186 B. Ciy'ilrechtspflege.

Entwickelung als Erwerbsgeschäst underhältniszmässig belastet wird u. . w.

Ts. Geht man hievon aus-, so erscheint im vorliegenden Falle eine
Beitragspflicht des Bundesals begründet Die in Rede stehenden Nachtzüge
sind zweifellos besondere Leistungen- im Sinne des Gesetzes. Wenn der
Beklagte in seiner Duplik angedeutet hat, dass die Centralbahn schon
kraft des Art. 3 ihrer Konzession verpflichtet gewesen sei, diese Züge
zu führen, so ist dies, wie sich

aus dem gesaminten Zusammenhange der Konzessionsbestimmungen

klar ergibt, gewiss nicht begründet Wenn sodann auch deren Führung
nicht von der Postverwaltung ist verlangt und beantragt worden so kann
doch nach dem ganzen Sachverhalte, speziell nach dem Erpertengutachten,
keinem Zweifel unterliegen, dass dieselben wesentlich mit im Interesse des
Postverkehrs, speziell zum Zwecke rascherer Beförderung der Briefpost,
sind angeordnet worden, während sie dem durchgehenden Personenverkehr
nur in untergeordneter Weise dienlich waren und, ihrer ganzen Einrichtung
nach, dienlich sein konnten. Bei dieser Sachlage erscheint es als billig,
den Bund, welcher aus der Einrichtung der fraglichen Nachtzüge zwar
nicht nachweisbar einen finanziellen Gewinn, wohl aber den Vortheil
besserer-, rascherer Vermittlung des Postverkehrs gezogen hat, zu einer
Beitragsleistung an die sachbezüglichen Mehr-kosten anzuhalten. Denn
abgesehen von den normalen, gesetzund konzessionsmässigen Leistungen der
Eisenbahnen für die Post liegt die Obsorge für den Postverkehr, dessen
rasche und zweckdienliche Vermittlung dem Bunde als öffentlich-rechtliche
Verpflichtung ob; es ist daher gewiss billig, dass er einen Beitrag an die
Kosten leiste, wenn er den Eisenbahngesellschasten besondere Leistungen
auferlegt, welche ihm eine bessere Erfüllung dieser Verpflichtung
ermöglichen, während sie dem den Bahngesellschaften obliegenden
Personenund Güterverkehr mehr nur untergeordnete Dienste leisten. Jn
Bezug ans das Mass der Beitragspflicht erscheint es in Würdigung aller
Verhältnisse als angemessen, denselben auf den Dritten Theil der von
den Sachverständigen ermittelten Mehrausgabebetrages festzusetzen Es
ist hiedurch einerseits dem Masse des von der Postverwaltnng genossenen
Vortheils, andrerseits dem Umstande Rechnung getragen, dass nach dein
Ge-V.... Givilstreitigkeiien zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
34. 18?

setze die Kosten für Verbesserungen im Interesse des durchgehenden
Verkehrs regelmässig wesentlich von den Bahngesellschasten selbst
getragen werden sollen und dass auch die Lasten, welche die Führung
fraglicher, offenbar mehr probeweise eingerichteter Nachtzüge für die
klagenden Bahngesellschaften mit sich brachten, verhältnissmässig keine
bedeutenden waren. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der Beklagte ist verpflichtet, den Klägern einen Drittheil der ihnen
durch die Führung der in Rede stehenden Nachtzüge entstandenen Einbusse
mit 10,969 Fr. 58 (Stà, sammt Zins à Hof-z seit dem Tage der Zustellung
der Klage (23. November 1888) zu ersetzen.

VIII. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen einerseits und Privaten oder
Korporationen anderseits. Difi'érends de droit civil entre des cantons
d'une part et des partieuliers ou des corporations d'autre part.

34. Urtheil vom 17. Januar 1891 in Sachen Spies} und Moser gegen Zürich

A. Nachdem das Bundesgericht über den von F. Spiess zum Ochsen und
Alfred Moser zum Hirsches-i in Feuerthalen gegen das zürcherische Gesetz
betreffend das Wirthschaftsgewerbe und den Kleinhandel mit gebrannten
Wassern vom 16. Januar 15. Juli 1888 gerichteteten staatsrechtlichen
Rekan seine Entscheidung vom 1. März 1889 gefällt hatte [s. dieselbe,
aus welcher der Thatbestand ersichtlich ist, Amt-sichs Sammlung XV.,
S. 179 u. ff.), erhoben F. Spiess und A. Moser mit Schriftfatz vom
M.,/15. Dezember 1889 beim Bundesgerichte Civilklage gegen den Fiskus des

188 B. Civilrechtspflege.

Kantons Zürich, indem sie die Anträge stellten, das Bundesgericht wolle
erkennen:

1. Der Fiskus des Kantons Zürich habe den Klägern F. Spies; und A. Moser
allen Schaden zu vergüten, der ihnen aus der Aufhebung ihrer ehehaften
Tabernenrechte erwächst

2. Derselbe hat demgemäss dem Kläger F. Spies; den Betrag von 7000
Fr. und dem Kläger A. Moserden Betrag von 10,000 Fr., edentnell einen
durch richterliches Ermessen festzustellenden Betrag, jeweils nebst Zins
zu 5 050 vom 1. Januar 1889 an zu bezahlen.

3. Das neue zürcherische Wirthschaftsgesetz vom 15. Juli 1888 findet
auch auf die Realitäten der Klager in allen Theilen Anwendung und es
hat demzufolge der Kläger F Spiess für die Jahre 1889 und 1890 die
entsprechenden Nachzahlungen für sein Wirthschaftspatent zu leisten,
der Kläger A. Moser für 1889.

4. Der beklagte Fiskus hat die Kosten des Verfahrens zu tragen und an die
Kläger eine richterlich festzusetzende Prozessentschädigung auszurichten

Der beklagte Fiskus des Kantons Zürich seinerseits stellt in feiner
Klagebeantwortungsschrift den Antrag, es möchte die Schadenersatzforderung
der Kläger des gänzlichen verworfen, eventuell auf eine angemessene Summe
im Sinne der nachstehenden Ausführungen reduzirt werden, alles unter
prozessualischer Kostenund Entschädigungsfolge für die Unterliegende
Partei.

B. In thatsächlicher Beziehung ist hervorzuheben, dass, während
die Liegenschaft zum Ochsen fortwährend als Gasthaus mit Schenkund
Speisewirthschaft betrieben wird, auf der Liegenschaft zum Hirschen des
Klägers Alfred Moser seit längerer Zeit (187"0) eine Wirthschaft nicht
mehr betrieben wird, die, früher als grösserer Gasthof beworbene, Realität
vielmehr theils zu einem industriellen Etablisfement, theils zu Wohnungen
eingerichtet wurde. Die zu derselben gehörige Tavernengerechtigkeit
ist vom Eigenthümer an Dritte, welche dieselbe, mit Bewilligung der
staatlichen Behörden, in ihren eigenen Lokalitäten ausübten, verpachtet
worden. Durch Vertrag vom 20. Juni 1883 war die Gerechtigkeit gegen einen
jährlichen Zins von 10 Fr. an Johann Terror,FLH. Civilstreiiigkeiten
zwischen Kantonen und Privaten, etc. N° 34. 189

Bäcker, in Feuerthalen, verpachtet, welcher sie in feinem eigenen
Hause znr Fernsicht ausübte, wo er eine Speiseund Schenkwirthschaft
(ohne Beherbergung von Gästen) betreibt Joh. Tertor hat, als Zeuge
einvernommen, aus-gesagt, die Pacht der Tavernengerechtigkeit (die er
übrigens, da er das Beherbergungsrecht nicht ausübe, nicht voll habe
ausnützen können) habe ihm jährlich, an Pate11tgebühren, nach Abrechnung
des dem Eigenthümer bezahlten Zinses von 10 Fr., eirea 50 Fr. erspart
Der Vertrag seic durch den Eigenthümer Moser im Juli 1889 gekündigt
worden Seit Ende 1889 wird die Tavernengerechtigkeit zum Hirschen
überhaupt nicht mehr ausgeübt Im Fernern sind nach Inkrafttreten des
Gesetzes vom 15. Juli 1888 die Inhaber von Tabernenrechtem sofern
sie ihr Recht weiter ausüben wollten, von den kantonalen Behörden zu
Löhnung eines Wirthschaftspatentes verhalten und es ist ihnen dasselbe
in der gewöhnlichen Form einer persönlichen, für ein Jahr gültigen
Bewilligung ausgestellt worden. Dies ist auch gegenüber den Klägern,
insbesondere dem Kläger Spies; geschehen. Dagegen steht andrerfeits fest,
dass die Jnhaber ehehafter Tavernenrechte, insbesondere die Kläger,
bei Bestimmung der für das Patent zu entrichtenden Abgabe gemäss § 47,
Ziffer i: der Uebergangsbestimmungen zum Gesetze vom 15. Juli 1888 in der
Art entlastet wurden, dass sie mit der Patentgebühr nur im Verhältnisse
einer Getränkeabgabe, allerdings unter Berücksichtigung der durch
das Gesetz überhaupt beabsichtigten Erhöhung der Wirthschaftsabgabe im
Allgemeinen belastet, von dem auf den Gasthofund Speisewirthschastsbetrieb
zu berechnenden Theile der ganzen Abgabe dagegen befreit wurden.

C. In rechtlicher Beziehung werden von den Parteien im Wesentlichen
folgende Gesichtspunkte geltend gemacht: Die Kläger führen grundsätzlich
aus : Die ehehaften Tavernenrechte seien wohlärworbene Privatrechte
(Realgewerberechte), deren wesentlicher Kjuhalt darin bestanden habe,
dass der jeweilige Jnhaber, ohne einer periodischen Bewilligung in
Form einer Patentirung zu Pedurfery die Befugniss zur Ausübung des
Wirthschaftsgewerbes m vollem Umfange besessen und nur die jeweilige
Getränkeabgabe zu entrichten gehabt habe, dagegen von einer Gebühr für
den Spellewirthschastsund Gasthofbetrieb befreit gewesen sei. Durch

19-0 B. Civih'echtspflege.

das zürcherische Gesetz vom 15. Juli 1888 seien diese Rechte aufgehoben
worden und es andere hieran die den Tavernenwirthen durch § 47 des
Gesetzes noch für zwanzig Jahre gewährte Vergänstigung angemessener
Entlastung bei Feststellung der Wirthschaftsabgabe nichts. Denn
die Tavernenwirthe seien sofort mit Inkrafttreten des Gesetzes dem
Patentirungszwang unterworfen und daher des wesentlichsten Inhalts
ihres Rechts beraubt worden. Für diesen Eingriff in ihre Rechte sei der
Fiskus den Tavernenwirthen nach Art. 4 der zürcherischen Verfassung zu
gerechter Entschädigung verpflichtet Diesen Anspruch machen die Kläger
als Inhaber ehehafter Tavernenreehte nunmehr geltend und zwar in der
Meinung, dass die Kläger vom Cmpfange der gerichtlich festzusetzenden
Entschädigung hinweg hinsichtlich des Wirthschaftsbetriebes in allen
Theilen dem neuen Gesetze vom 15. Juli 1888 unterworer sein sollen,
die Uebergangsbestimmungen in § 47, Ziffer 1 cit., also auf sie weiter
keine Anwendung mehr finden würden. Dass die Tavernengerechtigkeit des
Klägers Spiess zum Ochsen zu Recht bestehe resp. bis zum Inkrafttreten
des neuen Wirthschaftsgefetzes chestaiiden habe, sei nicht bestritten.

Dagegen habe der Fiskus schon im staatsrechtlichen Verfahren eingewendet,
die Tavernengerechtigkeit des Klägers Moser zum Hirschean sei erloschen,
weil die bei ihrer Verleihung vorbehaltene Rekognitionsgebühr seit
1797 nicht mehr bezahlt worden fei. Allein wenn auch letztere Thatsache
richtig sein sollte, so könne doch von einem Erlöschen des Tavernenrechts
zum Hirschen nicht die Rede sein. A. Moser habe die Liegenschaft
zum Hirschen mit Cinschluss der dazu gehörigen Tavernengerechtigkeit
erworben, kanzleiisch szugefertigt erhalten und den entsprechenden
Kaufpreis bezahlt; der Bestand des Tavernenrechts sei von den staatlichen
Behörden stets anerkannt worden. Der Verleihungsakt vom 28. Januar 1728
spreche mit keiner Silbe aus, dass die Taberneugerechtigkeit dahinfalle,
wenn die 5 Pfund jährliche Abgabe an den Landvogt von Kyburg nicht
bezahlt werden und es sei dies keineswegs eine nach den Grundsätzen
des objektiven Rechts felbs verständliche Folge. Eine etwaige Säumniss
früherer Amtsstellen oder früherer Berechtigter in der Einforderung und
Bezahlung der Gebühr habe der jetzige Eigenthümer nicht zu vertreten. Jn
demVIII. Civilstreitîgkeiten Zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
34. 191

Eintragungsakte des Klägers Moser, wie überhaupt in allen die
Taveruengerechtigkeit zum Hirschen betreffenden Grundprotokolleintragen
seit 1807 sei des Tabernengeldes keine Erwähnung gethan und es sei
der jetzige Eigenthümer nie zu dessen Bezahlung aufgefordert worden;
er habe also das Recht als ein unbelastetes in gutem Glauben erworben
und besessen. Uebrigens sei das Tavernengeld offenbar desshalb nicht
mehr bezogen worden weil an dessen Stelle eine andere Abgabe getreten
sei. In den Grundprotokolleinträgen von 1797 und 1803 werden die fünf
Pfund Tavernengeld dem Schloss Kyburg allerdings erwähnt, allein
in dem Eintrage von 1803 mit dem Beisatze haben gauge ehemals. Aus
den vom Beklagten selbst produzirten Akten ergebe sich nun dass
früher wie vom Tavernenrechte zum Hirschen noch von einer ganzen
Anzahl anderer Tasfernengerechtigkeiten in Feuerthalen Abgaben an
die Landvogtei in Kyburg zu entrichten gewesen seien, welche dann
sämmtlich in die jährlichen Leistungen ubergegangen seien, zu denen
die verschiedenen Wirthschaftsbetriebe z,beanlagt waren. Auf diesem
Wege werde auch beim Hirschen Jene Rekognitionsgebühr in völlig legaler
Weise in Wegfall gektzmmen sein. In Bezug auf das Quantitativ der den
Klägern gebuhrenden Entschädigung wird bemerkt: Grundsätzlich sei als
Entschädigung derjenige Betrag zu sprechen, um welchen der Verkhrswerth
der betreffenden Liegenschaften durch den Wegfall des eavernenrechts
vermindert werde. Beide Liegenschaften seien ganz eigentlich auf den
Wirthschaftsbetrieb eingerichtet Im Ochsen. bestehe zur Zeit noch eine
zufolge der günstigen Lage sehr stark srequentirte Wirthschaft. Wenn der
.5;)irschen zur Zeit nicht als 5Gasthof benutzt merde, so habe dies nur in
zufälligen persönlichen Jerhaltnisfen des derzeitigen Eigenthümers seinen
Grund und sei daher ohne Bedeutung ; eine Veräusserung des Anwesens könnte
Ohne Zweifel nur unter der Bezeichnung und mit der Bestimmung als Gasthof
geschehen, wofür die Realität ihrer ganzen Einrichtung (der Kelleranlage,
Stallungen u. s. w.) nach von jeher bestimmt gewesen sei und wozu sie
mit leichter Mühe wieder eingerichtet werden könne. Gerade gegenwärtig
hätte sich für eine FTW Veransserung durch den in Aussicht stehenden
Bau der inie Etzwetleeruerthalen resp. Ehr-reiten-Feuerthalen-Schaff-

192 B, Civilrechtspflege.

hausen eine sehr günstige Perspektive eröffnet. Durch Aufhebung der
Tavernengerechtigkeit und Unterstellung unter den Patentirunggzwang
erleiden die Liegenschaften, da ja nunmehr deren Eigenschaft als
Gasthof nicht mehr garantirt werden könne, eine erhebliche Einbusse
an ihrem Verkehrswerth, zumal ja gar nicht ausgeschlossen sei, dass in
der Zukunft an Stelle der freien Konzesfionirnng die Beschränkung der
Wirthschaften aus Grund des Bedürfnisses eingeführt werde, wobei denn
auch bisherige Taverneuwirthschaften in Wegfall kommen könnten. Die
etwelche Entlastung, welche § 47 des zürcherischen Wirthschastsgesetzes
den Tabernenwirthen für die Dauer von 20 Jahren gewähre, enthalte in
keiner Weise eine gerechte Entschädigung und werde von den Klägern,
welche übrigens aus dieselbe bei Zuspruch der geforderten Entschädigung
verzichten, als solche nicht anerkannt. Es sei in der That klar,
dass diese theilweise und zeitlich beschränkte Entlastung in keiner
Weise als Aeauivalent für das ohne zeitliche Beschränkung bestehende
Recht der Inhaber ehehafter Tavernenrechte gelten könne. Nach Ablauf der
zwanzigjährigen Frist des Art. 4? werden die Inhaber ehemaliger ehehafter
Tavernen die volle Wirthschaftsabgabe, einschliesslich des Gasthofund
Speisewirthschaftsgeldes, nicht mehr nur, wie bisher, die Getränkeabgabe,
und zwar nach Massgabe der alsdann geltenden Gesetzgebung zu tragen
haben. Veranschlage man die daherige Mehrausgabe für den Hirschen,
der als bedeutenderer Gasthof in eine der obern Patentklassen werde
rubrizirt werden, auch nur auf 200 Fr. per Jahr, so entspreche dies
bei einer 25-fachen Kapitalistrung einer Summe von 5000 Fr.; für den
Ochsen dürfe eine Mehransgabe von mindestens 100 Fr. angenommen werden,
was ein Kapital von 2500 Fr. ergebe.

Wenn man hiein den durch Wegfall der frühem dauernden Qualifikation als
Gasthof entstehenden Minderwerth rechne, so

erscheinen die klägerischen Forderungen von 10,000 Fr. und

7000 Fr. sammt Zins seit 1. Januar 1889 als mässig berechnet. Dafür
könne auch noch daraus hingewiesen werden, dass das Tavernenrecht zum
Ochsen- laut Kaufbrief von 1823 damalszn 900 Gld. Zürcher Währung
sei taxirt worden und bei einem Tausche um das Tavernenrecht zum
Hirschen im Jahre 1796 dafür 790 Fl. Zürcher Währung seien geleistet
worden.VIII. Givilstreitigkeiten Zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
34 193

Seither seien die Werthverhältnisse be rei i erwei e geworden und die
fraglichen Rechte bedefttenfd km W:rtl?:ngzestai:;:;e Eventuell wenn
das Gericht finden"sollte, diejenige Gestaltung des Klagedegehrens,
wonach das Gesetz vom 15. Juli 1888 vom 1 Ganua 1889 an sofort in
allen seinen Theilen aus die klägerischen RlsZie enÎ schasten Anwendung
finden, dann aber auch die Entschädi Findanach bemessen werden solle,
sei unzulässig, so hätte eine entsprecksendge etwelche ciwlpteduktion des
Entschädigungsbetrages Platz zu greifen Dies giskus des Kantons Zürich
führt im Wesentlichen aus Dievgnhaber ehehafter Tabernenrechte haben
nach der frühern sit-: cherischen Gesetzgebung allerdings das dingliche
Recht besessen zfür Personen, Fuhrwerke und Pferde Unterkunft zu gewähren
[ohne d'asur eine andere Abgabe als die ursprünglich norinirte Neko
nitronsgebuhr bezahlen zu müssen Dagegen seien sie seit Einführäm einer
Wirthschaftsabgabe verpflichtet gewesen, für das Åusschenkä von Getrunken
jährliche Abgaben zu leisten, deren Umfang vîn den Verwaltungsbehörden
endgültig bestimmt worden sei wie dies aus den Bestimmungen des Gesetzes
vom 15. Dezember issxk ergebe. Das weitere Wirthschaftsrecht, ausser
dem Herbergsrechte sei demnach schon unter der frühem Gesetzgebung
persönlicher: Natur gewesen und habe durch Zahlung einer Abgabe jährlich
neu erworben werden müssen. Allerdings haben die Tavernerr wirthe
ein Patent nicht zu lösen brauchen, sondern seien von be; Yehorden von
Amtswegen eingeschätzt und tarirt worden. Allein dieser llmstand sei ein
blos äusserlicher gewesen. Thatsächlich habe kein Tavernenwirth sein
Herbergsrecht ausüben können ohne die Wirthschaftsabgabe zu bezahlen,
denn eine Herberge lasse sich ohnevWirthschafh ohne Versorgung der Gäste
mit Speise und Getrank, nzcht betreiben. Ebenso seien die Tabernenwirthe
schon nach der fruhern Gesetzgebung der polizeilichen Gewalt des Staates
Tentetgworfen gewesen,.so dasz z. EB. der Besitzer eines Tarni-nenb ck)
, welcher gewisse personliche Requisite nicht besessen habe Vas Recht
nicht selbst habe ausüben dürfen, sondern dasselbe durch Gerseachtung
U. drglszhabe zu ver-werthen suchen müssen. Das slesetz fvom 15. Juli
1888 wahre nun, in diesem Sinne eten dle Ausfuhrungen der zürcherischen
Regierung im staatsrechtlichen Verfahren klarznstellen, den ehehaften
Tabernenxm 1891 13

194 B. Ciwlrechtspflege.

rechten einstweilen, d. h. für die Dauer von 20 Jahren, ihren bisherigen
Charakter iu allen Richtungen. Die uBesitzer {Heizer Rechte haben
allerdings, wenn sie ihr Recht thatsachlich ausnben und dabei Wein
aus-schenken und Speisen verwirthenwollen, sich jährlich zu melden und
ein Patent zu lösen Allein bis nach Ablauf von 20 Jahren könne ihnen
gemasz § 47 des Gesetzes das Patent, soweit es die Tarernen an sich
betreffe, niemals verweigert werden und handle es sich also bei der
Patenterthegung nur um eine polizeiliche Kontrolmassregel, wie denn
auch den Wonnenwirthen das Recht der Verpachtung ihrer Gerechtigkeit
zur Ansübung in andern Lokalen der gleichen Gemeinde verbleibe Wenn den
Tabernenwirthen die Patente sofort nach Jnkrasttretenr des Gesetzes
von 1888 in der allgemeinen Form einer soersonnchen Bewilligung für
ein Jahr seien ertheilt worden: so sei dies nur der äusserlichen
Uniformität wegen geschehen Ebenso haben die Tabernenwirthe bis nach
Ablauf der gesetzlichen Frist sur ihr Herberge- recht keinerlei Steuern
und Gebühren zu entrichten, sondern nur wie früher die jährliche
Wirthschaftsabgabe,vd. h. einen entsprechenden Theil der neuen
einheitlichen Wirthschaftsabgabe: wahrend sie von den übrigen Theilen
entlastet werden.Eine Grhohung der Wirthschaftsabgabe an sich involvire
keinen Eingriff in die Rechte der Klägerz eine solche habe der Gesetzgeber
inelmehr stets nornehmen können. Danach sei denn die Klage jedenfalls
'verfruht.. Nach den präjudiziellen Entscheidungen des Bundesgerichtes
'In andern ähnlichen Rechtsstreitigkeiten wolle der Beklagte nicht
bestreiten, dass die ehehasten Tabernenrechte als wohlerworbene
Privat-rechte bezeichnet werden können· Allein aus den gleichen
bundesgerichtlichen Entscheidungen ergebe sieh, dass solche Rechteauf
dem Wege der Gesetzgebung können aufgehoben {werden, vorbehaltlich der
Entschädigungsansprüche der Inhaber. Solches-ritschädigungsansprüche
aber setzen voraus, dass durch gesetzgeberischen

Akt eine Einwirkung auf ein bestehendes Recht im Sinne der-

Aufhebung oder Einschränkung desselben stattgefunden und dadurch

dem Inhaber des Rechts ein ökonomischer Schaden verursacht

worden sei. Hieran mangle es nun im vorliegenden Fallen Während der Dauer
der durch § 47 des Gesetzes vom 15. Juli "1888 vorbehaltenen Frist seien
die Tabernenbesitzer in der AusubuiigVIII. Civilstreitigkeiten zwischen
Kantonen und Privaten, etc. N° 34. 195

ihrer Gerechtigkeit nicht gehindert. Zwar möge zugegeben werden, dass
die Aufhebung des Rechts an sich schon jetzt ausgesprochen worden sei
und daran die gesetzliche Feststellung eines Termins nichts ändere,
aber die ökonomische Wirkung der gesetzlichen Massregel trete erst mit
dem Ablaufe des gesetzlichen 20-jährigen Termins ein. Die Kläger seien
nicht befugt, einenSchaden einzuklagen, welcher erst im Jahre 1908
möglicherweise eintrete. Die Geltendmachung solcher Ansprüche müssen
sie denjenigen überlassen, welche alsdann im Besitze der Tabernen sein
werden. Das Verlangen der Kläger, dass die Entschädigung so bemessen
werde, als wenn ihnen schon heute alle Rechte ihrer Ehehaften entzogen
worden wären, sei unstatthaft; der Beklagte verlange einen Entscheid auf
Grund der bestehenden Thatsachen, einen Entscheid darüber, ob die Kläger
zur Zeit bei Fortbestehen ihrer Rechte im Sinne des § 47, Ziffer 1 des
Gesetzes zur Stellung von Entschädigungsbegehren berechtigt seien und in
welchem Umfange. Eventuell wäre jedenfalls der den Klägern erwachsene
Schaden bis nach Ablauf der Frist des § 47 ein ganz minimer. Der Werth
ihrer Rechte überhaupt könne, wenn man die Leistungen, welche die Kläger
für ihren Erwerb gemacht haben, in Betracht giche, auf kaum 500 Fr. für
jede Taberne veranschlagt werden; aus einer Beschränkung dieses Rechts
auf eine Dauer von 20 Jahren könne also jedenfalls nur ein ganz kleiner
Schaden entstanden sein. Ja, die Kläger seien durch die Bewilligung
der Fortexistenz ihrer Rechte für 20 Jahre und durch Entlastung bei
Festsetzung der jährlichen Wirthschaftsabgabe für allen Schaden, der
ihnen etwa entstehen könnte, hinlänglich entschädigt. Zinsen können
sie jedenfalls erst von Einleitung des Prozesses an verlangen. Speziell
gegenüber dem Kläger Moser wird die Einwendung festgehalten, dass sein
Tabernenrecht durch Nichtbezahlung der jährlichen Rekoguitionsgebühr
schon längst untergegangen sei resp. vom Staate ohne Entschädigung habe
für erloschen erklärt werden können und demselben daher schon desshalb
keine Entschädigung gebühre. Jedenalls behalte der Staat diesem Kläger
gegenüber sich die Nachorderung der nicht bezahlten Gebühren vor.

D. Aus dem im Beweisverfahren auf Antrag der Parteien eingeholten
Expertengutachten ist Folgendes hervorzuheben :

196 B. Civjlrechtspkiege.

. " 'i tlicb des Tavernenrechts zum Ochsen thür dessen Wxthkrilgcklkgimen
in früherer Zeit (1811, 1823) dasur bezahlte Preise nicht mehr
massgebend sein, da die grossen Yeranderungen auf dem Gebiete des
Verkehrs und der Wirthschaftsgesetzgebung die Tabernenrechte aus einen
ganz andern Boden gestellt haben In neuerer Zeit, d. h. unter der
Herrschaft des Wirthschaftsgesetzes von 1845, scheinen selbständige
Uebertragungenwehehaster Tavernenrechte nicht stattgefunden zu haben-,
asondern die wavernenj rechte jeweilen als Bestandtheile der Realitat
und ohne Ausscheidung eines auf sie entfallenden besondern Kaufpreises
ver ussert worden zu sein. Man müss daher für die Werthung der Ehehaste
zum Ochsen anderes Faktoren herbeiziehen. Solche seien auch in der That
gegeben. Der Werth der Ehehaste bestehe offenbar m den ökonomischen
Vortheilen, welche ein ehehastes Tarernenrecht im Vergleiche zu einer
blossen, auf Zeit ertheilten, TavFernenkTM zession dargeboten habe. Diese
Vortheile haben vor Lrlasz es Gesetzes vom Jahre 1888 darin bestandenre
dass die ehehasten Tavernen, unter der Voraussetzung der personltchen
Befahigung ihrer Inhaber, behufs Ausübung des Wirthschaftsgewerbes In
allen seinen Theilen ausser der jährlichen Getranteabgabe, die sede:
Wirth nach Frequenz und Verbrauch zu entrichten hatte, nichts habe
bezahlen müssen, während der konzessiomrte Tavernenwirth das Gewerbe
nur auf eine zeitlich beschränkte, zwanzig Jahre dauernde, Bewilligung
hin habe betreiben dürfen, diese Bewilligung zu erkaner und periodisch
zu ';ernenern gehabt habe. Linn haben in den letzten 10 vis 15 Jahren
fur die Erwerbung einer 20-jährigen Konzession 600 bis 1500 Fr. bezahlt
werden mussen und habe sich die Fixirung der Gebühr nach den grequenzund
Konkurrenzverhältnissen des einzelnen Falls gerichtet Mit Rucksicht
aus die Thatsache, dass in Feuerthalen (nut einer lJBevolkerung von
1253 Köpfen) neben dem f!,Dchien noch suns oehehaste Tabernenrechte
existiren, dass der Ochsen bei denTaration nach dem Getränkeverbrauch
in eine der niedrigsten Klassen des Gesetzes vom 15. Dezember 1845
eingereiht gewesen und eine zahrliche Abgabe von nur 87 Fr. 50 Cts. zu
entrichten gehabt habe; das endlich speziell die Herbergesrequenz eine
gaan unbedeutende war und sei, glauben die Experten erklären zu durfen,
dass m denVIII. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten,
etc. N° 34. 197

letzten 20 Jahren eine Tavernenkonzession für die Liegenschaft zum Ochsen
nicht höher als mit 900 Fr. veranlagt worden ware. Diese 900 Fr. können
nun allerdings noch nicht als Manivalent des ehehaften Tabernenrechtes zum
Ochsen betrachtet werben. Denn ihre Entrichtung stelle den Konzessionär
dem ehehaften Tatserneninhaber nur ans die Dauer von 20 Jahren gleich
und es hätte unter der Wirksamkeit der Gesetzgebung und Rechtsübung vor
Erlass des neuen Gesetzes die Gebühr von 900 Fr. jeweilen nach Ablauf
der 20 Jahre wieder erlegt werden müssen. Als Aeqnivalent müsse daher ein
Grundkapital gesucht werden, welches es ermögliche, nicht nur die erste,
sondern auch die später fällig werdenden Konzessionsgebühren zu decken
und nebenbei auch geeignet sei, die Jnkonvenienz auszugleichen, welche
darin liege, dass der Konzessionsinhaber nur ein persönliches, zeitlich
beschränktes Recht erhalte, dessen Erneuerung periodisch nachgesucht
werden müsse, während den Ehehaften ein konstantes dingliches Recht
zustehe. Als ein solches Grundkapital sei nun ein Betrag von 1800
Fr. zu betrachten. Rechne man davon die erste Gebühr von 900 Fr. ab,
so verbleibe ein Reservekapital vom gleichen Betrage, das mit Zins und
Zinseszinsen à é OO in zwanzig Jahren auf 1972 Fr. ansteige und nicht
blos die jeweilige periodische Leistung der 900 Fr. gestatte, sondern
noch ein Benefiee von mindestens 172 Fr. schaffe,. als Ausgleichung der
Werthdifsererenz, die aus dem verschiedenartigen rechtlichen Charakter
der ehehaften und der konzessionirten Taberne resultire.

Auf diesen Unterschied dürfe kein zu grosses Gewicht gelegt werden. Denn
die Nothwendigkeit der periodischen Konzessionserneuerung stelle
die Sicherheit der Gewerbeausübung erfahrungsgemäss nicht in Frage,
falls der Konzessionär mit Bezug auf die persönliche Befähigung und
die gewerblichen Einrichtungen denjenigen gesetzlichen Anforderungen
entspreche, welchen auch der ehehafte Tavernenwirth unterworer sei.

Die Ehehafte beeinflusse in Wirklichkeit .den Verkehrswerth eines
Wirthshause-Z nur insoweit, als ihre finanziellen Vortheile reichen,
wobei immerhin zu beachten sei, dass jene Vortheile aus Kontinuität
nicht rechnen können und die Gesetzgebung es in der Hand habe, sie noch
mehr abzuschwächen

198 B. Civilrechtspflege.

Die (Experten glauben aber, ihre Taxation des Verkehrswerthes der
Ochsentaverne nicht allein auf die aus der Vergleichung der beiden
Tavernenrechte hergeleitete Berechnung stützen zu dürfen, sondern auch
noch einen weitern bedeutungsvollern Faktor berücksichtigen zu müssen. Es
stehe nämlich fest, dass der Ochsenwirth vermöge seiner Ehehaste
unter dem Gesetze von 1845 einen jährlichen Vortheil von 87 Fr. 50
Ets. genossen habe, weil er die für seine Wirthschastsklasse (die 49ste)
ausgesetzte Speisepatentgebühr nicht habe zu entrichten brauchen. Diese
Taxe entfpreche zu 40/0 berechnet, einem Kapital von annähernd 22-00 Fr
so dass der Ochseu, als blosse Speisewirthschaft betrieben, gegenüber
einer konzessionirten Wirthschast gleicher Gattung auf einen Mehrwerth von
jenem Betrage Anspruch hätte. Dieser Vortheil müsse berücksichtigt werden,
freilich nicht in der Art, dass das Kapital von 2200 Fr. als wirklicher
Verkehrswerth der Ochsentaverne qualifizirt werde, das sei dadurch
ausgeschlossen, dass jener jährliche Vortheil kein stabiler, sondern
ein von der jeweiligen Wirthschaftsgesetzgebung abhängiger gewesen sei,
wohl aber in der Weise, dass das Mittel zwischen dem Kapital von 2200
Fr. und dein auf der ersten Grundlage gefundenen Werthe von 1800 Fr.,
also der Betrag von 2000 Fr. als reeller Verkehrswerth des ehehaften
Ochsentavernenrechts festgestellt werde. Denn für den Verkehrswerth des
Rechts zur kritischen Zeit sei jener, wenn auch nicht stabile, Vortheil
immerhin von Bedeutung

2. Rücksichtlich des Tavernenrechts zum Hirschen : Der Gasthof zum
Hirschen sei, da die veränderten Verkehrs-verhältnisse Ende der 1860ger
Jahre einen rentablen Weiterbetrieb verunmöglicht haben, eingegangen;
es spreche auch alle Wahrscheinlichkeit dagegen, dass der Hirschen
in denjenigen Gebäulichkeitenauf welchen er als Realrecht hafte, je
wieder aufleben werde und dass die Zukunftslinie CtzweilensSchasfhausen
hieran etwas andere. Danach müsse hier die Frage so gestellt werden:
Welchen Verkehrswerth hatte das, den alten Gebäulichkeiten zum Hirschen
zustehende, aber materiell davon losgelöste, flottant gewordene,
ehehafte Tavernenrecht im Zeitpunkte vor Erlass des Gesetzes von 1888 zu
beanspruchen ? Es liege nun auf der Hand, dass dieser Verkehrswerth kein
bedeutender sein könne und es sei kaum erklär-VIH. civilstreitigkejteu
zwischen Kantonen und Privaten, etc. N° 34. 199

Lich, wie der Inhaber des Rechts, der dasselbe während der letzten sieben
Jahre um jährlich 10 Fr. verpachtet hatte, eine Entschädigungsforderung
von 10,000 Fr. stellen könne.

Auf den Pachtzins von 10 Fr. sei nun freilich nicht abzusiellen, wohl aber
auf den materiellen Nutzen, den das Recht zu jener Zeit einzubringen
vermocht habe; denn danach richte sich eben der Verkehrswerth Nach
den heutigen Verkehrsverhältnissen Feuerthalens, nach welchen das
Herbei-gerecht geringe Bedeutung habe und die dort bestehenden sechs
ehehasten Tavernen ihre Lebenssähigkeit offenbar lediglich dem durch
den lokalen Verkehr alimentirten Schenk: und Speisewirthschaftsbetrieb
verdanken, sei klar, dass ein nacktes, an kein bestimmtes-, betriebenes
und zügiges Wirthshaus sich anlehnendes Tavernenrecht zu Feuerthalen
kein begehrter Artikel sein könne. Werde bei Ermittlung des Werthes der
Hirschentaverne in gleicher Weise wie bei der Werthung der Taverne zum
Ochsen vorgegangen, so ergebe sich: Wenn in den letzten 10 bis 15 Jahren
ein Feuerthaler eine Tavernenkonzession hätte erwerben wollen, so hätte
er dafür angesichts der bestehenden Verhältnisse voraus-sichtlich blos
das Minimum der Taxe mit 600 Fr. bezahlen müssen. Neben diesem Betrage
hätte es eines Grundkapitals von ebenfalls 600 Fr. bedurft, um durch
periodische Erneuerung der Konzession das Gewerbe der ehehaften Taverncn
gleichzustellen Von diesem Standpunkte aus würde sich eine Schatzung des
Hirschenrechts zu 1200 Fr. rechtfertigen Der jährliche Vortheil, den die
Ehehafte zum Hirschen bisher eingebracht habe, set nach den Aus-sagen des
Pächter-s Textor und angesichts des Umstandes, dass dieser ohne Ehehafte
ein Speisepatent von 58 Fr. 30 Cts. zu bezahlen gehabt hätte, auf rund
60 Fr. zu veranschlagen, gleich dem 4 0ngen Zins eines Kapitals von 1500
Fr. Der Verkehrswerth des Tabernenrechtes sei mithin auf 1350 Fr., als dem
Mittel zwischen diesem Betrage und der Summe von 1200 Fr. zu veranschlagen
Dem Umstande nämlich, dass der Pächter das Herbergerecht nicht ausgeübt
habe, sei angesichts der mehr als zweifelhaften Rentabilität dieses
Rechts keine erhebliche Bedeutung beizumessen.

3. Die Experten gehen gemäss der im Prozesse bethätigten Auffassung der
beklagten Partei, welche freilich mit der bisherigen

200 B. Civilrechispflege.

Ausführung des Gesetzes durch die kantonalen Vollziehungsorgane nicht
völlig im Einklang stehe, davon aus, dass § 47·, Ziffer 1 des Gesetzes
vom 15. Juli 1888, wie dies seinem Wortlaute und Sinneentspreche, dahin
werde angewendet werden, dass die Kläger noch zwanzig Jahre lang von
der Wirksamkeit des neuen Gesetzes in ihren ehehaften, also dinglichen
Tabernenrechten geschützt bleiben, dass diese Rechte also erst im Jahre
1908 erlöschen, in persönliche Konzessionsrechte umgewandelt werden und
dass die angemessene Entlastung-i nicht mehr und nicht weniger besagen
wolle, als dass die den Ehehaften unter dem Gesetze vom Jahre 1845
zugestandenen sinanziellen Vortheile bis zum Ablaufe der 20 Jahre den
Klägern zu statten kommen sollen. In letzterer Beziehung habedenn auch
die Vollziehung des § 47, Ziffer 1, bisher den Ansprüchen der Kläger
Rechnung getragen. Freilich haben dieselben nach Inkrafttreten des neuen
Gesetzes eine etwas höhere Wirthschastsabgabe bezahlen müssen als bisher;
allein es sei dies eine Folge der Erhöhung der Wirthschaftsabgaben
überhaupt und es seien die Kläger immerhin in der Weise berücksichtigt,
dass Spies;mindestens 75 Fr Moser mindestens 50 Fr. per Jahr weniger
zu bezahlen habe, als sie ohne Ehehaften zu bezahlen hätten. Unter
der Voraussetzung, dass § 47, Ziffer 1 cit. in dem angegebenen Sinne
angewendet werde, biete die Taxation des für die tavernenberechtigten
Realitäten der Kläger durch den im Jahre 1908 eintretenden Verlust ihrer
Realrechte jetzt schon eingetretenen Nachtheils keine Schwierigkeiten.

Ein Nachtheil trete offenbar jetzt schon ein. Die Realitäten erleiden in
Folge des Gesetzes heute schon eine Einbusse an ihrem Verkehrswerthe,
indem ihnen eben nach Ablan der 20 Jahre das Realrecht resp. dessen
ausgemittelter Werth entzogen merde. Diese Einbusse werde am einfachsten
in der Weise ausgeglichen, dass man heute schon eine Entschädigung
gewähre, die, auf den Ablauf der 20 Jahre mit Zins und Zinseszinfen à 4
"jo berechnet, dem heutigen Verkehrswerthe der beiden Tabernenrechte
entspreche. Geschehe dies, so stelle sich die vom Staate Zürich zu
leistende Entschädigung nach der Proportion: 1200: 2000 (1350)gleich
547 Fr. 66 EE.: x.

1. Für den Kläger Spies; zum Ochsen- auf 912 Fr. 75
(See.,VIII. Givilstreitigkeiten Zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
34. 201-

2. Für den Kläger Moser zum Hirschen auf 616 Fr. 12 Cis Werth 1. Januar
1889. '

E. Von den Parteien sind gegen dieses Gutachten in verschiedenen
Richtungen Ausfetzungen gemacht worden, welche, soweit erheblich, im
rechtlichen Theile dieses Urtheils ihre Darstellung und Würdigung finden
werden. Der Justruktionsrichter hat das Vorverfahren durch Verfügung
vom 1. Dezember 1890 unter Ablehnung der von beiden Parteien gestellten
Ergänzungsanträge, geschlossen. Eine ursprünglich hiegegen eingereichte
Beschwerde der Kläger ist von denselben zurückgezogen worden.

F. Bei der heutigen Verhandlung halten beide Parteien die im
Schriftenwechsel gestellten Anträge aufrecht, indem beide eventuell
richterliche Moderation des Quantitativs der Entschädigung beantragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der beklagte Fiskus bestreitet grundsätzlich nicht, dass die
ehehaften Tabernenrechte wohlerworbene Privatrechte seien und dass,
sofern das Gesetz vom 15. Juli 1888 in schädigender Weise in solche Rechte
eingreife resp. dieselben ganz oder theilweise aufhebe, er zu gerechter
Entschädigung der Inhaber verpflichtet fei. Einer weitern Untersuchung
dieser Frage bedarf es also nicht. Ebenso erkennt der Beklagte an,
dass dem Kläger Spiess zum Ochsen ein ehehaftes Tabernenrecht wirklich
zustehe. Dagegen bestreitet er dies rücksichtlich des Klägers Moser, indem
er behauptet, dessen Tavemenrecht zum Hirschen sei in Folge langjähriger
Nichtbezahlung der dafür zu entrichtenden jährlichen Rekognitionsgebührti
durch Berwirkung unter-gegangen Diese Einwendung ist unbegründet. Das
Tabernenrecht zum Hirschen ist von den staatlichen Behörden bis zum
Inkrafttreten des Gesetzes vom io. Juli 1888 stetsfort als ein zu Recht
bestehendes, ehehaftes Habernenrecht anerkannt worden. Dieser Thatsache
gegenüber ist der Beklagte mit der Behauptung, essei dieses Recht durch
iîe Nichtbezahlung der von ihm während mehr als fünfzig Jahren niemals
eingeforderten Gebühr untergegangen, von vornherein nicht zu hören. Es
liegt auch nichts dafür nor, dass dlelfragliche jährliche Abgabe an den
Landvogt von Kyburg Vorbedingung der Erhaltung des Tavernenrechts in
der Art gewesen

202 B. Givilrechtspflege.

wäre, dass deren Nichtleistung ohne weiters den Verlust des Rechts
zur Folge gehabt hatte. Vielmehr hatte der Taverneninhaber durch
den Tavernenbrief offenbar ein dauerndes, zeitlich unbeschränkte-s
dingliches Recht erworben, welches nur, so lange es ausgeübt wurde,
mit einer jährlichen Abgabe belastet war, die eventuell im Wege der
Zwangsvollstreckung beigetrieben werden musste. Dass eine Einforderung der
Abgabe seit Anfang dieses Jahrhunderts nie stattgefunden hat, deutet denn
übrigens unverkennbar darauf hin, dass die Abgabe in ihrer ursprünglichen
Form nicht mehr geschuldet wurde, vielmehr in die spätere allgemeine
Wirthschaftsoder Getränteabgabe übergegangen war, wie denn auch nach
den vom Beklagten selbst produzirten archivalischen Notizen für andere
ehehafte Tavernen zu Feuerthalen an Stelle der frühem Abgabe an die
Landvogtei Kyburg einfach die Wirthschaftsabgabe getreten zu sein scheint.

2. Sind somit beide Kläger als Inhaber ehehafter Tat-ernenrechte
anzuerkennen, so ist auch die weitere Einwendung des Beklagten, dass
zur Zeit ein schädigender gesetzgeberischer Eingriff in diese Rechte
noch nicht vorliege, unbegründet: Dass das Gesetz vom 15. Juli 1888
trotz der im § 47, Ziffer 1 aufgestellten Uebergangsbestimmung einen
präsenten Eingriff in die Rechte der Jnhaber von Ehehaften enthält,
erkennt der Beklagte im Grunde selbst an, wenn er bemerkt, die Aufhebung
des Rechts selbst sei schon jetzt, wenn auch auf einen spätern Endtermin
verfügt worden und es ist dies denn auch in der That unverkennbar Die
Ehehafte als solche, als dauerndes, zeitlich unbeschränktes, ewiges
Recht wird durch das Gesetz unmittelbar aufgehoben und an deren Stelle
den Berechtigten blos nach Massgabe der Uebergangsbestimmungen eine
zeitlich beschränkte Berechtigung, ein zeitlich beschränkter Fortgenuss
ihrer bisherigen Vortheile gewährt. Ein Eingriff in Vermögensrechte der
Kläger und damit eine Schmälerung derselben liegt also schon jetzt vor
und es ist somit der Schadenersatzanspruch keineswegs versriiht Dagegen
ist auf der andern Seite klar, dass der Schadenersatzanspruch der Kläger
auf Grund derjenigen Rechtsstellung bemessen werden mug, welche ihnen
das Gesetz in Wirklichkeit anweist und dass es nicht angeht, dabei
die Vorschrift des § 47, Ziffer 1 der Uebergangsbestimmungen einfach
V.... Civilstreitigkeiten Zwischen Kantonen und Privaten, etc. N° 34. 203

bei Seite zu setzen. Die letztere Gesetzesbestimmung besteht zu Recht
und muss vom Richter angewendet werden. Die Kläger find nicht befugt zu
verlangen, dass dieselbe ihnen gegenüber nicht angewendet, dafür aber
ihnen eine erhöhte Entschädigung gewährt merde. Sie können nur insoweit
Entschädigung verlangen, als sie durch das neue Gesetz wirklich durch
Eingriff in ihre Rechte geschädigt werden.

3. Zum Zwecke der Festsetzung der Entschädigung ist demnach zunächst
festzuhalten, welches der Sinn und die Tragweite der Uebergangsbestimmung
des H 47, Ziffer 1 ist, ob und inwieweit demgemäss den Inhabern von
Ehehaften die Ausübung der in denselben liegenden Befugnisse noch auf
eine Dauer von zwanzig Jahren verstattet wird. Hierüber hat sich die
Regierung des Kantons Zürich im gegenwärtigen Prozesse in einer von ihren
Erklärungen im staatsrechtlichen Verfahren mehrfach abweichenden Weise
ausgesprochen Nach dein Wortlaute des § 47, Ziffer 1, dass Jnhaber von
ehehaften Tabernenrechten noch zwanzig Jahre lang in ihren Tabernenrechten
geschützt werden, ist anzunehmen, dass dieselben noch während zwanzig
Jahren das Wirthschaftsgewerbe in gleichem Umfange und in gleicher
Weise wie früher auszuüben berechtigt sind, also insolange noch die
Wirthschaftsberechtigung (sofern sie nur die persönlichen Requisite
des Gesetzes erfüllen) selbst ausüben, andernfalls dieselbe durch
Dritte ausüben lassen, die Gerechtigkeit wie früher übertragen können
u. s. w. Die Regierung des Kantons Zürich scheint dies im gegenwärtigen
Prozesse grundsätzlich zuzugeben, da sie ausführt, es könne während
der gesetzlichen zwanzigjährigen Frist das Patent für eine ehehafte
Tabernenwirthschaft bei persönlicher Fähigkeit des Bewerbers nicht
verweigert werden und es sei daher eine blosse Kontrolmassregel, wenn die
Tavernenwirthe zur Anmeldung behufs Patentertheilung schon jetzt seien
verhalten und ihnen Patente in der gewöhnlichen Form einer persönlichen,
einjährigen Bewilligung seien ertheilt worden. Dies schliesse nicht aus,
dass während der gesetzlichen Frist die Tavernenrechte als dingliche
Rechte fortbestehen Wenn auf der andern Seite die Regierung des Kantons
Zürich im gegenwärUgen Verfahren behauptet hat, in dem Tavernenrechte"
sei schon vor dem Gesetze vom 15. Juli 1888 nur das Beherbergungsrecht

204 B. Civih'echtspflege.

inbegriffen gewesen, während für die Übrigen Zweige des
Wirthschaftsgewerbes, insbesondere die Schenkwirthschaft, die Tarernem
wirthe schon früher der Sache nach zu Lösung einer besondern Bewilligung
verpflichtet gewesen waren, so scheint sie daraus praktische Konsequenzen
nicht ziehen zu wollen. Es ist übrigens die gedachte Ausführung offenbar
unrichtig. Die Tavernenbriefe verleihen dem Wirthe in That und Wahrheit
nicht nur das Beherbergungsrecht, sondern das Recht zum Betriebe des
Wirthschafts . gewerbes in vollem Umfange; wie der Tabernenbrief vom
2. Februar 1811 für die Taverne zum Ochsen dies ausdrückt, das Recht
-Cinheimische und Fremde zu beherbergen und mit Speise und Trank zu
versehen; Die spätere Gesetzgebung hat hieran nichts geändert; im
Gegentheil geht aus dem bis 15. Juli 1888 gültig gewesenen Gesetze vom
15. Dezember 1845 (dergl. § 17, § 21 litt-. h) ganz klar hervor, dass
die Tadernenwirthe zwar wie alle andern Wirthe eine Konsumsteuer von den
verkauften Getränken aller Art, die auf Grundlage des Getränkeverbrauches
veranlagte Wirthschaftsabgabe zu entrichten hatten, dagegen zu Ausübung
auch der Schenkwirthschaft ohne Weiteres berechtigt waren, ohne dazu
einer besondern Bewilligung (eines Patente-s) zu bedürfen. Säumniss
der Tavernenwirthe in Zahlung der Wirthschaftsabgabe hatte demgemäss
auch lediglich Exekution im gewöhnlichen Rechtstriebe, nicht wie bei
den Pateutwirthen, das Erlöschen des Wirthschaftsrechtes zur Folge. Es
ist somit davon auszugehen, dass nach § 47, Ziffer 1 cit. Inhaber
ehehafter Tavernenrechte während der gesetzlichen zwanzigjährigen
Uebergangsfrist berechtigt sind, das Wirthschaftsrecht in vollem Umsange
und in bisheriger Weise (als Realrecht) auszuüben und dass mithin, wenn
sie formell dazu verhalten werden, alljährlich ein Patent nachzusuchen,
dieses Patent sofern derjenige, welcher die Gerechtigkeit ausüben
will, den persönlichen Reqnisiten des Gesetzes entspricht, nicht kann
verweigert werden, vielmehr ohne weiters ertheilt merden mug, so dass
es sich bei der sogenannten Patentbewerbung der Tavernenwirthe nicht um
Nachsuchen einer Gewerbebewilligung, sondern nur um die Erfüllung einer
polizeilichen Meldepflicht handelt. Ebenso ist, wie auch die Regierung des
Kantons Zürich anerkennt, davon auszugehen, dass die Inhaber ehehafter
Tavernenrechte währendVill. Givîlstreitigkeiten zwischen Kantonen und
Privaten, etc. N° 34. 205

der zwanzigjährigen Uebergangsfrist bei Feststellung der jährlichen
Wirthschaftsabgabe in der Weise zu entlasten find, dass sie den auf das
Speiseund Gasthofspatent entfallenden Theil der Abgabe nicht zu bezahlen
haben, mithin die unter dem Gesetze von 1845 gemachten finanziellen
Vortheile weiter geniessen.

4. Von dieser Auffassung des s 47, Ziffer 1 cit. ausgehend, ist bei
Bemessung des Quantitativs der Entschädigung im Wesentlichen dem
sorgfältig begründeten, im faktischen Theile dieses Ur- theils seinem
Hauptinhalte nach wiedergegebenen Erpertengutachten beizutreten. Dasselbe
ermittelt die Verminderung des Verkehrwerthes, welche die Realitäteu der
Kläger durch das Gesetz vom 15. Juli 1888 und mit dessen Inkrafttreten
erlitten haben, nach richtigen Grundsätzen. Wenn der Beklagte
dagegen eingewendet hat, die Erperten haben den Werth speziell des
Veherbergungsrechts nicht ermittelt und seien, indem sie sich für
die sofortige Gutheissung einer Entschädigung aussprechen, über ihre
Aufgabe hinausgegangen, so sind diese Einwendungen durch die obigen
Ausführungen erledigt. Ebenso ist dessen weitere Einwendung, dass die
Kläger durch die ihnen kraft § 47, Ziffer 1 des Gesetzes noch für zwanzig
Jahre gewährte bevorzugte Rechtsstellung hinlänglich entschädigt seien,
gewiss unbegründet. Die blos noch zeitweise Privilegirung der ehehaften
Tavernenwirthschaften enthält kein Aequivalent für die Aufhebung des
frühern, zeitlich unbeschränkten, Rechtes. Ebenso sind auch die von den
Klägern gegen das Expertengutachten erhobenen Einwendungen im Wesentlichen
unstichhaltig Dieselben wenden ein, die Erperten haben nicht gewürdigt,
dass später z. B. zufolge Aenderungen der Gesetzgebung, möglicherweise
überhaupt keine Patente für die klägerischen Tanernen mehr ethältlich
seien und dass die Abgaben für Speisewirthschaft und Beherbergung, von
denen das Tavernenrecht befreie, durch die spätere Gesetzgebung noch eine
Erhöhung erfahren könnten. Speziell in Betrefs der Realität, zum Ochsen
haben sie auf die vorhandene 5jVscoglichkeit einer künftigen Erweiterung
der Wirthschaftsrealität inne Rücksicht genommen und in Betreff des
Tapernenrechts zum Hîîsckyen haben sie ausschliesslich nur auf den
gegenwärtigen Zustand, nicht aber darauf Rücksicht genommen, dass der
Hirschen Iederzeit wieder als Gasthof könnte betrieben werden und daher

206 B. Civilrechtspflege.

nicht derjenige Werth massgebend sei, welchen das Tabernenrecht für den
bisherigen Pächter hatte, sondern der Werth, welchen es hatte, wenn es
ans der Realität zum Hirschen selbst ausgeübt wurde.

Diesen Aussetzungen ist entgegenzuhalten, dass der gegenwärtige
Verkehrswerth der klägerischen Realrechte, d· h. der Werth zur Zeit vor
Inkrafttreten des Gesetzes vom 15. Juli 1888, zu Grunde zu legen und auf
dieser Grundlage die Entschädigung zu bemessen war. Mögliche zukünftige
Aenderungen der Gesetzgebung oder der faktischen Verhältnisse waren dabei
nur insofern zu berücksichtigen, als die Möglichkeit derselben schon auf
die gegenwärtige Werthung der klägerischen Rechte im Verkehr von Einfluss,
also geeignet war, diesen einen erhöhten Werth zu verschaffen und daher
die durch das neue Gesetz eintretende Entwerthnng des Besitzthums der
Kläger zn steigern. Nun haben in dieser Beziehung die Sachverständigen
die faktischen Verhältnisse richtig gewürdigt und es ist auch prinzipiell
gewiss nicht unrichtig, wenn sie daraus abstellen, dass der Einfluss
einer Ehehafte auf den Verkehrswerth eines Wirthshauses nicht sowohl
in der nach der Auffassung des Verkehrs auch ohnedein vorhandenen
.Sicherung der Befugniss zum Gewerbebetrieb als in den damit verbundenen
finanziellen Vortheilen liege, welch letztere zudem im weiten Umfange
von der jeweiligen Gesetzgebung abhängen. Grundsätzlich ist also
die Schadensberechnung der Experten zu adovtiren. Immerhin mag mit
Rücksicht darauf, dass die Kläger bisher ein dauerndes, stabiles und
einer Erneuerung nicht bedürftiges Gewerberecht besassen, während sie,
nach Ablauf der gesetzlichen Uebergangsfrist, bezüglich der Berechtigung
zum Wirthschastsbetriebe, durchaus den wechselnden Vorschriften der
Gesetzgebung werden unterworfen sein

eine etwelche Erhöhungrespektive Abrundung der von den Sach,

verständigen beantragten Entschädigung Platz greifen.

Ebenso mag ausdrücklich hervor-gehoben werden, dass die Bemessung der
Entschädigung auf Grund der in Erw. 3 vertretenen Auslegung des § 4·7,
Ziffer 1 des Gesetzes vom 15. Juli 1888 erfolgt und dass den Klägern das
Recht zu neuer Schadenersatzforderung vorbehalten bleibt, wenn die durch §
47, Ziffer 1 cit. nach dieser Auslegung ihnen gewährleisteten Vortheile
währendVIII. Givilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
34. 207

der Dauer der gesetzlichen Ueber an s"rt ' " werden. g g fis nicht
sollten gewahrt Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

1. Das Klagebegehren 1 wird gutgeheissen.

2. Der Beklagte hat demnach dem Kläger F. Spiess den Betrag von 1000
Fr. (tausend Franken) und dem Kläger A. Moser den Betrag von 700
Fr. (siebenhundert Franken) jeweils nebst Zins zu 5 °!0 vom 1. Januar
1889 an zu bezahlen.Lausanne. Imprimerie Georges Bride] & Cie
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 17 I 187
Datum : 16. Januar 1891
Publiziert : 30. Dezember 1891
Quelle : Bundesgericht
Status : 17 I 187
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 186 B. Ciy'ilrechtspflege. Entwickelung als Erwerbsgeschäst underhältniszmässig


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • stelle • dauer • bundesgericht • zins • inkrafttreten • einwendung • schaden • richtigkeit • berechnung • postverkehr • frist • weiler • frage • verhalten • wirkung • termin • vermittler • kaufpreis • schenker
... Alle anzeigen