138 III 746
113. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_160/2012 vom 17. Oktober 2012
Regeste (de):
- Herabsetzung einer Konventionalstrafe, die im Wegfall einer Forderung besteht (Art. 163 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden.
1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. 2 Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. 3 Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen. - Rechtsnatur der Herabsetzung.
- Verzugszinsen für die Forderung, die bei Verfall der Konventionalstrafe hätte wegfallen sollen und die teilweise bestehen bleibt, sind nicht erst ab dem Entscheid über den Umfang der Herabsetzung geschuldet. Das Vertrauen in den Bestand der ungekürzten, mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Konventionalstrafe wird nicht geschützt. Es kommt der gewöhnliche Zinssatz zur Anwendung (E. 6).
Regeste (fr):
- Réduction d'une peine conventionnelle consistant en la suppression d'une créance (art. 163 al. 3 CO); intérêts moratoires.
- Nature juridique de la réduction.
- Les intérêts moratoires portant sur la créance qui aurait dû être supprimée lorsque la peine conventionnelle est devenue exigible, mais qui subsiste partiellement, ne sont pas dus seulement après que la décision relative à l'ampleur de la réduction a été prise. La confiance dans le maintien de la peine conventionnelle non réduite, alors que celle-ci n'est plus compatible avec les règles du droit et de l'équité, n'est pas protégée. Le taux d'intérêt usuel est applicable (consid. 6).
Regesto (it):
- Riduzione di una pena convenzionale che consiste nella soppressione di un credito (art. 163 cpv. 3 CO); interessi di mora.
- Natura giuridica della riduzione.
- Gli interessi di mora per il credito, che avrebbe dovuto essere soppresso quando la pena convenzionale è divenuta esigibile e che continua a sussistere parzialmente, non sono dovuti solamente dalla decisione sull'estensione della riduzione. Non viene protetto l'affidamento nella persistenza, incompatibile con le regole del diritto e dell'equità, della pena convenzionale non ridotta. È applicabile il tasso d'interesse usuale (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 747
BGE 138 III 746 S. 747
Für den Sachverhalt vgl. BGE 135 III 433
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
6. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdegegner auf dem geschuldeten Betrag Zins zu 5 % seit dem 16. April 2002 zugesprochen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, aufgrund von Ziffer 3.2 der Vereinbarung vom 19. Juli 2001 und den feststehenden Vertragsverletzungen des Beschwerdegegners sei die letzte Rate vollständig untergegangen. Soweit die Vorinstanz dem Beschwerdegegner in Anwendung der Grundsätze der Konventionalstrafe dennoch einen Betrag zusprechen wolle, fälle sie ein Gestaltungsurteil, das eine neue Forderung begründe. Auf dieser könne erst ab dem Urteil der Vorinstanz Verzugszins geschuldet sein. Zudem sei der Zinssatz von 5 % wesentlich höher als die Renditen, die auf einem Sparkonto im Zeitraum, für den die Zinsen zugesprochen wurden, hätten erzielt werden können. So profitiere der Beschwerdegegner und würden die Grundsätze der Konventionalstrafe in ihr Gegenteil verkehrt.
6.1 Die rechtliche Qualifikation der Herabsetzung ist in der Lehre umstritten (vgl. MIGUEL SOGO, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile des materiellen Rechts und ihre Auswirkungen auf das Verfahren, 2007, S. 84; GASPARD COUCHEPIN, La clause pénale, 2008, S. 186 f. Rz. 928 ff.; MEHMET ERDEM, La clause pénale, Ankara 2006, S. 150 ff.; BENTELE, Die Konventionalstrafe nach Art. 160
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 160 - 1 Wenn für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht richtigen Erfüllung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so ist der Gläubiger mangels anderer Abrede nur berechtigt, entweder die Erfüllung oder die Strafe zu fordern. |
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1 | Wenn für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht richtigen Erfüllung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so ist der Gläubiger mangels anderer Abrede nur berechtigt, entweder die Erfüllung oder die Strafe zu fordern. |
2 | Wurde die Strafe für Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie nebst der Erfüllung des Vertrages gefordert werden, solange der Gläubiger nicht ausdrücklich Verzicht leistet oder die Erfüllung vorbehaltlos annimmt. |
3 | Dem Schuldner bleibt der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Erlegung der Strafe der Rücktritt freistehen sollte. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
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1 | Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
2 | Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. |
3 | Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen. |
BGE 138 III 746 S. 748
Art. 163 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
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1 | Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
2 | Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. |
3 | Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 182 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
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1 | Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
2 | Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. |
3 | Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 182 |
6.1.1 Die Diskussion um die richterliche Herabsetzung einer Konventionalstrafe drehte sich historisch um die Frage, ob es dem Richter zukomme, Privatverträge abzuändern (vgl. schon BLUNTSCHLI, Das zürcherische Obligationenrecht, mit Erläuterungen, 1855, S. 49 f. zu § 970 des zürcherischen Obligationenrechts; MAULER, a.a.O., S. 85 ff.; SECRÉTAN, a.a.O., S. 119 ff.; STAHEL, a.a.O., S. 115). Aus der Tatsache, dass der Richter mit der Herabsetzung in die Privatautonomie der Parteien eingreift und das zwischen ihnen vertraglich "fest und unzweifelhaft Vereinbarte" abändert (so zu aArt. 182
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 182 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
6.1.2 Betrachtet man die Möglichkeit der Herabsetzung als Ausfluss der Pflicht zum Handeln nach Treu und Glauben, greift der Richter nicht gestaltend in den Vertrag ein, sondern stellt lediglich im Streitfall fest, ob sich das Festhalten an der gesamten vereinbarten Konventionalstrafe mit Treu und Glauben (beziehungsweise mit Recht und Billigkeit) noch vereinbaren lässt. Damit ist die
BGE 138 III 746 S. 749
Konventionalstrafe von Anfang an nur im reduzierten Masse geschuldet, da der Vertragspartner aufgrund der gesamten Umstände bei Verfall der Konventionalstrafe nach Treu und Glauben nicht den vollen Betrag verlangen darf.
6.1.3 Das Bundesgericht hat die Auffassung, der Ermässigung durch den Richter dürfe keine rückwirkende Kraft zukommen, bereits in einem zu aArt. 182
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 182 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
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1 | Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
2 | Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. |
3 | Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen. |
6.2 Auch die Höhe des Verzugszinses von 5 % ist nicht zu beanstanden. Dass sich diese für den Gläubiger je nach Marktlage als mehr oder weniger vorteilhaft erweist, ist eine Folge der gesetzlichen Fixierung (Art. 104 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 104 - 1 Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen. |
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1 | Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen. |
2 | Sind durch Vertrag höhere Zinse als fünf vom Hundert, sei es direkt, sei es durch Verabredung einer periodischen Bankprovision, ausbedungen worden, so können sie auch während des Verzuges gefordert werden. |
3 | Unter Kaufleuten können für die Zeit, wo der übliche Bankdiskonto am Zahlungsorte fünf vom Hundert übersteigt, die Verzugszinse zu diesem höheren Zinsfusse berechnet werden. |