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die Bestimmungen in Art. 219 und 220 verwiesen, und nun stellt Art. 219
nicht nur die Klassenordnung der nicht pfandversicherten Forderungen anf,
sondern enthält auch den Satz, dass

der Rang der Grundpfandgläubiger untereinander sich nach kan--

tonalem Rechte richte. Daraus ist notwendigerweise zu schliessen, dass
diese Rangordnung ebenfalls im Kollokationsplane festgelegt werden muss.

Dies ergibt sich überdies auch aus den zutreffendeu Erwägungen, welche
die kantonale Aufsichtsbehörde ihrem Entscheide zu Grunde gelegt hat. In
der Tat ware, wenn den pfandversicherten Forderungen nicht ebenfalls
durch den Kollokationsplan ihr Rang zugewiesen wiirde, ein Gläubiger,
der das Psandrecht einer unter die pfandversicherteii eingereihten
Forderungen oder den Rang einer solchen bestreiten wollte, auf den
Beschwerdeweg verwiesen. Dieser eignet sich jedoch in keiner Weise
zur Erledigung solcher rein civilrechtlicher Fragen, und es würde,
wenn man denselben hier zuliesse, dadurch den Aufsichtsbehörden ein
Zuständigkeitsgebiet zugewiesen, zu dessen Behandlung sie sich nach der
allgemeinen Kompetenzzuscheidnng in Art. 17 ff. des Betreibungsgesetzes
nicht eignen.

Jst dies festgestellt, so muss der Kollokationsplan für die Gläubiger
von pfandversicherten Forderungen ebenfalls verbindlich sein, sofern
sie nicht innert gesetzlicher Frist dagegen gerichtliche Einsprache
erheben, und der Konkursverwalter kann nicht auf blosses Begehren eines
Gläubigers hin die einmal festgesetzte Rangordnung abändern. Dies auch
dann nicht, wenn der Konknrsverwalter selbst sich bewusst wird, dass
der Kollokationsplan sehlerhaft sei. Denn dieser ist, abgesehen von der
gerichtlichen Anfechtung, allgemein verbindlich, er schafft Recht unter
den Gläubigern und bildet für das weitere Verfahren die feste Grundlage,
an die sich auch der Konkursverwalter halten muss.

Aus diesen Gründen hat die Schuldbetreibungs und Konkurs Jammer

erkannt: Der Rekurs ist abgewiesenund Koukurskammer. N° 50. 299

50. Entscheid vorn 11. Februar 1898 in Sachen Sütterlin.

I. Für eine Forderung des Dr. A Ssitterlin von 98 Fr. 40 Cis. ist dem
Niklaus Wenger, Maurer, in Reinachf durch das Betreibimgsamt Arlesheim
am 5. März 1894 von seinem Lohne bei Baumeister Stamm-Preiswerk in
Basel ein thrag von 10 Fr. für je 14 Tage gepfändet, und es ist dem
Jlrbeitgeber am 21. März 1894 von dieser Pfändung Kenntnis gegeben
worden. Der Gläubiger verlangte dann mehrfach vom Betrabungsamt Arlesheim
Aushändigung der egepfandeten Lohnguthaben, erhielt jedoch den Bescheid,
der Arbestgeberv Stamm Preiswerk erkläre, dem Schuldner die Lohnabzsuge
nicht gemachd zu haben, da vorher andere Lohnabzüge hatten vollendet
weiden müssen und er weigere sich deshalb, die Betrage auszuliefern. Eine
Beschwerde des Sütterlin gegen das Betreibungsamt Arleshei1n, in der er
verlangte, es solle dieses zur Einziehnng dei gepfändeten Lohnbeträge
verhalten werden, ist von der kantonglen Aufsichtsbehörde seiner Zeit
abgewiesen worden, wesentlich eshalb, weil der Gläubiger jedenfalls zuvor
das Verwerntungsbegehren stellen müsse, bevor er die Ausweisnng des
gepfandetlen Lohnes verlangen könne. Am 11. Juni 1895 hat dann Sutter
in das Verwertungsbegehren gestellt und neuerdings verlangt, dass das
Betreibnngsamt Arlesheim die gepfandeten Betrage von Stamm-Preiswerk
einkassiere. Das Betreibiingsamt widersetzte sich diesem Ansinnen
auch jetzt wieder unterHinweis ans die Weigerung des Arbeitgebers, die
Beträge abzuliefern; es.sei, fuhrtekes aus, nicht seine Sache, sondern
Sache des betreibenden Glaubigers, sich mit Stamm-Preiswerk darüber
auseinanderzusetzen, ob dieser die Lohnabzüge habe machen können oder
nicht. · ·

II. Hierauf brachte Dr. Stitterlin die Angelegenheitwwiedesrum auf dein
Beschwerdeivege vor die kantonale Llussichtsbehorde. Dieset entschied
am 16. Oktober 189Fi dahin, das Betreibungsaäie Arles-heim habe den
Anspruch aus die Lohnabzuge dein Beschixr esührer Sütterlin zuzuweisen in
der Meinung, dass es delm ache des letztern sei, gegen den Arbeitgebek
des Schuldner-vîrzîî gehen. Dem Entscheide sind folgende Erwagungen zu
Grunde ge eg .

300 C. Entscheidungen der Schuldhetreihungs--

Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass der Gläubiger bei
Lohnpsändungen verlangen kann, dass das Betreibungsamt auf Verlangen
des Gläubigers bei Lohnpsändungen den Jnkasso be-

sorgen muss, dagegen kann es in streitigen Fällen den Anspruch .

auf die Lohnabzüge dem Gläubiger zuweisen, in welchem Falle "es dann Sache
des Gläubigers ist, gegen den Arbeitgeber vorzugehen. Es empfiehlt sich,
dieses Verfahren im vorliegenden Falle einzuschlagen, da der Arbeitgeber
seine Zahlungspflicht bestreitet und da dem Betreibungsbeamten nicht
zugemutet werden farm, in Basel zu prozedieren.

Gegen diesen Entscheid hat Dr. Sütterlin rechtzeitig an die
Oberaussichtsbehörde rekurriert. Er hält daran fest, dass bei einer
rechtskräftigen Lohnpfändung, und mit einer solchen habe man es
vorliegend zu tun, das Betreibungsamt in jedem Falle den Jnkasso zu
besorgen habe, ob der Arbeitgeber die Forderung anerkennne oder nicht,
und er schliesst deshalb dahin, das Betretbungsamt Arles-heim sei zum
Jnkasso des gevsändeten Lohnguthabens des Schuldners und zur Ablieferung
an den Gläubiger anzuhalten.

Die kantonale Aufsichtsbehörde beantragt in ihrer Vernehmlassung in
erster Linie Abweisung des Rekurses, eventuell, der Gläubiger sei zu
verhalten, dem Betreibungsaint die zum Vorgehen gegen Stamm-Preiswerk
erforderlichen Kosten vorzuschiessen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Die gesetzliche Grundlage des Begehrens ist offenbar in Art. 100
des Betreibungsgesetzes zu suchen, der bestimmt: Das Betrubungscnnt
sorgt siir die Erhaltung der gepsändeten Rechte und erhebt Zahlung für
fällige Forderungen. Hieraus soll sich im vorliegenden Falle für den
Betreibungsbeamten die Pflicht ergeben, die gepsändeten Lohnbeträge vom
Drittschuldner Stamm-Preiswerk einzuziehen. Die Schlussfolgerng beruht
jedoch auf einer Verkennung der Bedeutung und Tragweite der erwähnten
Bestimmung. Letztere ist aus den vorliegenden Fall schon deshalb nicht
anwendbar, weil sie sich, wie ohne weiteres aus ihrer Stellung im System
des Gesetzes hervorgeht, bloss aus das Stadium derund Konkurskammer. No
50. 301

Pfändung bezieht, nicht auch aus dasjenige der Verwertung, in welches die
Pfändung des Rekurrenten bereits getreten ist. Aber auch ihrem Inhalte
nach trifft die Bestimmung vorliegend nicht zu. Wenn darin gesagt ist,
das Betreibungsamt erhebe Zahlung für fällige Forderungen, so wird
damit nicht allgemein eine Pflicht des Amtes begründet, gepsändete
Forderungen einzuziehenDie Bestimmung bezweckt, wie sich aus dem
ersten Teil des Art. 100 klar ergiebt, lediglich, die Aufgabe des
Betreibungsamtes hinsichtlich der Erhaltung gevsändeter Forderungen
festzulegen. Zu diesem Zwecke giebt sie ihm bloss die Befugnis-,
Zahlungen des Drittschuldners gültig in Empfang zu nehmen, eine Pflicht
zum Einzuge dagegen wird daraus nur insoweit herausgelesen werden können,
als es die Erhaltung der Forderung erfordert. Nicht zu diesem Zweck
verlangt aber vorliegend der Rekurrent vom Betreibungsamt Arles-heim
dass es das gepsändete Lohnguthaben eintreibe. Es ist ihm nicht um die
richtige Verwaltung des Psandgegenstandes zu tun, vielmehr glaubt er,
dass letzterer aus diese Weise zu realisieren sei. Hiesür aber gelten
andere Vorschriften, nämlich diejenigen über die Verwertung, insbesondere
Art. 122 und 131 des Betreibiingsgesetzes, in denen nicht davon die
Rede ist, dass das Betreibungsamt eine gepfändete Forderung einzuziehen
habe. Mit Recht hat deshalb die kantonale Aufsichtsbehörde das dahin
gehende Begehren des Rekurrenten abgewiesen Es kann ferner auch darin
eine Gesetzesverletzung nicht erblickt werden, dass das Betreibungsamt
Arlesheim angewiesen wurde, die Forderung dem Gläubiger zuzuweisen. Ein
solches Vorgehen ist in Art. 131 des Betreibungsgesetzes ausdrücklich
vorgesehen, und die Umstände-des Falles rechtfertigen es, dass von der
Bestimmung vorliegend Gebrauch gemacht wurde. Jnsbesondere liegt es
im Interesse des Glänbigers selbst, dass ihm die Forderung zugewiesen,
statt dass sie versteigert wird.

Aus diesen Gründen hat die Schuldbetreibungs und Konkurs-

kammer erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 22 I 299
Datum : 01. Januar 1896
Publiziert : 31. Dezember 1896
Quelle : Bundesgericht
Status : 22 I 299
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : ! 398 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs- die Bestimmungen in Art. 219 und


Stichwortregister
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