Urteilskopf

138 II 386

28. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. P. gegen Kanton Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_45/2012 vom 11. Juli 2012

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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 387

BGE 138 II 386 S. 387

A. P. arbeitete seit 2001 bei der Verwaltung des Kantons Bern. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter II war er in der Gehaltsklasse 22 eingereiht. Am 30. November 2009 beantragte P. die Neueinreihung seiner Stelle in die Gehaltsklasse 23. Das Personalamt des Kantons Bern wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 14. April 2010 ab. Auf Beschwerde hin stellte die Finanzdirektion des Kantons Bern mit Entscheid vom 18. November 2010 eine Verletzung des rechtlichen Gehörs fest, wies die Beschwerde indessen materiell ab.

B. Die von P. hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 25. November 2011 ab, soweit es auf sie eintrat. Gegen diesen Entscheid hat P. Beschwerde ans Bundesgericht erhoben (Verfahren 8C_5/2012).
C. Mit Eingabe vom 23. Dezember 2011 an das kantonale Gericht verlangte P. die Revision des vorinstanzlichen Entscheides. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern trat mit Entscheid vom 28. Dezember 2011 auf dieses Gesuch nicht ein.
D. Mit Beschwerde beantragt P., das Verwaltungsgericht des Kantons Bern sei zu verpflichten, materiell über sein Revisionsgesuch vom 23. Dezember 2011 zu urteilen. Während die Finanzdirektion des Kantons Bern auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

BGE 138 II 386 S. 388

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als sie nicht auf das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers gegen ihren Entscheid vom 25. November 2011 eingetreten ist.
3. Gemäss Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
4. Das kantonale Gericht hat erwogen, das einschlägige Prozessrecht (Art. 95 des kantonalbernischen Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege [VRPG; BSG 155.21]) sehe lediglich die Revision rechtskräftiger Gerichtsentscheide vor. Der Entscheid vom 25. November 2011 sei nicht in Rechtskraft erwachsen, zumal der Gesuchsteller diesen Entscheid beim Bundesgericht angefochten habe (Verfahren 8C_5/2012). Da es somit an einer Sachurteilsvoraussetzung fehle, sei das Revisionsgesuch durch Nichteintreten zu erledigen. Analog hat auch das Bundesgericht in zwei Urteilen 8C_729/2008 vom 9. Februar 2009 E. 1.4 und 9C_441/2011 vom 16. August 2011 E. 3 entschieden. Demgegenüber wird in der Lehre die Meinung vertreten, aus Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG folge, dass die Vorinstanzen des Bundesgerichts auf ein Revisionsgesuch nicht einzig aus dem Grunde nicht eintreten dürfen, weil gegen den zu revidierenden Entscheid Beschwerde beim Bundesgericht erhoben worden sei (PIERRE FERRARI, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 2 zu Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG; NICOLAS VON WERDT, in: Bundesgerichtsgesetz, 2007, N. 13 zu Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG).
5.

5.1 Grundsätzlich ist die Revision als ausserordentliches Rechtsmittel gegenüber dem ordentlichen Rechtsmittel der Beschwerde subsidiär (KARIN SCHERRER, in: Praxiskommentar VwVG, 2009, N. 10 zu Art. 66
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 66 - 1 Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
1    Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
2    Ausserdem zieht sie ihn auf Begehren einer Partei in Revision, wenn:
a  die Partei neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringt;
b  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz aktenkundige erhebliche Tatsachen oder bestimmte Begehren übersehen hat;
c  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz die Bestimmungen der Artikel 10, 59 oder 76 über den Ausstand, der Artikel 26-28 über die Akteneinsicht oder der Artikel 29-33 über das rechtliche Gehör verletzt hat; oder
d  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die Konvention vom 4. November 1950120 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat, sofern eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen, und die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Gründe im Sinne von Absatz 2 Buchstaben a-c gelten nicht als Revisionsgründe, wenn die Partei sie im Rahmen des Verfahrens, das dem Beschwerdeentscheid voranging, oder auf dem Wege einer Beschwerde, die ihr gegen den Beschwerdeentscheid zustand, geltend machen konnte.
VwVG). Dies bedeutet, dass eine Partei einen Revisionsgrund als Beschwerdegrund im ordentlichen Rechtsmittelverfahren geltend zu machen hat, wenn ihr dies möglich und zumutbar ist (vgl. URSINA BEERLI-BONORAND, Die ausserordentlichen Rechtsmittel in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes und der Kantone, 1985, S. 45).
5.2 Im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren dürfen neue Tatsachen und Beweismittel (Noven) nur so weit vorgebracht werden, als
BGE 138 II 386 S. 389

erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
und 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG). Während der Geltung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; BS 3 531) war im Bereich der Verwaltungsrechtspflege die Einreichung von Noven während der bundesgerichtlichen Beschwerdefrist und bis zum Abschluss des Schriftenwechsels in denjenigen Verfahren zulässig, in denen das Bundesgericht nicht an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gebunden war. Keine Bindung bestand, wenn nicht eine richterliche Behörde vorinstanzlich entschieden hatte (Art. 105
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
OG; BGE 109 Ib 246 E. 3 S. 249 f.), und in Streitigkeiten um Bundessozialversicherungsleistungen (Art. 132 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
OG). Zur Vermeidung eines Revisionsverfahrens liess das frühere Eidgenössische Versicherungsgericht das Vorbringen von Aktenstücken sogar nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. des Schriftenwechsels zu, wenn diese neue erhebliche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel darstellten, die eine Revision des beschwerdeweise angefochtenen vorinstanzlichen Entscheids rechtfertigen konnten (BGE 127 V 353 E. 4b S. 357). Infolge des seit dem Inkrafttreten des BGG auf 1. Januar 2007 für alle Streitigkeiten - auch solche um Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, wo das Bundesgericht an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt nicht gebunden ist (Art. 97 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG; BGE 135 V 194) - geltenden Novenverbots können neue Tatsachen und Beweismittel nur eingereicht und berücksichtigt werden, wenn erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Diese Voraussetzung ist erfahrungsgemäss sehr selten erfüllt. In allen andern Fällen können Revisionsgründe ausschliesslich im Rahmen eines Revisionsverfahren geprüft werden.
6.

6.1 Zu entscheiden ist, ob der den vorinstanzlichen Entscheid betreffende Revisionsgrund durch ein Revisionsgesuch bei der Vorinstanz oder beim Bundesgericht geltend zu machen ist. Wenn das Revisionsgesuch an die Vorinstanz zu richten ist, stellt sich die Frage, ob dies bereits während des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens oder aber erst nach dessen Abschluss zu geschehen hat.
6.2 Nur wenn das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eingetreten ist oder wenn die Gesichtspunkte, für welche die geltend gemachten Revisionsgründe von Bedeutung sein können, vor Bundesgericht gar nicht mehr strittig waren, kann nach Erlass des
BGE 138 II 386 S. 390

Bundesgerichtsurteils bei der Vorinstanz die Revision ihres Entscheids verlangt werden. Ist das Bundesgericht hingegen auf die Beschwerde eingetreten, hat sein Urteil - auch im Falle der Beschwerdeabweisung - reformatorische Wirkung und tritt an die Stelle des angefochtenen vorinstanzlichen Entscheids (Urteil 8C_602/2011 vom 30. September 2011 E. 1.3 mit Hinweisen; ELISABETH ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 3 zu Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG). Mit dem Erlass des bundesgerichtlichen Urteils fehlt es an einem Gegenstand für ein Revisionsgesuch bei der Vorinstanz. Damit verbleibt nur die Möglichkeit, beim Bundesgericht die Revision seines Beschwerdeentscheides zu beantragen, oder aber die Vorinstanz um Revision ihres Entscheides zu ersuchen, so lange das Bundesgericht nicht entschieden hat. Welches Verfahren einzuschlagen ist, ergibt sich aus dem die Revision eines Bundesgerichtsurteils beschränkenden Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG.
6.3

6.3.1 Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG geht zurück auf Art. 138
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
OG. Vor Inkrafttreten des BGG bestimmte Art. 54 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
OG zudem, dass vor Ablauf der Berufungs- und Anschlussberufungsfrist die Rechtskraft der Endentscheide nicht eintrat, ausgenommen als Voraussetzung für ausserordentliche kantonale Rechtsmittel. Durch zulässige Berufung und Anschlussberufung wurde der Eintritt der Rechtskraft im Umfang der Anträge gehemmt. Daraus folgerte die Lehre, der Umstand, dass der Eintritt der Rechtskraft durch das beim Bundesgericht hängige ordentliche Rechtsmittel gehemmt wird, stehe der Zulässigkeit einer kantonalen Revision nicht entgegen; zudem gelte dies nicht nur für die Berufung, sondern auch für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (ELISABETH ESCHER, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl. 1998, S. 273 Fn. 18; POUDRET/SANDOZ-MONOD, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. V, 1992, N. 3 zu Art. 138
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
OG, S. 38).
6.3.2 Das BGG kennt keine dem ehemaligen Art. 54 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
OG analoge Bestimmung. Es stellt sich somit die Frage, ob das Fehlen einer solchen Bestimmung als qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers zu werten ist, oder ob der bisherige Gehalt von Art. 54 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
OG bereits aus Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG folgt.
6.3.3 Dürfte ein kantonales Gericht gestützt auf das kantonale Prozessrecht auf ein Revisionsgesuch nicht eintreten mit dem Argument, gegen den zu revidierenden Entscheid sei beim Bundesgericht eine Beschwerde hängig, der Entscheid sei in diesem Sinne nicht
BGE 138 II 386 S. 391

rechtskräftig geworden, käme Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG kaum je zum Zuge, zumal die meisten Prozessgesetze die Bestimmung kennen, dass sich die Revision nur gegen rechtskräftige Entscheide richten kann.
6.3.4 Gemäss Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege (BBl 2001 4202 ff.) sollten, von hier nicht interesierenden Ausnahmen abgesehen, mit der neuen Regelung der bundesgerichtlichen Revision die Bestimmungen des OG nur verdeutlicht und vereinfacht werden (Botschaft, a.a.O., Ziff. 4.1.6.1 S. 4352 ff.; vgl. auch BGE 138 V 161 E. 2.5.2 S. 166 f.). Wäre tatsächlich beabsichtigt gewesen, entgegen einem Grundgedanken der Totalrevision der Bundesrechtspflege (vgl. BGE 133 I 185 E. 5. S. 191), dem Bundesgericht in diesem Punkt eine Mehrbelastung zu überbinden, so wäre dies wohl in der Botschaft speziell erwähnt worden, zumal mit einer solchen Änderung kein erhöhter Rechtsschutz verbunden wäre. Es wurde vielmehr festgehalten, das Bundesgericht sei keine letzte Appellationsinstanz, die von den Parteien mit vollkommenen Rechtsmitteln angerufen werden könne, deshalb sollte der Beschwerde denn auch - entgegen der früheren Regelung im Bereich der Zivilrechtspflege und teilweise der Verwaltungsrechtspflege - keine aufschiebende Wirkung mehr zukommen (Botschaft, a.a.O., Ziff. 4.1.4.5 S. 4342 zu Art. 97; vgl. hiezu MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 5 zu Art. 103
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 103 Aufschiebende Wirkung - 1 Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
1    Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
2    Die Beschwerde hat im Umfang der Begehren aufschiebende Wirkung:
a  in Zivilsachen, wenn sie sich gegen ein Gestaltungsurteil richtet;
b  in Strafsachen, wenn sie sich gegen einen Entscheid richtet, der eine unbedingte Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme ausspricht; die aufschiebende Wirkung erstreckt sich nicht auf den Entscheid über Zivilansprüche;
c  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, wenn sie sich gegen eine Schlussverfügung oder gegen jede andere Verfügung richtet, welche die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten bewilligt;
d  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen.
3    Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann über die aufschiebende Wirkung von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine andere Anordnung treffen.
BGG). Die Materialien sprechen somit gegen ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers und dafür, dass dieser den bisherigen Gehalt von Art. 54 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
OG bereits als in Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG enthalten betrachtet hat. Mit Blick auf die Neuregelung des Suspensiveffektes ist nachvollziehbar, dass keine Art. 54 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
OG entsprechende Bestimmung geschaffen wurde.
6.4 Damit ist festzuhalten, dass eine Vorinstanz des Bundesgerichts auf ein Revisionsgesuch nicht einzig mit der Begründung nicht eintreten darf, gegen den zu revidierenden Entscheid sei Beschwerde beim Bundesgericht erhoben worden. Soweit in den Urteilen 8C_729/2008 und 9C_441/2011 Abweichendes gesagt wurde, kann daran nicht festgehalten werden. Vielmehr hat die Vorinstanz während der Hängigkeit des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens das bei ihr eingereichte Revisionsgesuch auf der Grundlage des für sie massgeblichen Prozessrechts allseitig zu prüfen und ihren Entscheid allenfalls zu revidieren. Um hinsichtlich der Frage, ob ein Revisionsgrund auch ein vor Bundesgericht zulässiges Novum sein könnte, Widersprüche mit einer abweichenden Qualifikation im späteren Bundesgerichtsentscheid
BGE 138 II 386 S. 392

zu vermeiden, hat die Vorinstanz von einer eigenständigen Prüfung dieser Frage und einem so begründeten Nichteintreten auf das Revisionsgesuch unter Hinweis auf den Grundsatz der Subsidiarität der Revision (E. 5) abzusehen. Nur der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass nicht alle Tatsachen und Beweismittel, die während der Geltung des OG zulässigerweise im bundesgerichtlichen Verfahren noch vorgebracht werden konnten (E. 5.2), nunmehr als Revisionsgründe bei der Vorinstanz angeführt werden können. Diese ergeben sich vielmehr aus dem für die Vorinstanz geltenden Prozessrecht. Die Möglichkeit der Revision des vorinstanzlichen Urteils tritt nicht quasi an die Stelle des unter dem BGG nicht mehr zulässigen Vorbringens von Noven.
7. Mit Blick auf Art. 125
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 125 Verwirkung - Die Revision eines Entscheids, der den Entscheid der Vorinstanz bestätigt, kann nicht aus einem Grund verlangt werden, der schon vor der Ausfällung des bundesgerichtlichen Entscheids entdeckt worden ist und mit einem Revisionsgesuch bei der Vorinstanz hätte geltend gemacht werden können.
BGG hat eine Verfahrenspartei, die vor Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens einen Grund entdeckt, der ihres Erachtens die Revision des kantonalen Entscheides begründet, ein Revisionsgesuch bei der kantonalen Instanz zu stellen. Um zu vermeiden, dass das Bundesgericht während des vorinstanzlichen Revisionsverfahrens materiell über die Beschwerde gegen den angefochtenen, aber in Revision befindlichen vorinstanzlichen Entscheid urteilt, hat die Partei des Weiteren um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens während der Dauer des vorinstanzlichen Revisionsverfahrens zu ersuchen (ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, a.a.O.; NICOLE HERZOG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 11 zu Art. 328
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 328 Revisionsgründe - 1 Eine Partei kann beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn:
1    Eine Partei kann beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn:
a  sie nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel findet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte; ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind;
b  ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Nachteil der betreffenden Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; eine Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden;
c  geltend gemacht wird, dass die Klageanerkennung, der Klagerückzug oder der gerichtliche Vergleich unwirksam ist.
2    Die Revision wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950169 (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
ZPO). Je nach Ausgang des vorinstanzlichen Revisionsverfahrens erübrigt sich in der Folge ein bundesgerichtlicher Sachentscheid.
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Document : 138 II 386
Date : 11. Juli 2012
Published : 16. November 2012
Source : Bundesgericht
Status : 138 II 386
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Art. 125 BGG; Verhältnis kantonaler ausserordentlicher Rechtsmittel zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.


Legislation register
BGG: 97  99  103  125
OG: 54  105  132  138
VwVG: 66
ZPO: 328
BGE-register
109-IB-246 • 127-V-353 • 133-I-185 • 135-V-194 • 138-II-386 • 138-V-161
Weitere Urteile ab 2000
8C_45/2012 • 8C_5/2012 • 8C_602/2011 • 8C_729/2008 • 9C_441/2011
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BBl
2001/4202