Urteilskopf

136 II 441

41. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen Coop Genossenschaft (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_693/2009 vom 4. Mai 2010

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 442

BGE 136 II 441 S. 442

Die im Detailhandel tätige Coop Genossenschaft (nachfolgend: Coop) führte im Jahr 2000 das neue Kundenbindungsprogramm SUPERCARD ein. Durch Vorweisen der SUPERCARD an der Kasse erhält der Kunde je nach Höhe seines Einkaufs SUPERCARD-Punkte gutgeschrieben, die er zu einem beliebigen Zeitpunkt gegen eine Ware oder Dienstleistung (Prämie) aus dem Prämienkatalog einlösen kann. Die Prämien werden den Kunden durch Drittparteien erbracht. Diese stellen der Coop die ausgehändigten Prämien zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung. Die Eidgenössische Steuerverwaltung vertrat die Ansicht, dass es sich bei den Treueprämien um umsatzabhängige Geschenke handle, die aufgrund einer Vereinbarung abgegeben werden und Naturalrabatte darstellen. Da die Umsätze von Coop, für welche die Punkte vergeben werden, überwiegend dem reduzierten Steuersatz für Lebensmittel unterliegen, während die durch die Drittparteien erbrachten Treueprämien überwiegend zum Normalsatz steuerbar seien, müsse das steuerbare Entgelt für die zum reduzierten Satz gelieferten Waren (Prämien) nachträglich auf die verschiedenen Steuersätze aufgeteilt werden. Die Eidgenössische Steuerverwaltung forderte daher mit Ergänzungsabrechnungen für die Jahre 2000 bis 2003 die zu wenig bezahlte Mehrwertsteuer nach. Die Coop bestritt die Nachforderungen. Mit Entscheiden je vom 7. Juni 2007, bestätigt auf Einsprachen hin am 18. August 2008, hielt die Eidgenössische Steuerverwaltung an den Nachforderungen fest. Gegen die Einspracheentscheide führte die Coop je Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Mit Urteil vom 16. September 2009
BGE 136 II 441 S. 443

vereinigte das Bundesverwaltungsgericht die Verfahren, hiess die Beschwerden gut und hob die Einspracheentscheide vom 18. August 2008 auf. Das Gericht erachtete zwar die Nachforderungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung als materiellrechtlich begründet, gab jedoch den Beschwerden aus anderen Gründen (Vertrauensschutz) statt. Hiergegen führt die Eidgenössische Steuerverwaltung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Die Coop schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde vollumfänglich gut. (Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Zu prüfen bleiben die mit den beiden Einspracheentscheiden vom 18. August 2008 bestätigten Leistungsentscheide der Beschwerdeführerin.
3.1 Wie erwähnt erhalten Coop-Kunden bei Einkäufen in Coop-Geschäften SUPERCARD-Punkte, wenn sie eine solche Karte vorweisen. Die gutgeschriebenen Punkte berechtigen den Kunden zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen (sog. Treueprämien). Diese Leistungen werden den Kunden im Auftrag der Beschwerdegegnerin durch die Firma A. AG und allenfalls weitere Drittparteien geliefert. Die Fakturierung der ausgehändigten Prämien zuzüglich Mehrwertsteuer erfolgt durch die A. AG direkt an die Beschwerdegegnerin. Dieser steht hierfür der Vorsteuerabzug zu. Die Beschwerdeführerin geht in ihren Leistungsentscheiden davon aus, dass es sich bei der Abgabe der Treueprämien um Naturalrabatte handelt. Da die Treueprämien vorwiegend aus Gütern bestünden, die mehrheitlich der Mehrwertsteuer zum Satz von 7,5 % resp. 7,6 % unterliegen, während die zum Erwerb der SUPERCARD-Punkte erforderlichen Verkaufsumsätze vorwiegend zum reduzierten Satz von 2,3 % resp. 2,4 % (Lebensmittel) steuerbar seien, habe eine Aufteilung des Entgelts aus den Verkaufsumsätzen auf die verschiedenen Steuersatzkategorien zu erfolgen. Demgegenüber vertritt die Beschwerdegegnerin die Ansicht, die hier in Frage stehenden Treueprämien stellten umsatzabhängige Geschenke dar, die aufgrund einer Vereinbarung abgegeben werden und aus diesem Grund als Naturalrabatte zu qualifizieren sind. Wirtschaftlich gesehen wolle die Beschwerdegegnerin die Treueprämien nicht
BGE 136 II 441 S. 444

verkaufen, sondern aus Werbungsgründen verschenken. Es fehle damit an einem Leistungsaustausch. Da es sich um unentgeltliche Zuwendungen handle, seien sie im Eigenverbrauch zu versteuern, sofern der Freibetrag für Geschenke überschritten werde (Art. 9 Abs. 1 aMWSTG [AS 2000 1300 ff.], Art. 8 Abs. 1
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 8
MWSTV [AS 1994 1464 ff.]).
3.2 Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass von einem eigentlichen Rabatt (Naturalrabatt) nicht gesprochen werden kann. Rabatte, Skonti u. dgl. stellen Entgeltsminderungen dar, die gemäss Art. 44 Abs. 2
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 44 Steuerbefreite Umsätze von Münz- und Feingold - (Art. 107 Abs. 2 MWSTG)
1    Von der Steuer sind befreit die Umsätze von:
a  staatlich geprägten Goldmünzen der Zolltarifnummern 7118.900034 und 9705.000035;
b  Gold zu Anlagezwecken im Mindestfeingehalt von 995 Tausendsteln, in Form von:
b1  gegossenen Barren, versehen mit der Angabe des Feingehalts und dem Stempelzeichen eines anerkannten Prüfer-Schmelzers, oder
b2  gestanzten Plättchen, versehen mit der Angabe des Feingehalts und dem Stempelzeichen eines anerkannten Prüfer-Schmelzers oder einer in der Schweiz registrierten Verantwortlichkeitsmarke;
c  Gold in Form von Granalien im Mindestfeingehalt von 995 Tausendsteln, die von einem anerkannten Prüfer-Schmelzer verpackt und versiegelt wurden;
d  Gold in Rohform oder in Form von Halbzeug, das zur Raffination oder Wiedergewinnung bestimmt ist;
e  Gold in Form von Abfällen und Schrott.
2    Als Gold im Sinn von Absatz 1 Buchstaben d und e gelten auch Legierungen, die zwei oder mehr Gewichtsprozent Gold oder, wenn Platin enthalten ist, mehr Gold als Platin aufweisen.
aMWSTG (bzw. Art. 35 Abs. 2
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 35 Voraussetzung für die Anerkennung als Erbringer oder Erbringerin einer Heilbehandlung - (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 3 MWSTG)
1    Ein Leistungserbringer oder eine Leistungserbringerin verfügt über eine Berufsausübungsbewilligung im Sinn von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 3 MWSTG, wenn er oder sie:
a  im Besitz der nach kantonalem Recht erforderlichen Bewilligung zur selbstständigen Berufsausübung ist; oder
b  zur Ausübung der Heilbehandlung nach der kantonalen Gesetzgebung zugelassen ist.
2    Als Angehörige von Heil- und Pflegeberufen im Sinn von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 3 MWSTG gelten namentlich:
a  Ärzte und Ärztinnen;
b  Zahnärzte und Zahnärztinnen;
c  Zahnprothetiker und Zahnprothetikerinnen;
cbis  Dentalhygieniker und Dentalhygienikerinnen;
d  Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen;
e  Chiropraktoren und Chiropraktorinnen;
f  Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen;
g  Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen;
h  Naturärzte, Naturärztinnen, Heilpraktiker, Heilpraktikerinnen, Naturheilpraktiker und Naturheilpraktikerinnen;
i  Entbindungspfleger und Hebammen;
j  Pflegefachmänner und Pflegefachfrauen;
k  medizinische Masseure und Masseurinnen;
l  Logopäden und Logopädinnen;
m  Ernährungsberater und Ernährungsberaterinnen;
n  Podologen und Podologinnen;
o  Personen, die nach der Covid-19-Verordnung 3 vom 19. Juni 202025 zur Durchführung von Analysen auf Sars-CoV-2 berechtigt sind, für die Durchführung dieser Analysen;
p  ...
MWSTV) vom vereinbarten Entgelt in Abzug gebracht werden können (s. auch Ziff. 251 der Wegleitung 2001 für Mehrwertsteuerpflichtige). Der Abzug setzt deshalb einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem getätigten Umsatz voraus, der das steuerbare Entgelt auslöst (vgl. CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 2. Aufl. 2003, Rz. 271 f., 1188 ff., 1433 ff.). Weder ist hier eine solche Abzugsmöglichkeit beim Entgelt gegeben, noch besteht ein solcher unmittelbarer Zusammenhang zwischen Verkaufsumsatz und Prämienbezug. Es geht bei der Prämie vielmehr um eine Mehrleistung ( Mehrlieferung ) bei gleichbleibendem Entgelt. Aus diesem Grund ist eine Entgeltsminderung im Sinne von Art. 44 Abs. 2
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 44 Steuerbefreite Umsätze von Münz- und Feingold - (Art. 107 Abs. 2 MWSTG)
1    Von der Steuer sind befreit die Umsätze von:
a  staatlich geprägten Goldmünzen der Zolltarifnummern 7118.900034 und 9705.000035;
b  Gold zu Anlagezwecken im Mindestfeingehalt von 995 Tausendsteln, in Form von:
b1  gegossenen Barren, versehen mit der Angabe des Feingehalts und dem Stempelzeichen eines anerkannten Prüfer-Schmelzers, oder
b2  gestanzten Plättchen, versehen mit der Angabe des Feingehalts und dem Stempelzeichen eines anerkannten Prüfer-Schmelzers oder einer in der Schweiz registrierten Verantwortlichkeitsmarke;
c  Gold in Form von Granalien im Mindestfeingehalt von 995 Tausendsteln, die von einem anerkannten Prüfer-Schmelzer verpackt und versiegelt wurden;
d  Gold in Rohform oder in Form von Halbzeug, das zur Raffination oder Wiedergewinnung bestimmt ist;
e  Gold in Form von Abfällen und Schrott.
2    Als Gold im Sinn von Absatz 1 Buchstaben d und e gelten auch Legierungen, die zwei oder mehr Gewichtsprozent Gold oder, wenn Platin enthalten ist, mehr Gold als Platin aufweisen.
aMWSTG (Art. 35 Abs. 2
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 35 Voraussetzung für die Anerkennung als Erbringer oder Erbringerin einer Heilbehandlung - (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 3 MWSTG)
1    Ein Leistungserbringer oder eine Leistungserbringerin verfügt über eine Berufsausübungsbewilligung im Sinn von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 3 MWSTG, wenn er oder sie:
a  im Besitz der nach kantonalem Recht erforderlichen Bewilligung zur selbstständigen Berufsausübung ist; oder
b  zur Ausübung der Heilbehandlung nach der kantonalen Gesetzgebung zugelassen ist.
2    Als Angehörige von Heil- und Pflegeberufen im Sinn von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 3 MWSTG gelten namentlich:
a  Ärzte und Ärztinnen;
b  Zahnärzte und Zahnärztinnen;
c  Zahnprothetiker und Zahnprothetikerinnen;
cbis  Dentalhygieniker und Dentalhygienikerinnen;
d  Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen;
e  Chiropraktoren und Chiropraktorinnen;
f  Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen;
g  Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen;
h  Naturärzte, Naturärztinnen, Heilpraktiker, Heilpraktikerinnen, Naturheilpraktiker und Naturheilpraktikerinnen;
i  Entbindungspfleger und Hebammen;
j  Pflegefachmänner und Pflegefachfrauen;
k  medizinische Masseure und Masseurinnen;
l  Logopäden und Logopädinnen;
m  Ernährungsberater und Ernährungsberaterinnen;
n  Podologen und Podologinnen;
o  Personen, die nach der Covid-19-Verordnung 3 vom 19. Juni 202025 zur Durchführung von Analysen auf Sars-CoV-2 berechtigt sind, für die Durchführung dieser Analysen;
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MWSTV) ausgeschlossen. Mehrwertsteuerrechtlich sind vorliegend allerdings zwei Umsätze auseinanderzuhalten. Beim ersten erwirbt der Coop-Kunde in einem Verkaufsgeschäft der Beschwerdegegnerin Waren und Artikel, vornehmlich Nahrungsmittel, die zum reduzierten Steuersatz abgerechnet werden. Hierfür erhält er gegen Vorweisen der SUPERCARD eine Anzahl SUPERCARD-Punkte gutgeschrieben. Beim zweiten, unter Umständen erst sehr viel später erfolgenden Umsatz handelt es sich um die Einlösung der SUPERCARD-Punkte durch Bezug der im Prämienkatalog aufgeführten Artikel. Diese sind vornehmlich zum Normalsatz abzurechnen. Da nicht im Voraus feststeht, ob und wann der Kunde die Punkte einlösen wird und ob er sie allenfalls verschenkt oder verfallen lässt, handelt es sich um einen zweiten selbständigen Umsatz, für den der Kaufpreis vorausbezahlt wird. Der Einkauf in einer Coop-Filiale und der Leistungsbezug beim späteren Prämiengeschäft bilden somit zwei eigenständige mehrwertsteuerliche Vorgänge.
3.3 Die Abgabe der Prämien gegen Punkte kann offensichtlich auch nicht als Geschenk qualifiziert werden mit der Folge, dass die
BGE 136 II 441 S. 445

Regeln über den Eigenverbrauch anzuwenden wären (Art. 9
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 9 Befreiung und Ende der Befreiung von der Steuerpflicht bei inländischen Unternehmen - (Art. 10 Abs. 2 Bst. a und c sowie 14 Abs. 1 Bst. a und 3 MWSTG)
1    Unternehmen mit Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte im Inland, die ihre Tätigkeit aufnehmen oder durch Geschäftsübernahme oder Eröffnung eines neuen Betriebszweiges ausweiten, sind von der Steuerpflicht befreit, wenn zu diesem Zeitpunkt nach den Umständen anzunehmen ist, dass innerhalb der folgenden zwölf Monate die Umsatzgrenze nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a oder c MWSTG aus Leistungen im In- und Ausland nicht erreicht wird. Kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden, ob die Umsatzgrenze erreicht wird, so ist spätestens nach drei Monaten eine erneute Beurteilung vorzunehmen.
2    Ist aufgrund der erneuten Beurteilung anzunehmen, dass die Umsatzgrenze erreicht wird, so endet die Befreiung von der Steuerpflicht wahlweise auf den Zeitpunkt:
a  der Aufnahme oder der Ausweitung der Tätigkeit; oder
b  der erneuten Beurteilung, spätestens aber mit Beginn des vierten Monats.
3    Bei bisher von der Steuerpflicht befreiten Unternehmen endet die Befreiung von der Steuerpflicht nach Ablauf des Geschäftsjahres, in dem die Umsatzgrenze erreicht wird. Wurde die für die Steuerpflicht massgebende Tätigkeit nicht während eines ganzen Jahres ausgeübt, so ist der Umsatz auf ein volles Jahr umzurechnen.
aMWSTG, Art. 8
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 8
MWSTV). Ein Eigenverbrauchstatbestand liegt schon deshalb nicht vor, weil ein mehrwertsteuerrechtlicher Leistungsaustausch stattfindet. Das Entgelt besteht aus dem Gegenwert der Prämienpunkte, die der Käufer durch seine Einkäufe bei Coop erworben und vorausbezahlt hat. Dass es sich um ein Entgelt handelt, bestätigt die Beschwerdegegnerin selbst mit der Feststellung, "dass die entsprechenden Aufwendungen in die Bemessung der Produktepreise einfliessen".
3.4 Es ist unbestritten, dass die Erstumsätze, nämlich die Verkaufsumsätze in den Detailhandelsgeschäften von Coop, steuerbar vornehmlich zum reduzierten Satz, durch die Beschwerdegegnerin mehrwertsteuerrechtlich korrekt abgerechnet wurden. Mit dem Warenerwerb beim Erstumsatz erfolgt auch die Bezahlung für die damit erhaltenen SUPERCARD-Punkte, gleichgültig ob der Kunde diese je einlöst oder nicht. Werden diese Punkte später eingelöst, so ist hierfür der Kaufpreis bereits vorausbezahlt. Abzurechnen ist über die Vorauszahlung sowohl bei Ist- wie auch bei Sollversteuerung in jedem Fall mit der Vereinnahmung des Entgelts (Art. 43 Abs. 1 lit. a Ziff. 3
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 43 Steuerbefreiung des internationalen Busverkehrs - (Art. 23 Abs. 4 MWSTG)
1    Von der Steuer befreit sind die Beförderungen von Personen mit Autobussen auf Strecken, die:
a  überwiegend über ausländisches Gebiet führen; oder
b  im Transit benutzt werden, um die im Ausland liegenden Abgangs- und Ankunftsorte zu verbinden.
2    Von der Steuer befreit sind Personenbeförderungen auf reinen Inlandstrecken, die allein für das unmittelbare Zubringen einer Person zu einer Beförderungsleistung nach Absatz 1 bestimmt sind, sofern diese gemeinsam mit der Beförderungsleistung nach Absatz 1 in Rechnung gestellt wird.
und lit. b aMWSTG, Art. 34 lit. a Ziff. 1
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 34 Heilbehandlungen - (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 3 MWSTG)
1    Als Heilbehandlungen gelten die Feststellung und Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und anderen Störungen der körperlichen und seelischen Gesundheit des Menschen sowie Tätigkeiten, die der Vorbeugung von Krankheiten und Gesundheitsstörungen des Menschen dienen.
2    Den Heilbehandlungen gleichgestellt sind:
a  besondere Leistungen bei Mutterschaft, wie Kontrolluntersuchungen, Geburtsvorbereitung oder Stillberatung;
b  Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen, die mit künstlicher Befruchtung, Empfängnisverhütung oder Schwangerschaftsabbruch im Zusammenhang stehen;
c  Lieferungen und Dienstleistungen eines Arztes, einer Ärztin, eines Zahnarztes oder einer Zahnärztin für die Erstellung eines medizinischen Berichts oder Gutachtens zur Abklärung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche.
3    Nicht als Heilbehandlungen gelten namentlich:
a  Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen, die lediglich der Hebung des Wohlbefindens oder der Leistungsfähigkeit dienen oder lediglich aus ästhetischen Gründen vorgenommen werden, ausser die Untersuchung, Beratung oder Behandlung erfolge durch einen Arzt, eine Ärztin, einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin, die im Inland zur Ausübung der ärztlichen oder zahnärztlichen Tätigkeit berechtigt sind;
b  die zur Erstellung eines Gutachtens vorgenommenen Untersuchungen, die nicht mit einer konkreten Behandlung der untersuchten Person im Zusammenhang stehen, ausser in Fällen nach Absatz 2 Buchstabe c;
c  die Abgabe von Medikamenten oder von medizinischen Hilfsmitteln, es sei denn, diese werden von der behandelnden Person im Rahmen einer Heilbehandlung verwendet;
d  die Abgabe von selbst hergestellten oder zugekauften Prothesen und orthopädischen Apparaten, auch wenn diese im Rahmen einer Heilbehandlung erfolgt; als Prothese gilt ein Körper-Ersatz, der ohne operativen Eingriff vom Körper entfernt und wieder eingesetzt oder angebracht werden kann;
e  Massnahmen der Grundpflege; diese gelten als Pflegeleistungen nach Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 4 MWSTG.
MWSTV). Für die quartalsweisen Abrechnungen der Beschwerdegegnerin über die Verkaufsumsätze spielt es daher keine Rolle, ob die SUPERCARD-Punkte eingelöst werden oder nicht. Werden die Punkte eingelöst, ist indes zu unterscheiden: Sofern als Treueprämien Gegenstände oder Leistungen bezogen werden, die dem gleichen Steuersatz unterliegen wie die Erstumsätze, hat dies mehrwertsteuerlich keine weiteren Folgen, weil die Steuer auf der Vorauszahlung (Bemessungsgrundlage, Art. 33
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 33 Geltung der Einfuhrsteuerveranlagung für die Inlandsteuer - (Art. 19 Abs. 2 MWSTG)
aMWSTG, Art. 26
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 26 Leistungen an eng verbundene Personen - (Art. 18 Abs. 1 MWSTG)
MWSTV) bereits mit dem richtigen Steuersatz abgerechnet worden ist. Zeigt sich hingegen wie im vorliegenden Fall, dass die Einlösung der Punkte überwiegend für Gegenstände erfolgt, die zum Normalsatz versteuert werden müssen, während die Erstkäufe vornehmlich einem reduzierten Steuersatz unterliegen, so ist der Steuersatz nachträglich zu korrigieren.
3.5 Die Beschwerdeführerin nahm in den Ergänzungsabrechnungen die Steuersatzkorrektur in der Weise vor, dass sie die Verkaufsumsätze der Beschwerdegegnerin, für welche Punkte vergeben wurden, auf die einzelnen Steuersatzkategorien aufteilte. Sie zog hierfür die kalkulatorischen Verkaufspreise heran. Nach diesem Schlüssel nahm sie auch auf dem Einkaufswert der Prämien eine Aufteilung
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vor. Auf dem Anteil, der prozentual dem Anteil des zum reduzierten Satz besteuerten Verkaufsumsatzes entspricht, rechnete sie sodann die Steuersatzdifferenz (Normalsatz abzüglich reduzierter Satz) auf. Diese Art der Berechnung ist nicht zu beanstanden. Damit wird die Bemessungsgrundlage (Art. 33 aMWSTG) nicht geändert oder gar erweitert. Es handelt sich beim nachbelasteten Betrag lediglich um denjenigen Teil der Steuer, der auf dem ursprünglichen Verkaufsumsatz prozentual geschuldet wäre, wenn Einkauf und Prämiengeschäft zeitlich und örtlich zusammengefallen wären, wenn also von Anfang an auf dem Prämienanteil der richtige Steuersatz angewendet worden wäre. Da das Prämiengeschäft separat und erst viel später abgewickelt wird, muss die Steuersatzdifferenz beim Bezug der Prämienleistung nachträglich erhoben werden. Es wird somit die Steuerforderung auf einem Teil der Bemessungsgrundlage anhand des korrigierten Steuersatzes neu berechnet. Das entspricht dem Gesetz, das die Abrechnung der Steuer zum richtigen Steuersatz vorschreibt (Art. 36
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 36 Kulturelle Leistungen - (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 14 und 16 MWSTG)
1    ...27
2    Als Urheber und Urheberinnen im Sinn von Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 16 MWSTG gelten Urheber und Urheberinnen von Werken nach den Artikeln 2 und 3 URG, soweit sie kulturelle Dienstleistungen und Lieferungen erbringen.
aMWSTG, Art. 27
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 27 Vorgezogene Entsorgungsgebühren - (Art. 18 Abs. 1 MWSTG)
MWSTV). Es wird offensichtlich auch kein zusätzlicher Umsatz besteuert, da die Prämienleistung bereits mit der Vorauszahlung besteuert worden ist und die Steuersatzdifferenz auf der gleichen Bemessungsgrundlage nacherhoben wird. Die Vorbringen der Beschwerdegegnerin, die Nachforderung beruhe nicht auf einer gesetzlichen Grundlage und es würden zusätzliche Umsätze besteuert, ist daher falsch. Unbehelflich ist der Einwand, dass die Steuersatzberichtigung gegen das Selbstveranlagungsprinzip verstosse. Auch wenn der Argumentation der Beschwerdegegnerin, wonach "als Ausfluss des Selbstveranlagungsprinzips die steuerliche Konsequenz für den Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Transaktion klar sein müsse", gefolgt wird, ist ihr Schluss daraus nicht richtig. Die Transaktion ist nämlich erst abgeschlossen, wenn die SUPERCARD-Punkte eingelöst sind. In diesem Zeitpunkt ist für den Steuerpflichtigen die Situation auch insofern klar, dass ein allenfalls von der Vorauszahlung abweichender Steuersatz berichtigt werden muss.
3.6 Dass für die Berechnung der Steuersatzdifferenz der Einkaufswert der Prämien (Aufwand der Beschwerdegegnerin für die Prämienleistungen) herangezogen wird, ist im Übrigen sachlich richtig. Auch bei der Bemessung der Steuer vom Eigenverbrauch wird bei neuen Gegenständen auf den Einkaufswert abgestellt (Art. 34 Abs. 1 lit. a
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 34 Heilbehandlungen - (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 3 MWSTG)
1    Als Heilbehandlungen gelten die Feststellung und Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und anderen Störungen der körperlichen und seelischen Gesundheit des Menschen sowie Tätigkeiten, die der Vorbeugung von Krankheiten und Gesundheitsstörungen des Menschen dienen.
2    Den Heilbehandlungen gleichgestellt sind:
a  besondere Leistungen bei Mutterschaft, wie Kontrolluntersuchungen, Geburtsvorbereitung oder Stillberatung;
b  Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen, die mit künstlicher Befruchtung, Empfängnisverhütung oder Schwangerschaftsabbruch im Zusammenhang stehen;
c  Lieferungen und Dienstleistungen eines Arztes, einer Ärztin, eines Zahnarztes oder einer Zahnärztin für die Erstellung eines medizinischen Berichts oder Gutachtens zur Abklärung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche.
3    Nicht als Heilbehandlungen gelten namentlich:
a  Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen, die lediglich der Hebung des Wohlbefindens oder der Leistungsfähigkeit dienen oder lediglich aus ästhetischen Gründen vorgenommen werden, ausser die Untersuchung, Beratung oder Behandlung erfolge durch einen Arzt, eine Ärztin, einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin, die im Inland zur Ausübung der ärztlichen oder zahnärztlichen Tätigkeit berechtigt sind;
b  die zur Erstellung eines Gutachtens vorgenommenen Untersuchungen, die nicht mit einer konkreten Behandlung der untersuchten Person im Zusammenhang stehen, ausser in Fällen nach Absatz 2 Buchstabe c;
c  die Abgabe von Medikamenten oder von medizinischen Hilfsmitteln, es sei denn, diese werden von der behandelnden Person im Rahmen einer Heilbehandlung verwendet;
d  die Abgabe von selbst hergestellten oder zugekauften Prothesen und orthopädischen Apparaten, auch wenn diese im Rahmen einer Heilbehandlung erfolgt; als Prothese gilt ein Körper-Ersatz, der ohne operativen Eingriff vom Körper entfernt und wieder eingesetzt oder angebracht werden kann;
e  Massnahmen der Grundpflege; diese gelten als Pflegeleistungen nach Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 4 MWSTG.
aMWSTG, Art. 26 Abs. 3 lit. a Ziff. 1
SR 641.201 Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV)
MWSTV Art. 26 Leistungen an eng verbundene Personen - (Art. 18 Abs. 1 MWSTG)
MWSTV). Da der hier
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vorliegende Fall der Korrektur des Steuersatzes bei nachträglicher Mehrlieferung nicht ausdrücklich geregelt ist, muss sich die Praxis an Grundsätze halten, die das Gesetz für verwandte Tatbestände, hier über den Eigenverbrauch, aufstellt.
3.7 Die beiden Einspracheentscheide der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 18. August 2008 erweisen sich nach dem Gesagten als rechtmässig. Die Beschwerde ist gutzuheissen, das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die beiden Einspracheentscheide der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 18. August 2008 sind zu bestätigen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 136 II 441
Date : 04. Mai 2010
Published : 29. Januar 2011
Source : Bundesgericht
Status : 136 II 441
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Art. 9 Abs. 1 lit. c, Art. 33 Abs. 1, Art. 34 Abs. 1 lit. a, Art. 36 und 43 Abs. 1 aMWSTG; Mehrwertsteuer; Kundenbindungsprogramm;


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