbetreibun gs-

Zahlungsbefehl ausgestellt hat, sondern auch bei demjenigen, welches
den Befehl zugestellt hat, Rechtsvorschlag erheben könne, braucht
das Bundesgericht vor-liegend nicht zu untersuchen Das Betreibungsamt
Arles-heim, welchem der Rechtsvorschlag vom Schuldner übermittelt wurde,
hatte vorher in der Betreiburig keine Rolle gespielt. Der Zahlungsbefehl
vom 8. Juni war dem Rekurrenten vom Betreibungsamt Berti-Stadt nicht
durch das Betreibungsamt Arlesheiin, sondern direkt durch die Post
zugeleitet worden. Das einzige Betreibungsamt, welches also für
die Entgegennahme des Rechtsvorschlages in Frage kommen konnte, war
qasjenige von Bern-Stadt, und diesem ist, infolge unrichtigen Vorgehens
des Schuldners, der Rechtsoorschlag erst nach Ablan der zehntägigen
Frist des Art. 74 zugekommen Daraus, dass er qen Rechtsvorschlag
bereits am 18. Juni, d. h. innerhalb der zehntägigen Frist der Post
übergeben hatte, könnte der Schuldner nicht folgern, dass die Frist zur
Erhebung des Rechtsvorschlags gemäss Art. 32 des Benseibungsgesetzes als
eingehalten zu betrachten sei, da er seine Mitteilung an eine unzuständige
Stelle adressierte, somit innerhalb der zehntägigen Frist thatsächlich
gar keinen gesetzmässigen Rechtsvorschlag der Post übergab. Aus dein
Umstand, dass das Betreibungsamt Arlesheim den Rechtsverschlag der Post
noch rechtzeitig zur Weiterbeförderung an dasBetreibungsamt Beim-Stadt
hätte übergeben können, kann Reimrent auch keine Einrede schöpfen. Das
Betreibungsamt Arlesheini war dem Schuldner gegenüber zu einer solchen
Weiterbesörderung nicht verpflichtet und wäre berechtigt gewesen, ihm
seinen Rechtsvorschlag zurückzusenden.

Die Aufsichtsbehörde des Kantons Bern hat demgemäss den Rechtsvorschlag
des Schuldner-s mit Recht als verspätet betrachtet

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Rekurs
wird abgewiesen. und Konkurskammer. N° 136. 711

136. Entscheid vom s. Oktober 1898 in Sachen Häuple

Bei-let der Gläubigerverwmmluny zur Feststellung der Ko-nkm'smasse.

I. Am 3. Mai 1898 beschloss die Gläubigerversammlung im Konkurse des
Gottlieb Häuptli, Schreiner in Turgi: Es sei das Inventar in der Weise zu
ergänzen, dass auch samtliche Maschinen nebst der Schreiiierwerkstatt,
weiche vom Gemeinschuldner auf dem Grundeigentuni seines Vaters Jakob
Hauptli erbaut worden, auszunehmen seien. Das Inventar wurde durch
nachträgliche Aufnahme des Werkstattgebäudes und des Motorhauses sowie
verschiedener Maschinen im Gesamtschatzungswerte von 14,850 Fr. ergänzt

II. Jakob Häuptli, der Vater des Gemeinschnldners beschwerte sich gegen
dieses Vorgehen der Gläubigerversainmlung und des Konkursamtes bei der
Untern Aufsichtsbehörde, indem er beantragte, es sei der fragliche
Beschluss der Gläubigerversamnilung aufzuheben und der Nachtrag im
Konkursindentar zu streichen.

Die untere Aufsichtsbehörde entsprach unterm 18. Mai 1898 dem Begehren
des Rekurrenten in allen Teilen. _ .

HI. Eine Anzahl Gläubiger beschwerten sich bei der oberen kantonalen
Aufsichtsbehörde gegen den Entscheid der untern Aufsichtsbehörde und
beantragien, es sei derselbe zu widerrufen.

Diesen Beschwerden ist zu entnehmen, dass vor dem Konkurse des Gottlieb
Häuptli sämtliche Schreinereinrichtungen,· Werkzeuge ac gepfäiidet und
Vater Häuptli auf den Weg der Vindikationsklage verwiesen worden war,
welchen Weg er auch eingeschlagen

atte.

h Die obere Aufsichtsbehörde erklärte die Beschwerdebegehren als begründet
und hob die angefochtene Verfügung auf. Sie fuhrte aus: Die untere
Aufsichtsbehörde sei nicht befugt gewesen, die Frage zu entscheiden, ob
die nachträglich auf das Konkursinventar des Gemeinschuldners gebrachten
Gegenstände im Eigentum dieses letztern oder in demjenigen seines Vaters
Jakob Hauptli stehen. Über diese Frage dürfen nicht die Ausschtsbehorden
im Beschwerdeverfahren urteilen, sondern es müsse hieruber der ordentliche
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 24 I 707
Datum : 08. Oktober 1898
Publiziert : 31. Dezember 1898
Quelle : Bundesgericht
Status : 24 I 707
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Entscheidungen der Schuldhetreibungsund Konkurskammer. Arréts de la Chambre des


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