Urteilskopf

144 III 310

35. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Grundbuchamt U. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_518/2017 vom 20. April 2018

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 310

BGE 144 III 310 S. 310

A. (Beschwerdeführer), Urkundsperson des Kantons Aargau, beurkundete am 21. Juni 2016 die "Begründung eines Wohnrechtes" an einer Liegenschaft (Zweifamilienhaus mit Umschwung). Er meldete dem Grundbuchamt U. das Wohnrecht zur Eintragung an. Die Grundbuchverwalterin wies die Anmeldung ab. Der Beschwerdeführer legte gegen die Abweisung der Grundbuchanmeldung Beschwerde ein,
BGE 144 III 310 S. 311

die das Verwaltungsgericht abwies. Der Beschwerdeführer gelangte an das Bundesgericht, das seine Beschwerde abweist, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Das angefochtene Urteil betrifft die Abweisung einer Grundbuchanmeldung und damit einen öffentlich-rechtlichen Entscheid über die Führung des Grundbuchs, der in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 72 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen.
2    Der Beschwerde in Zivilsachen unterliegen auch:
a  Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen;
b  öffentlich-rechtliche Entscheide, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht stehen, insbesondere Entscheide:
b1  über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheiden und über die Rechtshilfe in Zivilsachen,
b2  über die Führung des Grundbuchs, des Zivilstands- und des Handelsregisters sowie der Register für Marken, Muster und Modelle, Erfindungspatente, Pflanzensorten und Topografien,
b3  über die Bewilligung zur Namensänderung,
b4  auf dem Gebiet der Aufsicht über die Stiftungen mit Ausnahme der Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtungen,
b5  auf dem Gebiet der Aufsicht über die Willensvollstrecker und -vollstreckerinnen und andere erbrechtliche Vertreter und Vertreterinnen,
b6  auf dem Gebiet des Kindes- und Erwachsenenschutzes,
b7  ...
BGG). Was unter Herrschaft des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (Bundesrechtspflegegesetz, OG; BS 3 531) Verwaltungssache war (BGE 97 I 268 E. 1 S. 270 f.; BGE 104 Ib 378 E. 1 S. 379), ist heute Zivilsache und streitwertabhängig, soweit es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202, 4228 Ziff. 2.2.2 und 4308 zu Art. 70). Eine vermögensrechtliche Angelegenheit liegt vor, wenn der Rechtsgrund des streitigen Anspruchs im Vermögensrecht ruht und mit der Beschwerde letztlich und überwiegend ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird (BGE 116 II 379 E. 2a S. 380; BGE 142 III 145 E. 6.1 S. 149). Auf den Streit um die Eintragung von dinglichen Rechten im Grundbuch trifft diese Voraussetzung zu (allgemein: SCHMID-TSCHIRREN/PFÄFFLI, Die Beschwerden im Grundbuchrecht, Der Bernische Notar [BN] 2007 S. 18 ff., 21; für die Abweisung der Grundbuchanmeldung: BETTINA HÜRLIMANN-KAUP, Grundbuchbeschwerde und Streitwert, Festgabe [...] Pfäffli, BN 2014 S. 247 ff., 251; kritisch hingegen, weil der Gesetzgeber für Registersachen im Gegensatz zu gewissen SchKG-Bereichen keine Ausnahme vom Streitwerterfordernis geschaffen hat: JÜRG SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 2015, N. 8 zu Art. 956b
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 956b - 1 Die Frist für Beschwerden an die kantonalen Beschwerdeinstanzen beträgt 30 Tage.
1    Die Frist für Beschwerden an die kantonalen Beschwerdeinstanzen beträgt 30 Tage.
2    Verweigert oder verzögert das Grundbuchamt eine bestimmte Amtshandlung, so kann dagegen jederzeit Beschwerde geführt werden.
ZGB; MOOSER, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. II, 2016, N. 53 zu Art. 956a
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 956a - 1 Gegen eine vom Grundbuchamt erlassene Verfügung kann bei der vom Kanton bezeichneten Behörde Beschwerde geführt werden; als Verfügung gilt auch das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Amtshandlung.
1    Gegen eine vom Grundbuchamt erlassene Verfügung kann bei der vom Kanton bezeichneten Behörde Beschwerde geführt werden; als Verfügung gilt auch das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Amtshandlung.
2    Zur Beschwerde berechtigt sind:
1  jede Person, die von einer Verfügung des Grundbuchamts besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat;
2  die kantonale administrative Aufsichtsbehörde, sofern ihr das kantonale Recht die Beschwerdebefugnis einräumt;
3  die Oberaufsichtsbehörde des Bundes.
3    Gegen eine im Hauptbuch vollzogene Eintragung, Änderung oder Löschung von dinglichen Rechten oder Vormerkungen kann keine Beschwerde mehr geführt werden.
ZGB, mit Hinweisen).
Mit Bezug auf die Abweisung einer Grundbuchanmeldung hat das Bundesgericht in einem der ersten nach Inkrafttreten des BGG beurteilten Fälle die vermögensrechtliche Natur bejaht (Urteil 5A_171/2008 vom 13. Mai 2008 E. 1) und daran in seinen zuletzt ergangenen Urteilen wieder festgehalten (Urteile 5A_240/2014 vom 18. Dezember 2014 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 141 III 13, wohl aber in:
BGE 144 III 310 S. 312

Pra 2015 Nr. 77 S. 620; 5A_82/2014 vom 2. Mai 2014 E. 1). Da nach den gesetzgeberischen Vorgaben von einer Zivilsache auszugehen ist, kann an Urteilen, in denen die Abweisung einer Grundbuchanmeldung unter Hinweis auf die verwaltungsrechtliche oder öffentlich-rechtliche Natur des Entscheids als eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit bezeichnet wurde, nicht festgehalten werden (namentlich Urteile 5A_593/2012 vom 1. November 2012 E. 1, nicht publ. in: BGE 138 III 742, wohl aber in: ZBGR 94/2013 S. 276; 5A_145/2011 vom 30. März 2011 E. 1, nicht publ. in: BGE 137 III 205; 5A_346/2009 vom 12. August 2009 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 135 III 585; u.v.a.m.). Der Wert des Wohnrechts, dessen Eintragung streitig ist, beläuft sich, wie der Beschwerdeführer zutreffend darlegt, auf mehr als Fr. 400'000.- und übersteigt damit den gesetzlichen Mindestbetrag von Fr. 30'000.- (Art. 74 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 74 Streitwertgrenze - 1 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens beträgt:
1    In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens beträgt:
a  15 000 Franken in arbeits- und mietrechtlichen Fällen;
b  30 000 Franken in allen übrigen Fällen.
2    Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nach Absatz 1 nicht, so ist die Beschwerde dennoch zulässig:
a  wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt;
b  wenn ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht;
c  gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen;
d  gegen Entscheide des Konkurs- und Nachlassrichters oder der Konkurs- und Nachlassrichterin;
e  gegen Entscheide des Bundespatentgerichts.
i.V.m. Art. 51 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 51 Berechnung - 1 Der Streitwert bestimmt sich:
1    Der Streitwert bestimmt sich:
a  bei Beschwerden gegen Endentscheide nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben waren;
b  bei Beschwerden gegen Teilentscheide nach den gesamten Begehren, die vor der Instanz streitig waren, welche den Teilentscheid getroffen hat;
c  bei Beschwerden gegen Vor- und Zwischenentscheide nach den Begehren, die vor der Instanz streitig sind, wo die Hauptsache hängig ist;
d  bei Klagen nach den Begehren des Klägers oder der Klägerin.
2    Lautet ein Begehren nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so setzt das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest.
3    Zinsen, Früchte, Gerichtskosten und Parteientschädigungen, die als Nebenrechte geltend gemacht werden, sowie Vorbehalte und die Kosten der Urteilsveröffentlichung fallen bei der Bestimmung des Streitwerts nicht in Betracht.
4    Als Wert wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen gilt der Kapitalwert. Bei ungewisser oder unbeschränkter Dauer gilt als Kapitalwert der zwanzigfache Betrag der einjährigen Nutzung oder Leistung, bei Leibrenten jedoch der Barwert.
und Abs. 4 BGG).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 144 III 310
Date : 20. April 2018
Published : 05. Oktober 2018
Source : Bundesgericht
Status : 144 III 310
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 und Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG; Führung des Grundbuchs; Abweisung einer Grundbuchanmeldung.


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