Urteilskopf

141 IV 205

26. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen X. sowie Y. gegen X. und Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen) 6B_1045/2014 / 6B_1046/2014 vom 19. Mai 2015

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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 206

BGE 141 IV 205 S. 206

A.

A.a X. brachte im Sommer 2010 im Einverständnis mit ihrem heute getrennt von ihr lebenden Ehemann Y. den gemeinsamen Sohn Z., geboren am 17. Dezember 2005, in die Ukraine, wo er die Sommerschulferien bei seiner Grossmutter verbringen sollte. Die Eltern hatten vereinbart, dass Z. auf den Schulbeginn am 18. August 2010 in die Schweiz zurückkehren sollte. Als Z. im August 2010 noch nicht in der Schweiz angekommen war, überzeugte X. ihren Ehemann, den Aufenthalt des Sohnes bis Ende des Jahres 2010 zu verlängern, weil sie wegen ihrer Dissertation und ihrer Anstellung an der ETH
BGE 141 IV 205 S. 207

Zürich nicht in der Lage war, das Kind zu betreuen. Nachdem X. der Aufforderung, den Sohn Ende des Jahres 2010 in die Schweiz zurückzubringen, erneut nicht nachgekommen war, reiste Y. selber in die Ukraine, um seinen Sohn zurück in die Schweiz zu holen. Auf Anweisung von X. verweigerte ihm die Schwiegermutter indes den Zugang zu seinem Sohn. Anfang April 2011 verschwand X. aus einem Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik Königsfelden, Brugg, und verlegte ihren Wohnsitz in die Ukraine. Am 16. Januar 2013 wurde sie in Untersuchungshaft versetzt. X. wird vorgeworfen, sie habe entgegen ihren Versprechungen gegenüber ihrem Ehemann von Anbeginn die Absicht gehabt, ihren Sohn für immer in der Ukraine zurückzuhalten.
A.b Das Bezirksgericht Brugg stellte mit superprovisorischer Verfügung vom 7. April 2011 Z. vorläufig unter die Obhut von Y. und verpflichtete X., den Sohn zur Ausübung der Obhut bis spätestens am 10. April 2011 herauszugeben. Mit Teilentscheid vom 21. April 2011 bestätigte das Bezirksgericht Brugg diese Verfügung und verpflichtete X., ihren Sohn Z. unverzüglich in die eheliche Wohnung zurückzubringen. Dieser Verpflichtung kam X. nicht nach und verweigerte ihrem Ehemann jeglichen Kontakt zum gemeinsamen Sohn. Sie versagte auch aus der Untersuchungshaft die Zustimmung zur Ausreise des Sohnes aus der Ukraine.
B. Das Bezirksgericht Brugg erklärte X. am 3. Dezember 2013 der Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
Satz 1 StGB und der Entziehung eines Unmündigen gemäss aArt. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB (in der bis zum 30. Juni 2014 geltenden Fassung) schuldig und verurteilte sie zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Von der Anklage der Entführung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
Satz 2 und Art. 183 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
StGB sprach es sie frei. Ferner widerrief das Bezirksgericht die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom 11. Oktober 2011 bedingt aufgeschobene Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 200.-. Gegen dieses Urteil erhob die Beurteilte Berufung und die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach Anschlussberufung. Mit Urteil vom 5. September 2014 trat das Obergericht des Kantons Aargau auf die Berufung nicht ein. Es hob das erstinstanzliche Dispositiv auf, bestätigte den erstinstanzlichen Freispruch von der Anklage der Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
Satz 2 sowie Art. 183 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
StGB und stellte das gegen X. geführte Strafverfahren hinsichtlich der
BGE 141 IV 205 S. 208

Freiheitsberaubung und des Entziehens von Unmündigen ein. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten und die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegte es zur Hälfte Y. Überdies forderte es von diesem die dem amtlichen Verteidiger der Beschuldigten für beide Instanzen zugesprochenen Parteientschädigungen im Umfang von 50 % zurück. Schliesslich entliess es X. aus der Sicherheitshaft (vgl. zur Sicherheitshaft Urteil des Bundesgerichts 1B_399/2013 / 1B_415/ 2013 vom 29. November 2013).
C. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Beschwerdeführerin 1) und Y. (Beschwerdeführer 2) führen Beschwerde in Strafsachen. Die Oberstaatsanwaltschaft stellt Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines Berufungsverfahrens. Y. beantragt, die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei die Berufung von X. (Beschwerdegegnerin) abzuweisen.
D. Das Obergericht des Kantons Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft. Zur Beschwerde von Y. liess es sich nicht vernehmen. Die Oberstaatsanwaltschaft hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde von Y. verzichtet. X. hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

5.

5.1 Die Beschwerdeführerin 1 macht in Bezug auf die Frage der schweizerischen Gerichtsbarkeit geltend, die Beschwerdegegnerin habe spätestens im Dezember 2010 den Vorsatz gefasst, das Kind in der Ukraine zurückzubehalten. Denn dem Beschwerdeführer 2, der zu jenem Zeitpunkt in die Ukraine gereist war, sei es auf Anweisung der Beschwerdegegnerin verwehrt worden, seinen Sohn eigenhändig in die Schweiz zurückzuholen. Im Dezember 2010, als sie ihrer Mutter die Anweisung erteilt habe, das Kind zurückzubehalten, habe sich die Beschwerdegegnerin noch in der Schweiz befunden. Sie sei auch während weiterer drei Monate in der Schweiz verblieben, ohne den Sohn in die Schweiz an seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort zu bringen und damit den rechtmässigen Zustand wieder herzustellen. Dadurch habe sie den Tatbestand der Freiheitsberaubung sowohl durch Unterlassen als auch durch aktives Tun erfüllt, wobei der Handlungsort in der Schweiz liege. Die Vorinstanz nehme daher zu Unrecht an, es liege ein Auslanddelikt vor. Ob der
BGE 141 IV 205 S. 209

Entscheid des Bezirksgerichts Brugg, mit welchem der Sohn unter die Obhut des Beschwerdeführers 2 gestellt wurde, nichtig oder anfechtbar sei, sei ohne Belang, da die Frage, wer das Sorgerecht oder die Obhut innegehabt habe, für die Freiheitsberaubung unerheblich sei. Es treffe auch nicht zu, dass der Beschwerdeführer 2 mit dem Verbleib seines Sohnes in der Ukraine einverstanden gewesen sei und dessen Aufenthalt legalisiert habe. Dies ergebe sich namentlich daraus, dass das Kind auf August 2010 in einer Privatschule angemeldet gewesen sei. Aus dem Umstand, dass er auf die falschen Versprechungen seiner Ehefrau vertraut habe, lasse sich jedenfalls nicht auf sein Einverständnis schliessen. Im Übrigen sei nachgewiesen, dass die Beschwerdegegnerin von Anfang an die Absicht gehabt habe, den Sohn nicht mehr in die Schweiz zurückzubringen, denn sie habe sich ohne Wissen des Beschwerdeführers 2 bereits im Frühling 2010 um die ukrainische Staatsbürgerschaft des Sohnes bemüht. Daraus ergebe sich, dass sie den Vorsatz für die Freiheitsberaubung in der Schweiz gefasst und aufrechterhalten habe. Die Beschwerdeführerin 1 rügt weiter, die Vorinstanz verletze Bundesrecht auch insofern, als sie die schweizerische Gerichtsbarkeit in Bezug auf den Tatbestand des Entziehens eines Unmündigen im Sinne von aArt. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB verneine. Dass die minderjährige Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt am gleichen Ort wie der Inhaber des Obhutsrechts habe, sei nicht Voraussetzung der Strafbarkeit. Es stehe einer Bestrafung mithin nicht entgegen, wenn das entzogene Kind einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Land begründet habe. Die Regelung internationaler Abkommen über die zivilrechtliche Zuständigkeit von Zivilgerichten im Falle von Kindsentführungen berühre die Zuständigkeit für die strafrechtliche Verfolgung der entsprechenden Taten nicht. Die Beschwerdegegnerin sei daher nach schweizerischem Recht strafbar, da beide Elternteile die elterliche Sorge ausgeübt hätten und die Beschwerdegegnerin sich geweigert habe, den gemeinsamen Sohn in die Schweiz zurückzubringen. Die Beschwerdegegnerin sei mit dem Beschwerdeführer 2 verheiratet gewesen. Solange sie sich in der Schweiz aufgehalten habe, habe ein gemeinsames Sorgerecht nach schweizerischem Recht bestanden. Sie habe daher - auch nachdem der Sohn in die Ukraine verbracht worden sei - nicht alleine über dessen Aufenthalt entscheiden dürfen.
5.2 Gemäss Art. 3 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland ganz oder teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht die vollzogene Strafe auf die auszusprechende Strafe an.
3    Ist ein Täter auf Ersuchen der schweizerischen Behörde im Ausland verfolgt worden, so wird er, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der Konvention vom 4. November 19505 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  das ausländische Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
4    Hat der auf Ersuchen der schweizerischen Behörde im Ausland verfolgte Täter die Strafe im Ausland nicht oder nur teilweise verbüsst, so wird in der Schweiz die Strafe oder deren Rest vollzogen. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland nicht oder nur teilweise vollzogene Massnahme in der Schweiz durchzuführen oder fortzusetzen ist.
StGB ist dem Schweizerischen Strafgesetzbuch unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder ein
BGE 141 IV 205 S. 210

Vergehen verübt. Nach Art. 8 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
StGB (aArt. 7 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
StGB) gilt ein Verbrechen oder ein Vergehen als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist. Als Ausführung der Tat gilt jedes einzelne tatbestandsmässige Verhalten. Dabei genügt bereits eine teilweise Erfüllung des Tatbestands auf schweizerischem Gebiet, nicht aber der blosse Entschluss zur Tat oder die Vorbereitungshandlung (BGE 119 IV 250 E. 3c; Urteile des Bundesgerichts 6B_123/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 141 IV 10; 6B_127/2013 vom 3. September 2013 E. 4.2; je mit weiteren Hinweisen). Beim Unterlassungsdelikt liegt der Handlungsort dort, wo der Täter handeln müsste (BGE 125 IV 14 E. 2c/aa). Ist die strafrechtlich gebotene Handlung nicht an einen bestimmten Ort gebunden, ist der Handlungsort jeder bis zu diesem Zeitpunkt faktisch gewählte, vorübergehende Aufenthaltsort des Unterlassungstäters (Urteil 6B_123/ 2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 141 IV 10, mit weiteren Hinweisen). Nach der Rechtsprechung erscheint es im internationalen Verhältnis zur Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte grundsätzlich als geboten, auch in Fällen ohne engen Bezug zur Schweiz die schweizerische Zuständigkeit zu bejahen (BGE 133 IV 171 E. 6.3).
5.3

5.3.1 Gemäss aArt. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB (in der bis zum 30. Juni 2014 geltenden Fassung) wird auf Antrag bestraft, wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Obhutsrechts entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben. Rechtsgut ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich des familienrechtlichen Sorgerechts. Die Befugnis, den Aufenthaltsort des Kindes sowie die Art und Weise seiner Unterbringung zu bestimmen, ist Teil der elterlichen Sorge (BGE 136 III 353 E. 3.2; vgl. nunmehr Art. 301a Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 301a - 1 Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
1    Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
2    Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde, wenn:
a  der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt; oder
b  der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat.
3    Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den anderen Elternteil rechtzeitig darüber informieren.
4    Dieselbe Informationspflicht hat ein Elternteil, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.
5    Soweit dies erforderlich ist, verständigen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages. Können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde.
ZGB). Der Tatbestand schützt demnach - auch nach dem neuen Wortlaut - diejenige Person, die über den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen darf (BGE 125 IV 14 E. 2a S. 15 f.; BGE 118 IV 61 E. 2a S. 63). Wer dies ist, ergibt sich aus dem Zivilrecht (BGE 128 IV 154 E. 3.3 S. 160; aArt. 297 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 297 - 1 Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und stirbt ein Elternteil, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu.
1    Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und stirbt ein Elternteil, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu.
2    Stirbt der Elternteil, dem die elterliche Sorge allein zustand, so überträgt die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge auf den überlebenden Elternteil oder bestellt dem Kind einen Vormund, je nachdem, was zur Wahrung des Kindeswohls besser geeignet ist.
ZGB; vgl. nunmehr Art. 296 Abs. 2; Art. 301a Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 301a - 1 Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
1    Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
2    Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde, wenn:
a  der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt; oder
b  der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat.
3    Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den anderen Elternteil rechtzeitig darüber informieren.
4    Dieselbe Informationspflicht hat ein Elternteil, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.
5    Soweit dies erforderlich ist, verständigen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages. Können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde.
ZGB). Der Beschwerdeführer 2 und die Beschwerdegegnerin waren in der Tatzeit unbestrittenermassen beide Inhaber der elterlichen Sorge über den gemeinsamen Sohn. Die Beschwerdegegnerin durfte daher nicht uneingeschränkt über den Aufenthaltsort des Kindes
BGE 141 IV 205 S. 211

entscheiden. Da der Beschwerdeführer 2 dem Verbleiben des Kindes in der Ukraine nicht zugestimmt und er seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte, hätte die Beschwerdegegnerin den gemeinsamen Sohn in die Schweiz zurückbringen müssen. Damit besteht bezüglich des Tatbestands des Entziehens eines Unmündigen ein schweizerischer Begehungsort im Sinne von Art. 8 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
StGB (Urteil 6B_123/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.4, nicht publ. in: BGE 141 IV 10; BGE 125 IV 14 E. 2c/cc S. 17). Dies gilt umso mehr, als auch die Beschwerdegegnerin Ende des Jahres 2010, als sie ihre Mutter angewiesen hatte, den Sohn dem Beschwerdeführer 2 nicht herauszugeben, in der Schweiz weilte. Dieselben Erwägungen gelten in Bezug auf die Anklage der Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
StGB. Nach dieser Bestimmung macht sich strafbar, wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält (1. Halbsatz). Soweit die Beschwerdegegnerin sich in der fraglichen Zeit in der Schweiz aufhielt, hätte sie von ihrem Aufenthaltsort aus die Anweisung erteilen müssen, den Sohn in die Schweiz zurückzuführen. Indem sie dies unterliess, blieb sie in der Schweiz pflichtwidrig untätig. Daraus ergibt sich die schweizerische Gerichtsbarkeit. Bei dieser Sachlage muss nicht geprüft werden, ob die Beschwerdegegnerin bereits im Sommer 2010 den Vorsatz gefasst hatte, das Kind dauerhaft in die Ukraine zu verbringen, wofür die Beschwerde führenden Parteien stichhaltige Gründe vorbringen. Ob das Verhalten der Beschwerdegegnerin nach der neueren Rechtsprechung als Freiheitsberaubung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
StGB zu würdigen ist, bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und muss daher nicht geprüft werden (vgl. hiezu nunmehr BGE 141 IV 10 E. 4.4).
5.3.2 Was die Vorinstanz in diesem Kontext zur Zuständigkeit der Gerichte am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts eines Minderjährigen erwägt, ist ohne Bedeutung, zumal es hier nicht um die Regelung der Kinderbelange, namentlich die Zuteilung der elterlichen Sorge sowie die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und Kindern geht (vgl. BGE 138 III 11 E. 5.1; BGE 132 III 586 E. 2.2.1). Es mag zutreffen, dass gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. b
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 20 - 1 Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
1    Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
a  ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;
b  ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat, in dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum vornherein befristet ist;
c  ihre Niederlassung in dem Staat, in dem sich der Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit befindet.
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben. Hat eine Person nirgends einen Wohnsitz, so tritt der gewöhnliche Aufenthalt an die Stelle des Wohnsitzes. Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches19 über Wohnsitz und Aufenthalt sind nicht anwendbar.
IPRG (SR 291) eine natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat hat, in dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit von vornherein befristet ist. Doch gilt diese gesetzliche Umschreibung nicht für Staatsverträge, denen die Schweiz beigetreten ist (vgl. Urteil 5A_427/ 2009 vom 27. Juli 2009 E. 3.2, in: FamPra.ch 2009 S. 1088; KURT
BGE 141 IV 205 S. 212

SIEHR, Das Internationale Privatrecht der Schweiz, 2002, S. 138 f.). Gemäss Art. 85 Abs. 1
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 85 - 1 Für den Schutz von Kindern gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwendbare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen oder Massnahmen das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 199653 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern.
1    Für den Schutz von Kindern gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwendbare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen oder Massnahmen das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 199653 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern.
2    Für den Schutz von Erwachsenen gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwendbare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen oder Massnahmen das Haager Übereinkommen vom 13. Januar 200054 über den internationalen Schutz von Erwachsenen.
3    Die schweizerischen Gerichte oder Behörden sind ausserdem zuständig, wenn es für den Schutz einer Person oder von deren Vermögen unerlässlich ist.
4    Massnahmen, die in einem Staat ergangen sind, der nicht Vertragsstaat der in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Übereinkommen ist, werden anerkannt, wenn sie im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes oder des Erwachsenen ergangen sind oder dort anerkannt werden.
IPRG gilt für den Schutz von Kindern in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ; SR 0.211.231.011). Nach Art. 5 Abs. 1
IR 0.211.231.011 Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ) - Haager Kindesschutzübereinkommen
HKsÜ Art. 5 - (1) Die Behörden, seien es Gerichte oder Verwaltungsbehörden, des Vertragsstaats, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sind zuständig, Massnahmen zum Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes zu treffen.
HKsÜ sind zur Ergreifung von Massnahmen zum Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes die Behörden des Vertragsstaats zuständig, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei widerrechtlichem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes bleiben diese Behörden, wie die Beschwerdeführerin 1 zu Recht vorbringt, nach Art. 7 Abs. 1 lit. a
IR 0.211.231.011 Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ) - Haager Kindesschutzübereinkommen
HKsÜ Art. 7 - (1) Bei widerrechtlichem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes bleiben die Behörden des Vertragsstaats, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, so lange zuständig, bis das Kind einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat erlangt hat und:
a  dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; und
b  dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte.
und b HKsÜ so lange zuständig, bis das Kind einerseits einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat erlangt hat und andererseits jede sorgeberechtigte Person, Behörde oder sonstige Stelle das Verbringen oder Zurückhalten genehmigt hat oder das Kind sich in diesem anderen Staat mindestens während eines Jahres aufgehalten hat, nachdem die sorgeberechtigte Person seinen Aufenthaltsort kannte oder hätte kennen müssen, kein während dieses Zeitraums gestellter Antrag auf Rückgabe mehr anhängig ist und das Kind sich in seinem neuen Umfeld eingelebt hat (vgl. Urteile 5A_218/2014 vom 25. Juni 2014 E. 4.2; 5A_509/2012 vom 20. August 2012 E. 5.2). Zweck dieser Bestimmung ist es zu verhindern, dass sich der entführende Elternteil missbräuchlich Vorteile mit Bezug etwa auf das Obhuts- und Sorgerecht erwirken kann (MONIQUE JAMETTI GREINER, in: Scheidung, Ingeborg Schwenzer [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, Anhang IPR N. 120; dies., Der neue internationale Kindesschutz in der Schweiz, FamPra.ch 9/2008 S. 288). Dass die Voraussetzungen von Art. 7 Abs. 1 lit. b
IR 0.211.231.011 Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ) - Haager Kindesschutzübereinkommen
HKsÜ Art. 7 - (1) Bei widerrechtlichem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes bleiben die Behörden des Vertragsstaats, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, so lange zuständig, bis das Kind einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat erlangt hat und:
a  dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; und
b  dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte.
HKsÜ erfüllt wären, behauptet die Vorinstanz zu Recht nicht. Das angefochtene Urteil verletzt in diesem Punkt somit Bundesrecht.
6.

6.1 In Bezug auf die Anklage des Entziehens eines Unmündigen nimmt die Vorinstanz in einer Eventualbegründung an, die Strafbarkeit der Beschwerdegegnerin wäre auch zu verneinen, wenn die schweizerische Gerichtsbarkeit zu bejahen wäre. Die Beschwerdegegnerin sei mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom 11. Oktober 2011 wegen Entziehens von Unmündigen, begangen im Zeitraum vom 1. Januar bis 11. Oktober 2011 rechtskräftig
BGE 141 IV 205 S. 213

verurteilt worden. Da die Verurteilung nur die Herbeiführung und die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes bis zum Urteilszeitpunkt erfasse, sei das Aufrechterhalten des Dauerzustandes nach dem Urteil als selbstständige Tat zu werten. Dementsprechend habe die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach aufgrund desselben Verhaltens der Beschwerdegegnerin ab dem 11. Oktober 2011 erneut Anklage erhoben, nachdem diese Z. noch immer nicht in die Schweiz zurückgebracht hatte. Die strafrechtliche Verfolgung des Aufrechterhaltens eines Dauerzustandes nach einem verurteilenden Erkanntnis als selbstständige Tat setze daher einen neuen Strafantrag voraus. Ein solcher Antrag liege für die Zeit ab dem 12. Oktober 2011 nicht vor. Es fehle daher auch insofern an einer Prozessvoraussetzung, so dass auch aus diesem Grund nicht auf die Berufung eingetreten werden könne und das Verfahren einzustellen sei.
6.2 Die Beschwerdeführerin 1 macht geltend, aus dem Schreiben des Beschwerdeführers 2 vom 25. Januar 2013 ergebe sich, dass er für alle in Frage kommenden Delikte Strafantrag gestellt habe. Es liege daher kein Prozesshindernis vor. Ausserdem handle es sich bei Art. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB um ein Dauerdelikt. Bei einem solchen beginne die Antragsfrist erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes zu laufen. Da das Delikt am 25. Januar 2013 noch nicht beendet war, sei der Strafantrag somit fristgerecht gestellt worden.

6.3 Gemäss Art. 31
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB (aArt. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB) erlischt das Recht, Strafantrag zu stellen, nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird. Ein Dauerdelikt liegt vor, wenn die Begründung des rechtswidrigen Zustandes mit den Handlungen, die zu seiner Aufrechterhaltung vorgenommen werden, bzw. mit der Unterlassung seiner Aufhebung eine Einheit bildet und das auf das Fortdauern des deliktischen Erfolgs gerichtete Verhalten vom betreffenden Straftatbestand ausdrücklich oder sinngemäss mitumfasst ist. Dauerdelikte sind mit anderen Worten dadurch gekennzeichnet, dass die zeitliche Fortdauer eines rechtswidrigen Zustandes oder Verhaltens noch tatbestandsmässiges Unrecht bildet. Das Dauerdelikt ist vollendet, wenn die strafbare Handlung ausgeführt wurde. Beendet ist es mit dem Ende oder der Unterdrückung des rechtswidrigen Zustandes. Die Rechtsprechung hat ein Dauerdelikt etwa bejaht bei der Freiheitsberaubung und der qualifizierten Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
i.V.m. Art. 184 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 184 - Freiheitsberaubung und Entführung werden mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft,
StGB, der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
StGB sowie dem
BGE 141 IV 205 S. 214

Vorenthalten und Entziehen von Unmündigen nach Art. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB (BGE 132 IV 49 E. 3.1.2; BGE 131 IV 83 E. 2.1.2 mit Hinweisen). Die Strafantragsfrist beginnt bei Dauerdelikten an dem Tag zu laufen, an welchem das strafbare Verhalten aufhört (BGE 132 IV 49 E. 3.1.2.3). Wie das Bundesgericht im Zusammenhang mit der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten festgehalten hat, ist es dem Gläubiger nicht zumutbar, alle drei Monate einen Strafantrag zu stellen, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen während einer langen Zeitspanne nicht nachkommt (BGE, a.a.O.). Dies bedeutet indes nicht, dass der Strafantrag bei Dauerdelikten erst nach Beendigung des Dauerdelikts gestellt werden könnte. Wird der Antrag erhoben, solange der deliktische Zustand noch andauert, so erstreckt er sich auch auf das nachträglich noch weiter andauernde tatbestandsmässige Verhalten weiter (BGE 128 IV 81 E. 2a; CHRISTOF RIEDO, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 101 zu Art. 30
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
1    Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
2    Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21
3    Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22
4    Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.
5    Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.
und N. 22 zu Art. 31
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB).
6.4 Der Beschwerdeführer 2 erstattete am 4. März 2011 Strafanzeige/Strafantrag gegen die Beschwerdegegnerin wegen Entziehens von Unmündigen im Sinne von aArt. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB. Sein Strafantrag bezieht sich mithin auf ein Dauerdelikt. Die Antragsfrist beginnt bei der Tatvariante der "Weigerung der Rückgabe" von Art. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB mithin erst ab dem Zeitpunkt, in welchem der rechtswidrige Zustand beendet wird (ANDREAS ECKERT, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2013, N. 36 zu Art. 220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB; DONATSCH/WOHLERS, Delikte gegen die Allgemeinheit, 4. Aufl. 2011, S. 29). Da der Antrag indes auch auf die auf den Antrag folgende spätere deliktische Tätigkeit weiterwirkt, liegt im zu beurteilenden Fall auch für die Zeit nach dem 11. Oktober 2011 ein gültiger Strafantrag vor. Daran ändert nichts, dass die Beschwerdegegnerin mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom 11. Oktober 2011 für den Zeitraum 1. Januar bis 11. Oktober 2011 des Entziehens von Unmündigen schuldig erklärt und zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt wurde. Für die von dieser Verurteilung erfasste Dauer des Delikts verbietet der Grundsatz "ne bis in idem" in einem späteren Verfahren indes eine erneute Bestrafung (BGE 135 IV 6 E. 3.2). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer 2 am 25. Januar 2013 für alle in Frage kommenden Delikte erneut Strafantrag gestellt. Da das Dauerdelikt auch zu jenem Zeitpunkt nicht beendet war, ist auch dieser Antrag rechtzeitig erhoben worden. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach kein gültiger Strafantrag vorliege, verstösst somit gegen Bundesrecht.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 141 IV 205
Datum : 19. Mai 2015
Publiziert : 10. November 2015
Quelle : Bundesgericht
Status : 141 IV 205
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 StGB, Art. 183 Ziff. 1 und aArt. 220 StGB, Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 lit. a und b des


Gesetzesregister
HKsÜ: 5 
IR 0.211.231.011 Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ) - Haager Kindesschutzübereinkommen
HKsÜ Art. 5 - (1) Die Behörden, seien es Gerichte oder Verwaltungsbehörden, des Vertragsstaats, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sind zuständig, Massnahmen zum Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes zu treffen.
7
IR 0.211.231.011 Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ) - Haager Kindesschutzübereinkommen
HKsÜ Art. 7 - (1) Bei widerrechtlichem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes bleiben die Behörden des Vertragsstaats, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, so lange zuständig, bis das Kind einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat erlangt hat und:
a  dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; und
b  dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte.
IPRG: 20 
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 20 - 1 Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
1    Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
a  ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;
b  ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat, in dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum vornherein befristet ist;
c  ihre Niederlassung in dem Staat, in dem sich der Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit befindet.
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben. Hat eine Person nirgends einen Wohnsitz, so tritt der gewöhnliche Aufenthalt an die Stelle des Wohnsitzes. Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches19 über Wohnsitz und Aufenthalt sind nicht anwendbar.
85
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 85 - 1 Für den Schutz von Kindern gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwendbare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen oder Massnahmen das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 199653 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern.
1    Für den Schutz von Kindern gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwendbare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen oder Massnahmen das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 199653 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern.
2    Für den Schutz von Erwachsenen gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwendbare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen oder Massnahmen das Haager Übereinkommen vom 13. Januar 200054 über den internationalen Schutz von Erwachsenen.
3    Die schweizerischen Gerichte oder Behörden sind ausserdem zuständig, wenn es für den Schutz einer Person oder von deren Vermögen unerlässlich ist.
4    Massnahmen, die in einem Staat ergangen sind, der nicht Vertragsstaat der in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Übereinkommen ist, werden anerkannt, wenn sie im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes oder des Erwachsenen ergangen sind oder dort anerkannt werden.
StGB: 3 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland ganz oder teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht die vollzogene Strafe auf die auszusprechende Strafe an.
3    Ist ein Täter auf Ersuchen der schweizerischen Behörde im Ausland verfolgt worden, so wird er, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der Konvention vom 4. November 19505 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  das ausländische Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
4    Hat der auf Ersuchen der schweizerischen Behörde im Ausland verfolgte Täter die Strafe im Ausland nicht oder nur teilweise verbüsst, so wird in der Schweiz die Strafe oder deren Rest vollzogen. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland nicht oder nur teilweise vollzogene Massnahme in der Schweiz durchzuführen oder fortzusetzen ist.
7 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
8 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
2    Der Versuch gilt als da begangen, wo der Täter ihn ausführt, und da, wo nach seiner Vorstellung der Erfolg hätte eintreten sollen.
29 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
30 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
1    Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
2    Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21
3    Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22
4    Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.
5    Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.
31 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
183 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
1    Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht,
2    Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist.
184 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 184 - Freiheitsberaubung und Entführung werden mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft,
217 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
220
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 220 - Wer eine minderjährige Person dem Inhaber des Rechts zur Bestimmung des Aufenthaltsortes entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
ZGB: 297 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 297 - 1 Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und stirbt ein Elternteil, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu.
1    Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und stirbt ein Elternteil, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu.
2    Stirbt der Elternteil, dem die elterliche Sorge allein zustand, so überträgt die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge auf den überlebenden Elternteil oder bestellt dem Kind einen Vormund, je nachdem, was zur Wahrung des Kindeswohls besser geeignet ist.
301a
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 301a - 1 Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
1    Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
2    Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde, wenn:
a  der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt; oder
b  der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat.
3    Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den anderen Elternteil rechtzeitig darüber informieren.
4    Dieselbe Informationspflicht hat ein Elternteil, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.
5    Soweit dies erforderlich ist, verständigen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages. Können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde.
BGE Register
118-IV-61 • 119-IV-250 • 125-IV-14 • 128-IV-154 • 128-IV-81 • 131-IV-83 • 132-III-586 • 132-IV-49 • 133-IV-171 • 135-IV-6 • 136-III-353 • 138-III-11 • 141-IV-10 • 141-IV-205
Weitere Urteile ab 2000
1B_399/2013 • 5A_218/2014 • 5A_509/2012 • 6B_1045/2014 • 6B_1046/2014 • 6B_123/2014 • 6B_127/2013
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ukraine • strafantrag • dauerdelikt • vorinstanz • verhalten • aufenthaltsort • gewöhnlicher aufenthalt • obhut • anklage • aargau • frage • vorsatz • verurteilter • stelle • strafbefehl • sicherheitshaft • handlungsort • mutter • bundesgericht • verurteilung
... Alle anzeigen
FamPra
2009 S.1088