14 Urteil vom 19. März 1896 in Sachen Baumann gegen Nordostbahn.

A Der Urteilsantrag des Jnfiruktionsrichlers gieng dahin: 1 Die
schweizerische Nordoftbahngesellschaft hat an den Expropriaten zu
bezahlen:

70 ab utretendes Land, zu A Fur 9232 m" z . Fr. 184,654 --

20 r er m2 . B. Fur agzutketende Gebäude . . . . . 68,663 23
c. Für abzutretende Maschinen . . . 20,23c n. Fur die auf dem
Erpropriationsobjekte vor2 107 25 handene Einfriedigung . . . . . .
, . E. Für die vorhandenen Gekeife . . . . . 4,468 -

F. Als Ersatz für Umzugskoftem a. pro Wagenladung Bretter, à 10,000 Kg
86 Fr. b pro Wagenladnng Rund-hole 10, 000 Kg 36 Fr. c. pro Wagenladung
Brennholz,ä10, 000 Kg 31 Fr. d. pro Wagenladung Coaks und Kohlen, à 10,
000 Kg 25 Ur.I. Abtretung von Privatrechten. N° 14.

G, Erfatz für indirekte Nachteile der Erfordpriatiom

a. für Mehrarbeit des Prinzipals für

Liquidation auf dem alten Platze,

Jnftallation auf dem neuen, ver-

mehrte Aufsicht, u f. w Fr. 2,700 b. für vermehrtes Personal während des
Umzuges . 1,500 c. für vermehrte Fuhrleiftungen . 800 d. fÜr Verteuerung
des Holztransportes per Bahn zum Depot . 5,000 e. für Kundenverluft
während des Umzuges . 2,000 tsfür Kundenverlusi infolge der Verlegung
des Platzes fÜr die Zukunft 6,000 H. Für Behinderung in dem Geschäfte
während der Dauer desErpropriationsverfahrens infolge der Beschränkung
der Dispositionsbefugnis, abgesehen von den unter G berücksichtigten
Faktoren . . . 2,000 I. Für Wertvermindernng des Materials durch den
Umzng: a. bei Brettern und Latten . 2 3 0/0 b. bei Brennholz . . . . 1
2 0/Ü c. bei belgischen Würfelund Anthrazitkohlen . . . 15 0/O d. bei
Saarflammkohlen, Coaks und Steinkohlenbriquettes 5 Ü/0 e. bei Braunkohleu
und Braunkohlenbriquettes . . . 10 0/8 des Wertes.

51

Ks Die Bahngesellschaft hat dem Expropriaten für den Ankaufspreis des
neuen Lagerplatzes und die sonstigen Bauauslagen denjenigen Zins vom
1. Mai 1894 bis 1. April 1895 zu ersetzen, den der Expropriat nachweislich
hiefür selbst hat aus-

Iegen müssen.

52 B. Civilrechtspfiege.

2. Die Gesamtsumme ist vom Tage der Räumung des Lagerplatz-es zu 50/0 zu
verzinsen und gemäss Art. 43 ff. des Erwopriationsgesetzes abzubezahlen.

Z. Die Verisikation der Massangaben bleibt den Parteien vorbehalten.

4. Mit seinen weiter gehenden Forderungen ist der Erpropriat abgewiesen

5. Die 500 Fr. betragenden Jnstruktionskosten werden der Bahngesellschaft
auferlegt.

Die Parteilosien sind wettgeschlagen.

B. Dieser Antrag wurde von der Nordosibahngesellschaft angenommen. Der
Erpropriat rief dagegen den Cntscheid des Bundesgerichtes an, indem er
folgende Anträge stellte:

1. Erhöhung der Entschädigung siir das abgetretene Land von 20 Fr. aus
35 Fr. per msi-î

2. Erhöhung der Entschädigung für Verteuerung des Holztransportes per
Bahn zum Depot von 5000 Fr. aus 20,000 fg-r.

3, Verpflichtung der N.-O.-B. zur Zinsvergütung vom einem 1894 bis
1. Oktober 1895 (Datum der Übernahme des alten Lagerplatzes durch die
N.-D.-B. und des vollständigen Betriebes aus dem neuen Plage), anstatt
bloss bis zum i. April 1895.

Jm Anschluss an diese Anträge verlangte Expropriat Ergänzung des
Expertengutachtens in folgenden Richtungen:

1. Die Experten seien einzuladen:

a. den Wert des Landes in der Zeit der Übernahme desselben durch die
N.-O.-B. (1. Oktober 1895) zu ermitteln, eventuell

denjenigen von Ende des Jahres 1894; -

b. festzustellen, ob, wenn die Erpropriation gegen Baumann

nicht durchgeführt werde, für sein Land die faktische Möglichkeit si

im Sinne des Bundesgesetzes über die Rechtsverhältnisse der
Verbindungsgeleise und daher auch das Recht zur Wiederherstellung des
Privatgeleiseanschlusses existiere, sowie, im Falle der Bejahung dieser
Frage, bei der Wertangabe des Landes dasselbe als ein solches mit dem
Recht auf Privatverbindungsgeleise zu tarierenz

c. bei der Vergleichung des Wertes des Bäumlin'schen und Bautnann'schen
Landes ihrem Gutachten die Tatsache zu Grunde zu legen, dass das
Bäumlin'sche Land nicht als Bauterrain qualifiziert werden könne (wie
dies auch in einem blindes-gerichtlichen

I. Abtretung von Privatrechten. N° 14. 53

Urteilsantrage gesagt sei), während das Banmann'sche Grundstück
aîîv Bautetrain geeignet fei, sowie dass der Bäuinlin'sche Platz
Pjntenwirtschaften und ein Bordell als Nachbarschaft und keine
Privatgeleisemöglichkeit habe;

d. ausdrücklich zu sagen, ob sie bei Feststellung der Preisskeigerung des
Bauterrains zu beiden Seiten des Bahnhoses eine Reihe näher bezeichneter
Kaussgeschäfte als reale Käufe berücksichtigt haben;

e. die Frachtbriese aus den Jahren 1892 1895 und die Tarife der
N.-O.-B. und Sihlthalbahn im Bureau des Erpropriaten einzusehen, und
so festzustellen, ob die Angaben des Expropriaten über die Anzahl der
jährlich von ihm bezogenen Wagenladungen Holz und Kohle, circa 400
Waggons, und die Preisdisserenz von 2 Fr. per Waggon zwischen Station
Giesshüoet und Station Berici) richtig im. si

2. Die Experten seien zur Beantwortung folgender Fragen auf Grund
dieserzErgänzungen zu veranlassen:

ai. Ob der Wert des Baumann'schen Bauplatzareals (mit
PrivatgeleisemöglichkeitJ per Januar 1894 aus mehr als 18 Fr.
zu bezissern sei, und auf wie viel ? sowie ob die Preissteigerung der
Bauplätze in dortiger Gegend vom Januar bis September 18P94eauf mehr
als 10 0/0 des Wertes anzuschlagen sei, und aus wie viel?

b. Welches der Wert des Baumann'schen Landes am 1. thoBer 1895 und
welches der Wert zu Ende 1894 gewesen sei?

c. Ob der dem Expropriaten durch Verteuerung des HolzErd Kohlentransportes
an den neuen Geschäftsplatz entstehende Zchxään nicht aus 800 Fr. jährlich
zu taxieren und daher Dde'r wieFerlstFtt 5000 Fr. Entschadigung hiesiir
zuzusprechen sei,

OspDie Nordostbahngesellschaft erkannte das Begehren des Exkwprtatenl
auf Zinsvergütung vom 1. Mai 1894 bis 1. Oktober 895, anstatt bloss bis
1. April 1895 (Disp. 1 K des Urteilsinfrage?) als begründet cm, da die
Übernahme der Erpropriaovansubjekte m der Tat erst mit dem 1. Oktober
1895 erfolgt sei. STF Ubrigen beantragte sie Abweisung der Begehren des
Erwoprlaten und Zustimmung zum Urteilsantrage. si

DJn der heutigen Verhandlung hielten beide Parteivertreter

54 B. Civilrechtspflege.

an ihren schriftlich gestellten Anträgen fest. Der Anwalt des Erpropriaten
beantragte, eventnell ohne Aktenvervollständigung im Sinne seiner
materiellen Begehren zu entscheiden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Expropriat besass in Zürich III in der Nähe des Vorbahnhofes
der N.-O.-B. einen grossen Lagerplatz mit Gebäulichkeiten, den er für
den Betrieb seines Holzhandels benutzte. Dieser Lagerplatz wird von der
N.-O.-B. für die Erweiterung des Vorbahnhofes vollständig erpropriiert. Im
November 1892 fand für diese Erweiterung eine Planauflage statt. Das
Erpropriationsverfahren wurde jedoch erst aus Grund einer zweiten
Planauflage vom Januar 1894 eingeleitet und durchgeführt Im April
1894 erklärte die Nordostbahn der Schätzungskommission zu Handen des
Expropriaten, dass die Abtretung auf 1. April 1895 verlangt werde,
welcher Termin später auf den 1. Oktober 1895 verlegt wurde. Neben der
Entschädigung für die abzutretenden Realitäten, wobei Erpropriat für das
Land 35 Fr. per mg forderte, verlangte derselbe Ersatz für die Nachteile
und Auslagen, die ihm aus der notwendig gewordenen Verlegung seines
Geschäftes erwachsen. Nach den gegenüber dem Urteilsantrag abgegebenen
Erklärungen der Parteien sind heute noch streitig der Einheitspreis für
den abzutretenden Grund und Boden, und die Entschädigungsforderung für die
Mehrkosien des Holztransportes zu dem neuen Lagerplatz des Expropriaten
im Giesshübel (Zürich H).

2. Für die Schätzung des Landpreises haben die bundesgerichtlichen
Erperten gemäss der ihnen erteilten Instruktion einmal den Zeitpunkt
der definitiven Planauflage (2. Januar 1894) und sodann denjenigen
der Schätzung durch die Schätzungskommission (September 1894) als
Basis genommen, und gefunden, dass dem Baumann'schen Terrain ans den
erstern Zeitpunkt ein Wert von 18 Fr. per ma, aus den zweiten aber ein
solcher von 20 Fr. per m2 beizumessen sei. Der Urteilsantrag geht auf
Gutheissung dieses letztern Ansatzes, von der Anschauung ausgehend, dass
der Zeitpunkt, in welchem die Schätzung durch die Schätzungskommission
vorgenommen wird, für die Bestimmung des zu vergütenden Land-

preises massgebend sein müsse. Z. Erpropriat wendet sich nun gegen diese
Schätzung aus zwei

I. Abtretung von Privatrechten. N° 14, 55

Gründen. Er behauptet, dass als Basis für die Schätzung ein Unkichtiger
Zeitpunkt angenommen worden sei, indem nicht sowohl der Zeitpunkt der
Schätzung durch die Schätzungskommission, ais vielmehr einzig derjenige
der Übernahme durch die Bahn, also in casu der 1. Oktober 1895, auf
welchen Tag die Übernahme vereinbart wurde, massgebend fein könne,
und sodann bemängelt er die Schätzung, weil die Experten bei derselben
überhaupt die Preisberhältnisse in diesem Quartier nicht genügend
gewürdigt hätten. Was nun zunächst den letztern Punkt betrifft, so muss
es von vornherein als verfehlt bezeichnet werden, wenn Erpropriat

einerseits die Entschädigung für seinen Platz nach denjenigen

Preisen bestimmt wissen wikis, die in der Nachbarschaft für Bauplätze
sollen gegolten haben, und andrerseits vollen Ersatz für die Aus-lagen
und die geschäftliche Einbusse infolge der notwendig gewordenen Verlegung
seines Holzhandels, den er auf diesem Platze betrieb, fordert. Denn es
ist klar, dass sein Grundstück nur nach

der einen oder der andern, nicht aber nach beiden Richtungen hin

zugleich nutzbar gemacht werden farm. Soll für die Schätzung desselben
seine Eigenschaft als Bauterrain massgebend sein, so darf für die
Verlegung des Geschäftes keine besondere Entschädigung mehr zuerkannt
werden, indem die Verwendung zu Bauten die Räumung des Platzes ohnehin zur
Folge haben würde; wird aber umgekehrt der Expropriat für die Nachteile
aus der Verlegung des Geschäftes entschädigt, so setzt das voraus, dass er
den Platz auch fürderhin nicht überbaut, sondern als Lagerplatz benutzt
haben würde, weshalb in diesem Falle für die Wertung des Grundstückes
lediglich diese Benutzungsart und nicht zugleich seine Verwendbarkeit als
Bauplatz bestimmend sein kann. Dass aber das Grundstück des Expropriaten
als Lagerplatz nicht so hoch gewertet lsktrrden kann, wie wenn es als
Bauterrain zu behandeln ware, liegt auf der Hand, und Expropriat hat denn
auch seine Forderung von 35 Fr. per m2 ausdrücklich mit dem Hinweis auf
dessen Vauplatzqualität begründet Indem nun die Erperten dem Grundstück
des Erpropriaten einerseits einen Wert von 18 Fr. bezw. 20 Fr. beimessen,
wobei, wie die Begründung des GutaChtens zeigt, nicht bloss die Benutzung
als Lagerplatz, sondern Tuch die Möglichkeit einer baulichen Verwertung
mitberücksichtigt

56 B. Civilrechtspfiege.

worden ist, und andrerseits die Nachteile und Auslagen infolge der
Geschäftsverlegung in den im Urteilsantrage gutgeheiszenen Beträgen
ebenfalls in Anschlag bringen, ist den Interessen des Erpropriaten
allseitig in weitgehendent Masse Rechnung getragen und zwar auch dann,
wenn nicht bloss die Landpreisverhältnisse im Januar, bezw. im September
1894, sondern auch diejenigen zur Zeit der Übernahme ins Auge gefasst
werden.

4. Die Frage, auf welchen Zeitpunkt die Wertung des Abtretungsobjektes zu
beziehen sei, ist hienach in concreto ohne praktische Tragweite-. Immerhin
mag bemerkt werden, dass die Ansstellungen des Expropriaten auch in diesem
Punkte nicht als stichhaltig erscheinen. Das Bundesgesetz betreffend
die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten giebt hierauf keine
bestimmte Antwort; ebenso besteht ein allgemein anerkannter Grundsatz
des Erpropriationsrechtes, auf den hier in Ermangelung ausdrücklicher
Gesetzesvorschrift abgestellt werden könnte, nicht. Die Frage hängt
wesentlich von der konkreten Gestaltung des Erpropriationsverfahrens ab,
und diese ist bekanntlich in den bestehenden Erpropriationsgesetzen
eine verschiedene, so dass sich eine zutreffende Lösung nur aus
der Interpretation der konkreten Gesetzgebung ergiebt. Die Frage
ist daher aus dem Zusammenhang der Vorschriften des eidgenössischen
Expropriationsgesetzes, aus der Art, wie der Erpropriationsprozess in
demselben organisiert ist, zu beantworten. Überwiegende Gründe führen
hienach dazu, den Zeitpunkt der Planauslage, bezw. das Ende der in
Art. 12 des Erpropriationsgesetzes vorgeschriebenen Anmeldefrist, für
die Regel wenigstens, als massgebend zu erklären. Kein Raum ist, nach dem
Zuschnitt dieses Gesetzes, für die, allerdings der Billigkeit am meisten
entsprechende Auffassung, dass derjenige Zeitpunkt massgebend sein solle,
zu welchem nicht nur feststeht, dass die Enteignung verlangt, sondern auch
wirklich durchgeführt wird. Der Zeitpunkt, wo auch der Erpropriant an die
Vornahine der Enteignung gebunden ist, tritt, wie das Bundesgericht in
dem Entscheide in Sachen Göbel gegen N.-O.-B. ausgesprochen hat, erst
mit dem bundesgerichtlichen Urteile ein; nun ist aber klar, dass die
Schätzung diesem Moment notwendig voraus-gehen musg, und dass allsällige
Preisschwankungen zwischen der Schätzung und dem Urteile nicht

I. Abtretung von Privatrechten. N° 14. 57

mehr berücksichtigt werden können, wenn das Verfahren nicht endloserl
Ergänzungen und Berichtigungen ausgesetzt sein soll. Ebenso ist klar, dass
die Schätzung auf einen zukünftigen, zumal nicht bestimmten Zeitpunkt,
ein Ding der Unmöglichkeit ist. Der Zeitpunkt, in welchem die Pflicht
zur Abtretung, bezw. Abnahme beidseitig feststeht, kann daher nach dem
gegenwärtigen Gesetz nicht massgebend sein; aus den gleichen Gründen
natürlich auch der vom heutigen Expropriaten bezeichnete Zeitpunkt der
Übernahme und Bezahlung nicht, indem auch dieser Zeitpunkt regelmässig
nach der rechtskräftigen Festsetzung der Entschädigung eintritt, und nur
ausnahmsweise wenn die Parteien es vereinbaren, oder im Falle des Art. 46
Erpr.-Ges., ein früherer Antritt stattfindeL Auch gienge es offenbar nicht
an, wenigstens in diesen Ausnahmsfällen, wo die Schätzung nach dem Wert
zur Zeit der Übernahme möglich ist, auf diesen Zeitpunkt abzustellen,
da das Verfahren

,ein gleichmässiges sein muss, und nicht aus Zufälligkeiten eine

Abweichung von der grundsätzlichen Regulierung eintreten darf. Jst
es aber ausgeschlossen, dass die Abschätzung sich auf einen spätern
Zeitpunkt als denjenigen, zu welchem der Entscheid über die Entschädigung
gefällt wird, beziehe, so kann nach der Organisation des eidgenbssischen
Expropriationsprozesses (f. Art. 26, {ZB-n. 37 des Erpr.-Ges.) auf keinen
spätern Zeitpunkt, als densemgem zu welchem die Schätzung durch die
Schätzungskommission stattfindet, abgestellt werden. Allein auch gegen
die Annahme dieses Zeitpunktes erheben sich gewichtige Bedenken Derselbe
ist ein rein zufälliger; er hängt davon ab, wann die Schätzungskommission
zusammentritt und kann dadurch, dass der Epropriant unt der Einberufung
der Schätzungskommission zögert, nach dessen Willkür hinaus-geschoben
werden; nun geht es aber offenbar nicht Ihm-als Basis für die Wertung
einen so unbestimmten, von Zufalligkeiten und sogar von der Parteiwillkür
abhängigen Zeitpunkt anzunehmen. Die gleichen Bedenken erheben sich gegen
die Annahme des Zeitpunktes, in welchem die Abtretungspflicht feststeht;
auch dieser Zeitpunkt ist von der Parteiwillkür abhängig, indem der
Erpropriat es hier in der Hand hat, denselben durch Bestreifini] der
Abtretungspflicht auf ungewisse Zeit hinauszuschieben. JLlass dieser
Zeitpunkt nicht der massgebende sein kann, ergiebt sich

58 B. Givilrechtspflege.

übrigens aus Art. Si des Expr.-Ges., wonach die Schätzungskommission
auch in Beziehung auf diejenigen Rechte die Schätzung Vorzunehmen hat,
in Betrefs welcher die Abtretungspflicht bestritten ist. Müsste auf
den Zeitpunkt, wo die Abtretungspflicht feststeht, geschätzt werden, so
hätte somit nach Art. 34 cit. die Schätzungskommission in die Zukunft zu
schätzen, was unmöglich die Meinung des Gesetzes sein kann. Alle diese
Schwierigkeiten und Widersprüche verschwinden, wenn als der massgebende
Zeitpunkt derjenige der Planauflage, beziehungsweise des Ablanses
der sich daran anschliessenden dreissigtägigen Frist zur Anmeldung der
Ansprachen, angenommen wird, wobei allerdings festzuhalten ist, dass nach
der Intention des Gesetzes die Einleitung des Schätzungsverfahrens nach
Ablauf dieser Frist ohne Verzug stattzufinden hat. Auch beruht Art. 17
des Reglementes für die Schätzungskommissionen, worin bestimmt wird,
dass sich die Untersuchung der durchschnittlichen Güter-preise in der
betreffenden Gegend auf die letzten 5-10 Jahre auszudehnen hat, offen-
bar auf der Anschauung, dass für die Wertung der Abtretung-sobjekte
nicht ein späterer Zeitpunkt als derjenige der Planauflage, bezw. des
Eingabetermins massgebend sein solle. In diesem Sinne hat sich denn auch
das Bundesgericht bereits in seiner Entscheidung in Sachen Franceschetti
c. Sihlthalbahn vom 2. Dezember 1892 ausgesprochen Diese Annahme hat aber,
wie bereits bemerkt, zur Voraussetzung, dass die Vahngesellschaft, wenn
einmal die Pläne aufgelegt sind und die Eingabefrist abgelauer ist, das
Erpropriationsverfahren sofort einleite und für dessen Ununterbrochene
Durchführung besorgt sei. Jst sie dagegen hierin säumig und tritt
in der Zwischenzeit eine Preis-erhöhung ein, so muss sie es sich
allerdings gefallen lassen, wenn die Differenz zwischen dein Zeitpunkt
der Planauflage und dem durch ihre Schuld hinausgeschobenen Zeitpunkt
der Schätzung zu ihren Ungunsten bei der Schätzung berücksichtigt wird.

5. Was endlich die Forderung für Mehrsrarhten anbetrisft, so
hat Expropriat nicht darzutun vermocht, dass die Schätzung der
bundesgerichtlichen Erperten auf unrichtigen tatsächlichen Annahmen
beruhe, und es ist in diesem Punkt um so weniger Anlass vorhanden,
von ihrem Ansatze abzugeben, als, wie bereits

!. Abtretung von Privatrechten. N° 14. 59

oben erörtert worden ist, die im Urteilsantra e ut e ei" schadigungfür
Nachteile aus der Verlegung gdesg Gaggi? Fixhm als eine reichliche
erscheint, nachdem für die Entschädigung des abzutretenden Landes ein
Grundpreis angenommen worden ist der nicht allein nach der Verwertbarkeit
desselben für das ssz of " geschast des Expropriaten berechnet ist. 9 z-

6. Aus die Anbringen des Erpropriaten betreffend den Gekeifeanschluss
sind die Experten von ihrem Standpunkt aus mit Recht Licht eingetreten
Abgesehen davon, dass der Anschluss bereits vor Jahren gekündet worden
ist, und nach den gegenwärtigen Verhaltnissen beim Bahnhof Zürich offenbar
kaum wahrscheinlich ist dass derselbe in absehbarer Zeit wieder gestattet
werden könnte ?; fann__bee1ee, doch nur gewerblichen Zwecken dienende
Vorteil eines Geleiseanschlusses selbstverständlich dann nicht mehr
Berücksichtigung finden, wenn das Grundstück nicht als blosser Geschäfts-

,platz, sondern als für die Errichtung von Wohngebäuden ge-

eignetes Terrain tariert wird wie dies seite ' ' ns der E ertn
wenigstens-teilweise, geschehen ist. W EUR ;

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der llrteisantragdes Jnstruktionsrichters wird zum Urteil erhoben,
mit der einzigen Abänderung, dass die Verpflichtung der Eli.-O:-B. zur
Zinsvergütung (Disp. 1 K des Urteilsantrages) sur die Zeit vom i. Mai
1894 bis 1. Oktober 1895 ausgesprochen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 22 I 50
Datum : 19. März 1896
Publiziert : 31. Dezember 1896
Quelle : Bundesgericht
Status : 22 I 50
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 14 Urteil vom 19. März 1896 in Sachen Baumann gegen Nordostbahn.


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
wert • bundesgericht • planauflage • frage • berechnung • terrain • stichtag • tag • dispens • frist • sachverständiger • unternehmung • richtigkeit • dauer • holz • zins • vorteil • benutzung • errichtung eines dinglichen rechts • enteigneter
... Alle anzeigen